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  1. Die Entzauberung des Wolodymyr S. (und seiner Fans)
  2. Und morgen China: Bündnispolitik der NATO.
  3. US to move ahead with transfer of F-16 jets to Turkey
  4. Unter Vormundschaft
  5. Ampel lässt bitten
  6. Weitere Kürzungen: Wird die Witwenrente abgeschafft?
  7. Streit um Ehegattensplitting: Wie unsozial will die SPD noch werden?
  8. Bodeneigentum – das beschwiegene soziale Grundübel
  9. Berlin im Blindflug
  10. Abes Erbe
  11. Europäische Zentralbank gibt Ihre Daten US-Anbietern, von denen sie sich angeblich mit dem digitalen Euro unabhängig machen will
  12. Covid-19-Impfung: Auf der Suche nach den 95 Prozent Wirksamkeit
  13. Auch Fahrgastverband für Zerschlagung der Deutschen Bahn
  14. Eine Stärkung der strategischen Autonomie
  15. Merz wechselt CDU-Generalsekretär aus: Linnemann kommt für Czaja
  16. Demokratie kann man üben: Deutschland-Trend sieht AfD vorn

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Entzauberung des Wolodymyr S. (und seiner Fans)
    Erst wollte er den sofortigen Nato-Beitritt, dann wenigstens einen schnellen. Doch nach dem Gipfel-Beschluß in Vilnius steht Wolodymyr Selenskyj mit leeren Händen da.
    Bisher schien ihm alles zu gelingen. Selenskyj wurde in Washington, London und Brüssel wie ein Held gefeiert, die Medien lagen ihm zu Füssen, die Experten plapperten seine Parolen nach.
    Bis zuletzt forderten C. Major & Co., die Ukraine müsse in die Nato aufgenommen werden. Wenigstens brauche es verbindliche Garantien. Alles andere sei „absurd„, so Selenskyj bei seiner Ankunft in Vilnius.
    Und nun das: „Wir werden in der Lage sein, die Ukraine zu einem Bündnisbeitritt einzuladen, wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind“, heißt es in der Gipfelerklärung.
    Das ist eigentlich noch weniger als in Bukarest 2008. Denn zu den Voraussetzungen zählt nun auch die Demokratisierung – und alles, was sich die Verbündeten sonst noch so einfallen lassen.
    Selenskyj steht mit leeren Händen da, sein Zauber wirkt nicht mehr. Zu oft hat er versucht, die Nato direkt in den Krieg mit Russland zu ziehen, zu wenig hat er sich in die Karten schauen lassen. Nicht mal die CIA blickt durch.
    Am Ende hat er zu hoch gepokert – und gedroht, er werde erst nach Vilnius kommen, wenn die USA und Deutschland den Weg frei machen. Doch US-Präsident Biden und Kanzler Scholz blieben standhaft.
    Quelle: Lost in Europe

    dazu auch: Gipfel in Vilnius: Selenskij brüskiert NATO
    Waffen statt Beitrittsperspektive für Kiew. Aus Berlin kommt ein 700-Millionen-Paket
    Mit heftigen Auseinandersetzungen um die NATO-Perspektive der Ukraine hat am Dienstag der Gipfel des Militärbündnisses in Vilnius begonnen. Während vor allem östliche Mitgliedstaaten bis zum Schluss auf eine Beitrittszusage drangen, sah der vorab kursierende Entwurf für die offizielle Gipfelerklärung nur einen allgemeinen Fahrplan ohne jede zeitliche oder sonstige Festlegung vor. Vor allem US-Präsident Joseph Biden hatte sich gegen eine Beitrittszusage verwahrt und sich nur für unverbindliche Formulierungen wie diejenige offen gezeigt, die »Zukunft« der Ukraine liege »in der NATO«. Präsident Wolodimir Selenskij warf der NATO deshalb öffentlich »Unschlüssigkeit« sowie »Schwäche« vor. Um Kiew einen gesichtswahrenden Erfolg zu bieten, sollten am Dienstag Sicherheitsgarantien etwa in Form von Waffenlieferungen zugesagt werden. Zudem soll am Mittwoch erstmals der NATO-Ukraine-Rat zusammentreffen.
    Quelle: junge Welt

