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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JW/AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Nato: Stoltenberg warnt vor russischen Expansionsplänen
  2. Die Kriege der nächsten Jahre
  3. Aufstand der Mitte?
  4. Aus Mietern werden arme Rentner
  5. Hartz IV-Sanktionen und davon betroffene erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Bund und in den Ländern 2007 bis Februar 2016
  6. Eine ziemlich linke Angelegenheit
  7. Burn-Out: Job und Kinder treiben Eltern in die Überforderung
  8. Mythos Kostenexplosion
  9. Thomas de Maizière
  10. Deutschlands bröselnde Brücken
  11. NSA-Ausschuss: Mutmaßlicher Top-Spion des Kreml sagt aus
  12. Das schuldige Schweigen der Europäer
  13. Orlando, der Ölpreis und das Pulverfass Nahost
  14. TAGESSCHAU: „Rebellen“ gut, Assad böse
  15. Wahrheitsjournalisten und Lügenpolitiker: Wenn Journalistenschüler die Wahrheit gepachtet haben
  16. Amerikaner mögen weder Clinton noch Trump

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Nato: Stoltenberg warnt vor russischen Expansionsplänen
    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat vor russischen Expansionsplänen gewarnt. “Russland versucht, mit militärischen Mitteln einen Einflussbereich aufzubauen”, sagte er der “Bild”-Zeitung. Das Bündnis beobachte eine massive russische Aufrüstung an der eigenen Grenze – in der Arktis, im Baltikum, im Schwarzen Meer bis zum Mittelmeer. Darauf müsse die Nato reagieren.
    “Die Truppenstationierung im Osten ist eine angemessene Reaktion auf Russlands aggressive Handlungen”, sagte Stoltenberg. “Wir wollen unseren Partnern zeigen, dass wir da sind, wenn sie uns brauchen. Und wir wollen potenziellen Angreifern zeigen, dass wir reagieren, wenn sie uns bedrohen.”
    Die Nato-Verteidigungsminister hatten am Dienstag entschieden, je 1000 Soldaten in Polen, Lettland, Estland und Litauen zu stationieren. Der offizielle Beschluss soll beim Nato-Gipfel am 8. und 9. Juli in Warschau fallen. Stoltenberg sagte in dem Interview auch: “Klar ist, wir wollen keine Konfrontation mit Russland und keinen neuen Kalten Krieg.”
    Die Regierung in Moskau hatte der Nato vorgeworfen, eine anti-russische Hysterie zu schüren. Es sei “offensichtlich, dass Aussagen über die militärische Bedrohung durch Russland nur dem Ziel dienen, Panik zu erzeugen und das Bild eines heimtückischen Feindes aufrechtzuerhalten, um weiter eine Begründung für kolossale Wehretats zu haben”, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow.
    Russlands Präsident Wladimir Putin hatte vor wenigen Tagen angeordnet, die Mobilmachung der russischen Armee während einer achttägigen Übung zu testen. Dies sei keine Reaktion auf das Nato-Manöver im Baltikum, hieß es von russischer Seite – dort hatte kurz zuvor “Saber Strike” mit 10.000 Soldaten aus 13 Staaten begonnen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Jens Wernicke: Das ist wirklich widerliche Kriegspropaganda: Aus Opfern werden Täter gemacht – und das alles bar jeden Argumentes. Lesen Sie dazu bitte das NachDenkSeiten-Interview mit Friedensforscher Daniele Ganser: „Die Nato dehnt sich aus und nicht Russland“.

    Dazu auch: Der neue Kalte Krieg – die alten Lügen
    Quelle: Oskar Lafontaine auf den NachDenkSeiten

