Der israelische „Auferstehungskrieg“ und seine Auswirkungen

Der israelische „Auferstehungskrieg“ und seine Auswirkungen

Der israelische „Auferstehungskrieg“ und seine Auswirkungen

Karin Leukefeld
Ein Artikel von Karin Leukefeld

Niemand zwischen dem östlichen Mittelmeer und der Persischen Golfregion will Krieg – bis auf den israelischen Führer Benjamin Netanjahu, der sich und Israel in einem „Wiederauferstehungskrieg“ wähnt. In einer Rede vor dem israelischen Sicherheitskabinett am 7. Oktober 2024 hatte er erklärt, Israel habe und werde weiter „die Sicherheitsrealität in der Region“ verändern: „Für das Wohl unserer Kinder, für das Wohl unserer Zukunft.“ Von Karin Leukefeld (Beirut).

Der 7. Oktober 2023 werde „nie wieder“ geschehen, so Netanjahu, und er erklärte, Israel werde an sieben Fronten angegriffen und müsse sich – an sieben Fronten – wehren. Für die direkten und weiteren Nachbarstaaten Israels war das eine Kriegserklärung für den Völkermord in Gaza, die Zerstörungen im besetzten Westjordanland, Krieg gegen Libanon, Angriffe in Syrien, Bomben auf Jemen, Irak und nun auf den Iran.

In der Nacht des Angriffs auf den Iran am frühen Freitagmorgen sagte der israelische Armeechef, es gebe „kein Zurück“ mehr. Wer immer sich Israel jetzt in den Weg stelle, werde „einen hohen Preis bezahlen“. Die siebte Front im israelischen „Wiederauferstehungskrieg“ soll den Iran in Schutt und Asche legen. Der Iran wehrt sich gegen den Überfall, was sein international in der UN-Charta verbrieftes Recht ist. Doch Israel und seine Unterstützer sprechen Israel, dem Aggressor, das Recht auf Selbstverteidigung zu und fordern den Iran zum Einlenken auf. Israel hat die USA aufgefordert, zu seinen Gunsten in den Krieg gegen Iran einzugreifen. Die USA haben weitere Soldaten und Waffen in die Region geschickt, Großbritannien liefert weitere Kampfjets, Deutschland liefert weiter Waffen und Geld. US-Präsident Donald Trump hat den G7-Gipfel in Kanada frühzeitig verlassen, weil wichtige Dinge zu klären seien, wie es hieß. Die Bevölkerung von Teheran, der iranischen Hauptstadt, forderte Trump auf, die Stadt zu verlassen.

Weltweit wird Israel deutlich verurteilt. Selbst Australien und Japan, fest im westlichen Bündnis verankert, verurteilen den Angriff auf den Iran. Die BRICS-Staaten Brasilien, Russland, China und Südafrika äußern scharfe Kritik, Russland und die Türkei haben Vermittlung angeboten. Massendemonstrationen in Den Haag und Brüssel mit jeweils 150.000 Teilnehmern fordern den sofortigen Stopp von Waffenlieferungen an Israel und ein Ende der Kriege in der Region.

Auch die Außenminister von 20 arabischen und islamischen Staaten[*] haben in einer gemeinsamen Erklärung den nicht provozierten israelischen Angriff auf Iran verurteilt. Die fortgesetzten israelischen Angriffe auf Iran seien „eine ernste Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität der gesamten Region“, heißt es in der Erklärung, die am Montag bekannt wurde. Die Angriffe müssten sofort gestoppt werden, die Situation müsse diplomatisch gelöst werden. Besonders wurde betont, dass nukleare Anlagen nicht angegriffen werden dürften, zumal sie unter der Kontrolle der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) stünden. „Solche Angriffe sind eine klare Verletzung des internationalen Rechts und des internationalen humanitären Rechts.“ Die Außenminister riefen zu einem „Mittleren Osten frei von Atomwaffen und Massenvernichtungswaffen“ auf, was der Iran selbst seit Jahrzehnten tut. Der Nichtverbreitungspakt für Nuklearwaffen (NPT) müsse eingehalten werden, heißt es in der Erklärung, in der allerdings nicht steht, dass Israel das einzige Land in der Region ist, das – mit Unterstützung der USA und europäischer Staaten – über Atomwaffen verfügt.

