Wie in Deutschland: Tschechiens Regierung im Rüstungsrausch – die Reaktion aus dem Volk: Wir brauchen diese Dinge überhaupt nicht!

Wie in Deutschland: Tschechiens Regierung im Rüstungsrausch – die Reaktion aus dem Volk: Wir brauchen diese Dinge überhaupt nicht!

Wie in Deutschland: Tschechiens Regierung im Rüstungsrausch – die Reaktion aus dem Volk: Wir brauchen diese Dinge überhaupt nicht!

Ein Artikel von Frank Blenz

Deutschlands Rüstungslobby freut sich Tag für Tag. Die kleinen Erfolge kommen bei den Bellizisten in Behörden und Firmen auch gut an – so wie beim neuesten Waffendeal mit unseren Nachbarn, den Tschechen. Mit dem tschechischen Verteidigungsministerium wurde ein Vertrag zum Kauf von Leopard-Panzern aus der Bundesrepublik unterzeichnet. Eingebettet ist das in eine weitere Vereinbarung, auf dass die Bundesrepublik eine Großbestellung für Panzer auch im Auftrag Tschechiens, Litauens und der Niederlande tätigt. Die Verteidigungsministerin Tschechiens, Jana Černochová, jubelte, denn so konnte „ein niedrigerer Stückpreis“ erzielt werden. Doch nur wenige Bürger in der Nachbarrepublik teilen diese Freude. Das kümmert die Profiteure der militaristischen Hysterie wenig: Tschechische Rüstungsfirmen starten durch, die ohnehin kleine Armee wird trotzdem nach und nach hochgerüstet, und die USA machen sich in Tschechien ungestört breit. Der Russenhass wird durch reaktionäre Politiker und Mainstreammedien gepflegt, um das Feindbild vom bösen Osten als Begründung für den ganzen Wahnsinn hochzuhalten. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.

Bellizisten lächeln beim Panzerkauf in die Kamera

Jana Černochová, die aufrüstungsfreudige tschechische Verteidigungsministerin, lächelte mit ihrem Stab und den deutschen Gästen beim Fototermin um die Wette. In den edlen Räumen des Verteidigungsministeriums in Prag wurde der Kauf mehrerer Dutzend Panzer vom Typ Leopard 2A8 vereinbart. Was für eine Allianz: Deutschland-Tschechien. Die Delegation der Rüstungsfirma KNDS (Krauss-Maffei Wegmann + Nexter Defense Systems) und die wichtigen Verantwortlichen des Ministeriums unterzeichneten den Vertrag über den Kauf von 44 Kampf- und Führungspanzern aus deutscher Produktion für die tschechische Armee plus einer Option für weitere 14 Panzer. Für die Kampfpanzer werden laut Ministerium insgesamt 32,76 Milliarden Kronen (1,3 Milliarden Euro) fällig. Dazu komme eine „Bohemisierung“, soll heißen: tschechischer Tarnanstrich und Umrüstung auf tschechische Nutzungsgewohnheiten. Dies kostet 1,49 Milliarden Kronen (61 Millionen Euro). Das wäre auch dumm, würden der deutsche Bundesadler oder das Eiserne Kreuz auf tschechischen Militärfahrzeugen leuchten. Zudem halten die Prager eine Inflations- und Kursreserve von fünf Milliarden Kronen (205 Millionen Euro) zurück. Sicher ist sicher.

Begründung der Aufrüstung: veraltete Technik ersetzen und „Ankurbelung“ der Wirtschaft

Die umtriebige Ministerin Černochová hat in ihrer Rüstungsfreude und ganz im Interesse ihrer Auftraggeber die profitable Wirtschaft ihres Landes im Blick:

Wir haben einen Vertrag über die Beteiligung der tschechischen Industrie geschlossen, was für uns unfassbar wichtig ist. Das ist nicht nur für den Rüstungssektor relevant, sondern für die gesamte tschechische Volkswirtschaft.“
(Quelle: Radio Prague International)

In Tschechien ist wie in Deutschland zu beobachten, wie reaktionäre Politiker und Wirtschaftslenker die Militarisierung der zivilen Wirtschaft vorantreiben. Die sich so weiter aufheizende Rüstungsindustrie wird dann frenetisch als eine Art „Wirtschaftsmotor“ gefeiert, als Hort neuer Arbeitsplätze, als Garant zur Sicherung von Arbeitsplätzen und so weiter und so fort. Wer soll etwas dagegen haben? Tschechiens Rüstungsbetriebe erleben dabei ganz ohne Militarisierung des Zivilen einen intensiven Aufschwung. Die „Nachfrage nach Munition, Waffen und Fahrzeugen“ sei immens, berichtet die Deutsche Welle und vermeldet außerdem, dass einerseits die Automobilindustrie schwächelt, andererseits die Rüstungsindustrie die tschechische Wirtschaft stärke. Tschechien im Frieden profitiert so von Ländern im Krieg oder in Kriegsvorbereitung … Man ist sprachlos über folgende Analysen:

In den letzten drei Jahren weiteten tschechische Waffenfabriken ihre Produktion massiv aus und steigerten ihre Gewinne erheblich.

