Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Die Entzauberung des Wolodymyr S. (und seiner Fans)
  2. Wird der Ukraine-Krieg zum Verhängnis für die EU?
  3. Streubombenlieferungen an die Ukraine: Zu viel Verständnis in Berlin
  4. Ultimative Feinderklärung: NATO-Positionierung gegen China.
  5. Der eskalierte Diskurs
  6. Unter Vormundschaft
  7. Vor der sozialpolitischen Zeitenwende
  8. Experte zum UN-Hungerbericht: „Es ist genug zu essen da“
  9. Im Solidaritätsrausch
  10. Corona-Expertenrat – Arzt zieht erneut vor Gericht

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Entzauberung des Wolodymyr S. (und seiner Fans)
    Erst wollte er den sofortigen Nato-Beitritt, dann wenigstens einen schnellen. Doch nach dem Gipfel-Beschluß in Vilnius steht Wolodymyr Selenskyj mit leeren Händen da.
    Bisher schien ihm alles zu gelingen. Selenskyj wurde in Washington, London und Brüssel wie ein Held gefeiert, die Medien lagen ihm zu Füssen, die Experten plapperten seine Parolen nach.
    Bis zuletzt forderten C. Major & Co., die Ukraine müsse in die Nato aufgenommen werden. Wenigstens brauche es verbindliche Garantien. Alles andere sei „absurd„, so Selenskyj bei seiner Ankunft in Vilnius.
    Und nun das: „Wir werden in der Lage sein, die Ukraine zu einem Bündnisbeitritt einzuladen, wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind“, heißt es in der Gipfelerklärung.
    Das ist eigentlich noch weniger als in Bukarest 2008. Denn zu den Voraussetzungen zählt nun auch die Demokratisierung – und alles, was sich die Verbündeten sonst noch so einfallen lassen.
    Selenskyj steht mit leeren Händen da, sein Zauber wirkt nicht mehr. Zu oft hat er versucht, die Nato direkt in den Krieg mit Russland zu ziehen, zu wenig hat er sich in die Karten schauen lassen. Nicht mal die CIA blickt durch.
    Am Ende hat er zu hoch gepokert – und gedroht, er werde erst nach Vilnius kommen, wenn die USA und Deutschland den Weg frei machen. Doch US-Präsident Biden und Kanzler Scholz blieben standhaft.
    Quelle: Lost in Europe

    dazu: Der Gipfel von Vilnius
    Mit neuen Aufrüstungsverpflichtungen und der Einigung auf konkrete Operationspläne für einen möglichen Krieg gegen Russland ist am gestrigen Mittwoch der NATO-Gipfel in Vilnius zu Ende gegangen. Beschlossen wurden unter anderem drei Teilpläne, die das militärische Vorgehen im Kriegsfall getrennt nach drei Regionen skizzieren: einer für den Nordatlantik, ein zweiter für Deutschland und die Ostsee plus Anrainer, ein dritter für Südeuropa und das Schwarze Meer. Um ausreichend Waffen bereitstellen zu können, hat die NATO für die Militärhaushalte der Mitgliedstaaten eine Schwelle von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung als Mindestbetrag beschlossen; schon im vergangenen Jahr nahmen die Wehretats der europäischen NATO-Staaten und Kanadas um 8,3 Prozent zu. Gewaltige Summen sollen auch weiterhin in die Aufrüstung der Ukraine gesteckt werden: Sicherheitsgarantien, die die G7-Staaten Kiew gestern zusagten, sehen die fortgesetzte Bewaffnung des Landes im großen Stil vor. Sie enthalten zudem umfassende Hilfe zum Wiederaufbau. Eine feste Beitrittszusage von der NATO, die der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gefordert hatte, erhielt Kiew nicht.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu auch: Welch ein Glück, dass die USA in der Nato das Sagen haben
    Allen voran die Polen und Balten fordern, die Ukraine schnellstens in die Nato aufzunehmen. Das aber würde die Wahrscheinlichkeit eines umfassenden Krieges in Dimensionen ziehen, die jedem halbwegs politisch Vernünftigen den Angstschweiß auf die Stirn treiben.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Es ist verrückt, dass die transatlantisch-konservative WELT hier strikt vor einer (kurzfristigen) NATO-Mitgliedschaft der Ukraine warnt und die angeblich linke (tatsächlich olivgrüne) taz das Land auch um den Preis eines Atomkriegs am liebsten sofort in der NATO hätte – wir leben in seltsamen Zeiten.

