USA: Wachsender Widerstand gegen die neuen Daten-Center

USA: Wachsender Widerstand gegen die neuen Daten-Center

USA: Wachsender Widerstand gegen die neuen Daten-Center

Werner Rügemer
Ein Artikel von Werner Rügemer

Trumps „KI-Aktionsplan“ für die US-Digitalkonzerne, auch „nächstes Manhattan-Projekt“ genannt, ist schon jetzt gefährlich, in vielerlei Hinsicht. Auch in EU-Staaten hat der Widerstand begonnen – und in Deutschland? Von Werner Rügemer.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„In den USA wächst der Widerstand gegen Daten-Center“, hieß es in der Financial Times Anfang Dezember 2025. Wasserknappheit, Verteuerung des Strompreises, noch mehr Umweltvergiftung durch Kohle- und Gaskraftwerke, Landverkauf, Landschaftszerstörung, und die versprochene Schaffung vieler neuer Jobs erweist sich als Legende – immer mehr Bürgerinitiativen wehren sich, koordinieren sich landesweit. [1]

KI: Das nächste „Manhattan-Projekt“

Die Trump-Regierung in ihrem verzweifelten Wettlauf um neue Weltmachtstellung hat am 23. Juli 2025 den „KI-Aktionsplan“ veröffentlicht: Auf Druck der Digitalkonzerne sollen noch mehr Daten-Center noch schneller gebaut werden als bisher, zusammen mit neuen Kraftwerken. Es geht nicht zuletzt um die militärische Vorherrschaft, wie sie teilweise jetzt in den KI-gestützten Stellvertreterkriegen Ukraine und Israel entwickelt wurde und wird.

So schwärmt Energie-Minister Chris Wright vom „nächsten Manhattan-Projekt“: Mit dem Manhattan-Projekt hatten die USA im Zweiten Weltkrieg die ersten Atombomben gebaut und dann über Zivilisten in Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Für das neue Manhattan-Projekt gibt es hohe staatliche Subventionen, und es wird auch kräftig „entbürokratisiert“: Die Gesetze zur Luftreinhaltung, zur Wasserreinhaltung (Clean Air Act, Clean Water Act) und weitere Umweltgesetze werden aufgeweicht, der Zugang der Digital-Giganten zu den für die Daten-Center benötigten Landflächen wird vereinfacht. [2]

Das ist übrigens die Fortsetzung der extrem umweltschädlichen und menschenverachtenden Politik, die Trumps Vorgänger Barack Obama begonnen hatte: Damit die USA Weltmarktführer beim Frackinggas werden, hatte er ebenfalls den Clean Air Act und den Clean Water Act aufgeweicht. Und das wegen seiner Umweltschädlichkeit diskreditierte Frackinggas hatte Obama mithilfe von fake production umwelt„freundlich“ umbenannt, in „natürliches“ Flüssiggas (liquified natural gas, LNG). Für die Anwohner an den tausenden Bohrstellen ist das tödlich, sie sterben früher, wie auch eine Studie der Harvard University feststellte. [3]

Noch mehr Elektrizität aus Frackinggas, Öl, Atomkraft

Dieser Plan ist „nichts anderes als die Einladung an die Fossil-, Nuklear- und Wasserindustrie, die Ausbeutung unserer Umwelt und natürlichen Ressourcen zu intensivieren – auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung“, so Mitch Jones, Direktor der gemeinnützigen Organisation Food & Water Watch. [4]

Es müssen nicht nur die Daten-Center gebaut werden, sondern auch davon getrennte Riesenspeicher, die Clouds: für die Geheimdienste, das Militär, die Unternehmen, den Staat, die Behörden, die Medien.

Schon für den jetzt gesteigerten Elektrobedarf der e-Mobilität (PKW, LKW, Hubschrauber, Kleintransporter, Scooter, Fahrräder, Kinderwagen usw.) und der herkömmlichen Digitalisierung reicht die Energieproduktion nicht mehr aus. Deshalb lassen z.B. Amazon, Google, Meta/Facebook für ihre mit KI aufgemöbelten Clouds kleine dezentrale Kraftwerke entwickeln, auch nuklear betriebene.