Seitdem vergangenen Freitag der israelische Krieg gegen den Iran begann, sind die Staaten der Region und die Menschen mit mörderischen Tatsachen konfrontiert. Flughäfen und Lufträume wurden geschlossen, Zehntausende stecken fest. Handel und Wiederaufbau stocken in den Ländern, die sich von den zahlreichen vorherigen Kriegen nicht erholt haben. Regierungen appellieren, ohne gehört zu werden, den Menschen bleibt nur das Abwarten. In den Nachrichtensendern schlägt die Stunde für politische, militärische und ökonomische Spezialisten, die von Moderatoren zu möglichen Szenarien befragt werden. Während die Autorin an diesem Text arbeitet, verfolgte sie live im Nachrichtensender Al Jazeera English, wie eine israelische Bombe in das Gebäude des staatlichen iranischen Fernsehens IRIB einschlug. Die Sprecherin der gerade ausgestrahlten Sendung verschwand in einer riesigen Rauchwolke. Die Szene wurde Dutzende Male von AJE wiederholt.

Kurz vor dem Angriff auf das Mediengebäude hatte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz angekündigt, das iranische Staatsfernsehen und Radio werde verschwinden.

Die Sprecherin überlebte, wie später zu erfahren war. Das markante IRIB-Gebäude, das überwiegend aus Glas besteht und wo zahlreiche andere Fernsehsender und Rundfunkstationen untergebracht sind, wurde schwer beschädigt.

Die israelischen Angriffe auf Journalisten und Medien seit dem 7. Oktober 2023 übertreffen alles, was in mehr als 100 Jahren Kriegen geschehen ist.

Der UN-Sicherheitsrat trifft keine Entscheidung

In den frühen Morgenstunden am Freitag, dem 13. Juni 2025, griff die israelische Luftwaffe Iran an. Um kurz nach 3 Uhr morgens Ortszeit wandte sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu per Video an die Öffentlichkeit und erklärte, Israel habe einen „präzisen, präventiven Angriff“ auf politische, militärische und nukleare Einrichtungen im Iran begonnen. Israel handele in „Selbstverteidigung“, weil es „unmittelbar durch das iranische Atomprogramm bedroht“ sei, so Netanjahu weiter. Angegriffen wurden das Hauptquartier der Iranischen Revolutionsgarden, militärische Stützpunkte, Radaranlagen und nukleare Einrichtungen. Dutzende Menschen wurden getötet, darunter hochrangige Militärs, politische Berater, Nuklearwissenschaftler mit Familien und zahlreiche namentlich nicht genannte iranische Frauen, Männer und Kinder.

Geheime, vom israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad angeblich aufgebaute Stützpunkte im Iran hätten Drohnen gestartet, die gezielt getötet hätten. Die Informationen über den Aufenthaltsort verschiedener Militärs, der Atomwissenschaftler und anderer Persönlichkeiten kamen – wie später zu erfahren war – von den US-amerikanischen und britischen Geheimdiensten CIA und MI6. Sowohl die US-Regierung als auch Großbritannien erklärten, nicht in den Angriff involviert gewesen zu sein. Allerdings wurden sowohl Washington als auch London sowie andere NATO-Staaten, z.B. Deutschland und auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), vorab von Israel über den Angriff informiert. US-Präsident Donald Trump schwärmte auf seinem sozialen Medienkonto über die „exzellenten“ Angriffe, die USA produzierten „die besten und tödlichsten Waffen weltweit“, Israel habe davon sehr viele und werde noch mehr bekommen und Israel wisse, wie man sie einsetze. Iran müsse einen „Deal machen“, sonst werde nicht mehr viel von dem Land übrig sein, so Trump auf seinem Truth-Social-Kanal.

Seit April hatten die USA und Iran über das iranische Atomprogramm verhandelt, ein weiteres Treffen war für den 15. Juni vorgesehen. Iran wollte die Produktion angereicherten Urans unter IAEA-Kontrolle begrenzen, im Gegenzug sollten die USA Sanktionen gegen den Iran aufheben und eingefrorene iranische Gelder freigeben. Russland hatte sich angeboten, überschüssiges angereichertes Uran zu übernehmen, die Gespräche schienen – unter Vermittlung des erfahrenen Oman – voranzugehen.

Mit dem Angriff habe Israel die iranisch-US-amerikanischen Verhandlungen sabotiert, erklärte der iranische UN-Botschafter bei einer Dringlichkeitssitzung noch am gleichen Tag in New York. Der Iran hatte die Sitzung beantragt und war von den beiden Veto-Mächten China und Russland unterstützt worden.