    und: Der NATO-Gipfel in Vilnius wird wahrscheinlich ein Flop werden
    (Eigene Übersetzung)
    Europa hat kein Geld und keine Munition und ist nicht bereit, eine Eskalation herbeizuführen, indem es der Ukraine die Luftstreitkräfte zur Verfügung stellt, die sie nach eigenen Angaben benötigt, um den Krieg zu gewinnen. […]
    Die Ukraine drängt entweder auf eine sofortige NATO-Mitgliedschaft oder auf handlungsfähige Sicherheitsgarantien der NATO. Die Position der Ukraine wird jedoch durch das Scheitern der Gegenoffensive gegen Russland und die fehlgeschlagenen Versuche der Ukraine, die Regierung von Präsident Wladimir Putin durch Sabotageakte, Attentate und tödliche Drohnenangriffe auf den Kreml zu destabilisieren, geschwächt. Jetzt sagt die Ukraine, dass sie die Luftstreitkräfte der NATO braucht, um ihren Krieg zu gewinnen.
    Es wird sehr schwer sein, einen NATO-Konsens über das weitere Vorgehen zu erzielen, egal wie sehr Washington seine europäischen Partner unter Druck setzt.
    Europa befindet sich aufgrund der Covid-Katastrophe, der Sanktionen gegen die russische Energiewirtschaft und der hohen Arbeitslosigkeit, von der auch die jüngsten Einwanderer betroffen sind, bereits in einer Rezession. Das Ergebnis all dessen sind soziale Unruhen in ganz Europa. In Frankreich gibt es bereits eine ernsthafte Revolte, und obwohl sich die Lage in Frankreich in den letzten Tagen entspannt hat, wird sie zurückkehren.
    Unterdessen verliert die deutsche Regierungskoalition immer mehr an Unterstützung in der Bevölkerung, und die AfD, Deutschlands rechtsextreme Partei, ist inzwischen die zweitstärkste Partei im Lande. Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Koalitionspartner wissen nicht, was sie tun sollen:
    Quelle: Asia Times

  2. Und morgen China: Bündnispolitik der NATO.
    Die NATO rüstet Kiew auf, damit es Leute und Land im Krieg gegen den gemeinsamen Feind verheizt. Ein Beitritt zum Bündnis als Belohnung aber kommt, da hat US-Präsident Joseph Biden jetzt ein Machtwort gesprochen, zumindest auf absehbare Zeit nicht in Frage. Dass man darüber froh sein kann, da mit einem ukrainischen NATO-Beitritt die Weltkriegsgefahr dramatisch stiege, trifft zu. Für die Regierung der Ukraine aber ist das Nein aus Washington bitter: Echte Sicherheit, die sie aus ihrem Blickwinkel nur als Bündnismitglied hätte, bekommt sie nicht. Man mag die Perspektive ­Kiews aus guten Gründen ablehnen. Sie ist aber wichtig, denn man kennt Ähnliches auch andernorts. Nein, Taiwan ist nicht die Ukraine. Der Westen bemüht sich aber nach Kräften, auf der Insel ein ähnliches Szenario zu schaffen. Die USA rüsten Taiwan mit den gleichen Waffen auf, trainieren dessen Soldaten für die gleichen Szenarien wie die Ukraine vor dem 24. Februar 2022 – und der Westen provoziert China genauso, wie er Russland stets provoziert hat. Zum NATO-Gipfel in Vilnius sind die Staats- und Regierungschefs Japans und Südkoreas, Australiens und Neuseelands geladen, auf dass das Bündnis genauso gegen die Volksrepublik vorrücken kann wie einst mit seiner Osterweiterung gegen die Russische Föderation. Und Taiwan? Als sich zu Beginn des Ukraine-Kriegs herausstellte, dass die USA keine Truppen zur Unterstützung nach Kiew schickten, da schwand auf der Insel die zuvor recht starke Zuversicht, die Vereinigten Staaten würden Taipeh im Ernstfall militärischen Beistand leisten. […]
    Dass der Westen Verbündete verschleißt, um sie dann fallenzulassen, soll nicht allzu offen zutage treten. Aber dass das auf Dauer verborgen bleibt – auf Taiwan, in Ost- und Südostasien, sonstwo auf der Welt –, darauf kann die NATO kaum hoffen. Sie untergräbt ihre Macht auf lange Sicht selbst.
    Quelle: Jörg Kronauer in junge Welt

    dazu: Die versteckte Agenda der NATO gegen China wurde von Litauen im Voraus aufgedeckt
    (Eigene Übersetzung)
    Etwa eine Woche vor dem Gipfel kündigte Litauen nach dem Vorbild der USA seine so genannte Indo-Pazifik-Strategie an. Der auffälligste Teil dieser 16-seitigen “Strategie” ist die Erklärung zur Taiwan-Frage, in der betont wird, dass “die Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zu Taiwan eine der strategischen Prioritäten Litauens ist”. Es wird sogar schamlos eine “rote Linie” gezogen, indem behauptet wird, dass der Status quo in der Straße von Taiwan “nicht durch den Einsatz von Gewalt oder Zwang verändert werden kann”.
    Dies ist ein weiterer Beweis für Litauens “harte Worte” und Arroganz, nachdem das Land und die Insel Taiwan gegenseitige Vertretungen eingerichtet hatten, was zu einer drastischen Verschlechterung der Beziehungen zwischen Litauen und China führte. […]
    Es ist bizarr, dass ein baltisches Land mit weniger als 3 Millionen Einwohnern, das in der unmittelbaren Strahlungszone des Russland-Ukraine-Konflikts liegt, eine Indo-Pazifik-Strategie entwickelt hat. Viele Formulierungen der Strategie kommen einem bekannt vor, als seien sie direkt aus der US-Rhetorik gegenüber China übernommen worden.
    Quelle: Leitartikel der Global Times