    und: Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ist der Zombie, der nicht sterben will
    Wieder kein Veto von Deutschland und Frankreich in Vilnius. Der Nato-Beitritt schwebt weiter über Europas Sicherheit. Warum das Bündnis nicht fähig ist, einen Schlussstrich zu ziehen.
    Die Regierungen der USA, Deutschlands und Frankreichs setzen die bisherige Nato-Politik gegenüber der Ukraine in einer etwas verschärften Version fort. Sie versprechen Kiew die Nato-Mitgliedschaft zu einem unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft und verpflichten das Militärbündnis gleichzeitig zu noch umfangreicheren und dauerhaften Waffenlieferungen an die Ukraine.
    Das wird als “israelische Option” bezeichnet – die Ukraine als schwer bewaffneter und stark nationalistisch geprägter Militärstaat, der in der Lage ist, Russland aus eigener Kraft zu schlagen, aber ohne ein formelles Bündnis mit dem Westen. […]
    Da die Biden-Regierung und alle wichtigen Nato-Regierungen wiederholt erklärt haben, dass sie weder jetzt noch in Zukunft die Absicht haben, aus eigener Entscheidung in einen Krieg mit Russland zu ziehen, und da auch in einer Mehrheit der Nato-Staaten die Öffentlichkeit diesen Kurs ablehnt, ist es unverständlich, warum eine Nato-Mitgliedschaft jetzt oder in Zukunft überhaupt zur Debatte steht.
    Was bedeutet schließlich die Nato-Mitgliedschaft, wenn nicht die Verpflichtung, für die Verteidigung anderer Mitglieder zu kämpfen?
    Es ist jedoch die fatale Heuchelei der Nato-Politik und -Rhetorik, seit die Regierung von George W. Bush (mit enthusiastischer Unterstützung Großbritanniens, Polens und der Nato-Führung) vor dem Bukarester Gipfel im April 2008 erstmals einen sofortigen Aktionsplan für die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens forderte.
    Trotz wiederholter Warnungen von Diplomaten und Experten (einschließlich des damaligen US-Botschafters in Moskau und heutigen CIA-Direktors William Burns), dass dies sehr wahrscheinlich zu einem Konflikt mit Russland führen würde, wurde diese Perspektive eröffnet.
    Quelle: Telepolis

  2. Wird der Ukraine-Krieg zum Verhängnis für die EU?
    Die EU trägt nicht nur eine Mitverantwortung an der sukzessiven Zerstörung der Ukraine. Sie verfolgt zudem auch eine geradezu selbst-zerstörerische Außenpolitik.
    In Europa herrscht wieder der Wahnsinn des Krieges. Der Irrglaube, dass nur Waffen Sicherheit bringen können, hat erneut Hochsaison unter europäischen Politikern, in europäischen Denkfabriken und den Medien. Schlimmer noch, die gerade begonnene ukrainische Gegenoffensive soll nun eine militärische Entscheidung bringen, die wir politisch nicht erreichen konnten – oder wollten. Als hätten wir nichts aus der Vergangenheit gelernt, werden in Europa wieder Menschenopfer am Altar angeblicher Entscheidungsschlachten dargebracht.
    Damit überlassen wir Europäer die Zukunft der Ukraine und Europas, ja, vielleicht sogar die der Welt, der Unberechenbarkeit, dem Rausch und der Brutalität des Schlachtfeldes. Dabei bleibt völlig unklar, welche ‚Entscheidung‘ mit der nun stattfindenden Intensivierung des Krieges überhaupt erreicht werden könnte. Einen Frieden in Europa wird das sicherlich nicht bringen.