Israel sei „das gefährlichste und ein Terror-Regime in der Welt“, so der iranische UN-Botschafter. Der Angriff sei eine „Kriegserklärung“, Iran werde entsprechend antworten. Er warnte vor möglicher radioaktiver Verseuchung infolge der israelischen Angriffe auf die Atomanlage Natanz. Nur „ein Regime ohne Menschlichkeit, ohne Verantwortung gefährdet Millionen Menschenleben, um seine zerstörerischen Ambitionen durchzusetzen“. Mitverantwortlich für diese Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien aber auch „diejenigen, die Israel unterstützten, allen voran die USA“. Der UN-Sicherheitsrat müsse Israel verurteilen, „Schweigen über dieses Verbrechen bedeutet Mitverantwortung“.

Der Vollständigkeit halber sei auch der israelische UN-Botschafter erwähnt, der im Wesentlichen das wiederholte, was bereits der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in seiner nächtlichen Botschaft mitgeteilt hatte. Der Angriff sei „ein Akt der Selbstverteidigung“ gegen den Iran, der erklärt habe, Israel zerstören zu wollen.

„Wenn ein Regime ballistische Raketen baut, Uran anreichert fast bis zum Grad der Waffenfähigkeit und offen erklärt, es habe vor, uns zu zerstören, glauben wir ihnen.“ Israel habe gewartet, während der Iran Uran angereichert habe, die Inspektoren behindert habe und Überwachungskameras zerstört habe. „Letzte Nacht hatte das Warten ein Ende“, so der Botschafter.

Der UN-Botschafter Russlands kritisierte, dass Israel den Angriff auf Iran gestartet habe, ohne provoziert worden zu sein. Israel sei offenbar überzeugt, in der Region tun zu können, was es wolle. Der Angriff sei „ein militärisches Abenteuer“, die Konsequenzen habe „vollständig die israelische Führung“ – und diejenigen, die sie ermutigen – zu tragen. Besonders die europäischen Staaten hätten zudem in den letzten Wochen eine „Anti-Iran-Hysterie“ geschürt. Für Russland bot der Botschafter Vermittlung an, um einen weiten regionalen Krieg zu vermeiden.

Die Sitzung am Freitag dauerte zweieinhalb Stunden, Israel wurde nicht, wie von Iran gefordert, verurteilt. Der Rat tagte eine weitere Stunde hinter verschlossenen Türen. Ein Beobachter sagte anschließend, während der Sicherheitsrat getagt habe, hätten die Entwicklungen vor Ort alles überwältigt, was im Rat besprochen worden sei, um zu stoppen, was als Nächstes geschehen würde.

Die ganze Sitzung mit allen Redebeiträgen ist über eine UN-Aufzeichnung mit englischer Übersetzung zu verfolgen.

Der Krieg eskaliert

Entsprechend der israelischen Angriffe werde der Iran sich verteidigen, hieß es in Teheran schon am Freitag, und seit der Nacht auf Samstag heulen jede Nacht über Israel die Sirenen. Das israelische Luftabwehrsystem „Iron Dome“, die Kuppel aus Eisen, schafft es nicht, alle Drohnen und Raketen aus dem Iran zu stoppen. Und so werden Wohnanlagen, Hochhäuser, das israelische Verteidigungsministerium, das Weizmann Forschungsinstitut, ein Elektrizitätswerk in Haifa, eine Synagoge, ein palästinensisches Wohnhaus, Straßen, Fahrzeuge und vieles mehr in Israel bombardiert. Die Zerstörung ist immens, Strom fällt aus, der Flughafen liegt still, die Israelis dürfen nicht per Schiff oder über die Grenze nach Jordanien ausreisen. Sie sind in Bunkern und Schutzräumen untergebracht, Schulen, Universitäten, Geschäfte bleiben geschlossen, die Armee hat eine Art Notstand angeordnet. Israel spricht von Toten im zweistelligen Bereich, mehr als 300 Israelis wurden verletzt und werden teilweise in fünf Krankenhäusern – die noch arbeiten – versorgt. In der Nacht zu Dienstag (17. Juni 2025) hat Israel seine Restriktionen für die Berichterstattung aus Israel erneut verschärft, man erfährt wenig über Ziele in Israel, die über Nacht von iranischen Raketen getroffen wurden.

Der israelische Journalist Gideon Levy (Haaretz) spricht im Sender Al Jazeera English davon, dass die Situation für die Menschen in Israel völlig neu sei. Sie seien psychologisch gestresst, weil sie sich fast ständig im Bunker oder in Schutzräumen aufhalten müssten. Die großen Zerstörungen in Israel sorgten für Verunsicherung. Das und viel Schlimmeres müssten die Menschen in Gaza seit 20 Monaten ertragen, so Levy, und für die Palästinenser gebe es keine Schutzräume. Die israelische Bevölkerung stehe mehrheitlich hinter dem Krieg gegen den Iran, doch je mehr Zerstörung es in Israel gebe, je schwieriger die Lage werde, desto mehr könnten sich auch vom Regierungschef abwenden. Anzeichen dafür sehe er noch nicht, doch je länger die Lage so bleibe – Flughafen und Schulen geschlossen – oder sich verschlimmere, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Israelis unzufrieden, unsicher würden und Netanjahu kritisieren könnten.