Neue Infrastruktur: Energieleitungen, Wasser, Generatoren, Kredite

Aber diese Digitalanlagen funktionieren nur mit auch neuer Infrastruktur:

  • Neben den Kraftwerken braucht es neue, leistungsfähigere und störungsfreie Energieleitungen, auch kontinentale und Unterseekabel, auch Satelliten.
  • Die riesigen Daten-Center mit tausenden von miteinander vernetzten Hochleistungscomputern entwickeln in riesigen Hallen enorme Hitze, die je nach Beanspruchung minütlich, stündlich, täglich sich ändern kann, sich die Temperatur selbst aber nicht ändern darf – deshalb müssen die kühlenden Wassermassen in ausreichender Menge und Temperatur bereitstehen, oder die mit Frackinggas und Öl betriebenen Generatoren: Die Temperatur muss genau gleich bleiben, sonst droht Ausfall!
  • Mit begleitender Infrastruktur, der Finanzierung, dem Kauf oder der Pacht riesiger Landflächen mit Dutzenden bis Hunderten von Hektar, der Beauftragung von Zulieferern, der Verhandlung mit den Kommunen kann der Bau eines Daten-Centers bis zu acht Jahren dauern. Aber es soll natürlich viel schneller gehen.

Systemrelevante Spekulation: Mögliche Krise

So sind die historisch einmalige und extrem schnelle Steigerung des Energieverbrauchs für diese neuen Daten-Center und ihre Infrastruktur auch eine Bedrohung für die wirtschaftliche und finanzielle Sicherheit des Staates.

Die Digitalkonzerne und ihre beauftragten Zulieferer nehmen enorme Kredite auf, ebenso der Staat für die milliardenschweren Subventionen. An den Börsen wird auf hohe Gewinne spekuliert – gleichzeitig wird in der Finanzwelt ein möglicher Finanzcrash befürchtet.

Aber weil das neue KI-Manhattan-Projekt von Regierung, Konzernen und ihren führenden Aktionären wie BlackRock, Vanguard, State Street, Capital Group, Wellington, Fidelity & Co. als nationale, staatliche Priorität behandelt wird („systemrelevant“), würden die Unternehmen und Spekulanten, so dürfen sie hoffen, (wieder) vom Staat gerettet, von dieser US-Regierung sowieso und auch wieder von den folgsamen Regierungen der EU-Vasallen-Staaten.

124 Widerstandsorganisationen in 24 US-Bundesstaaten

In den letzten Jahren hat sich in den USA der Widerstand gegen den Bau von Daten-Centern enorm verstärkt, beschleunigt unter der jetzigen Präsidentschaft von Trump. Das findet auch in Staaten und Kommunen statt, wo mehrheitlich Trumps Republikaner-Partei gewählt wurde. Weil diese Bundesstaaten der Trump-Regierung mehr folgen und mehr Daten-Center fördern, ist hier der Widerstand sogar höher. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass die demagogische Trump-Politik keinen stabilen Rückhalt hat, sogar nicht in der eigenen Partei.

124 Initiativen, die gegen neue Daten-Center kämpfen, sind in der landesweiten Koordinationsstelle Data Center Watch zusammengefasst. Die Initiativen, die unterschiedlich organisiert sind, teilweise schon einige Jahre aktiv sind oder sich erst im Jahr 2025 gebildet haben, stammen aus 24 US-Bundesstaaten. [5]

In einigen Kommunen wurde wegen der Knappheit der Strompreis erhöht, auch für die Privathaushalte: Das war einer der Anlässe für die Gründung von Initiativen. Andere Anlässe waren Wasserverbrauch, Baulärm, Zugriff auf Grundstücke. Data Center Watch dokumentiert mehrere Regionen und Kommunen, zum Beispiel:

  • In Warrenton/Virginia wurden bei der Wahl 2024 alle Gemeinderatsmitglieder abgewählt, die Amazons Daten-Center unterstützt hatten. Jetzt ist der Gemeinderat geschlossen gegen das Projekt.
  • In Peculiar/Missouri wurde das vom Unternehmen Diode Ventures geplante 1,5 Milliarden-US-Dollar-Center abgelehnt, wegen Landschaftsverschandelung, steigender Bodenpreise und zu erwartendem Lärm.
  • In Chesterton/Indiana wurde nach gut besuchten öffentlichen Veranstaltungen das 1,3 Milliarden-US-Dollar-Center des Unternehmens Realty Advisors abgelehnt, wegen Luftverschmutzung, Wasserknappheit, Schädigung der Tier- und Pflanzenwelt, steigender Bodenpreise.