    dazu auch: Wie sich Chinas Gallium- und Germaniumverbote auswirken werden
    (Eigene Übersetzung)
    Pekings Verbot von Nischenmetallen für die Chipherstellung könnte sich zu Beschränkungen für Seltene Erden ausweiten, die viel schwerer zu ersetzen wären
    Ab August wird China die Ausfuhr von Gallium und Germanium, zwei wichtigen Elementen für die Herstellung von Halbleiterchips, beschränken.
    Da China das Angebot an beiden Elementen dominiert, benötigen Exporteure nun spezielle Lizenzen, um sie aus dem Land zu bringen. Dieser Schritt könnte einer Reihe von westlichen Technologieherstellern schaden, die diese Elemente zur Herstellung ihrer Produkte verwenden.
    Der Schritt ist Berichten zufolge eine Reaktion auf westliche Beschränkungen für Anlagen, die für die Herstellung von Halbleitergeräten unerlässlich sind.
    Vor allem der US CHIPS and Science Act von 2022 hat die Ausfuhr von High-End-Mikrochips und -Technologie nach China eingeschränkt, was Pekings Kapazitäten für Hochleistungscomputer in Bereichen wie der Verteidigung beeinträchtigen könnte. Andere Länder wie Japan und die Niederlande haben ebenfalls Beschränkungen verhängt.
    Quelle: Asia Times

  3. US to move ahead with transfer of F-16 jets to Turkey
    U.S. President Joe Biden’s administration will move ahead with the transfer of F-16 fighter jets to Turkey in consultation with Congress, national security adviser Jake Sullivan said on Tuesday, a day after Ankara gave the green light for Sweden to join NATO. Turkey, which had been the main stumbling bloc on Sweden’s path towards the alliance, had requested in October 2021 to buy $20 billion of Lockheed Martin Corp (LMT.N) F-16 fighters and nearly 80 modernisation kits for its existing warplanes. Speaking ahead of a summit of NATO leaders in Lithuania, Sullivan said Biden “had been clear that he supports the transfer.” “He has placed no caveats on this … He intends to move forward with that transfer,” Sullivan told reporters, without giving details on the timing. U.S. Senate Foreign Relations Committee Chairman Bob Menendez, a Democrat who has blocked the F-16 sale, said on Monday he was in talks with the Biden administration about his hold and that he could make a decision “in the next week.” (…) Some diplomats and analysts believe Erdogan had been using Swedish membership of NATO to pressure Washington on the warplanes, and that Biden made a deal. “There seems to have been a big push by the Biden administration to allow Turkey to modernise its air force and acquire new F-16s,” said Camille Grand, a defence specialist at the European Council on Foreign Relations think tank. “This push together with the Swedish efforts on the PKK front might have played an important role in convincing Erdogan to move forward on Sweden.”
    Quelle: Reuters
  4. Unter Vormundschaft
    Deutsche Politiker ruinieren im Einvernehmen mit den USA das eigene Land.
    Die USA schaffen nach dem Prinzip „teile und herrsche“ seit Jahrzehnten zerstörte und zerstückelte Länder: Korea, Vietnam, Zypern, Jugoslawien, Libyen, Irak, Syrien ― um nur einige zu nennen. Deutschland ist ein ganz spezieller Fall, seit 1945 nach der bedingungslosen Kapitulation in der Hand der USA. Wie würde Deutschland, wie würde Europa heute dastehen, wenn es zu dem von Michail Gorbatschow und Wladimir Putin vorgeschlagenen „europäischen Haus“ gekommen wäre, einem gemeinsamen Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon? Aber das haben die USA verhindert. Und es ist auch nicht gelungen, das Chaos und die Konfusion in Deutschland zu verhindern. Die Bevölkerung ist tief gespalten, indoktriniert und aufgehetzt ― ein absurdes Theater.
    Der Verrat deutscher Interessen
    Der Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck ist dabei, die deutsche Wirtschaft zu ruinieren. Nach seinem Antrittsbesuch in Washington im März 2022 erklärte er, Deutschland sei Kriegspartei und müsse „dienend führen“. Mitte Juni 2023 stellte er dann klar:
    „Würde das russische Gas nicht in dem Maße, wie es noch immer durch die Ukraine fließt, nach Osteuropa kommen, gilt, was europäisch verabredet wurde: Bevor die Leute dort frieren, müssten wir unsere Industrie drosseln oder gar abschalten”.
    Quelle: Wolfgang Bittner auf manova

    dazu: Das Rückentwicklungsland
    „Wohlstand für alle“ galt früher einmal für die Bürger der Bundesrepublik, doch mittlerweile verspielt das Land zunehmend seinen Status als Industrienation.
    Verwaltung, Infrastruktur und die öffentliche Sicherheit befinden sich in einer angespannten Situation. Die inflationäre Enteignung der deutschen Angestellten, Arbeiter, Sparer und Steuerzahler geht 2023 in die nächste Runde. Wenig überraschend konstatiert dazu der Finanzexperte Michael Every: Deutschland ist auf dem besten Weg zu einer Entwicklungsökonomie. […]
    Die massive politische und wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA beziehungsweise China, sowie das plötzliche Versiegen des Zustroms russischer Rohstoffe — aus ideologischen Gründen — sowie das jahrelange Anhäufen eines gigantischen Schuldenbergs aufgrund einer deutschen Musterschülerpolitik, der es in erster Linie darum geht, die Welt zu retten, haben das Land an den Rand des wirtschaftlichen Abgrunds gebracht.
    So konstatiert Every ungeschminkt:
    „Deutschland ist auf Exporte nach China, Importe aus Russland und Waffen aus Amerika angewiesen. Wenn Deutschland sich weiter auf die USA verlässt, wird es scheitern, weil die amerikanische Wirtschaft das Tempo der eigenen Militärausgaben nicht aufrechterhalten kann, um Europa vor Russland zu verteidigen und den Zugriff auf Deutschland und Asien zu behalten. Amerika hat dafür nicht mehr die industrielle Basis.“
    Quelle: manova