Der Iran reagiert trotz hoher Verluste durch den israelischen Überraschungsangriff überlegt, UN-Charta und internationales Recht sind auf iranischer Seite. Dennoch wiegt die Zahl der Toten schwer. Am Montag wurden mehr als 220 gemeldet, darunter mindestens 70 Frauen und Kinder. Die hochrangigen getöteten Militärs wurden umgehend ersetzt, das iranische Außenministerium präsentiert sich als überlegte und überlegene Diplomatie. Der klare Bruch internationalen Rechts durch Israel – der nicht provozierte Angriff und die Bombardierung von nuklearen Anlagen – wird von Teheran im UN-Sicherheitsrat, bei Interviews mit internationalen Medien, in seinen Kontakten mit den Staaten der Region, mit China und Russland in den Vordergrund gestellt. Teheran spart nicht mit öffentlicher Kritik an den USA, die mit der Lieferung von Waffen und Geheimdienstinformationen an Israel den Krieg mitführen und möglich gemacht haben, egal wie sehr Washington auch versucht, sich aus der Sache herauszuwinden.

Die Aufforderung von US-Präsident Trump, einen „Deal“ zu machen, bevor von dem Land nichts mehr übrig bleibe, beantwortete Teheran mit der Absage der für vergangenen Sonntag geplanten Gesprächsrunde über das iranische Atomprogramm. Gleichzeitig betont das Außenministerium die Bereitschaft, die Gespräche mit den USA über das iranische Atomprogramm wieder aufzunehmen. Voraussetzung sei die Einstellung der Angriffe durch Israel. Die Aufforderung von Netanjahu an die Iraner, sich gegen die Führung und „für die Freiheit“ zu erheben, wurde mit Protesten gegen Israel und Netanjahu beantwortet.

Israels Kriege gehen weiter

Täglich werden in Gaza Dutzende Menschen von Israel getötet, die Verwüstung des Küstenstreifens geht weiter, gleichwohl werden auch zahlreiche israelische Militärs und Geheimdienstkräfte in Gaza getötet. Die Zahl der getöteten Palästinenser seit dem 7. Oktober 2023 liegt bei mehr als 55.400. Im Westjordanland sind aktuell alle palästinensischen Orte voneinander isoliert, Israel hat 900 Kontrollpunkte bis auf Weiteres geschlossen. Hunderte von Häusern von Palästinensern in Lagern wie Jenin werden von Israel zerstört, die Menschen vertrieben. Im Süden des Libanon haben israelische Truppen sieben Stützpunkte auf libanesischem Territorium errichtet und verhindern die Rückkehr von Bewohnern in ihre Dörfer. Nahezu täglich gibt es Drohnenangriffe, mehr als 180 Personen wurden seit Beginn der offiziellen Waffenruhe (27. November 2024) getötet. Israel hält sich nicht an die Waffenruhe. In Syrien hat Israel nahezu alle syrischen Militärbasen zerstört und kontrolliert einen großen Teil vom Süden Syriens. Im Irak werden Stützpunkte der irakischen Milizen Hascht As-Shaabi bombardiert. Die israelische Luftwaffe überfliegt das Land unter dem Schutz der US-geführten Anti-IS-Allianz und von US-Truppen weitgehend ungestört bei den Angriffen gegen Iran. Der Mossad unterhält unweit des Flughafens Erbil (kurdische Autonomieregion) ein regionales Hauptquartier, das für das Einschleusen von Waffen und Kämpfern in den Iran verantwortlich gemacht wird. Im Jemen, dem Armenhaus der arabischen Welt, bombardieren die israelische Luftwaffe und Marine Hafenanlagen in Hodeidah und Gebäude in Sanaa.

Keines dieser Länder verfügt über starke nationale Armeen. Ihre Ökonomie ist durch jahrelange Kriege und Krisen sowie EU- und US-amerikanische Sanktionen zerstört. Auch wenn sie sich nicht schützen können und auch wenn die Bevölkerung sich politische Veränderungen wünschen mag, sind die Menschen in all diesen Staaten gegen die anhaltenden israelischen Überfälle und Kriege eingestellt.