    Denn dieser Krieg ist zunehmend ein Krieg zwischen Russland und der NATO geworden, indem Nuklearwaffen eine entscheidende Rolle in den militärischen Kalkulationen spielen. Niemand kann sagen, wo bei einer derartigen „Entscheidungsschlacht“ die roten Linien liegen, ab denen es zu einer nuklearen Eskalation kommen würde. Damit setzen wir nicht nur uns, sondern die Menschheit einer unkalkulierbaren Gefahr aus – und das für einen Konflikt, der eigentlich diplomatisch hätte gelöst werden können.
    Quelle 1: Michael von der Schulenburg in Makroskop
    Quelle 2: Telepolis

    dazu auch: Noch nicht müde?
    Nun, seid ihr noch nicht kriegsmüde? Ich muss euch das fragen, wie man kleine Kinder fragt, die sich noch nicht genug ausgetobt haben, weil genauso treibt ihr es in meinen Augen.
    Jetzt habt ihr das große Abenteuer »Krieg« für euch entdeckt und wollt und wollt nicht aufhören. Ihr habt die Anleitung allzu eifrig von oben übernommen. Taktiert herum wie mit Zinnsoldaten; als wäre das ein Spiel, bei dem es vor allem ums Gewinnen geht und um ein vermeintlich »Böses«, das ihr natürlich als die reine Antithese zu euch selbst erachtet – nur, dass an der feuerumkränzten Front Menschen aus Fleisch und Blut sterben müssen, während ihr euch ereifert.
    Also ehrlich, ich bin’s: Kriegsmüde.
    Immer schon gewesen und heute müder denn je. Ist im Grunde nicht schlimm. Ist ja doch die beste Müdigkeit ever.
    Was wäre auch das peinliche Gegenteil? Kriegsmunter? Energiegeladen und aufgeweckt hin zu den Waffen; die Waffen hoch, bis Blut und Blut ineinanderfließen?
    Quelle: Andrea Zipko in Ossietzky

    und: «European Sky Shield»: trügerische Lockrufe aus Berlin und Brüssel
    Am Treffen der Verteidigungsminister im DACH-Format (Deutschland, Österreich, Schweiz) von morgen Freitag und Samstag wollen sich die Gastgeberin Viola Amherd, die österreichische Bundesministerin für Landesverteidigung, Klaudia Tanner, und der deutsche Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nicht nur über die sicherheitspolitische Lage in Europa und die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine austauschen, sondern auch die Zusammenarbeit in der «European Sky Shield»-Initiative für eine gemeinsame Luftverteidigung vereinbaren. Von konservativen Kreisen kam schon Kritik (1).
    Im Krieg in der Ukraine hat Russland gezeigt, dass es auf den Gebieten der nichtnuklearen strategischen Waffen und der Fähigkeit zu Zugangsverhinderungs- und Gebietsverweigerung (A2/D2) heute wahrscheinlich weltweit führend ist. Die zahlreichen Einsätze, die Russland mit den dazugehörenden Systemen in den letzten Monaten durchführte, zementieren diese Stellung noch, denn sie verschafften den russischen Streitkräften einen Erfahrungsvorsprung, den auch die gelegentlichen Einsätze westlicher Waffen wie beispielsweise der britischen „Storm Shadow“ kaum so rasch wettmachen können (2). Nun will sich die Schweiz an der European Sky Shield Initiative (ESSI) beteiligen (3). Diese wurde auf Anregung von Bundeskanzler Olaf Scholz Ende August 2022 ins Leben gerufen. Im Rahmen des Projekts sollen Lücken und Schwächen bei der Bekämpfung von ballistischen Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern beseitigt werden. Es zielt auf den Aufbau eines besseren europäischen Luftverteidigungssystems durch engere Zusammenarbeit bei Frühwarnung, sowie Beschaffung und Einsatz von bodengestützten Luftabwehrsystemen ab.
