„Sozialer Arbeitsmarkt“ – Ein noch gigantischerer und zudem entwürdigenderer Niedriglohnsektor

Unter der Überschrift „Sozialer Arbeitsmarkt“ hat sich eine ungewöhnliche Allianz von Sozialverbänden, über die SPD, die Grünen bis hin zur FDP zusammengefunden. Auch in der CDU gibt es Sympathien für ein neues Beschäftigungsmodell für Langzeitarbeitslose. Freiwillig, existenzsichernd bezahlt und möglichst langfristig soll nach diesem Modell Langzeitarbeitslosen am Arbeitsmarkt und zwar am ersten Arbeitsmarkt eine „sinnvolle, normale, nicht stigmatisierende Beschäftigung“ verschafft werden. Das geltende Hartz IV-Systems soll dazu an zwei Stellen verändert werden, nämlich erstens durch den Wegfall der Voraussetzungen, dass die öffentlich geförderte Beschäftigung (Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigungszuschüsse) für Langzeitarbeitslose „gemeinnützig, zusätzlich und wettbewerbsneutral“ sein müssen und zweitens durch einen sog. „Passiv-Aktiv-Transfer“ (PAT), bei dem die Mittel für den „passiven Leistungsbezug“ aktiv zur Finanzierung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, sprich als Lohnsubvention an die anstellenden Arbeitgeber eingesetzt werden sollen. Eine „Win-Win-Situation“ könnte man meinen. Helga Spindler, Professorin für Sozial- und Arbeitsrecht, widerspricht dem energisch. Sie befürchtet einen noch gigantischeren und zudem entwürdigenderen Niedriglohnsektor.

Land Grabbing – die marktkonforme Wiedergeburt des Kolonialismus

Land Grabbing ist im Trend. In den letzten Jahren wurden in den Entwicklungsländern rund 60 Millionen Hektar Land zur landwirtschaftlichen Nutzung an ausländische Investoren verkauft oder verpachtet – Tendenz stark steigend. Dies entspricht rund einem Drittel der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche der EU, eine Fläche doppelt so groß wie Deutschland. Neben den steigenden Lebensmittelpreisen stellt vor allem die immer stärker wachsende Nutzung von Biokraftstoffen die größte Triebfeder für das Land Grabbing dar. Während die Folgen für die betroffenen Kleinbauern katastrophal sind, kalkulieren die Investoren mit zweistelligen Renditen. Auch in diesem Punkt liegt Land Grabbing im Trend. Waren es früher die Nationalstaaten der nördlichen Hemisphäre, die die Länder des Südens durch den Kolonialismus ausbluten ließen, so haben diese Funktion heute globale Konzerne, Banken und Investmentfonds übernommen. Von Jens Berger.

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Hinweise des Tages

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Heiße Luft mit unangenehmer Ausdünstung

Da knallten am vergangenen Freitag in Frankfurt die Sektkorken, als der DAX erstmalig in seiner 25-jährigen Geschichte die Marke von 9.000 Punkten knackte. Zwar wird in den gängigen Medien hier und da auf die mögliche Gefahr einer Aktienblase hingewiesen, insgesamt dominieren jedoch Freude und Glückseligkeit angesichts des tollen Aufschwungs unseres Börsenbarometers. Diese Euphorie ist allerdings dumm und kurzsichtig, denn hinter der bejubelten Aktienhausse steckt nichts als heiße Luft. Und die riecht auch noch unangenehm, weil der vermeintliche Erfolg des DAX Ausdruck einer gravierenden Fehljustierung unseres Wirtschafts- und Finanzsystems ist. Von Günther Wierichs[*].

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Der Ökonom als Menschenfeind?

Über gesellschaftliche Verrohung und die etablierte ökonomische Theorie
Ein Interview mit dem Volkswirt und Wirtschaftsethiker Sebastian Thieme über Fragen nach der Entsolidarisierung der Gesellschaft etwa durch die Hartz-Reformen, nach dem Menschenbild hinter den vorherrschenden ökonomischen Lehren, nach der Ökonomisierung der Gesellschaft und der ethischen Verantwortung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Das Interview für die NachDenkSeiten führte Jens Wernicke.

