Am 5. Mai fand die letzte Bundespressekonferenz unter Regierungssprecher Steffen Hebestreit statt. Dem Versuch der NachDenkSeiten und anderer Journalisten, Hebestreit zu einer Art Bilanz seiner Zeit als Regierungssprecher in der BPK zu bewegen, wich er mehr oder weniger geschickt mit ironischen Spitzen aus und verweigerte auch bei seinen Abschlussworten, trotz anderslautender Ankündigungen, jede Form des Bilanzziehens. Die anschließende offizielle Verabschiedung durch den BPK-Vorsitzenden Mathis Feldhoff zeigte erneut das ganze Dilemma der BPK auf. In geradezu unterwürfiger Haltung gab es Lobhudelei ohne jede kritische Distanz („Du hast es ertragen, gemeistert, durchgehalten“), dafür das Eingeständnis, „abseits dieses Podiums duzen wir uns“. Als Abschiedsgeschenk wurde mit dem Verweis „Lieber Steffen, du hast einen Hang zu Underdogs …“ ein Kunstdruck des Stadions der Offenbacher Kickers überreicht. Von Florian Warweg.
Hintergrund
Bei der BPK am Mittwoch, den 30. April, hatte der Autor dieser Zeilen bereits sein Glück versucht und Regierungssprecher Hebestreit mit Hinblick auf das nahende Ende der Scholz-Regierung und seiner Rolle als Sprecher gefragt:
„Könnten Sie uns mit einer kurzen Bilanz aus Ihrer Sicht als Regierungssprecher erfreuen?“
Dies verneinte er mit Verweis darauf, dass er dies „vielleicht“ am folgenden Montag, dem 5. Mai, tun werde:
„Nein. Ich werde meine kleine Bilanz vielleicht am Montag hier in zwei Sätzen umreißen, aber nicht heute. Ich würde auch Ihren Job überflüssig machen, wenn ich das sagte, was Sie schreiben oder senden sollten.“
Es war diese Erwartungshaltung auf eine Bilanz à la Hebestreit, die dann am 5. Mai dazu führte, dass die BPK weit mehr besetzte Stuhlreihen aufwies als sonst üblich (siehe das obere BPK-Video). Doch diese Erwartung wurde bitter enttäuscht. Hebestreit beschränkte seine „Bilanz“ auf eine banale Rede (für Details siehe Wortprotokoll anbei), in der er zunächst „den Sprecherinnen und Sprechern der Ministerien hier“, dann seinen Mitarbeitern im Bundespresseamt, insbesondere „der Abteilung 3“, das ist die Abteilung, die die BPK-Sprechzettel für die Regierungssprecher verantwortet, der BPK („Drittens bedanke ich mich natürlich bei der Bundespressekonferenz – das ist ja ein eingetragener Verein, wie das im deutschen Kleingartenwesen auch so ist“) sowie abschließend Olaf Scholz dankte:
„Dann bleibt mir, mich noch bei dem Bundeskanzler zu bedanken. Zehn Jahre habe ich intensiv mit Olaf Scholz zusammengearbeitet. Ich bedanke mich. Ich fand seine Regierungszeit deutlich besser, als Sie sie kommentiert haben. Vielleicht werden Historiker das irgendwann einmal einordnen, wer von uns in dem Urteil näherliegt. Das muss man sehen. Ich bedanke mich für das Vertrauen, das er in mich gesetzt hat, und für seine Freundschaft. Das ist mir immer wichtig gewesen, dass das ein sehr gutes und tolles Miteinander war.“
Am aufschlussreichsten, gerade was das Näheverhältnis von Hauptstadtjournalisten zur Exekutive und deren Sprecher angeht, waren die wohlgesetzten (und von vier eng beschriebenen Seiten abgelesenen) Abschiedsworte des seit 2020 Vorsitzenden der BPK, Mathis Feldhof, der seit über 20 Jahren als Korrespondent des ZDF-Hauptstadtstudios tätig ist und in dieser Rolle vor allem für die Berichterstattung zum Bundeskanzleramt zuständig ist. Alleine diese Tätigkeit für das ZDF mit Schwerpunkt auf das Bundeskanzleramt bei gleichzeitigem Vorsitz der BPK wirft schon einige Fragen auf.