    Quelle: Ralph Bosshard in Globalbridge

  3. Streubombenlieferungen an die Ukraine: Zu viel Verständnis in Berlin
    Die Ankündigung der USA, Streubomben in die Ukraine zu liefern, ist stark umstritten. Die Zurückhaltung der Bundesregierung ist fehl am Platz.
    Nicht explodierte Sprengkörper aus Streubomben, die die USA vor Jahrzehnten in Vietnam, Laos und Kambodscha und später im Irakkrieg eingesetzt hatten, fordern nach wie vor jährlich Hunderte Todes- und Verstümmelungsopfer unter der Zivilbevölkerung der betroffenen Länder. Humanitäre Hilfsorganisationen rechnen mit bis zu weiteren 50 Jahren bis zur vollständigen Räumung dieser Munition.
    Eine ähnliche Gefährdung droht der ukrainischen Zivilbevölkerung. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Streumunition, die die russischen Angreifer bereits Hunderte Male einsetzten. In deutlich geringerem Umfang haben aber auch die ukrainischen Verteidigungsstreitkräfte bereits Gebrauch von Streumunition gemacht. Die jetzt von der US-Administration geplante Lieferung von Streubomben an Kyjiw wird die Gefährdung der ukrainischen Zivilbevölkerung noch erhöhen.
    Bis zu 3,7 Millionen Streubomben mit jeweils rund 80 Sprengkörpern könnte das Pentagon der Ukraine zur Verfügung stellen. Die von US-Präsident Joe Biden demonstrierte „Zuversicht“, von diesen insgesamt rund 300 Millionen Sprengköpfen würden lediglich „unter 2,35 Prozent“ Blindgänger bleiben, ist grob verharmlosend und irreführend. Der Rechnung nach wären das noch immer knapp 7 Millionen nicht explodierte Sprengköpfe. Außerdem sind die „2,35 Prozent“ das Ergebnis von Labortests.
    Quelle: taz

    dazu: Streubomben für die Ukraine missachten humanitäres Völkerrecht
    Die Beschwichtigungen der USA und der Ukraine sind grob verharmlosend und irreführend. Das zeigt die Geschichte der Streubomben.
    Nicht explodierte Sprengkörper oder «Blindgänger» aus Streubomben, welche die USA vor über fünfzig Jahren in Vietnam, Laos und Kambodscha sowie vor zwanzig Jahren im Irakkrieg eingesetzt hatten, fordern noch heute jährlich hunderte Todes- und Verstümmelungsopfer unter der Zivilbevölkerung der betroffenen Länder.
    Humanitäre Hilfsorganisationen wie Handicap International, die sich bei der Räumung dieser Munition engagieren, rechnen mit bis zu weiteren fünfzig Jahren bis zu ihrer vollständigen Beseitigung. Eine ähnliche, möglicherweise jahrzehntelange Gefährdung droht der ukrainischen Zivilbevölkerung.
    Verantwortlich dafür ist zunächst die Streumunition, welche die russischen Angreifer seit Kriegsbeginn in hunderten wohldokumentieren Fällen, aber auch die ukrainischen Verteidigungsstreitkräfte in bisher noch deutlich geringerem Umfang einsetzten. Die jetzt von der Biden-Administration geplante Lieferung von Streubomben an Kiew wird die ukranische Zivilbevölkerung noch stärker gefährden.
    Quelle: Infosperber

    dazu auch: Keine Streumunition für Niemand…oder?
    Kleiner Rückblick: Am 1. August 2010 ist der völkerrechtliche Vertrag über ein Verbot des Einsatzes, der Herstellung und der Weitergabe von bestimmten Typen von konventioneller Streumunition – das sogenannte Oslo-Übereinkommen – in Kraft getreten.
    Und nun der Blick in die Gegenwart: Hm, Oslo-Was-für-ein-Übereinkommen? Nun gut. Die #Ukraine bekommt jetzt jedenfalls Streumunition. Toll…
    Außerdem: Eine Art der Streubombe wird in #Deutschland abgeschafft und die Buddies Robert #Habeck und Christian #Lindner haben ein Buch geschrieben.