  5. Ampel lässt bitten
    Umverteilung in Reinkultur: Mehr als zwei Millionen Menschen in BRD leben von Lebensmittelspenden. Regierung ruht sich auf Ehrenamt aus.
    Für Hunderttausende kommt hierzulande auf den Teller, was sonst im Müll landet. 384.000 Menschen – rund 58.000 mehr, als ganz Mannheim an Einwohnern zählt – versorgt die Hilfsorganisation Tafel allein in Baden-Württemberg mit gespendeten Lebensmitteln. Die Zahlen stammen vom Verein, veröffentlicht anlässlich des 24. Bundestafeltreffens in der Quadratestadt am Donnerstag. Laut dem Jahresbericht des Dachverbands Tafel Deutschland verteilt der Verbund in der BRD inzwischen an mehr als zwei Millionen Menschen Lebensmittel. Insgesamt rund 265.000 Tonnen im vergangenen Jahr. Und der Bedarf steigt drastisch. So verzeichne ein Drittel der bundesweiten Anlaufstellen »von Beginn des Krieges in der Ukraine und den Preissteigerungen« bis Juni 2023 einen »deutlichen Zuwachs«, teilte Tafel Deutschland mit. Demnach berichteten mehr als ein Drittel der Tafeln im genannten Zeitraum von bis zu 50 Prozent mehr bedürftigen Menschen, 20 Prozent verzeichneten annähernd doppelt so viele wie vorher, 16 Prozent doppelt so viele und mehr. Der gesteigerte Zulauf erfolgt demnach von Erwerbslosen (34 Prozent) und Rentnern (31 Prozent), aber auch vermehrt von Erwerbstätigen (31 Prozent). Angesichts seit Jahren sinkender Löhne und explodierender Energie- (knapp 50 Prozent Steigerung) und Lebensmittelpreise (mehr als 20 Prozent) kaum überraschend. Die Tafeln selbst sind dem Ansturm verständlicherweise nicht gewachsen. So gaben beinahe 40 Prozent an, arme Menschen mit einem Aufnahmestopp abweisen zu müssen. 60 Prozent der mehr als 500 befragten Tafeln erklärten, reduzierte Mengen verteilen zu müssen. Viele mussten außerdem zusätzlich oder länger öffnen, die Möglichkeiten zum Abholen von Lebensmitteln verringern. Fast 30 Prozent fertigten Wartelisten an. Der tatsächliche Bedarf dürfte also weit höher liegen als durch die mehr als zwei Millionen »Kunden« sichtbar.
    Quelle: junge Welt
  6. Weitere Kürzungen: Wird die Witwenrente abgeschafft?
    Die Vorsitzende des sogenannten Rates der „fünf Wirtschaftsweisen“ Monika Schnitzer fordert eine umfassende Änderung des Witwenrentensystems. Die „Reform” wäre vor allem eine Reaktion auf aktuelle Bedürfnisse des deutschen Kapitals.
    „Die jetzige Regelung reduziert die Anreize, eine eigene Beschäftigung aufzunehmen“, sagte Monika Schnitzer dem Spiegel. Außerdem hätte diese Regelung zur Folge, dass alleinstehende Beitragszahlende zur Finanzierung von Rentenansprüchen für nicht erwerbstätige Partner beitragen. […]
    Die derzeitige Regelung der sogenannten großen Witwenrente sieht dagegen vor, dass hinterbliebene Ehepartner mindestens 55 Prozent der Rente des verstorbenen Partners erhalten.
    Schnitzer spricht von “Fehlanreizen”, die das bisherige Rentenmodell mit sich bringe. Insbesondere Frauen würden von einer eigenen Erwerbstätigkeit abgehalten werden. Witwen und Witwer erhalten oft Renten von verstorbenen Partner:innen, obwohl sie selbst nie in die Rentenkasse eingezahlt haben. Stattdessen sollen Anreize geschaffen werden, arbeiten zu gehen. Unterm Strich bleibt der Reformvorschlag aber vor allem eins: Eine massive Rentenkürzung.
    Quelle: Perspektive
  7. Streit um Ehegattensplitting: Wie unsozial will die SPD noch werden?
    Wenn SPD und Grünen nichts anderes einfällt, um das Wahlvolk zu quälen, kommen sie, wie jetzt Obergenosse Lars Klingbeil, mit der Abschaffung des Ehegattensplittings um die Ecke. Das, so die alte Leier, verdonnere Frauen zu einer bemitleidenswerten Existenz zwischen Kind und Küche. Dieses „antiquierte Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt“, müsse im Sinne der Gleichstellung abgeschafft werden, so Klingbeil. Er könnte auch gleich sagen, dass er bei der nächsten Wahl verlieren möchte.
    Abgesehen von dem etwas anachronistisch-unselbstständigen Frauenbild, das hinter dieser Annahme steckt, sollte man wissen: Das Splitting ist geschlechtsneutral, es bevorzugt oder benachteiligt weder Männer noch Frauen – es gilt z.B. auch für eingetragene Lebensgemeinschaften. Das Splitting sorgt einfach nur dafür, dass Partner beim Fiskus gemeinsam veranlagt werden – egal, wie sie ihr Leben aufteilen. So, wie sie auch füreinander sorgen müssen, wenn z.B. einer bedürftig wird. Dann springt eben nicht gleich der Sozialstaat ein, sondern erstmal der Partner. Das nennt man Rechte und Pflichten.
    Vom Ehegattensplitting profitieren vor allem Paare, die unterschiedlich hohe Einkommen haben. Eine Abschaffung des Splittings wäre daher vor allem eins: eine massive Steuererhöhung für einen erheblichen Teil der Bevölkerung.
    Es verwundert wenig, dass der Vorschlag zur Abschaffung immer wieder aus demselben rot-grünen Großstadtmilieu stammt: dem der doppelt gut verdienenden Akademikerpärchen. Hier sieht man, so wie SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, dass Ehegattensplitting vor allem als patriarchales Instrument, „das insbesondere viele Frauen vom Arbeitsmarkt fernhält“.
    Quelle: Hamburger Morgenpost
  8. Bodeneigentum – das beschwiegene soziale Grundübel
    In Deutschland müssen die meisten Menschen zur Miete wohnen, und die Wohnungsnot wird immer größer. Denn es gibt nicht genug Wohnungen für alle… Und so steigen die Mieten weiter und werden für immer mehr Menschen unbezahlbar, so dass sie mit weniger Wohnraum und primitiven Wohnverhältnissen vorlieb nehmen müssen oder gar in die Obdachlosigkeit absinken. Doch das allem zugrunde liegende soziale Übel des privaten Eigentums an Grund und Boden wird nicht thematisiert. […]
    So wie jeder Mensch Luft zum Atmen braucht, so auch ein Stück Erde, auf dem er wohnen und sich nachts zum Schlafen hinlegen kann. Der Boden ist notwendige Lebens- und Arbeitsgrundlage aller Menschen. Wenn sich aber der gesamte Grund und Boden nur im Eigentum eines Teiles der Bevölkerung befindet, ist der andere Teil von diesem existenziell abhängig. Da das private Eigentumsrecht ein dauerhaftes alleiniges Verfügungsrecht über das Grundstück bedeutet, kann der Eigentümer die Bedingungen setzen, unter denen er anderen Zugang zu seinem Grundstück gewähren, sprich, es ganz oder teilweise zu einer bestimmten Nutzung verpachten oder darauf errichteten Wohnraum vermieten will. […]
    Nach dem Statistischen Bundesamt sind gegenwärtig 42 % der Bevölkerung in Deutschland Eigentümer an Grund und Boden. 58 % sind also von 42 % existenziell abhängig. Das führt dazu, dass sie im Durchschnitt 27,8 % ihres Nettoeinkommens für die Miete aufbringen müssen. Das betrifft 19,9 Millionen Hauptmieterhaushalte. Mietbelastungsquote für die rund 6,6 Millionen. […]
    Bei den 42 % der Bevölkerung, die Eigentümer an Grund und Boden sind, muss man allerdings berücksichtigen, dass die meisten davon ihre Immobilie selbst bewohnen. Nur ca. 10 % vermieten, und deren Eigentum konzentriert sich insbesondere in den großen Wohnbaugesellschaften, deren Geschäft es ist, aus den Mieten, d.h. aus der Not der abhängigen Menschen, größtmöglichen Profit zu schlagen. Das bedeutet, dass sämtliche Miet- und Pachtzahlungen der 58 % Mieter auf die Konten von 10 % Grundeigentümern fließen.
    Quelle: Fassadenkratzer

