Militärshow in Prag

Militärshow in Prag

Militärshow in Prag

Ein Artikel von Frank Blenz

So wie in Deutschland unentwegt und mit zunehmender, vielfältiger Intensität und Penetranz fürs Militärische getrommelt wird, dass selbst dem kleinen wilden Oskar Mazerath aus dem Film „Die Blechtrommel“ die Ohren klingen würden, drehen die Militaristen auch in unserem Nachbarland Tschechien an der Uhr. Die steht hier wie dort schon auf weit nach um zwölf. Kleine weiße Friedenstauben sind mittlerweile in diesen Kreisen verpönt, man kann ahnen, was der brave Soldat Schwejk, aus tiefem Herzen Mensch und Pazifist, fühlen würde, läse er die Ankündigungen von einer großen Militärshow anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Tschechischen Armee, die diese Woche in Prag an der schönen Moldau stattfindet. Ungeachtet dessen, dass viele Tschechen das wahre Leben, und zwar das in Frieden und Verständigung (am besten ganz ohne Militär) leben wollten, ziehen die Militaristen, die gern und offensichtlich ihre Muskeln zeigen, dagegen „ihr profitables Ding“ durch und meinen, dem Volk eine beeindruckende Vorführung zu präsentieren, und das ganz in seinem Sinn. Lumpen lassen sich tschechische Medien auch nicht, sie jubeln, statt zu informieren. Ein Kommentar von Frank Blenz.

Goldene Stadt Prag dient als Kulisse für militärische Machtdemonstration

Das sieht wirklich actionmäßig richtig stark aus, wenn durchtrainierte Militär-Fallschirmspringer mit ihren Schirmen in den Farben der Tschechischen Republik zielsicher und gekonnt auf das Moldauwasser einschwenken. Einer der Spezialsoldaten führt sogar eine blaue Fahne bei sich, die das Logo der NATO, ein Symbol mit den vier Himmelsrichtungen, trägt. Wo es lang geht, also die Botschaft seiner Show ist klar: Seht her, wir stellen was dar, wir Tschechen sind Teil des mächtigen Militärbündnisses NATO, welches unser aller Frieden und Freiheit sichert.

Die zahlreichen schaulustigen Menschen an beiden Ufern der Moldau rufen beim Eintreffen der Fallschirmspringer auf: „Ah.“ „Oh.“ „Ano“ (tschechisch für „Ja“). Und auch die anderen Vorführungen lassen sich viele Leute nicht entgehen, wobei man ihnen damit noch nicht eine grundsätzliche Begeisterung für das Militär oder gar den Krieg unterstellen muss. Dass sie mit all dem Tammtamm indes auf harte Zeiten eingeschworen und mindestens offen für mehr Rüstung, Armee, Tschingderassa gemacht werden sollen, wirkt offenkundig.

Die Szenerie mit all den martialischen Vorführungen verfängt somit für einen Nachmittag eines Jubeltages mit all den Feiern und Aktivitäten zum 30-jährigen Bestehen der tschechischen Berufsarmee. Diese entstand alsbald nach der Umbildung der einstigen Tschechoslowakei (ČSSR) in Tschechien und die Slowakei; und wird nun – so wird eifrig und unentwegt geworben – auf Vordermann gebracht, man bedenke, steht doch der Russe vor der Tür.

Medienplattform Tschechien News jubelt

Dass so eine Show atemberaubend sei, dass die tschechischen Soldaten ihr Kriegshandwerk verstünden, verkünden die Journalisten von CZN lauthals:

Tschechische Armee feiert 30 Jahre mit beeindruckenden Vorführungen in Prag

Die tschechische Armee feiert ihr 30-jähriges Bestehen mit einer spektakulären Veranstaltung am Ufer der Moldau in Prag. Am Mittwoch, dem 28. Juni, sind Besucher eingeladen, Zeuge beeindruckender Vorführungen von Fallschirmjägern, Rettungsteams und einer Vielzahl militärischer Ausrüstung zu werden.

Besondere Attraktionen

Der Sprung ins Wasser samt Rettung im Dutzend wird angepriesen.

Die Feierlichkeiten finden an beiden Ufern der Moldau statt, genauer gesagt in Rašínovo nábřeží und Hořejší nábřeží. Eine besondere Attraktion ist der Fallschirmsprung von zwölf Fallschirmjägern und vier Rettungskräften aus einem Mi-17-Transporthubschrauber direkt in die Moldau. Anschließend werden sie von einem W-3A-Sokol-Militärhubschrauber aus dem Wasser gerettet.

Die Besucher können sich freuen

Warum man sich auf eine Präsentation von militärischen Ausrüstungen, von Waffen usw. freuen sollte, es erschließt sich mir nicht angesichts des laufenden Krieges im Osten.

Die Besucher können sich auf eine Vielzahl von Vorführungen freuen, darunter militärische Ausrüstung, Waffen und Geräte. Darüber hinaus werden sich militärische Spezialisten präsentieren und ihr Fachwissen demonstrieren. Es wird Vorführungen der Diensthundeausbildung, Nahkampftechniken und sogar einen Flugsimulator des Kampfjets L-159 geben. Auch die Armee-Ehrengarde wird eine beeindruckende Schauvorführung bieten. Sportbegeisterte haben außerdem die Möglichkeit, bei einer Autogrammstunde der Athleten des ASC Dukla dabei zu sein.