    Viel Spaß und gute Unterhaltung!
    Quelle: Küppersbusch TV via YouTube

  4. Ultimative Feinderklärung: NATO-Positionierung gegen China.
    Weder das Bekenntnis zur Intensivierung des Stellvertreterkrieges der NATO gegen Russland, noch die Blockade diplomatischer Initiativen der Ukraine und das überbordende Hofieren des türkischen Staatspräsidenten waren das Bemerkenswerteste des Gipfels in Litauen, sondern die Kampfansage der Militärallianz an China. Was mit dem NATO-Gipfel im vergangenen Jahr durch die Markierung Chinas als »systemischer Rivale« begonnen hatte, wurde in Vilnius drastisch zugespitzt, ganz als wäre ein kommender Krieg gegen Beijing die neue Agenda. China wird in der Abschlusserklärung des Gipfels als Herausforderung für die Interessen der NATO beschrieben. Die Volksrepublik »strebt danach, die regelbasierte internationale Ordnung umzustürzen«, heißt es wie in einer ultimativen Feinderklärung. In der Folge werden durch die NATO China detaillierte Vorschriften gemacht, wie es sein Verhältnis zu Russland auszugestalten habe. Sprache und Duktus der NATO-Erklärung gegenüber China erinnern an die Zeit der ungleichen Verträge in der Ära des Kolonialismus. (…)
    China ist für die NATO der Hauptfeind, den es niederzuwerfen gilt. Dabei globalisiert sich der Militärpakt und schmiedet in Asien neue Allianzen.
    Quelle: Sevim Dagdelen in junge Welt
  5. Der eskalierte Diskurs
    Besatzer gibt’s nur im Donbass, niemals auch in Palästina: Reaktionen auf Interview bei Jung & naiv zeigen »Unmöglichkeit der deutschen Nahostdebatte«.
    Seit zwei Wochen sind deutsche Medien in heller Aufregung, insbesondere digitale. Der Grund: Es gibt ein gutes Interview zum Thema Israel/Palästina. Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) stand für zweieinhalb Stunden beim Internetportal Jung & naiv dem Journalisten Tilo Jung Rede und Antwort zum Nahostkonflikt. Die sachlichen Aussagen der Wissenschaftlerin brachten ihr Verleumdungen und persönliche Beleidigungen der übelsten Sorte ein, von bekannten Internettrollen, aber auch von meinungsmachenden Feuilletonisten und der israelischen Botschaft. Die SWP ist ein mehrheitlich staatlich finanzierter, regierungsnaher Thinktank. Die Mitarbeiter sind Berater unter anderem von Bundestag und Regierung. Das staatstragende Profil lässt keine radikalen Aussagen zu, auch nicht von Muriel Asseburg, was selbstredend ihre Fachkompetenz in keiner Weise schmälert. Vom Interview bei Jung & naiv rief besonders jener Teil einen hysterischen Aufschrei hervor, der zwei herausragende Themenfelder auf vermeintlich unzulässige Weise miteinander verknüpfte: Israel und den Ukraine-Krieg. Die Politologin verglich hier nüchtern Russlands Besatzung von Teilen der Ukraine mit der israelischen Besatzung des Westjordanlands. Bei allen Unterschieden ist das Völkerrecht in dieser Hinsicht in beiden Fällen eindeutig: Es handelt sich jeweils um eine illegale Besatzung. Doch durch den Zirkus um das Asseburg-Interview zog sich einmal mehr eine Grundkonstante des medialen Israel-Diskurses in Deutschland: die Unfähigkeit, zwischen Vergleichen und Gleichsetzen zu unterscheiden. (…) Diese unsäglichen Reaktionen auf ein vernunftgeleitetes Interview bestätigten einmal mehr die Zuspitzung im deutschen Israel-Diskurs: Zu sagen was ist, muss bekämpft werden. Und umso brutaler die Gewalt der radikalisierten israelischen Regierung in Palästina, desto erbitterter wird ihr Vorgehen von den üblichen Verdächtigen im bundesdeutschen Blätterwald verteidigt.