    dazu: Ist Enteignen machbar, Herr Nachbar?
    Expertenkommission hält Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände in Berlin für möglich:
    Dass die Kommission ein an die Vorstellungen der Kampagne angelehntes Gesetzesvorhaben zur „Enteignung“ mehrheitlich als „rechtlich zulässig“ einschätzt, verwundert kaum, denn Grüne und „Linke“ hatten im Wahlkampf 2021 mit dem Anliegen der Kampagnenmacher Wahlkampf betrieben, und auch in der SPD gab es Stimmen dafür. Auch wenn Aktivisten der Kampagne beim Entstehen der Expertenkommission geäußert hatten, sie diene lediglich zur Verzögerung, scheinen sich die Zeichen zu mehren, dass sie Teil bloßer „linker“ Symbolpolitik ist. Vage mutet der in der Öffentlichkeit als „positiv“ wahrgenommene Abschlussbericht der Kommission an. (…) Allein die Frage der Entschädigung wird auf insgesamt fünf Seiten in insgesamt 16 Unterpunkten behandelt.
    Erwartbar euphorisch jubeln die Stimmen aus den Reihen der Kampagnenbefürworter. Ebenso erwartbar ablehnend und skeptisch klingen die Stimmen von SPD, CDU und Immobilienvertretern. Die mittlerweile vom Großkonzern Vonovia geschluckte „Deutsche Wohnen“ erklärte, dass sie Enteignungen für falsch halte. In Berlin gebe es „substanziellen Mangel an bezahlbarem und energetischem Wohnraum“ und durch eine Vergesellschaftung werde massiv öffentliches Kapital gebunden. Was den Wohnraummangel angeht, möchte man nicht widersprechen, aber die „Deutsche Wohnen“ baut wie alle privaten Großkonzerne keine neuen Wohnungen, sondern zieht ausschließlich Profit aus ihrem zusammengekauften Bestand. Und dass sich eine Immobilien-AG um die öffentlichen Kassen sorgt, aus denen sie Dutzende Milliarden für Wohnungsbestände kassieren kann, für deren Kauf zuvor lediglich ein Bruchteil bezahlt werden musste, ist ebenfalls scheinheilig.
    Quelle: Christian Sprenger in unsere zeit

