Neue Studie – Corona-Todeszahlen werden deutlich überschätzt

Neue Studie – Corona-Todeszahlen werden deutlich überschätzt

Neue Studie – Corona-Todeszahlen werden deutlich überschätzt

Ein Artikel von Ralf Wurzbacher

Erhellende Zahlen aus Griechenland: Laut einer Studie starben dort während der Omikron-Welle kaum mehr als die Hälfte der sogenannten Corona-Toten direkt am Virus oder mit dessen Zutun. In 45 Prozent der Fälle bestand kein Zusammenhang zu SARS-CoV-2. Die Forscher fordern mehr Klarsicht bei der Vermessung von Pandemien und einheitliche Standards. Deutschland bleibt seiner Linie treu: Je mehr Opfer, desto stärker die Wirkung, und bloß keine Aufarbeitung. Von Ralf Wurzbacher.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die Corona-Krise war eine Zeit der Zahlen, im Besonderen der großen Zahlen. Von allem „Schlimmen“ gab es viel: Infizierte, Kranke, Tote. Zu wenig gab es dagegen von all dem, was der Not hätte Einhalt gebieten können: Tests, Masken, Ärzte, Pfleger, Krankenhausbetten, Intensivplätze. Diese Zwickmühle aus Masse und Mangel steigerte vor allem eines: Angst. Die Angst, sich anzustecken, zu erkranken, zu sterben. Und so, wie die Infizierten, Kranken und Toten immer mehr wurden, steigerte sich die Angst zu einer kollektiven Psychose und machte die Mehrheit der Bürger gefügig, jede noch so rigide Einschränkung ihres und des gesellschaftlichen Lebens auszuhalten oder gar zu begrüßen.

Der fraglos stärkste Angsttreiber waren die Todeszahlen. Weltweit sollen dem Virus bis heute 7,1 Millionen Menschen erlegen sein, in Deutschland über 187.000. Die Frage ist bloß: Stimmt das? Kritiker weisen seit Jahren darauf hin, dass die offiziellen Mortalitätsziffern übertrieben sind, dass längst nicht alle sogenannten Covid-19-Toten tatsächlich infolge der Infektion mit dem Erreger ihr Leben ließen. Vielmehr gelte es zu unterscheiden zwischen Fällen von „an“ Corona und Fällen von „mit“ Corona Verstorbenen. Aber dieser Einwand wird, nicht nur hierzulande, von den Verantwortlichen in Politik und Wissenschaft bis heute überhört und mit dem Stempel „Verschwörungstheorie“ versehen.

Echte und falsche Corona-Tote

Eine Studie griechischer Wissenschaftler könnte und sollte die Diskussion neu beleben. Sie wollen mittels Auswertung der Daten Hunderter verstorbener Patienten den Beleg geliefert haben, dass nahezu die Hälfte der sogenannten Corona-Toten zu Unrecht in dieser Rubrik gelandet ist, womöglich sogar mehr. Die Arbeit wurde am 21. April im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht. Die Forscher untersuchten 530 amtlich registrierte Corona-Tote aus sieben großen Athener Kliniken während der Omikron-Welle im Zeitraum zwischen Januar und August 2022. Ergebnis: In 240 Fällen (45,3 Prozent) stand der Tod in keinem Zusammenhang mit Covid-19. Die Betroffenen litten und verstarben demnach an anderen Erkrankungen und waren nur „nebenbei“ positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Die mehrheitlich ermittelten Todesursachen waren: Schlaganfall, bakterielle Blutvergiftung, Lungenentzündung nach Verschlucken, Herzversagen, Krebserkrankungen.

Selbst die restlichen Fälle (54,7 Prozent) haben die Forscher nicht eindeutig Corona zugeordnet. Nach ihren Befunden waren gerade einmal 25,1 Prozent oder 133 Personen direkt an Covid-19 gestorben („direct cause of death“). Bei den verbleibenden 29,6 Prozent oder 157 Fällen war das Virus ein mitverantwortlicher Faktor am Tod, also ein Teil „der Kette an Ereignissen“, die schließlich zum Ableben führten, („not the primary cause but contributed to the chain of events leading to death“). Und auch das könnte noch an der Realität vorbeigehen. Damals wurde praktisch einzig auf Covid-19 getestet, während andere Erreger von Atemwegserkrankungen ein großer blinder Fleck waren. Insofern wäre es denkbar, dass etwa auch unerkannte Influenza-, Rhino- oder RSV-Viren Einfluss auf die „Kette an Ereignissen“ hatten.