    Quelle: Jakob Reimann in junge Welt
  6. Unter Vormundschaft
    Deutsche Politiker ruinieren im Einvernehmen mit den USA das eigene Land.
    Die USA schaffen nach dem Prinzip „teile und herrsche“ seit Jahrzehnten zerstörte und zerstückelte Länder: Korea, Vietnam, Zypern, Jugoslawien, Libyen, Irak, Syrien ― um nur einige zu nennen. Deutschland ist ein ganz spezieller Fall, seit 1945 nach der bedingungslosen Kapitulation in der Hand der USA. Wie würde Deutschland, wie würde Europa heute dastehen, wenn es zu dem von Michail Gorbatschow und Wladimir Putin vorgeschlagenen „europäischen Haus“ gekommen wäre, einem gemeinsamen Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon? Aber das haben die USA verhindert. Und es ist auch nicht gelungen, das Chaos und die Konfusion in Deutschland zu verhindern. Die Bevölkerung ist tief gespalten, indoktriniert und aufgehetzt ― ein absurdes Theater.
    Der Verrat deutscher Interessen
    Der Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck ist dabei, die deutsche Wirtschaft zu ruinieren. Nach seinem Antrittsbesuch in Washington im März 2022 erklärte er, Deutschland sei Kriegspartei und müsse „dienend führen“. Mitte Juni 2023 stellte er dann klar:
    „Würde das russische Gas nicht in dem Maße, wie es noch immer durch die Ukraine fließt, nach Osteuropa kommen, gilt, was europäisch verabredet wurde: Bevor die Leute dort frieren, müssten wir unsere Industrie drosseln oder gar abschalten”.
    Quelle: Wolfgang Bittner auf manova

    dazu auch: Zum Demokratieverständnis der Bundesregierung: Autoritäre Gurkentruppe
    Mit ihren ewigen Streitereien, den stümperhaften Gesetzesvorlagen und dem gedächtnislosen Kanzler hat sich die Ampel-Koalition eine glaubwürdige Aura der Dusseligkeit geschaffen. Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Regierung ein reaktionäres Programm abspult und es – aller Tollpatschigkeit zum Trotz – erfolgreich vorantreibt. Dabei lässt das Kriegskabinett keinen Zweifel an seiner Devise: Durchregieren! Obwohl es in den wesentlichen Fragen des Krieges und des Sozialabbaus keine nennenswerte Opposition im Bundestag gibt, wird verhältnismäßig offen am schönen Schein der bürgerlichen Demokratie gerüttelt, werden parlamentarische Kontrollmöglichkeiten Stück für Stück eingeschränkt. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte dieses Vorgehen in der vergangenen Woche, als die Regierungsmehrheit die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Cum-Ex-Skandal um die Hamburger Warburg Bank ablehnte. Der Ausschuss sollte sich auf Antrag der CDU auch mit den Erinnerungslücken von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beschäftigen. (…)
    Wie mehrere Medien berichteten, ist es das erste Mal in der Geschichte des Bundestags, dass sich eine Regierung darüber hinwegsetzt. Mit dem „Heizungsgesetz“ leistete sich die Ampel kurz darauf eine weitere Premiere: Das Bundesverfassungsgericht stoppte das Gesetzgebungsverfahren vorerst. Monatelang hatten die Koalitionäre versucht, das dilettantisch erarbeitete Gesetz zu reparieren. Dann sollte es innerhalb kürzester Zeit durchs Parlament gepeitscht werden. Dass sich in diesen Fällen ausgerechnet die CDU als Retterin der Demokratie aufspielt, grenzt an Scharlatanerie. Gehörte sie doch der Großen Koalition an, die während der Pandemie hauptsächlich mit Verordnungen regierte und die Umgehung parlamentarischer Verfahren auch in den Ländern und Kommunen zur Regel machte.
