Hinweise des Tages

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  1. Bedrohung der Sicherheitslage
    Sicherheitsbedürftige aller Lager atmet auf, gestern hat die Bundesanwaltschaft im Vorfeld der Proteste gegen den G-8-Gipfel zum Angriff auf die terroristische Gefahr ausgeholt. Dass die Rechtsgrundlage für die 40 Durchsuchungen, der § 129a StGB – Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung – hier überhaupt anwendbar ist, ist stark zu bezweifeln. Ein Effekt ist allerdings erwartungsgemäß eingetreten: die massive Einschüchterung von Leuten, die friedlich, aber mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams gegen die Zumutung dieses “Gipfels” demonstrieren wollen.
    Quelle: taz
  2. Richter fürchten um Grundrechte
    Deutschlands Verwaltungsrichter blicken mit Sorge auf die Terrorismusbekämfpung. Sie fürchten eine Einschränkung der Grundrechte und eine sinkende Toleranz gegenüber Minderheiten.
    Quelle: SZ
  3. SPD-Abgeordnete stimmen gegen eigene Forderungen nach einem Mindestlohn
    Am Mittwoch Morgen habe die Koalition einheitlich für die Absetzung des Mindestlohns von der Tagesordnung des Ausschusses für Arbeit und Soziales gestimmt. “Die SPD wollte unbedingt vermeiden, dass sie vor den Landtagswahlen in Bremen zu einer Abstimmung über ihre eigenen Forderungen gezwungen wird, die Die Linke wortgleich in einem Antrag vorgelegt hat. Sie hat damit aktiv verhindert, dass es mit den Stimmen der Opposition zu einem Durchbruch beim Mindestlohn kommt”, meint Klaus Ernst von der Linksfraktion.
    Quelle: Linkszeitung
  4. Sozialpolitik aktuell
    Mit Grafiken zur Jugendarbeitslosigkeit in Europa, zur Finanzierung und den ökonomischen Grundlagen des Sozialstaats, zur Umsetzung und zu den Auswirkungen von Hartz IV.
    Quelle: Sozialpolitik aktuell
  5. Göhner geht
    Wirtschaftslobbyist Reinhard Göhner verlässt die Unionsfraktion. Er wird zum Juli den Aufsichtsratsvorsitz der Unternehmensberatung Cent Consult übernehmen und dafür sein Mandat aufgeben. Er bleibt weiterhin Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA).
    Quelle: LobbyControl
  6. Jedem Dritten fehlt das Geld
    Trotz staatlicher Zuschüsse und vielfach angemahnter Rentenlücke: Nicht einmal die Hälfte der Bundesbürger sorgt privat für den Ruhestand vor. Dabei fehlt es nicht an der Einsicht. Knapp ein Drittel der vermeintlichen Sparmuffel kann sich keine private Altersvorsorge “leisten”, hat jetzt eine repräsentative Umfrage ergeben.
    Quelle: manager-magazin

    Anmerkung: Das Ergebnis dieser Umfrage kann eigentlich nur jemand überraschen, der jeden Bezug zur gesellschaftlichen Realität verloren hat.

  7. Steuereinnahmen: Die Konjunktur verschleiert, wie arm der Staat ist
    Der neue Steuer-Reichtum wird so schnell verschwinden, wie er eingetreten ist. Beim nächsten Konjunkturabschwung werden sich die Schulden wieder häufen.Trotzdem wird dieses Steuerplus, wie vorübergehend auch immer, langfristige Folgen hinterlassen. Denn die Zusatzmilliarden eignen sich bestens, um die verfehlte Reform der Unternehmensteuer und die Abgeltungssteuer durchzusetzen. Schon bisher haben es die meisten Wähler brav hingenommen, dass den Großkonzernen Milliardenbeträge erlassen werden sollen.
    Quelle: taz
  8. Heraus zum 1. Mai!
    Vor fünf Jahren, pünktlich zum 1. Mai 2002, legte der damalige Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, seinen Katalog mit Forderungen vor, was sich in Deutschland alles ändern müsse. Auch im Blick auf die Bundestagswahl, die im September 2002 folgte, verlangte er »mutige Schritte« auf dem Weg zur Deregulierung der Sozialsysteme und des Arbeitsmarktes sowie die Abkehr von Flächentarifverträgen.
    Jetzt, nach fünf Jahren, ist der Katalog großenteils abgearbeitet – was aber nicht etwa bedeutet, dass Rogowski und sein Nachfolger Thumann zufrieden gestellt wären.
    Quelle: Linksnet
  9. Frei. Freier. CDU.
    Ein großer Entertainer wird aus Ronald Pofalla wohl nicht mehr. Aber im Vergleich zu früheren Auftritten wirkt der CDU-Generalsekretär wie aufgeblüht. “Unser Grundsatzprogramm steht für Optimismus”, sagt Pofalla stolz bei der Präsentation des 91-seitigen Entwurfs. “Mehr Freiheit und weniger Staat” sei der Leitgedanke des dritten Grundsatzprogramms der CDU-Historie, erklärt Pofalla.
    Quelle: taz
  10. Frankreichs republikanische Monarchie hat einen neuen König
    Frankreichs Geistesarbeiter sind aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Namentlich Wissenschafter, Juristen und Menschenrechtler äusserten bis kurz vor den Wahlen zunehmend scharfe Kritik an Sarkozy.
    Quelle: NZZ

    Kommentar Orlando Pascheit: Nur, daß Stellungnahmen und Aufrufe kurz vor dem entscheidenden Wahlgang eben wenig bewirken können. Interessant auch, daß sich die hiesigen Medien viel zu sehr den Rätseln einer zukünftigem Wirtschaftspolitik widmeten, statt dem Meister an der Klaviatur der Ängste auf die Finger zu schauen.