Hoganville/Georgia: Initiative deckt Geheimvertrag auf

Die in der Financial Times erwähnte Initiative in Troup County, im Städtchen Hogansville im US-Bundesstaat Georgia, entstand aus der Versammlung dreier Rentnerinnen im Wohnzimmer. Das weitete sich schnell aus.

Aktivisten wie Gage Bailey deckten den Geheimvertrag der Stadtverwaltung mit dem Unternehmen Fertile Grounds auf: Das Unternehmen hätte für das Center 109 Hektar gemeindliche Grundstücke zum Preis von 12.000 US-Dollar pro Hektar kaufen können. Fertile Grounds hatte 400.000 US-Dollar Steuerzahlung pro Jahr versprochen. Die Stadtverwaltung hatte den Betrieb von Dieselturbinen und die Nutzung von Grundwasser zugestanden. Es kam auch heraus: Mehr als 30 bis 35 neue Jobs würden nicht entstehen.

Der Bürgermeister Michael Taylor jr. kippte nach der Aufdeckung um und ist nun auch ein Gegner des Projekts. [6]

Beginnender Widerstand in Europa

Auch wegen des wachsenden Widerstands in den USA planen Amazon, Google, Apple, Meta/Facebook, Microsoft & Co. zusätzliche Daten-Center in EU-Staaten. Die haben sich unter Führung von Merz/Deutschland, Macron/Frankreich, Starmer/England, Tusk/Polen und von der Leyen/EU sowieso schon den wichtigsten Forderungen des mächtigsten Rechtsextremisten der Welt unterworfen: Bei der Erhöhung der Rüstungsbudgets und der US-Waffen-Käufe und bei den Zöllen; und die US-Digitalkonzerne dürfen alle in Europa erfassten Daten an die US-Regierung weiterleiten und brauchen hier so gut wie keine Steuern zahlen. Da wird es doch mit zusätzlichen, staatlich subventionierten Daten-Centern für US-Investoren auch klappen, oder?

In den deutschen Leitmedien und Leit-Parteien ist das Thema noch nicht aufgetaucht, aber da tut sich etwas: Die Initiative AlgorithmWatch hat die bisher schon aktiven Initiativen in einigen EU-Staaten aufgelistet und berät Initiativen bei Gründung, Strategieentwicklung und, wie etwa die häufigen Geheimverträge aufgedeckt werden können; AlgorithmWatch berät auch bei internationaler Vernetzung. Einige der aufgelisteten Initiativen: [7]

  • in Spanien: Tu Nube Seca Mi Río. Bisher vor allem in Aragonien aktiv mit Kampagnen wegen des dort ohnehin schon extrem knappen Wassers in der ausgetrockneten Region.
  • In den Niederlanden: Amsterdam hat einen Stop für alle neuen Rechenzentren beschlossen. Die Initiative Save the Wieringermeer wird von Landwirten getragen: Zum Schutz der Landwirtschaft und der regionalen Lebensgrundlagen soll ein Center von Microsoft verhindert werden.
  • In Frankreich: In Marseille setzt sich La Quadrature du Net dafür ein, daß die Stadt keine Gebäude und Grundflächen for Daten-Center freigibt, stattdessen die Energie für den öffentlichen Verkehr und grüne Infrastruktur einsetzt.
  • In Irland, wo die US-Digitalkonzerne schon ihre Europa-Zentralen betreiben (steuerbegünstigt), kämpft Not Here Not Anywhere (NHNA) gegen weitere Daten-Center rund um die Hauptstadt Dublin, weil das bisherige Leitungsnetz sowieso schon überlastet ist.

Und Widerstand in Deutschland?

In Deutschland unter dem BlackRock- und Trump-Follower, dem christlich lackierten Bundeskanzler Friedrich Merz, tut sich wenig an der Oberfläche.