  9. Berlin im Blindflug
    Bundesregierung offenbart in kleiner Anfrage Ignoranz gegenüber Putsch und zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in Peru
    Die nach der Absetzung und Verhaftung des gewählten Präsidenten Pedro Castillo am 7. Dezember 2022 an die Macht gelangte Regierung Perus steht international in der Kritik. 14 lateinamerikanische Staaten verurteilten den Sturz Castillos als Putsch und erkennen das von De-facto-Präsidentin Diana Boluarte geführte Regime nicht an, das seine Macht laut Amnesty International nur durch den »Einsatz von tödlicher Gewalt« aufrechterhält. Ungeachtet der Verstöße gegen zahlreiche Rechtsnormen des Landes betrachtet die Bundesregierung Boluarte jedoch als rechtmäßige Präsidentin. In einer junge Welt exklusiv vorliegenden Antwort auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen und der Fraktion Die Linke wird auch der parlamentarische Staatsstreich gegen Castillo gerechtfertigt. »Skandalös«, wie Dagdelen gegenüber dieser Zeitung erklärte. […]
    Ebenfalls bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung keinerlei Erkenntnisse über die Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze bei der Aufhebung der Immunität, der Festnahme und der Inhaftierung Castillos haben will, wie sie etwa der ehemalige Richter am Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte Raúl Zaffaroni oder der Anwalt von Castillo und Direktor der argentinischen Anwaltskammer, Guido Croxatto, öffentlich kritisiert haben, letzterer auch im Gespräch mit jW. Auf entsprechende Nachfragen antwortete die Bundesregierung stereotyp, »die Bewertung« obliege »der peruanischen Justiz«. Auch das ist an Zynismus kaum zu übertreffen, »wenn man sieht, dass die peruanischen Sicherheitskräfte nach den brutalen Massakern an der Zivilbevölkerung bei der Niederschlagung der Proteste straffrei bleiben«, so Dagdelen. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (IACHR) warf den Einsatzkräften in einem am 3. Mai veröffentlichten Report »Massaker, Exzesse und außergerichtliche Hinrichtungen« vor.
    Quelle: junge Welt
  10. Abes Erbe
    Von außerparlamentarischen Rechten wurde Abe als Messias verehrt: gekommen, um die verhasste Nachkriegsverfassung, die auf den Prinzipien »Friede, Demokratie und Achtung der Menschenrechte« beruht, ein für alle Mal zu begraben. Ihm ist zu danken, dass die Rechte in den vergangenen dreißig Jahren ins Zentrum der japanischen Politik rücken konnte. Diese Dynamik erlaubte ihr, auch außerhalb der Politik Ansichten klarer zu artikulieren. Sie mutierte von einer »geräuscharmen« zu einer »geräuschvollen Minderheit«, wie der Historiker und Publizist Mitsuru Kurayama gegenüber jW formulierte. Er gehört zu den wenigen rechten Kritikern Abes und wirft dem Expremier vor, in der zweiten Amtszeit (2012–2020) nichts Substantielles erreicht zu haben. Vor allem die Verfassung, deren Totalrevision – wie es ein LDP-Entwurf von 2012 vorsieht – das Potential hätte, das Nachkriegsjapan auf den Kopf zu stellen, sei unangetastet geblieben. Dabei blendet Kurayama aus, dass ein solcher Schritt aufgrund des Widerstands der japanischen Linken gegen Änderungen des sogenannten »Nachkriegsregimes« schwierig war. Und Anläufe zur Rückkehr ins Vorkriegsjapan gab es während Abes Amtszeit zuhauf. […]
    Der im Oktober 2021 an die Macht gelangte neue Premierminister Fumio Kishida (LDP) konnte mit seinem Kabinettsbeschluss vom vergangenen Dezember, die Verteidigungsausgaben innerhalb von fünf Jahren zu verdoppeln, die Sympathie der Abe-Fraktion gewinnen. Bei zivilgesellschaftlichen Vertretern der Rechten ist er wegen seines Stallgeruchs – er ist Chef einer gemäßigten Fraktion in der LDP – jedoch unbeliebt. Abweichungen von der konservativen Linie werden von ihnen deshalb äußerst kritisch beäugt.
    Quelle: junge Welt
  11. Europäische Zentralbank gibt Ihre Daten US-Anbietern, von denen sie sich angeblich mit dem digitalen Euro unabhängig machen will
    Die Europäische Zentralbank (EZB) begründet Ihre Absicht einen digitalen Euro einzuführen, unter anderem mit dem Ziel, die Abhängigkeit des europäischen Zahlungsverkehrs von amerikanischen Anbietern zu reduzieren. Doch gleichzeitig will die Notenbank ihre Daten an amerikanische Cloud-Anbieter auslagern.
    Wie das Handelsblatt am 6. Juni berichtete, gab es auf der Handelsblatt-Tagung „Zukunft IT“deutliche Kritik an der Absicht der EZB einen Teil ihrer IT-Anwendungen in die Cloud zu verlagern und dabei auch auf Dienste großer amerikanischer Dienstleister wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft und Google zu setzen. […]
    „Die letzten zwei EU-US-Datenschutzabkommen waren illegal, aktuell gibt es keines, und das nächste Abkommen wurde vom Europäischen Parlament bereits als unzureichend abgeschmettert“, zitiert die Zeitung den FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner: „Unter diesen Umständen die EU-Finanzdaten an US-Big-Tech-Unternehmen auszulagern, ist fahrlässig und kurzsichtig.“
    Quelle: Norbert Häring
  12. Covid-19-Impfung: Auf der Suche nach den 95 Prozent Wirksamkeit
    Solidarität, Selbstschutz und Fremdschutz der Impfung – und die Kommunikationskampagne der Regierung. Wie war das noch mal wirklich? Hintergründe zu einer brisanten Debatte. […]
    Prof. Alexander Kekulé, Virologe und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Universität Halle, äußerte sich gegenüber Telepolis zu dem Phänomen, dass oftmals die 95 Prozent als Schutz vor Infektion und nicht als Schutz vor Erkrankung verstanden wurden:

    Die Zulassungsstudien untersuchten die “vaccine effciency” (VE) in Bezug auf die Verhinderung symptomatischer Covid-19 Fälle. Darauf bezog sich auch die VE von ca. 95 Prozent.
    Das ist auch bei anderen Impfstoffen so üblich. Dass in gleichem Maße (teilweise asymptomatische) Infektionen verhindert würden, hat kein seriöser Fachmann behauptet. Aber ja, in der Politik wurde das bekanntlich ungut vermengt.
    Alexander Kekulé

    Prof. Klaus Stöhr, Virologe und Epidemiologe und ehemaliger Leiter des Globalen Influenza-Programms und SARS-Forschungskoordinator der WHO, antwortete auf telefonische Anfrage von Telepolis, Experten sei immer klar gewesen, dass eine Impfung gegen ein Virus, das über die Nasenschleimhaut in den Körper dringt, niemals zu einer sterilen Immunität führen kann, wenn sie in den Arm gespritzt wird. Deswegen haben die Impfstofffirmen auch in ihren klinischen Studien nicht darauf untersucht.
    Der Beleg einer Wirksamkeit gegen eine Infektion als Voraussetzung der Zulassung bei der EMA und die Vorstellung einer möglichen Herdenimmunität sei immer absurd gewesen. Der fehlerhafte Glaube der Bevölkerung im Winter 2020/21, die Impfung schütze zu 95 Prozent vor Ansteckung, hingegen zeigt, wie fehlleitend die Kommunikationskampagne der Regierung gewesen sei.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung unseres Lesers C.K.: Ein interessanter Artikel der nochmal die Zeitschiene der ganzen Corona-Impfkampagne Revue passieren lässt.