Präsentation des militärischen Nachrichtendienstes

Eine Premiere wird beworben: Der militärische Geheimdienst ist vor Ort.

Neben den Vorführungen werden verschiedene Einheiten des Verteidigungsministeriums und der Armee, einschließlich staatlicher Unternehmen, an Ständen vertreten sein. Eine Premiere stellt die Präsentation des militärischen Nachrichtendienstes dar, der das Satellitenzentrum und Demonstrationen der tschechischen Cyberabwehr vorstellen wird.

Militärische Bereitschaftstests

Und schließlich geht es ans Eingemachte, Übungen für die Zivilbevölkerung.

Im Rahmen des Projekts POKOS (Vorbereitung der Bürger auf die Landesverteidigung) haben die Besucher die Möglichkeit, an militärischen Bereitschaftstests, Erste-Hilfe-Maßnahmen und Chemikalienschutzübungen teilzunehmen.

Die breite Öffentlichkeit ist herzlich (!) eingeladen

Man könnte meinen, die Medien rufen: „Ihr Kinder, ihr Jugendlichen, ihr Bürger, kommet zahlreich zu Eurer starken Armee!“

Die Verteidigungsministerin Jana Černochová (ODS) und der Generalstabschef Karel Řehka haben ihre Teilnahme an der Veranstaltung zugesagt. Schulen und die breite Öffentlichkeit sind herzlich eingeladen, an diesem Tag dabei zu sein, und der Eintritt ist frei.

Journalistischer Offenbarungseid

Das Medium Tschechien News bejubelt in seiner Veranstaltungsankündigung die „einzigartige Gelegenheit“, die Streitkräfte hautnah zu erleben.

Die Veranstaltung markiert einen Meilenstein für die Tschechische Armee und bietet der Öffentlichkeit eine einzigartige Gelegenheit, die Fähigkeiten und Ausrüstung der Streitkräfte hautnah zu erleben. Es wird ein Tag voller Spannung, Unterhaltung und militärischer Präsentationen erwartet, der sowohl Geschichtsinteressierte als auch Neugierige ansprechen wird.

Auch ein EX-NATO-General, jetzt tschechischer Staatspräsident, mag das Martialische

Es lebe die Armee, es lebe das Militär, trunken fast feiern sich die bellizistischen Kräfte, so wie in Deutschland, auch in Tschechien. Veröffentlichungen wie die folgenden Zeilen über eine Pistole als „Staatsgeschenk“ des Präsidenten der Tschechen, Petr Pavel, passen in das Bild, dass der Geist fern von Abrüstung, Entspannung und Verständigung Konjunktur hat :

Der Präsident der Tschechischen Republik Petr Pavel besuchte am 28. April 2023 gemeinsam mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová die Ukraine. Beide Staatsoberhäupter trafen sich in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Bei dieser Gelegenheit übergab Präsident Pavel dem Präsidenten Selenskyj eine handgravierte Pistole CZ 75 der Edition Orden des Weißen Löwen als Staatsgeschenk. Es schreitet so die Tradition der höchsten tschechischen Staatsrepräsentanten fort, die über Produkte der Waffenfabrik Uherský Brod die Qualität und Tradition der tschechischen Industrie präsentieren.

„Ich schätze es sehr, dass der Herr Präsident Pavel als offizielles Geschenk für den Herrn Präsidenten Selenskyj eine in der CZ gefertigte, handgravierte Pistole gewählt hat. Dieses Geschenk repräsentiert nicht nur die industrielle Tradition der Tschechischen Republik, aber auch die Unterstützung der Ukraine in ihrem heldenhaften Kampf gegen die russische Aggression und die Verteidigung unserer euroatlantischen Werte,“ sagte Jan Drahota, CEO und Vorstandsvorsitzender der Colt CZ Group.

Mit „Ohne Worte“ ist das Phrasendreschen des Pistolenherstellers Jan Drahota der Colt CZ Gruppe noch charmant kommentiert. So schreitet er also fort, der Wahnsinn.

Sorgenvoller Blick zu unseren Nachbarn

Die Nachrichten aus dem Nachbarland lesen sich nicht so, als dass die Regierenden, die Entscheider über das Wohl und den Frieden und das friedvolle Zusammenleben der Bürger wirklich die richtigen Mittel einsetzen. Ein NATO-General wird Staatspräsident, die Amerikaner stellen Hunderte Millionen Dollar zur Aufrüstung der Tschechischen Armee zur Verfügung, die Armee selbst soll in den nächsten Jahren aufgerüstet, modernisiert und personell verstärkt werden, den Amerikanern will Tschechien einräumen, in den nächsten Jahren Militärbasen auf dem tschechischen Staatsgebiet einzurichten. Die Kosten übernehmen die Tschechen. Die Liste der Aktivitäten ist lang, Tschechien wird stärker und stärker, Ironie aus.

Das neue Menschenbild?

Damit der kleine Mann von der Straße begreift, warum die Menschen gebraucht und die kleine Armee der Tschechen unbedingt so richtig fit gemacht werden muss, erläutert der Generalstabschef:

„Menschen sind alles. Sie gewinnen Kriege, nicht Waffen. Die Armee benötigt mehr Soldaten, muss verjüngt und daher systematisch verändert werden“, sagte der Generalstabschef Karel Řehka bereits im vergangenen Herbst.

Titelbild: Mucky38/shutterstock.com

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