  • Auch im christlich-grün regierten Bundesland Nordrhein-Westfalen tut sich nichts: Hier hat Microsoft die Zusage für ein riesiges, subventioniertes Rechenzentrum im schrittweise aufgegebenen Braunkohle-Gebiet, natürlich mit dem Versprechen, in den endlosen, leeren Hallen viele neue Jobs zu schaffen. Woher die Energie kommt? Unklar.
  • Das christlich-freiheitlich regierte Bayern ist mit München (und seiner Leitindustrie Rüstung) schon bisher der deutsche Digital- und KI-Hotspot: Seit vielen Jahren investieren hier, staatlich gefördert, Google/Alphabet, Microsoft, Apple und OpenAI, mit Zugriff auf die Forschung an den beiden Münchener Universitäten, jetzt kommt noch Nvidia hinzu. Neue milliardenschwere Rechenzentren und Clouds sollen bis 2029 entstehen, mit Diensten für deutsche Unternehmen, die Bundeswehr, den Staat. Google will auch seine bisherigen Nebenstandorte in Hanau, Frankfurt/Main und Berlin erweitern, im hessischen Dietzenbach ein neues Daten-Center bauen. [8]

In der hessischen Stadt Maintal: Da könnte es losgehen

Amazon hat zusätzlich in Hessen das Gewerbegebiet der Stadt Maintal gekauft, will hier ein Daten-Center bauen. Der Kaufpreis, der an die bisherige Eigentümerin, die Stadt Frankfurt ging, ist geheim. Maintal hat einen ebenfalls (bisher) geheimen Vertrag mit Amazon geschlossen, zur Infrastruktur des Gewerbegebiets, also zu Leitungen, Energie, Wasser – vielleicht sogar zu „Umwelt“? Alles geheim.

Durchgezogen hat das Monika Böttcher, seit 2016 die Bürgermeisterin von Maintal: Sie ist parteilos, hat vorher bei der PR-Agentur Burson Marsteller gearbeitet, die zur größten Medienagentur der Welt gehört, der britischen WPP Group: Ihre Zentrale ist in New York, und ihr Rechts- und Steuersitz ist in St. Helier auf der britischen Kanalinsel Jersey. Da gehört Geheimhaltung zum Standardgeschäft, zugunsten der Superreichen.

Die mehrheitlichen Ratsparteien CDU, SPD, Grüne, auch die AfD, haben diesem Geheimverfahren zugestimmt, meist mit anfänglichen Vorbehalten. Es grummelt aber in Teilen der Bevölkerung. Zur baldigen Kommunalwahl im März 2026 könnte der Amazon-Deal zum Thema werden. Die Opposition im Stadtrat von Maintal, die Wahlalternative Maintal Soziale Gerechtigkeit (WAM), hat das jedenfalls vor, auch Volt könnte mitmachen. [9]

Titelbild: IM Imagery/shutterstock.com


[«1] Pockets of resistance to data centres grow across US, Financial Times 1.12.2025

[«2] https://www.energy.gov/articles/doe-announces-site-selection-ai-data-center-and-energy-infrastructure-development-federal 24.07.2025

[«3] Werner Rügemer: Lancet-Studie: Fracking kann tödlich sein, der Freitag 23.3.2023

[«4] https://www.foodandwaterwatch.org/2025/07/23/trumps-ai-plan threatens-water-energy-and-economic-security-in-america/

[«5] $64 billion of data center projects have been blocked of delayed amid local oppositon, https://www.datacenterwatch.org/report, june 2025

[«6] Why are Troup County residents saying no to a 600 MW data center in Hogansville? Georgia Public Broadcasting, https://www.gpb.org

[«7] Shauna Blackmon: How to Resist Data Centers: A Guide For Local Communities in Europe, www.algorithmwatch.org, 13.11.2025

[«8] Google kündigt Milliarden-Investition in Deutschland an, www.tagesschau.de 11.11.2025; Telekom und Nvidia planen milliardenschweres Rechenzentrum in München, https://www.datacenter-insider.de, 30.10.2025

[«9] https://www.wam-maintal.de

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