  13. Auch Fahrgastverband für Zerschlagung der Deutschen Bahn
    Der Fahrgastverband Pro Bahn hat sich für eine Aufspaltung der Deutschen Bahn ausgesprochen. „Wir fordern die Trennung von Netz und Betrieb bereits seit langer Zeit“, sagte sein Bundesvorsitzender Detlef Neuß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Bereiche Netz, Energie sowie Station und Service sollten zusammengeschlossen und in eine gemeinwohlorientierte Gesellschaftsform umgewandelt werden, forderte er.
    „Die Gesellschaftsform AG taugt aus unserer Sicht nicht dazu, den öffentlichen Personenverkehr auf der Schiene als Daseinsvorsorge für die Fahrgäste zufriedenstellend zu betreiben“, so Neuß. Das gelinge nur, wenn die Konzernbereiche nicht mehr zu gewinnorientiertem Arbeiten verpflichtet sind.
    Der Verband „Allianz pro Schiene“ warnte hingegen vor einer Verengung der Diskussion: „Die Steigerung der Qualität und der Kapazität des Netzes müssen oberste Priorität werden“, sagte dessen Leiter für Verkehrspolitik, Andreas Geißler, dem RND. „Eine Verengung auf die Infrastrukturfrage hilft dabei nicht.“ Man sehe die geplante gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte (InfraGo) als Chance, das Schienennetz wieder fit zu machen.
    Quelle: Welt Online
  14. Eine Stärkung der strategischen Autonomie
    Die EU-Kommission beabsichtigt unter dem Einfluss auch deutscher Konzerne, das Gentechnikrecht aufzuweichen. Sie strebt an, einen Großteil neuer gentechnischer Verfahren künftig wie konventionelle Pflanzenzüchtungsmethoden zu behandeln und deren Erzeugnisse von Risikoprüfungen auszunehmen. Davon erhofft sie sich eine konkurrenzfähigere Landwirtschaft. Mittels Genscheren wie CRISPR/Cas entwickelte Gewächse können Brüssel zufolge auch die Importabhängigkeit der EU bei Agrargrundstoffen verringern und so für eine Stärkung der strategischen Autonomie sorgen. Bayer und andere deutsche Saatguthersteller hatten vorab massiv Lobbyarbeit für eine Deregulierung betrieben; sie haben ihre Agenda weitgehend durchgesetzt. Umweltverbände und andere Initiativen reagieren alarmiert; Bauernverbände fürchten Patentansprüche der Agroriesen auf eine große Bandbreite von Pflanzen. Wirkliche Innovationen finden sich unter den von der Industrie bei den Patentämtern eingereichten Anträgen nur in den seltensten Fällen; die Konzerne sehen jedoch die Gewährung von Schutzrechten als essenziell dafür an, die mit Genscheren avisierten Milliardenumsätze auch tatsächlich zu realisieren.
    Quelle: German Foreign Policy
  15. Merz wechselt CDU-Generalsekretär aus: Linnemann kommt für Czaja
    CDU-Chef Friedrich Merz wechselt nach gut eineinhalb Jahren seinen Generalsekretär Mario Czaja aus. Beide hätten sich „heute einvernehmlich darauf verständigt, ihre Zusammenarbeit an der Parteispitze zu beenden“, teilte die CDU am Dienstag in Berlin mit. Nachfolger soll demnach der Bundestagsabgeordnete und Chef der Grundsatzkommission der CDU, Carsten Linnemann, werden. Merz werde Präsidium und Bundesvorstand der CDU an diesem Mittwoch vorschlagen, Linnemann zum kommissarischen Generalsekretär zu bestellen.
    Czaja war im Januar 2022 mit gut 94 Prozent der Stimmen zum Generalsekretär gewählt worden. In der Partei gab es schon seit längerem Unzufriedenheit mit Czaja – ihm wurde unter anderem vorgehalten, zu wenig präsent in der Öffentlichkeit zu sein. Auch in Parteigliederungen in den Ländern komme er nicht an, war zu hören.
    Der 45 Jahre alte Linnemann gilt als Wirtschaftsexperte in der Partei – bei diesem Thema dürfte sich Merz eine Unterstützung erwarten. Der Parteichef will die Wirtschaftspolitik künftig stärker zum Thema der CDU machen. Linnemann ist seit 2022 stellvertretender CDU-Vorsitzender und sitzt seit 2009 im Bundestag. Unter Merz verantwortet er die Arbeit am neuen Grundsatzprogramm seiner Partei.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Merz hatte Czaja als soziales Gegengewicht (oder auch Feigenblatt) zur eigenen wirtschaftsliberalen Agenda als Generalsekretär installiert. Mit Linnemann wird nun ein ausgewiesener Arbeitgeberlobbyist und Hardcore-Neoliberaler, der sogar Merz weit rechts überholt, Generalsekretär.

  16. Demokratie kann man üben: Deutschland-Trend sieht AfD vorn
    Der ARD-Deutschland-Trend, eine relativ zuverlässige Vor-Wahl-Umfrage, sieht die AfD bei 20 Prozent und damit vor der SPD und den GRÜNEN. Zum AfD-Ergebnis sind zwischen verlegenem Schweigen und blankem Hass so ziemlich alle Reaktionen zu lesen und zu hören. […]
    Sitzen also jetzt 20 Prozent Nazis im Parlament? Sind die tapferen deutschen Demokraten jetzt alle im antifaschistischen Widerstand? Da die Medien die Wahlumfragen beeinflussen – wie sie auch das Wählverhalten beeinflussen -, darf dieses Ergebnis eigentlich nicht sein. Offenkundig bilden die deutschen Medien zunehmend weniger jene gesellschaftliche Wirklichkeit ab, die von den Wählern empfunden wird.
    Tatsächlich erschöpfen sich die Mehrheitsmedien in den letzten Jahren zunehmend in einer üblen Sorte des Kampagnen-Journalismus, der um zwei Kerne kreiste: Wer Zweifel an der staatlichen Corona-Politik äußerte, der war ein „Leugner“ und rechts. […]
    Die zweite staatlich gewünschte und von den Medien massiv bis heute verbreitete Botschaft kennt auch jeder: Der Russe ist unser Feind, sein Krieg in der Ukraine ist ein Verbrechen. Auch hier war und gilt Differenzieren als Feind-Propaganda, so als wäre Deutschland selbst im Krieg, sei von den Russen angegriffen worden. […]
    Statt mit der Wahrheitsfindung beschäftigt man sich in den Reaktionen gern mit dem korrekten Gendern oder mit der Schwangerschaft von Männern und mit der Frage, wie viele Geschlechter gerade unterwegs sind. Wer brav seiner Arbeit nachgeht oder sich um einen entspannten Feierabend kümmert, an dem gehen solche Diskussionen weit vorbei.
    Quelle: Rationalgalerie

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