Und diese Fragezeichen wurden nach seiner Abschiedshymne auf Hebestreit noch größer.
„Sehr geehrter Herr Staatssekretär, lieber Steffen Hebestreit, es ist jetzt soweit: Nach dreieinhalb Jahren ist heute die letzte Regierungspressekonferenz. Wir haben uns in den letzten drei Jahren in dieser Funktion hier gegenseitig gesiezt, weil wir es richtig fanden und weil das die Unterschiedlichkeit unserer Rollen betont hat. Abseits dieses Podiums duzen wir uns, weil wir uns seit vielen Jahren kennen. Deswegen will ich das jetzt auch bei diesen Abschiedsworten so halten.“
Dann ging es völlig unkritisch weiter mit dem Verweis darauf, dass Hebestreit fast acht Jahre Mitglied der BPK war und davon drei Jahre im Vorstand saß, bevor er dann als Sprecher zur SPD wechselte:
„Du bist einer der wenigen, der in diesem Saal quasi fast auf jedem Stuhl gesessen hat. Du bist siebeneinhalb Jahre Mitglied der Bundespressekonferenz gewesen, du hast auf der Seite des Saals gesessen. Du warst drei Jahre Mitglied des Vorstandes der Bundespressekonferenz, du hast auf diesem Stuhl hier gesessen, auf dem ich jetzt sitzen darf. Du hast damals versucht, den Überblick zu behalten, Namen und Gesichter in Übereinstimmung zu bringen, was für viele die schwierigste Frage ist.“
Im Anschluss referierte der ZDF-Hauptstadt-Korrespondent, dass Hebestreit in den letzten dreieinhalb Jahren als Sprecher der Bundesregierung „254 Regierungspressekonferenzen, drei Pressekonferenzen mit dem Bundeskanzler und 32 Briefings“ abgehalten habe, was 17.400 Minuten, 290 Stunden oder zwölf Tage am Stück entsprechen würde. Diese statistische Aufzählung beendete Feldhoff dann mit den an den scheidenden Regierungssprecher gerichteten Worten:
„Du hast es ertragen, gemeistert, durchgehalten.“
In diesem distanzlosen Duktus der angeblich „Vierten Gewalt“ ging es abschließend an die Übergabe des Abschiedsgeschenks:
„Lieber Steffen, du hast einen Hang zu Underdogs. Du bist in Frankfurt geboren und aufgewachsen. Deine Liebe aber galt damals den Offenbacher Kickers.
Wir wollen dir heute eine Erinnerung an den Bieberer Berg (Stadion der Offenbacher Kickers) schenken – eine Erinnerung an hoffentlich unbeschwerte Zeiten, als wir uns nur für Dinge begeistert haben und begeistern konnten, ohne gleich jede Konsequenz zu bedenken.
Es ist eine nummerierte Lithografie deines Stadions – Nummer 257, also genauso viele wie Regierungspressekonferenzen und Pressekonferenzen mit dem Kanzler. Und weil wir fanden, dass ein Bild an sich allein noch nicht so richtig toll ist, hat die aktuelle Mannschaft für den Edelfan Steffen Hebestreit auf der Rückseite unterschrieben.
Wir bedanken uns für eine spannende Zeit und hoffen, dass du die Bundespressekonferenzen in guter Erinnerung behältst.“
Man kann sich durchaus in netten Worten als Journalist von einem scheidenden Regierungssprecher verabschieden. Das stellt niemand infrage. Aber gerade als Vorsitzender der BPK hätte man auf den ostentativen Kumpel-Duktus („Lieber Steffen“) sowie hymnenartige Verweise à la „du hast es gemeistert“, „Edelfan“ besser verzichten sollen, insbesondere wenn man selbst in dieser Funktion sich gerne über andere Länder erhebt („so wie wir es in manchen anderen Ländern dieser Welt erleben“) und erklärt:
„Das ist das, was wir Pressefreiheit nennen; das ist die Trennung zwischen dem Journalismus und der Politik.“
Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 5. Mai 2025
Frage Warweg
Sie wurden jetzt immer aufgefordert, aus Ihrer Sicht Bilanz zu ziehen, was Ihre eigene Tätigkeit angeht. Wie sieht denn das Bilanzziehen mit Blick auf das Auditorium aus? Wie haben Sie die vier Jahre, die Journalisten und die entsprechenden Fragen hier in der BPK wahrgenommen?