Nach Ansicht von Ales Rod vom Zentrum für Wirtschafts- und Marktanalysen könnte der Anteil der tschechischen Rüstungsindustrie an der Wirtschaft in den nächsten Jahren von derzeit etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf ein Vielfaches steigen. „Das Potenzial dafür sehen wir”, sagte Rod dem Tschechischen Rundfunk. „Wir sehen eine Nachfrage in der Waffenindustrie für ein Jahrzehnt oder sogar 15 Jahre voraus. Wir sehen leere Lagerhallen. Was wir produzieren, hat kaum Zeit auszukühlen und ist weg.”

Ein Jahrzehnt und mehr soll also der Boom anhalten. Die Produkte des Krieges können kaum auskühlen, und schon sind sie verkauft … Derweil „streiten“ sich die tschechischen Experten, eine EU-Dame findet Rüstung löblich weil ankurbelnd, ein anderer Wissenschaftler lobt den Export in die „fortschrittlichsten Teile der Welt“ (!). Und schließlich will er eines nicht erleben:

Die Rüstungsindustrie als neuer Wirtschaftsmotor?

Danuse Nerudova, ehemalige Rektorin der Mendel-Universität in Brünn und Mitglied des Haushaltsausschusses des Europäischen Parlaments, sieht das ähnlich. „Die Rüstungsindustrie kann ein neuer Motor der tschechischen und europäischen Wirtschaft werden. Sie kann die frei werdenden Lieferkapazitäten und Arbeitskräfte des Automobilsektors nutzen, das Wirtschaftswachstum ankurbeln und gleichzeitig unsere Sicherheit stärken“, so Nerudova gegenüber der DW.

Ein anderer prominenter tschechischer Wirtschaftswissenschaftler, Petr Zahradnik, ist etwas skeptischer. „Die tschechischen Waffenfabriken erleben goldene Zeiten, das stimmt. Ihre Kapazitäten werden ausgebaut, die tschechischen Rüstungsbetriebe expandieren mit ihrem Kapital in die fortschrittlichsten Teile der Welt“, sagt der Berater des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses in Brüssel der DW. Aber: „Ich glaube nicht, dass sie den Automobilsektor als Motor der tschechischen Wirtschaft ersetzen werden.“ Und, so fügt er hinzu: „Ich möchte das auch nicht erleben, dass die Waffenproduktion die zivile Produktion verdrängt.“
(Quelle: DW)

Die tschechische Republik macht sich unbeirrt kriegstüchtig?

Die tschechischen und internationalen Profiteure des Booms der tschechischen Rüstungsindustrie können vor Kraft kaum Laufen, und der Staat macht fleißig mit. Der Panzerkauf reiht sich in die durchgeplante und konsequent durchgezogene Kriegsertüchtigung des kleinen Landes mitten in Europa ein: Vor zwei Jahren beschloss die tschechische Regierung den Kauf von zwei Dutzend F-35-Kampfflugzeugen made in USA. Und nach dem Leopard-Panzer-Deal und dem mit den Amerikanern überlegen die Mächtigen auf der Prager Burg schon den nächsten Schritt: den Kauf von 246 schwedischen Schützenpanzern für 2,5 Milliarden Euro (60 Milliarden Kronen).

Ich erinnere nur an das F-35-Geschäft: Was ist das für ein Preis, 700 Kronen pro Einwohner und Jahr für Kauf und Betrieb der US-Kampfflieger aufzurufen?

Kleines Land kauft Kampfjets vom größten Rüstungskonzern der Welt

Einfachen tschechischen Bürgern, die nur noch am Rechnen sind, wie sie den Alltag meistern und ihre Rechnungen (noch) bezahlen können, muss folgendes Handeln wie Hohn vorkommen: Die tschechische Regierung unter Premierminister Petr Fiala (ODS) hat grünes Licht für den Kauf von 24 amerikanischen F-35-Kampfjets gegeben, dies diene der Modernisierung der tschechischen Luftstreitkräfte. Nebenbei: Das Kampfflugzeug wird von Lockheed Martin hergestellt, dem größten Rüstungskonzern der Welt. So sorgt das kleine Tschechien für noch etwas mehr Ertrag für die US-Waffenschmiede, final für den militärisch-industriellen Komplex der USA. Und auch die Belastungen für die tschechische Bevölkerung in Sachen Wehrertüchtigung (was bei uns „Kriegstüchtigkeit“ heißt) sind schon von der tschechischen Regierung ausgerechnet: Der Kauf und Betrieb der F-35-Flotte werde nach Regierungsangaben in den folgenden Gesamtbetriebsjahren etwa 700 Kronen (30 Euro) pro Jahr und Einwohner der Tschechischen Republik kosten. Dem Volk erläutert das dessen Premierminister Fiala so, dass der Kauf der F 35 eine wirtschaftliche und effektive Lösung sei, die Fähigkeiten der Jets den Preis rechtfertigen und die Sicherheit der Tschechischen Republik erheblich verbessert würde.
(Quelle: NDS)

