Demonstration: Ein Zeichen für den Frieden setzen

Demonstration: Ein Zeichen für den Frieden setzen

Demonstration: Ein Zeichen für den Frieden setzen

Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

Die Friedensdemonstration am 25. November in Berlin ist ein wichtiger Termin, um die Eskalationsgefahr am Rande des Atomkriegs zu verdeutlichen. Hier werden nochmals einige Gründe für die Dringlichkeit der Situation beschrieben. Von Bernhard Trautvetter.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die nuklearen Angriffssysteme, die die USA/NATO möglichst bald für die Stationierung in Deutschland vorgesehen haben, steigern die Gefahr eines Atomkriegs aus Versehen: Die minutenkurze Flugzeit der Hyperschallraketen »Dark Eagle« lassen Militärs aufseiten eines mit diesen Systemen bedrohten Staates kaum mehr Zeit für die Überprüfung eines eventuellen Fehlalarms auf ihren Radarschirmen. Die »Dark Eagle«-Systeme sollen über 6000 km/h erreichen; die wenigen Flugminuten bis nach Russland zwingen die Gegenseite dazu, unverzüglich den Vergeltungsschlag auszulösen, ehe ein entsprechender Angriff ihre Raketensilos und Kommandozentralen zerstört.

Das NATO-Argument, Russland habe auch Hyperschallraketen, ist so zutreffend wie manipulativ: Es kommt bei solchen Arsenalen darauf an, wo sie stehen und wen sie bedrohen. Die russischen Raketen stehen nicht vor der US-Küste, was etwa dann der Fall wäre, wenn sie auf Kuba ständen. Die umgekehrte Kuba-Krise wird von der NATO in Kauf genommen, obwohl sie damit eine Neuauflage einer Nuklearkrise auslöst, die zur gefährlichsten Situation des Kalten Krieges führte. 1962 drohte US-Präsident Kennedy mit Atomschlägen gegen nukleare Angriffspotentiale der Sowjetunion unmittelbar vor US-amerikanischem Staatsgebiet.

Neben der Gefahr eines absichtlich ausgelösten Nuklearkrieges steigert die NATO-Nuklear-Strategie die Gefahr eines nuklearen Infernos durch menschliche Fehlreaktionen im Falle eines Atomalarms, der keine Zeit für überlegte Reaktionen mehr erlaubt. Die lebensbedrohliche Situation wird dadurch weiter gesteigert, dass die Raketen und die Tarnkappenbomber F 35 mit den neu entwickelten nuklearen Angriffssystemen B 61-12 kombiniert stationiert werden. Die B 61-12 ist keine reine Fallbombe, sondern sie wird ab einer gewissen Fallhöhe zur eigenständigen Zielfindungsrakete mit hoher Genauigkeit und gestufter Sprengkraft sowie mit einer bunkerbrechenden Durchschlagskraft. Dieses Arsenal nennt US-General Cartwright ‚gebrauchsfreudig‘ – „more usable“.

Die Schwelle zum Atomkrieg wird von der NATO so massiv gesenkt, wie das schon in den 1980er Jahren mit den Pershing II der Fall war, als die dadurch generierte Gefahr Millionen Menschen zu Friedensdemonstrationen mobilisierte. Das ist nun, 40 Jahre später, so dringend notwendig wie damals, als unter anderem der Druck der Friedensbewegung dazu führte, dass die Pershings wieder abgezogen wurden, nachdem die NATO mit der Sowjetunion den INF-Vertrag unterzeichnet hatte, aus dem die NATO in der Regierungszeit von US-Präsidnet Donald Trump 2019 ausstieg.

Kriegsgefahr wächst rapide

Die kritischen Nuklearwissenschaftler sehen die Welt so nahe am Abgrund eines finalen Krieges, wie seit Hiroshima nicht. Ihre Weltuntergangsuhr ist nicht mehr fünf vor zwölf, sondern 90 Sekunden vor Stunde Null. Sie begründen das mit dem Stand der Hoch- und Atomrüstung, mit den internationalen Spannungen sowie mit den Gefahren, die sich aus der ökologischen Katastrophe ergeben können. Das Mitteilungsblatt der Wissenschaftler – The Bulletin – sprach am 8.11.2023 von US-Arsenalen für die ‚Kriegsführung‘ und nicht für die der Öffentlichkeit gegenüber propagierte Strategie der ‚Abschreckung‘.

Diese Formulierung passt zur Wortwahl von Minister Boris Pistorius, der eine sogenannte „Kriegstüchtigkeit“ in den neuen verteidigungspolitischen Richtlinien des Bundesministeriums für „Verteidigung“ einfordert. In einem Kontinent mit ca. 170 Atomreaktoren und dutzenden weiteren Nuklearanlagen wie der Wiederaufarbeitungsanlage in Ahaus/Lingen und Lagerstätten für Atommüll verbietet sich jeder Krieg, jede Steigerung der Kriegsgefahr.

Zivile Nuklearanlagen benötigen eine garantiert ununterbrochene Kühlung, um nicht heißzulaufen. Im Fall eines kriegsbedingten Ausfalls der Infrastruktur droht in Atomkraftwerken eine Kernschmelze, die breite Gebiete der europäischen Zivilisation verstrahlen würde.

Die NATO-Politik, mindestens 2 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung in den Militärsektor zu investieren, steht dem UNO-Ziel entgegen, die Erderhitzung auf maximal 20C. Grad zu begrenzen. Das ist mit den Überlebensinteressen der Menschheit unvereinbar.

Die Militarisierung durch die Manipulation der Bevölkerung mit Halbwahrheiten und doppelten Standards in der Kriegsberichterstattung sowie der Nationalismus verhindern eine objektive Information der Menschen – das wäre aber die Bedingung für eine lösungsorientierte Politik. In der Folge wird rechtes Bewusstsein bedient; die Militarisierung wirkt also wie geistige Brandstiftung.

Deutschland ist durch den 2+4-Vertrag zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten verpflichtet, sich für eine Friedensordnung einzusetzen, die die Sicherheits-Interessen aller Staaten (wörtlich: „eines jeden“) – inklusive Russlands – respektiert. Dagegen verstößt die NATO-Ostexpansion. Sie führte zum Ukraine-Krieg.

Die großen Friedensdemonstrationen der 1980er Jahre hatten das Motto »Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen!« Das ist heute mindestens so aktuell wie damals. Das den Menschen deutlich zu machen und dagegen zu mobilisieren, ist Kernaufgabe jeder friedensökologischen Politik unserer Tage, bei der Demo am 25.11. in Berlin und danach.

Titelbild: Shutterstock / Ink Drop

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