Ich frage vor dem Hintergrund, dass Sie in einem Interview – es mag ein, zwei Monate zurückliegen – relativ explizit gesagt haben, dass Sie sich bei einigen Antworten nicht so leicht hätten abspeisen lassen, wenn Sie in der Funktion als Journalist hier gesessen hätten.
Regierungssprecher Hebestreit
Das habe ich gesagt. Ich habe ja die Freude gehabt, hier verschiedene Plätze einzunehmen, sowohl da, wo Sie jetzt sitzen, und da, wo Herr Feldhoff sitzt. Da, wo der Kollege vom Finanzministerium sitzt, war ich nicht so oft. Natürlich war früher alles immer besser, auch die Zukunft. Aber ansonsten habe ich diesbezüglich wenig Bilanz zu ziehen. Ich habe es hier immer als sehr bereichernd empfunden, nicht nur durch die sachdienlichen Ergänzungen von Hans Jessen. Ich bin gern hier hingekommen und in der Regel auch klüger wieder weggegangen. Trotzdem ist diese Veranstaltung herausfordernd, auch für eine Regierung, und ungewöhnlich. Wenn Sie sich ansehen, wie auch bei wichtigen Alliierten Pressekonferenzen mit der Regierung abgehalten und Zugänge ermöglicht oder nicht ermöglicht werden, dann sehen Sie, dass das hier, denke ich, schon etwas sehr Außerordentliches und sehr Besonderes ist. Das ist ein hohes Gut, mit dem man auch gut umgehen sollte. Ich habe das Gefühl, dass ich hier keinen Grund habe, mich zu beklagen, und tue das auch nicht.
— Verabschiedung von Regierungssprecher Steffen Hebestreit —
BPK-Vorsitzender Feldhoff
Gibt es weitere Fragen? – Das sehe ich nicht. Dann kommen wir jetzt zum Ende dieser Pressekonferenz und zu ein paar abschließenden Worten. Das ist die letzte Pressekonferenz von Herrn Fischer und auch die letzte Pressekonferenz von Steffen Hebestreit.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, lieber Steffen Hebestreit, es ist jetzt soweit: Nach dreieinhalb Jahren ist heute die letzte Regierungspressekonferenz. Wir haben uns in den letzten drei Jahren in dieser Funktion hier gegenseitig gesiezt, weil wir es richtig fanden und weil das die Unterschiedlichkeit unserer Rollen betont hat. Abseits dieses Podiums duzen wir uns, weil wir uns seit vielen Jahren kennen. Deswegen will ich das jetzt auch bei diesen Abschiedsworten so halten.
Ich möchte mich heute bedanken für die Zeit, in der du und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien hier Rede und Antwort gestanden haben. Manche sehen wir ja – so konnte man es jedenfalls lesen – in neuer Funktion auch auf dieser Seite des Podiums wieder.
Es ist jetzt voraussichtlich das letzte Mal gewesen, dass du hier bist. Wir gehen davon aus, dass das morgen nicht schiefgeht – ansonsten sehen wir uns vielleicht am Mittwoch -, also sprechen wir darüber, was danach kommt.
Du hast in der letzten Woche in einem Podcast eingeräumt, dass du ja noch ziemlich jung bist. Deswegen können wir noch gar nicht ausschließen, dass da noch etwas kommt – auch wenn du selber gesagt hast, du seist jetzt ausbefördert, was auch immer das heißen soll. Wenn wir auf manche Personen blicken, die dieses Amt des Regierungssprechers vor dir innehatten, können wir sagen: Im Zweifel kommt da noch etwas. Der eine oder andere Regierungssprecher, der vor Herrn Hebestreit diese Funktion innehatte, hat ja heute Anschlussfunktionen.
