Bild-Chefredakteur Paul Ronzheimer interviewte den amerikanischen Journalisten Tucker Carlson. Dabei äußerte sich der US-Amerikaner auf eine Weise, wie es sich kein deutscher Mainstreamjournalist auch nur im Ansatz offen trauen würde. Genau darin liegt der Mehrwert des Interviews. Carlsons Auftreten verdeutlicht, wie laut das Schweigen deutscher Journalisten ist. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.
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Wenn von außen gesagt werden muss, was sich im Innern niemand zu sagen traut, ist das Kind meistens schon in den Brunnen gefallen. Und das Kind ist in den Brunnen gefallen. Deutschland ist in einem erbärmlichen Zustand. Politiker im Land verraten Tag für Tag jene Werte, die sie mit ihren Worten doch so gerne hochhalten. Demokratie, Freiheit, Menschenrechte – wir alle kennen jene Begriffe, die zu Wachs in den Händen einer Politik verkommen sind, die viele Interessen vertreten mag, aber nicht die Interessen des Landes und seiner Bürger.
Gerade will die Bundesregierung eine Billion Euro für ihr Wunschprojekt „Kriegstüchtigkeit“ aufbringen – auf Kosten der Steuerzahler. Dieser Tage erfahren wir, dass in Berlin 15.000 Kinder wohnungslos sind. Und: Der schwerste Angriff auf die Energieinfrastruktur des Landes, Stichwort: Nord-Stream-Sprengung? Ja, Ermittlungen „laufen“. Über die Ungeheuerlichkeiten, die die Bundesregierungen – man muss in der Mehrzahl formulieren – diesem Land zugemutet haben, müssten Journalisten jeden Tag sprechen. Nur: Sie tun es nicht. Und dann ist da plötzlich Tucker Carlson, der von außen auf Deutschland schaut und das ausspricht, was eigentlich abends bei Illner und Co., gestützt von einem milliardenschweren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, gesagt werden müsste.
Auftritt Carlson:
Ich verteidige Putin nicht, der meiner Meinung nach großartige Arbeit für Russland geleistet hat. Viel bessere Arbeit als jeder deutsche Politiker. (…) Ihr Land geht unter! Russland geht auf. Sie sollten wütend auf Ihre eigenen Politiker sein. Stattdessen sind Sie wütend auf Putin, was mich zum Lachen bringt.
Und es geht ans Eingemachte:
Ronzheimer fragt Carlson:
Sie glauben immer noch, dass die USA hinter Nord Stream [Sprengung] stecken?
Carlson antwortet:
Es war nicht Putin, der seine eigene Pipeline in die Luft sprengte. (…) Die Biden-Regierung sagte, sie würde es tun. Und sie hat es getan. (…) Warum würden Sie ihrem NATO-Verbündeten erlauben, ihre Hauptenergiequelle zu zerstören?
Und so weiter.
Dann dreht sich das Interview auch noch um die Zwangsrekrutierungen in der Ukraine.
Carlson sagt mit einiger Fassungslosigkeit:
Du kannst nicht einfach Leute einberufen und sie in deinen dummen Krieg schicken. (…) Du kannst nicht einfach zu irgendjemandem sagen: Verlass deine Frau und deine Kinder und geh’ und sterbe, weil ich es sage.
Das sind nur einige Beispiele einer langen Reihe von Aussagen, die in ihrer Klarheit und Analysestärke nichts zu wünschen übrig lassen. Nun stelle man sich vor, wenn hier nicht ein US-amerikanischer Journalist spräche, sondern ein Chefredakteur eines großen deutschen Magazins oder einer Zeitung. Was wäre, wenn auf diese Weise ein Kommentator in der „Tagesschau“ Klartext sprechen würde? Was wäre, wenn Journalisten, Experten oder Prominente abends bei „Hart aber Fair“ die Dinge auf diese Weise auf den Punkt brächten?
Sie wären erledigt. Zähnefletschende Medien würden sich auf die „Rubelnutten“, „Putinversteher“, „Verschwörungstheoretiker“ und „Nazis“ stürzen – fern jeder Realität, aber dafür in ideologischer Komplizenschaft mit einer realitätsentrückten Politik.
Carlson führt mit seinen Aussagen den Journalismus in Deutschland vor. Dass Ronzheimer kleinlaut dasitzt und versucht, Carlson zu kontern, indem er etwa einen hypothetischen Angriff Russlands auf Dresden ins Feld führt, rundet das Bild ab.
Titelfoto: Maxim Elramsisy/shutterstock.com