  11. Schlechter Geschmack
    Der neu gewählte Präsident Sarkozy macht Urlaub auf Luxusyacht – selbst Parteifreunde rümpfen die Nase
    Quelle: Tagesspiegel
  12. Export verliert an Schwung
    Der Außenhandel trägt trotz weiter gestiegener Exporte derzeit nach Ansicht von Experten kaum noch zum deutschen Wirtschaftswachstum bei. Die Binnennachfrage wird wichtiger für die Konjunktur.
    Quelle 1: FR
    Quelle 2: Statistisches Bundesamt

    Kommentar Orlando Pascheit: “Im ersten Quartal haben die Exporte und insbesondere der schwache Konsum nach der Mehrwertsteuererhöhung die Wirtschaft ausgebremst”, sagte Andreas Scheuerle von der Deka-Bank. Es würde mich schon interessieren, wie die Exporte die Wirtschaft ausbremsen – rein technisch.

  13. Die schleichende Abschaffung der Gesellschaftswissenschaften
    Hiobsbotschaft für die Soziologie in Münster! Nach Darstellung der Geschäftsführung ist das Institut für Soziologie durch die jüngst bekannt gewordenen Stellenstreichungspläne des Rektorats in seiner Existenz bedroht. „Bis 2009 sollen über die seit 2000 schon gestrichenen 6,0 Stellen hinaus noch weitere 2 Professuren dem Rotstift zum Opfer fallen. Von ehemals 10 Professuren blieben dann faktisch 2,0 Stellen übrig“, so der Geschäftsführende Direktor des Instituts für Soziologie Prof. Dr. Matthias Grundmann. „Damit ist ein qualifizierter Lehrbetrieb auf der Basis einer eigenständigen Forschung nicht mehr möglich!“
    Quelle: Institut für Soziologie
  14. Studienqualität soll künftig jeder Hochschule selbst überlassen bleiben
    Bachelor- und Masterstudiengänge werden nicht mehr von den Ministerien, sondern von Akkreditierungsagenturen zugelassen. Über die sechs Agenturen wacht der Akkreditierungsrat, in dem Vertreter der Hochschulen und der Ministerien, der Berufspraxis und der Studierenden sitzen. Bisher muss jeder einzelne Studiengang akkreditiert werden – bei 10.000 und mehr Bachelor- und Masterprogrammen eine Menge Arbeit, die auch viel Geld verschlingt. Das soll nun geändert werden.
    Quelle: DLF

    Anmerkung: Die Aufsplitterung der Hochschullandschaft wird immer weiter betrieben. Hat schon die Akkreditierungsmanie die Gleichwertigkeit der Studiengänge in Frage gestellt, so soll jetzt der hochschulpolitische Flickenteppich noch weiter voran getrieben werden, indem es jeder Hochschule selbst überlassen wird, zu bestimmen, was Qualität eines Studiums ist. Das wird für Studierende aber auch für die Personalchefs die Studienabschlüsse noch unübersichtlicher machen.

    Dazu passt:
    Kabinett beschließt die Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes
    Damit begibt sich der Bund nach der Föderalismusreform noch seiner letztverbliebenen Regelungskompetenzen bei der Hochschulzulassung, bei der Qualitätssicherung und bei den Hochschulzulassungen. Damit werden seit der Verabschiedung des Hochschulrahmengesetzes im Jahre 1976 über 30 Jahre hochschulpolitische Debatte im Guten wie im Schlechten einfach getilgt und die Hochschullandschaft in einen Flickenteppich umgewandelt. Hochschulpolitik reduziert sich auf in Zukunft auf die Leerformeln „Freiheit“ und „Autonomie“, kurz: Sie wird den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen überlassen. Das Ergebnis ist die „unternehmerische Universität“, die von einem externen wirtschaftsdominierten Hochschulrat gesteuert wird. Das Parlament und die Bürgerinnen und Bürger, die Gesellschaft werden zum Zahlmeister degradiert. Konsequenterweise müsste man das Ministerium von Frau Schavan gleich mit auflösen.
    Da propagiert man auf der einen Seite mit dem Bologna-Prozess den „europäischen Hochschulraum“ und auf nationaler Ebene fällt man auf den Provinzialismus zurück, der in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in der „Bildungskatastrophe“ (Georg Picht) endete und damals zum Hochschulrahmengesetz geführt hat.
    Quelle: BMBF

  15. Insulare Eigenheiten
    Unter den der Erklärung von Bologna verpflichteten Ländern ist Grossbritannien ein Ausnahmefall. Der «Bologna-Prozess» läuft dort nicht auf Hochtouren – und er wird auch wenig diskutiert.
    Quelle: NZZ

    Kommentar Orlando Pascheit: Es ist schon von erstaunlicher Ironie, dass in dem Land, dessen Sprache und Begrifflichkeit unser Hochschulsystem durchdrungen hat, Bachelor- und Masterabschlüsse so wenig einheitlich regelt. Die Freunde angelsächsischen Hochschulstylings werden sicherlich demnächst den “Foundation Degree” als Weisheit letztem Schluss in den Bologna-Prozeß einbringen

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