Ja, dem Volk erläutern. Dem wird so manches erklärt und schließlich doch alles verkauft. In den Lesermeinungsspalten findet sich Widerstand, in Gesprächen mit Bürgern offenbart sich die ehrliche, friedliche, Rüstung ablehnende Sicht: Ein Satz reicht:

Wir brauchen diese Dinge überhaupt nicht.“

(Quelle: Blesk)

Nachtrag: Tschechien – Land unter der Fuchtel guter Freunde, der USA:

Globalbridge hat in einem Artikel Auszüge aus einem Vertragswerk zwischen Tschechien und den USA veröffentlicht, es läuft einem ein kalter Schauer über den Rücken. Demnach haben die Tschechische Republik und die USA ausgehandelt, dass die USA in Tschechien berechtigt würden, beliebig viele Militärbasen zu eröffnen und beliebig viele Waffen zu lagern. Die USA unterhalten in zahlreichen Ländern solche Einrichtungen, sie betrachten Europa als Aufmarschgebiet fern der eigenen Heimat, wie praktisch. Weiter sind Sonderrechte der dann in Tschechien stationierten Beschäftigten der US-Streitkräfte und ihrer Angehörigen vorgesehen: „Der Vertragsentwurf zwischen den USA und der Tschechischen Republik enthält 30 Hauptartikel mit jeweils mehreren Unterartikeln. Drei Mal steht darin die Formulierung „unter voller Respektierung der tschechischen Souveränität“ – eine völlige Leerformel, wie man beim Lesen des ganzen Vertragstextes leicht feststellen kann.

Als Beispiel hier Kapitel 3 „Zugang und Nutzung von vereinbarten Einrichtungen und Gebieten“ und die ersten zwei der Unterkapitel wörtlich zitiert:

1. Unter uneingeschränkter Achtung der Souveränität der Tschechischen Republik wird den US-Streitkräften, den US-Vertragspartnern, den tschechischen Vertragspartnern, abhängigen Personen und Anderen nach gegenseitiger Vereinbarung ungehinderter Zugang zu den vereinbarten Einrichtungen und Arealen und deren Nutzung für Besuche, Ausbildung, Übungen, Manöver, Transit, Unterstützung und damit zusammenhängende Aktivitäten, Betankung von Luftfahrzeugen, Betankung von Schiffen, Landung und Bergung von Luftfahrzeugen, vorübergehende Instandhaltung von Fahrzeugen, Schiffen und Luftfahrzeugen, Unterbringung von Personal, Kommunikation, Stationierung und Verlegung von Truppen und Material; Bereitstellung von Ausrüstung, Versorgungsgütern und Material; Maßnahmen der Sicherheitsunterstützung und -zusammenarbeit; gemeinsame und kombinierte Ausbildungsmaßnahmen; humanitäre Maßnahmen und Katastrophenhilfe; Maßnahmen für unvorhergesehene Ereignisse; Bauarbeiten zur Unterstützung gemeinsam vereinbarter Maßnahmen; und sonstige Zwecke, die die Vertragsparteien oder ihre Handlungsbeauftragten vereinbaren können, einschließlich der im Rahmen des Nordatlantik-Vertrags durchgeführten Maßnahmen.“

Und dann kommt das „kleine“ Detail:

2. Die Vertragsparteien haben gemeinsamen Zugang zu diesen vereinbarten Einrichtungen und Arealen und nutzen sie gemeinsam, mit Ausnahme der vereinbarten Einrichtungen und Arealen oder von Teilen davon, die von den Handlungsbeauftragten ausdrücklich für den ausschließlichen Zugang und die ausschließliche Nutzung durch die US-Streitkräfte bestimmt wurden.“

6. Die Tschechische Republik stellt den US-Streitkräften die vereinbarten Einrichtungen und Areale ohne Miet- oder ähnliche Kosten zur Verfügung.“
(Quelle: Globalbridge)

Nach derart hohen Summen, derart heftigen Vereinbarungen und Denkweisen kommt mir noch die Information aus einem Gespräch mit einer tschechischen Freundin in den Sinn. Sie berichtete mir von den Sorgen und Nöten einfacher Menschen in Tschechien, so zum Beispiel die Sorgen alter Menschen: Eine alte Dame, ihr ganzes Leben lang berufstätig, muss mit einer Rente von gerade mal 22.000 Kronen auskommen. Das macht 800 Euro. Die alte Tschechin hat sicher Verständnis, davon einen Teil für Militärgerät abzugeben.

Titelbild: Titelbild: C-S/shutterstock.com / Shutterstock