    Quelle: unsere zeit

  7. Vor der sozialpolitischen Zeitenwende
    Der außen-, energie- und militärpolitischen Zeitenwende, die Bundeskanzler Olaf Scholz nach Beginn des Ukrainekrieges erklärt hat, folgt eine sozialpolitische Zeitenwende. Denn Hochrüstung führt zur Kürzung der Leistungen für Bedürftige.
    Der Ukrainekrieg, das Kohle- und Ölembargo der EU gegenüber Russland sowie der Rückgang der Gasimporte haben die Preise für Kraftstoffe und Haushaltsenergie im Frühjahr 2022 rasant steigen lassen. Verstärkt wurde die Energiepreisexplosion durch die Bemühungen der Bundesregierung, Deutschland baldmöglichst vom russischen Gas unabhängig zu machen. Sanktionen, die den Armen hier mehr schadeten als den Oligarchen dort, waren jedoch kontraproduktiv.
    In der Öffentlichkeit herrschte entweder Ratlosigkeit oder Unsicherheit, wie mit der Energiekrise und dem Problem galoppierender Preise umzugehen war. Die unsoziale Stoßrichtung der Diskussion hatte Altbundespräsident Joachim Gauck mit seiner Empfehlung vorgegeben, „für die Freiheit“ zu frieren. Als früherer Pfarrer predigte Gauck seinen Mitbürgern Verzicht, obwohl er selbst bis ans Lebensende jeden Monat über 20.000 Euro an „Ehrensold“ bekommt – dazu kostenlos ein Büro, eine Sekretärin und einen Dienstwagen samt Chauffeur im Rahmen der nachwirkenden Amtsausstattung.
    Offenbar mangelt es den politisch Verantwortlichen hierzulande an sozialer Sensibilität, von Solidarität mit den Armen gar nicht zu reden. Auch das Beispiel der mehrtägigen Hochzeitssause von Christian Lindner auf Sylt im Juli 2022 zeigte, wie schlecht es um die öffentliche Moral in unserem Land bestellt ist: hatte der Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzende seine Mitbürger doch erst wenige Tage zuvor auf „fünf Jahre der Knappheit“ eingestimmt.
    Quelle: Christoph Butterwegge auf Makroskop
  8. Experte zum UN-Hungerbericht: „Es ist genug zu essen da“
    Nach neuesten Zahlen leiden eine dreiviertel Milliarde Menschen an Unterernährung. Afrika müsse unterstützt werden, Nahrungsmittel einzulagern, sagt ein Experte.
    taz: Herr Marí, die Zahl der Hungernden ist im Jahr 2022 trotz des Kriegs in der Ukraine und der deshalb höheren Getreidepreise nicht gestiegen. Das ist doch eine gute Nachricht, oder?
    Francisco Marí: Das zeigt nur, dass die Effekte des Kriegs nicht weltweit, sondern auf bestimmten Kontinenten waren. Nicht alle Länder sind so abhängig von Weizen aus der Ukraine. In den asiatischen Ländern wird mehr Reis verwendet. Sie sind im Kampf gegen den Hunger vorangekommen, sodass die Gesamtzahlen sich ausbalancieren. Afrika hat es aber besonders stark getroffen. Das Auseinanderdriften der Ernährungssituation innerhalb der Welt hat sich wohl verschärft, man ist nicht wieder auf dem Niveau vor der Pandemie. 735 Millionen Hungernde sind immer noch viel zu viel.
    Was ist die wichtigste Maßnahme, um die Zahlen zu senken?
    Von Hunger bedrohte Länder etwa in Afrika könnten Preise und Mengen regional regulieren, wenn sie Lebensmittel für Krisenzeiten einlagern. Wenn in einer Region Hunger entsteht aufgrund beispielsweise von Dürren, könnten Nahrungsmittel aus Silos dort oder in der Nachbarregion geliefert werden. Die Industrieländer müssen afrikanische Staaten stärker dabei unterstützen, so einen Krisenreaktionsmechanismus aufzubauen.