Wettrüsten im Cyber-War – Das Lügen-Dilemma um Merkels Handy

Nachrüstung, das soll die Antwort auf die Ausrüstung der NSA zur Ausspähung anderer Länder, ihrer Bürgerinnen und Bürger, ihrer Politiker, ihrer Wirtschaft sein. Der Verfassungsschutz will das Personal der entsprechenden Abteilung verdoppeln, meldet Bild. Statt sich um den Schutz von Daten zu kümmern, soll bei der Überwachung nachgerüstet werden: Massenhafte Überwachung soll also durch noch mehr Überwachung bekämpft werden. Das ist die Übertragung der Logik des „Kalten Krieges“ auf den Cyber-War. Diesmal aber nicht nur gegen den Osten, sondern auch gegen den amerikanischen „Verbündeten“.
Von Wolfgang Lieb.

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Hinweise des Tages II

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Steuererhöhungen sind kein Thema … – oder vielleicht doch?

Werden Steuererhöhungen bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD ein Thema sein? Die SPD ist in dieser Frage wieder einmal uneins. Es wäre jedoch ein Skandal, wenn sich in punkto Besteuerung nichts ändern würde. Vor allem der Vorzugs-Steuersatz für Kapitaleinkünfte muss abgeschafft werden. Von Günther Wierichs [*]

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Sind wir schon so verblödet, dass wir uns erst dann aufregen, wenn Frau Merkel von den US-Diensten abgehört wird?

Wolfgang Lieb hat im Kommentar zum 1. Hinweis von heute mit Recht schon darauf hingewiesen: „Die Kanzlerin griff allerdings erst zum Telefonhörer, als der Verdacht aufkam, dass sie selbst ausgespäht wurde. Wenn Hinz und Kunz abgehört werden, ist das ja auch nicht so wichtig.“
Recht hat er und ich weise auch auf die Tatsache hin, dass unsere unkritischen Medien diese Ignoranz gegenüber unser aller Sorgen teilen. Von Albrecht Müller

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Peter Brandt schreibt über den Politiker und Privatmann Willy Brandt

Dass er den Vater „Mit anderen Augen“ sieht, wie der Titel des Buches lautet, erkennt man schon am verwendeten Foto auf dem Cover. Es zeigt einen wachen, optimistischen Brandt. Das ist ziemlich anders und treffender als die vielen eher einen depressiven, zaudernden Menschen darstellenden Fotos auf einigen der in den letzten Jahren erschienenen Biografien und Schriften über den früheren Bundeskanzlers und Parteivorsitzenden der SPD. Peter Brandt räumt mit einer Reihe von Vorurteilen und bösartigen Unterstellungen auf, die sich inzwischen in der öffentlichen Debatte eingenistet haben. Er widerspricht damit auch dem, was der Journalist Hans-Joachim Noack über weite Strecken in seinem Buch verbreitet. Mein positives Urteil über Noacks Buch muss ich korrigieren. Davon unten mehr in einem zweiten Teil. Von Albrecht Müller

Austeritätspolitik in Griechenland: Ökonomische Verwüstung statt eines exportgetragenen Wachstums

Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt (oder zumindest unkommentiert) hat sich in der Deutung der systemischen Krise der Europäischen Währungsunion durch den Mainstream eine Akzentverschiebung vollzogen. Als vor einigen Jahren die Schwierigkeiten der EWU offensichtlich wurden, herrschte zunächst weitgehend Konsens, dass es eigentlich gar keine Eurokrise gäbe, sondern lediglich ein Problem zu hoher Staatsschulden einiger kleiner Euroländer, ausgelöst durch ein unverantwortliches staatliches Ausgabeverhalten. So behauptete etwa Bundesbankpräsident Jens Weidmann im Juni 2011: „Die aktuelle Krise ist keine Krise des Euro. Es handelt sich um eine Staatsschuldenkrise einzelner kleiner Länder im Euroraum, die nicht zuletzt durch die Missachtung der Regeln entstanden ist“ (Süddeutsche Zeitung, 14.6.2011). ein Gastartikel von Günther Grunert