Wir haben eben schon gehört: Du bist einer der wenigen, der in diesem Saal quasi fast auf jedem Stuhl gesessen hat. Du bist siebeneinhalb Jahre Mitglied der Bundespressekonferenz gewesen, du hast auf der Seite des Saals gesessen. Du warst drei Jahre Mitglied des Vorstandes der Bundespressekonferenz, du hast auf diesem Stuhl hier gesessen, auf dem ich jetzt sitzen darf. Du hast damals versucht, den Überblick zu behalten, Namen und Gesichter in Übereinstimmung zu bringen, was für viele die schwierigste Frage ist. Und dann bist du auf die dunkle Seite der Macht gewechselt, zu Olaf Scholz – erst in sicherer Entfernung zur Bundespressekonferenz in die Hamburger Landesvertretung und dann relativ schnell wieder mit direkter Beziehung zur BPK als Sprecher des Finanzministeriums, auch wenn wir anmerken müssen, dass die Anwesenheit hier in den Jahren im Finanzministerium etwas zu wünschen übrigließ.
In den letzten dreieinhalb Jahren als Sprecher der Bundesregierung waren es 254 Regierungspressekonferenzen, drei Pressekonferenzen mit dem Bundeskanzler und 32 Briefings. Das Leben als Regierungssprecher spielt sich in nicht unerheblichem Maße auch auf diesen Sitzplatz ab. Zusammen sind das rund, wenn wir einmal von der jeweiligen Dauer von einer Stunde ausgehen, 17.400 Minuten, 290 Stunden oder zwölf Tage am Stück.
Du hast es ertragen, gemeistert, durchgehalten. Nicht immer – das kann ich eigentlich für jeden Sprecher und jede Sprecherin hier sagen – sind wir mit den Antworten, die auf unsere Fragen gestellt wurden, zufrieden. Schon vor dreieinhalb Jahren habe ich beim Abschied von Steffen Seibert gesagt: „Wir haben es euch nicht immer leicht gemacht, aber das wollen wir auch gar nicht.“ Unsere Rollen, die des Regierungssprechers und die der Journalistinnen und Journalisten, die über die Regierung berichten, sind nicht immer konfliktfrei; das können sie auch nicht sein.
Du hast jedenfalls, wenn ich das so sagen darf, deinen Chef, den Bundeskanzler, immer verteidigt, du hast ihn immer erklärt und interpretiert. Dass wir nicht immer verstanden haben, wie man Olaf Scholz jetzt eigentlich noch verteidigen kann, dass wir auch nach der dritten Erklärung von Olaf Scholz nicht begriffen haben, was er eigentlich meint, und wir für manche Interpretationen von Olaf Scholz so gar kein Verständnis hatten, liegt vielleicht an uns. Mancher hat das dann auch aufgeschrieben. Zu den Tugenden eines guten Regierungssprechers gehört dann wohl auch, das zu ertragen.
Du hast in der Anerkennung deiner Rolle – die hast du in diesem erwähnten Podcast und eben schon einmal beschrieben – einmal gesagt: Es ist gut, wenn man weiß, was der Journalismus will, und man selbst weiß, dass man selbst nicht mehr zu diesem Journalismus dazugehört.
Das ist das, was wir Pressefreiheit nennen; das ist die Trennung zwischen dem Journalismus und der Politik. Man muss nicht alles gut finden, was über einen geschrieben oder gesendet wird, aber man darf sich eben auch nicht als Zensor einer freien Presse aufspielen, so wie wir es in manchen anderen Ländern dieser Welt erleben.
Wir wollen uns heute ausdrücklich dafür bedanken, dass die Ampelkoalition und anschließend auch die Minderheitsregierung von Rot-Grün an diesem Grundsatz unserer Demokratie immer festgehalten hat, dass sich, auch wenn es nicht immer angenehm war, die Sprecherin und die Sprecher der Bundesregierung hier dreimal in der Woche unseren Fragen gestellt haben.
Zum Schluss vielleicht noch ein Satz zu dem offenbar seit 2010 geltenden Regierungssprechergesetz; wenn man uns informiert hätte, dann hätten wir uns vielleicht manche Peinlichkeit erspart. Ich meine das Gesetz – es gibt ja offenbar eine Verordnung -, dass der Regierungssprecher Steffen oder Stefan heißen muss. Jedenfalls habe ich hier persönlich noch im letzten Jahr Regierungssprecher Steffen Seibert begrüßt. Um diese Peinlichkeit zu vermeiden, sollten wir uns vielleicht demnächst erlauben, die Nachnamen einfach wegzulassen.
Lieber Steffen, zum Schluss kommen wir zu den Geschenken. Du weißt aus deiner Zeit aus dem Vorstand, dass die schwierigsten Debatten sind: Was schenkt man einem scheidenden Regierungssprecher?