    Quelle: taz
  9. Im Solidaritätsrausch
    In Krisen wächst die Solidarität – das war zu Beginn der Pandemie und dem des Ukrainekrieges zu beobachten. Eigentlich eine gute Sache, aber massenpsychologisch gesehen hat die Krisensolidarität auch dunkle Seiten, findet Philosoph Michael Andrick.
    Trotz immer noch guter Kaufkraft herrscht im alten Westen nicht gerade Daseins-Euphorie. Abends schalten wir den Bildschirm ein, um nach zu viel Arbeit oder Müßiggang „abzuschalten“. Als Gesellschaft sind wir unzufrieden im Überfluss, aber es fällt schwer, das auszudrücken; es fühlt sich undankbar an. Dennoch: Unerfüllte und ruhelose Menschen entwickeln Sehnsucht nach Sinn, nach haltgebender Gemeinschaft und nach einem Ventil für aufgestaute Aggressionen.
    Der Begründer der Massenpsychologie Gustave LeBon nannte 1895 die unkoordinierte, aber allgegenwärtige Regungen unter der Oberfläche das „unbewusste Wirken der Massen“. Es findet ein Bedürfnisstau statt, emotionaler Druck baut sich auf.
    Bricht in dieser Lage eine Krise aus, so kann das im Guten wie im Bösen gewaltige Wirkung entfalten. Der belgische Psychologe Mattias Desmet hat dies als Massenformierung beschrieben: Man nehme eine Gruppe von Menschen, die stark von Vereinzelung, Sinnarmut, Angst und latenter Aggression betroffen ist. Dieser Gruppe verkünde man nun, dass eine Bedrohung eingetreten sei, deren Überwindung entschiedenes gemeinschaftliches Handeln erfordere.
    Sofort fühlen sich viele existenziell erleichtert und dankbar. Die Menschen werden „von einem gemeinsamen Narrativ ergriffen, das sie in einem heroischen Kampf gegen ein Objekt der Angst vereint“, erklärt Desmet. Waren sie zuvor vereinzelt, sind sie nun Teil eines Kollektivs mit klarem Ziel; ihre „frei flottierende Angst“ ist jetzt an ein Objekt gebunden, für oder gegen das man kämpfen kann.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  10. Corona-Expertenrat – Arzt zieht erneut vor Gericht
    Ein Arzt hat die Geheimprotokolle des Corona-Expertenrates freigeklagt. Im Interview erklärt er jetzt, was er mit seiner neuen Klage gegen die Regierung erreichen will. […]
    Herr Haffner, Sie sind Facharzt für Allgemeinmedizin und haben auf die Herausgabe der Protokolle des Corona-Expertenrates geklagt. Warum?
    CH: Weil die Öffentlichkeit ein Recht hat zu erfahren, auf welcher Basis, welchen wissenschaftlichen Annahmen oder auch welchen Studien sich die Corona-Politik der Bundesregierung begründet und begründet hat. Es ist dabei völlig egal, wie man zu den einzelnen Maßnahmen oder auch der Gefährlichkeit des Virus steht. Es wurden Grundrechte eingeschränkt und das Leben von Millionen Menschen auf links gedreht. Da sollte man das Recht haben zu erfahren, auf welcher Grundlage all das geschah.
    Ich finde es übrigens überaus bedenklich, dass hierfür erst geklagt werden muss. Es wäre eigentlich der Job der Bundesregierung, das von sich aus zu machen, dass das politische Agieren der letzten Jahre erklärt und begründet wird. Allein schon, dass die Protokolle geheim gehalten wurden und nicht von Anfang an oder spätestens nach den jeweiligen Beschlüssen öffentlich zugänglich waren, halte ich für einen Skandal. Die Bundesregierung verweigert sich bisher einer Aufklärung. Erst der Druck der Öffentlichkeit, den wir jetzt durch die Veröffentlichung der Protokolle aufbauen, könnte eine Aufarbeitung der Corona-Zeit einleiten.
    Quelle: Nordkurier

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