Evidenzbasierte Wissenschaft

Ohnehin ist die Feststellung von Todesursachen mitunter ein ziemliches Ratespiel, weil sich bei einem so komplexen System wie dem menschlichen Organismus Kausalitäten nicht verlässlich nachweisen lassen. Das gilt mithin sogar für die Fälle, bei denen Corona als „direkter“ Grund für den Tod ermittelt wurde. Klarer liegen die Dinge dagegen in der Gruppe der „falschen“ Corona-Toten. Wie die Forscher ermittelten, waren die fraglichen Patienten im Schnitt jünger, oft chronisch krank, häufig immungeschwächt und zum Teil erst im Krankenhaus mit dem Virus in Kontakt gekommen. Sie zeigten außerdem kaum Covid-19-typische Symptome und wurden überwiegend nicht dahingehend behandelt. Die „echten“ Corona-Patienten litten hingegen fast immer an Atemnot, brauchten Sauerstoff und erhielten spezifische Therapien. Diese offenkundigen Differenzen zwischen den Patientengruppen sprechen für eine hohe Plausibilität der Resultate der Studie.

Überhaupt besteht deren Wertigkeit darin, dass sie sich nicht auf die Angaben auf Totenscheinen verlässt, sondern jeder Einzelfall eingehend medizinisch geprüft und Patientenakten, Labordaten sowie Symptomatik systematisch studiert wurden. Das macht die Arbeit bei allen vorhandenen Limitierungen so aussagekräftig, weil sie das Narrativ vom „Killervirus“, das Massen hingerafft haben soll, mit redlicher, weil evidenzbasierter Wissenschaftlichkeit ins Wanken bringt. Damit es endgültig fällt, bedürfte es freilich noch mehr, sprich Folgearbeiten aus anderen Ländern und eine Weitung der Perspektive auf die gesamte Pandemie. Die von den Forschern beleuchte Omikron-Mutation war erwiesenermaßen weniger gefährlich als ihre Vorläufer, also die am Anfang der Pandemie kursierende Variante oder später die mutierte Delta-Variante. Bei beiden lag die Sterblichkeit deutlich höher, während Omikron sehr viel ansteckender war, aber um Längen harmloser.

Kein griechischer Sonderfall

Die neuesten griechischen Daten sollen über Athen hinaus repräsentativ für ganz Griechenland sein. Gleichwohl hüten sich die Autoren davor, ihre Befunde zu verallgemeinern, nach dem Motto: Hellas ist überall. Zumal ihre Untersuchung Lücken aufweist. Das betrifft etwa die fehlenden Daten von Intensivstationen. Deren Nichtberücksichtigung könne „zu einer Unterschätzung der Todesfälle ‚aufgrund‘ von Covid-19 führen“, halten sie fest. Zudem fehle eine Kontrollgruppe aus der Anfangszeit der Pandemie. Und ausdrücklich raten sie davon ab, ihre Ergebnisse eins zu eins auf andere Länder zu übertragen, „da sich sowohl die Kapazität des Gesundheitssystems als auch die Intensität der Pandemiewellen von Land zu Land unterscheiden“.

Gleichwohl sind die Erkenntnisse bestimmt kein griechischer Sonderfall. In der Tendenz dürfte sich dasselbe Bild so ziemlich allerorten zeigen, wo mittels großer Zahlen schweres Geschütz gegen die Freiheitsrechte aufgefahren wurde. Die Forscher wollen im Wesentlichen zweierlei erreichen: dass, erstens, ihr Ansatz – zwischen „an“ und „mit“ Corona Verstorbenen zu differenzieren – aufgegriffen und in anderen, möglichst größeren Zusammenhängen überprüft wird und dass, zweitens, nicht länger mit uneinheitlichen Standards operiert wird, wenn es um die Vermessung und Bewertung eines globalen Gesundheitsnotstands geht. Zitat:

„Um jedoch zuverlässige Rückschlüsse auf die Sterblichkeitsrate durch Covid-19 ziehen zu können, müssen wir wichtige Verzerrungen beseitigen, die aufgrund der Verwendung ungenauer Definitionen zu ungenauen Schlussfolgerungen führen können.“

Alles auf Panik

In dieser Hinsicht herrschte und herrscht weiterhin große Beliebigkeit. So weist die Analyse an mehreren Beispielen nach, wie Corona-Tote je nach Staat und Region mit unterschiedlicher Methodik gezählt wurden. Dabei klassifiziert die Weltgesundheitsorganisation (WHO) per Richtlinie sogar einigermaßen trennscharf.