Wir haben darauf verzichtet, jegliche alkoholische Darreichung zu übergeben. Was soll dabei auch herauskommen? Hebestreit trinkt sich die Woche – oder die Welt – schön. Das wäre keine schöne Schlagzeile.
Nein, lieber Steffen, du hast einen Hang zu Underdogs. Das wissen nicht viele, aber das stand schon vor Jahren in der Zeitung, und ich meine jetzt nicht Olaf Scholz. Du bist in Frankfurt geboren und aufgewachsen. Deine Liebe aber galt damals den Offenbacher Kickers. Das kann damals nicht einfach gewesen sein.
Hebestreit
Bis jetzt nicht.
Vorsitzender Feldhoff
Die Kickers waren ja einst eine echte Größe im deutschen Fußball – 1970 sogar Pokalsieger. Damit hat dein Verein meinen Verein noch etwas voraus. Aber Arminia Bielefeld wird das Problem am 24. Mai lösen. Andere Parallelitäten wie den Bundesligaskandal 1971 lassen wir jetzt einmal weg.
Genau wie die Alm für die Bielefelder ist ein besonderer Platz der Bieberer Berg für die Kickers; das ist heiliger Rasen. Wir wollen dir heute eine Erinnerung an den Bieberer Berg schenken – eine Erinnerung an hoffentlich unbeschwerte Zeiten, als wir uns nur für Dinge begeistert haben und begeistern konnten, ohne gleich jede Konsequenz zu bedenken.
Es ist eine nummerierte Lithografie deines Stadions – Nummer 257, also genauso viele wie Regierungspressekonferenzen und Pressekonferenzen mit dem Kanzler. Und weil wir fanden, dass ein Bild an sich allein noch nicht so richtig toll ist, hat die aktuelle Mannschaft für den Edelfan Steffen Hebestreit auf der Rückseite unterschrieben. – Das kann ich dir schon einmal schenken.
Hebestreit
Sehr schön.
Vorsitzender Feldhoff
Weil ein Bild nicht genug ist, gibt es ein weiteres. Das ist allerdings kleiner und auch noch verpackt. Es ist nicht ganz so bunt, es hat aber eine bedeutende Farbe. Es ist nämlich blau – blau wie diese Wand. Wir wollen es mitgeben als Erinnerung an eine hoffentlich gute Zeit hier. Wir bedanken uns für eine spannende Zeit und hoffen, dass du die Bundespressekonferenzen in guter Erinnerung behältst.
Hebestreit
Schönen Dank.
Wie das so meine Art ist, habe ich mich nicht vorbereitet. Ich wusste zwar die ganze Zeit, dass es die letzte Pressekonferenz ist, aber anders als Mathis Feldhoff habe ich keine vier ausgeschriebenen formulierten Seiten dabei.
Im Moment sind das für mich die „Los Wochos des Dankens“, also in vielen Zusammenhängen gilt es Abschied zu nehmen, sich bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei Kolleginnen und Kollegen, zu bedanken. Das will ich hier genauso handhaben.
Mein erster Dank gilt den Sprecherinnen und Sprechern der Ministerien hier. Wir haben dreieinhalb Jahre zusammengesessen und versucht, Ihre Fragen, Kommentare und Hinweise nach Kräften zu beantworten. Natürlich waren Sie nicht immer zufrieden mit unseren Antworten. Ich kann Ihnen ein Geheimnis erzählen: Wir waren auch nicht immer zufrieden mit den Fragen. – Aber das ist das Spannungsverhältnis, auf das der Vorsitzende hingewiesen hat.
Ich habe es am Anfang den Kolleginnen und Kollegen gesagt: Wir hier oben in einer nicht ganz einfachen Regierungskonstellation wollen nicht Sand im Getriebe der Regierung sein, sondern Öl. Und das haben wir, aus meiner Sicht – jetzt kommt doch eine Bilanz -, ganz gut hinbekommen. Die Streitigkeiten, die sich zwischen den Ministerinnen und Ministern oder anderswo in der Regierung zugetragen haben, haben wir leidlich, manchmal auch zu ihrer Frustration, hier nicht ausgetragen. Insofern – ich weiß, das ist keine Selbstverständlichkeit – bedanke ich mich bei allen, die hier sitzen und bei denjenigen, die sonst hier auch sitzen und heute nicht hier sind. Das war ganz toll.