Lediglich in Syrien könnte ein Großteil derjenigen, die den Regime Change und den neuen Machthaber Ahmed Al Sharaa unterstützen, den Krieg gegen Iran positiv sehen. Man sei vom Iran unterdrückt worden, so Stimmen aus dem Land. Konkrete Unterdrückung durch den Iran kann zwar niemand beschreiben, die deutlich anti-iranische Stimmung hat eher eine religiöse Basis. Eine Mehrheit der sunnitischen Muslime in Syrien sehen die schiitischen Muslime im Iran (und in der Region) und deren Strömungen wie Alawiten als Konkurrenz und sogar Ungläubige an.

Die arabischen Golfstaaten

Die arabischen Golfstaaten mögen mit dem Iran Meinungsverschiedenheiten haben, haben sich aber seit 2023 deutlich angenähert. In dem Jahr gelang es China – dank langjähriger Vorarbeit des Irak und Oman –, Saudi-Arabien und Iran zusammenzubringen und Kooperationsvereinbarungen zu unterzeichnen. Beide Staaten haben gute Beziehungen zu China und Russland, sie wollen kooperieren und die Region entwickeln, nicht zerstören. Zudem ist Iran Mitglied der BRICS-Staatengemeinschaft, der weitere Staaten der Region – die Vereinigten Arabischen Emirate – angehören. Saudi-Arabien hat die Aufnahme beantragt.

Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate halten auch an den Beziehungen mit den USA und europäischen Staaten fest. Zwischen diesen drei ökonomischen Schwergewichten und Israel gibt es zudem offen und verdeckt Kooperation. Allerdings bestimmt jedes Land seine Beziehungen selbst, die Kontakte zu Israel sind unteraneinander nicht abgesprochen und diskutiert. Das betrifft auch den Umgang mit den Palästinensern und dem Gaza-Krieg. Je nach Kriegsverlauf werden sich die Beziehungen in der Region ändern, doch die Richtung bleibt unklar.

Unglaubwürdige US-Verhandlungen

Der nicht provozierte Angriff Israels auf den Iran begann, obwohl der engste Partner Israels – die USA – vorgaben, mit dem Iran über dessen Atomprogramm zu verhandeln. Vieles deutet inzwischen darauf hin, dass die Verhandlungen seitens der USA ein Vorwand waren, um den Iran in Sicherheit zu wiegen und Israel so einen möglichst erfolgreichen Überraschungsangriff zu erleichtern. Die US-Außenpolitik in der Region zwischen dem östlichen Mittelmeer und der Persischen Golfregion wird weniger im Weißen Haus als vom „tiefen Staat“ im Außenministerium und im Pentagon, von den Neo-Konservativen geführt. Mit diesen pflegt der israelische Regierungschef beste Beziehungen. Donald Trump versucht, diese Gruppe zu neutralisieren, was ihm offensichtlich nicht gelungen ist. Um diese Schwäche zu überspielen, hat er zahlreiche widersprüchliche Äußerungen gemacht.

Wie auch Außenminister Rubio betonte er, die USA seien zwar informiert, aber nicht an den Vorbereitungen und der Durchführung der Angriffe beteiligt gewesen. Diese Aussage ist angesichts verschiedener Äußerungen Trumps unglaubwürdig. Die gezielte Ermordung iranischen Führungspersonals deutet darauf hin, das US- und vermutlich auch britische Geheimdienstinformationen – vermutlich über den britischen Geheimdienst MI6 – mit Israel und dessen Auslandsgeheimdienst Mossad geteilt wurden. Das alles dürfte die arabischen Golfstaaten zum Nachdenken bringen, zumal die Emirate und Saudi-Arabien ihrerseits nationale Atomprogramme entwickeln. Sie können aktuell zusehen, was ihnen selbst bevorstehen könnte.

Schließlich muss über die Türkei, Armenien, Aserbeidschan, Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan gesprochen werden und über die weiteren Nachbarn des Iran in Eurasien, nicht zuletzt Russland. Das soll an anderer Stelle geschehen. Alle diese Staaten werden von einer Destabilisierung des Iran – von Israel gewollt – betroffen sein, aber werden sie den Krieg weiterhin ablehnen? Israel und seine westlichen Partner arbeiten schon jetzt intensiv daran, ethnische und religiöse Gruppen im Iran und in Nachbarstaaten zu infiltrieren, sich gegen den iranischen Nationalstaat zu bewaffnen und zu erheben.

Titelbild: miss.cabul/shutterstock.com


[«*] 20 Arabische und islamische Staaten: Irak, Katar, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Kuwait, Bahrain, Jordanien, Ägypten, Sudan, Algerien, Komoren, Dschibuti, Somalia, Libyen, Mauretanien, Pakistan, Türkei, Tschad und Brunei.

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