„Ein Covid-19-Todesfall wird für Überwachungszwecke definiert als ein Todesfall infolge einer klinisch kompatiblen Erkrankung bei einem wahrscheinlichen oder bestätigten Covid-19-Fall – es sei denn, es gibt eine eindeutige alternative Todesursache, die nicht mit der Covid-Krankheit in Verbindung gebracht werden kann.“

Aber obwohl auch das „Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten“ (ECDC) dieser Vorgabe offiziell folgt, verfuhren die EU-Mitgliedsstaaten in der Mehrheit ganz anders – und provozierten damit die maximale Erregung in der Bevölkerung.

Zum Beispiel wurden in Großbritannien oder Dänemark lange Zeit alle Verstorbenen, die innerhalb von 30 Tagen vor dem Todesdatum positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren, als Corona-Tote registriert. Ebenso ging Griechenland vor, und dasselbe gilt bis heute für Deutschland: Beim federführenden Robert Koch-Institut (RKI) heißt es dazu:

„In die Statistik des RKI gehen die Covid-19-Todesfälle ein, bei denen ein laborbestätigter Nachweis von SARS-CoV-2 (direkter Erregernachweis) vorliegt und die in Bezug auf diese Infektion verstorben sind. (…) Sowohl Menschen, die unmittelbar an der Erkrankung verstorben sind („gestorben an“), als auch Personen mit Vorerkrankungen, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren und bei denen sich nicht abschließend nachweisen lässt, was die Todesursache war („gestorben mit“), werden erfasst.“

China macht den Unterschied

Warum rückt das RKI nicht endlich von dieser beschränkten Sicht der Dinge ab und korrigiert die Todeszahlen nach unten? Und warum legt man für die unterschiedlichen Pandemiephasen (Urform, Alpha, Delta, Omikron) nach wie vor dieselbe Messlatte an, so als wäre nicht längst sonnenklar, dass ein mit Omikron infizierter Toter viel weniger wahrscheinlich auf das Corona-Konto geht als früher ein Verstorbener mit Delta-Nachweis?

Dabei gibt es Länder, die ihre verbohrte Haltung überwunden haben und sich an die Realität halten. So gilt es in Dänemark inzwischen als amtlich, dass während der Omikron-Welle 40 Prozent der gemeldeten Toten keinen direkten Covid-19-Bezug hatten. Für Schweden ermittelten Forscher einen entsprechenden Wert von 24 Prozent. Selbst in China, bekannt für seine einst ultraharte Gangart im Kampf gegen das Virus, hat irgendwann die Vernunft obsiegt. Nachdem man Anfang 2022 dazu übergangen war, nur noch solche mit Atemwegserkrankungen assoziierte Sterbefälle zu erfassen, rauschte die Zahl der Corona-Toten in den Keller.

Lirum larum Faktencheck

Im Internet zieht die griechische Studie erwartungsgemäß Kreise. Wie stets in solchen Fällen unbotmäßiger „Desinformation“ schwärmen auch diesmal umgehend die „Faktenchecker“ aus. Bei factenchecking dpa schießt man sich im Gros auf die „Einschränkungen“ der Arbeit ein und titelt stupide: „Kein ‚Mythos‘ widerlegt. Studie bestätigt Mehrzahl von Corona-Todesfällen in Athen.“ Auch sonst stiftet der Artikel mehr Verwirrung denn Aufklärung und scheitert obendrein daran, die Hauptbotschaft der Publikation zu entkräften.

Die lautet: Die Covid-19-Todeszahlen sind zu hoch gegriffen, wahrscheinlich viel zu hoch. Das gilt für praktisch alle Kennziffern der Pandemie. Aber es gibt Ausnahmen: Impfgeschädigte oder Impftote soll es lange Zeit überhaupt keine gegeben haben, irgendwann dann ein paar wenige. Aber Genaues weiß man nicht und will man auch nicht wissen – so wenig wie von der jahrelangen Übersterblichkeit in Deutschland und Europa. Themenwechsel …

Titelbild: angellodeco / Shutterstock

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