Der zweite Dank gilt den Beschäftigten des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, insbesondere denen der Abteilung 3. Da müssen Sie jetzt durch. Das ist die Abteilung, die die Sprechzettel für uns, für Christiane Hoffmann, für Wolfgang Büchner, von dem ich hier noch einmal herzlich grüßen soll, und für mich herstellen. Die haben anders als die Fachabteilung in den Ministerien die Schwäche, dass sie nicht im Kanzleramt sitzen, sondern im Bundespresseamt, und sich erst mühsam die Informationen erarbeiten und organisieren müssen. Das ist eine Arbeit, die nicht immer freudvoll ist. Die Kolleginnen und Kollegen haben oft frustriert vor dem Fernseher gesessen, wenn der Hebestreiter dann nicht den Sprechzettel vorgelesen hat, sondern er ein bisschen freier vorgetragen hat. Da geht vielleicht auch manches an Botschaft verloren. Insofern bedanke ich mich da ausdrücklich. Mein Dank gilt auch Stephan Budach, stellvertretend für die Chefs vom Dienst, die uns immer wieder begleitet haben.
Drittens bedanke ich mich natürlich bei der Bundespressekonferenz – das ist ja ein eingetragener Verein, wie das im deutschen Kleingartenwesen auch so ist. Hier wird ehrenamtliche Beschäftigung getätigt. Ich weiß, als ich die Stelle hier im Vorstand übernommen hatte, dachte ich, die Arbeit erschöpft sich darin, hier den Conférencier zu geben, was tatsächlich Spaß machen kann, wenn man sich an das eherne Gesetz hält, niemanden mit falschem Namen aufzurufen.
Aber es steckt eine ganze Menge Arbeit dahinter – nicht nur der Bundespresseball, sondern auch der Verein mit all den Dingen. Angela Wefers ist noch viel länger dabei, als ich das je gewesen bin und macht es trotzdem weiter. Das ist eine tolle Veranstaltung. Ohne die Mühe der Kolleginnen und Kollegen hier wäre diese weltweit einmalige Veranstaltung – man muss es noch einmal sagen – so nicht möglich: Journalisten laden die Regierung ein, und die Regierung kommt.
Ich glaube, wenn das einmal nicht mehr stattfinden wird, wird es das nie wieder geben. Insofern hegen Sie diesen Schatz sehr.
Dann bleibt mir, mich noch bei dem Bundeskanzler zu bedanken. Zehn Jahre habe ich intensiv mit Olaf Scholz zusammengearbeitet. Ich bedanke mich. Ich fand seine Regierungszeit deutlich besser, als Sie sie kommentiert haben. Vielleicht werden Historiker das irgendwann einmal einordnen, wer von uns in dem Urteil näherliegt. Das muss man sehen. Ich bedanke mich für das Vertrauen, das er in mich gesetzt hat, und für seine Freundschaft. Das ist mir immer wichtig gewesen, dass das ein sehr gutes und tolles Miteinander war.
Ansonsten bin ich jetzt voller Zuversicht – und das bleibe ich -, was die neue Regierung anbetrifft. Ich gehe davon aus, dass sie die Probleme, die in sehr schwierigen Zeiten anstehen, entschlossen und mit gutem Willen angehen wird.
Und das ist vielleicht mein letzter kleiner Nudge nach vielen Jahren Bilanz. Die Rollen sind ja so unterschiedlich. Aber man sollte neuen Regierungen und neuen Konstellationen immer ein bisschen eine Chance geben, in Dinge hereinzuwachsen. Da kann man am Anfang einmal eine schräge Antwort geben oder es kann ein Fauxpas passieren, aber insgesamt sind diejenigen, die sich für uns, für unser Gemeinwesen, engagieren, mit hohem Engagement dabei und wollen das Gute. Ich hoffe, dass es künftig auch so sein wird, dass diejenigen, die nach uns kommen und die, die danach kommen, genau das im Sinn haben.
In diesem Sinne: Ich bedanke mich. Es war mir eine Freude, ein Fest und meistens auch eine Ehre. Auf bald!
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 05.05.2025
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