  2. Die Kriege der nächsten Jahre
    Die Universität der Bundeswehr München veranstaltet eine hochrangig besetzte Konferenz zur Kriegsführung im World Wide Web. Bei der vom Forschungszentrum “Cyber Operational Defence” (CODE) der Militärhochschule ausgerichteten Tagung sind außer dem Verteidigungsressort das Bundesinnenministerium, das Auswärtige Amt, das Landeskriminalamt Bayern sowie mehrere führende deutsche Rüstungskonzerne vertreten. Erst unlängst gab die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Aufstellung einer 13.500 Dienstposten umfassenden Teilstreitkraft “Cyber- und Informationsraum” bekannt, die analog zu Heer, Luftwaffe und Marine von einem eigenen Inspekteur geführt werden soll. Schon zuvor hatte die Truppe eine millionenschwere Werbekampagne gestartet, die der Ressortchefin zufolge darauf zielt, Computerspezialisten (“Nerds”) für den Kriegsdienst zu rekrutieren. Explizit geplant ist, die Bundeswehr zu Angriffen im virtuellen Raum zu befähigen – ein Vorhaben, das von der NATO zur Zeit massiv vorangetrieben wird. Diskutiert wird unter anderem, Einrichtungen der feindlichen Luftverteidigung durch Cyber-Attacken “auszuschalten”.
    Quelle: German Foreign Policy
  3. Aufstand der Mitte?
    Nicht der soziale Frieden, sondern Minderheiten sind die Opfer der enthemmten Mitte und der Austeritätspolitik
    Wenig beachtet von der Öffentlichkeit fand am 4.Juni im Harz das Kyffhäusertreffen des rechten Flügels der AfD statt. Dort stimmte Björn Höcke seine treue Zuhörerschaft unter dem Motto “Die Geduld unseres Volkes ist zu Ende” auf den Furor Teutonicus ein, auf ein Deutschland, das wieder Denkmäler statt Gedenkorte baut. Höcke hofft auf einen schnellen Kollaps der “entarteten” Altparteien, die verschwinden könnten wie Anfang 1990er Jahre die italienische Christdemokratie.
    Wer das Video ansieht, fühlt sich an die Frühzeiten der völkischen Bewegung am Beginn der Weimarer Republik erinnert, die damals schon die Zerstörung der Weimarer Republik plante. Vor einiger Zeit noch hätte man solche Versammlungen als Treffen der Ewiggestrigen abgetan. Doch Höcke und Co. treten als eine Kraft auf, die ganz unverhohlen die Machtfrage stellt und ihre Gegner zu Boden zwingen will.
    Dass die völkische Rechte mit so viel Selbstbewusstsein auftritt, hat etwas mit jener “Enthemmten Mitte” zu tun, wie sie eine Studie beschreibt, die von der Rosa Luxemburg Stiftung, der Heinrich Böll Stiftung und der Otto Brenner Stiftung am Mittwoch gemeinsam der Öffentlichkeit vorgestellt wurde (Gewaltbereitschaft in rechten Gruppen steigt). Die repräsentative Erhebung ist der neueste Teil eines Langzeitforschungsprojekts, das seit 2002 politische Einstellungen in Deutschland untersucht. (…)
    “Ressentiments – etwa gegenüber Flüchtlingen, Roma, Schwulen… – sind vor diesem Hintergrund nicht nur Ausweis mangelnder Bildung oder fehlenden ethnischen Bewusstseins. Sie sind vielmehr die konsequente Fortsetzung innergesellschaftlicher und/zwischenstaatlicher Konkurrenz – und zwar noch im Sozialprotektionismus als dessen Negation: Die genannten Gruppen sind ‚die anderen‘, mit denen ‚die Anständigen‘ und ‚die Fleißigen‘ konkurrieren müssen und/oder die unberechtigterweise an den ‚eigenen nationalen‘ Konkurrenzerfolgen teilhaben wollen und/oder die diese Konkurrenzerfahrungen gefährden”, stellt der Gewerkschafter und Publizist Patrick Schreiner den Zusammenhang zwischen der Austeritätspolitik und der “enthemmten Mitte” her.
    Quelle: Telepolis

    Dazu: Die enthemmte Mitte: Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland
    Quelle: Rosa-Luxemburg-Stiftung

    Anmerkung unseres Lesers G. R.: Fremdenhass, Brandanschläge auf Flüchtlingsheime; faschistischen Parolen folgen Taten. Diese Entwicklung in Deutschland und in Ländern der EU hat Ursachen. Die Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen ist im neoliberal radikalisierten Kapitalismus Grundlage der Politik. Regierung und Parlamente setzen Forderungen von Rechtsextremen um, der Schutzwall um die Festung Europa wird nach Afrika verlegt. Der Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer hatte 2012 in “Deutsche Zustände” von der “rohen Bürgerlichkeit” gesprochen, die “sich bei der Beurteilung sozialer Gruppen an den Maßstäben der kapitalistischen Nützlichkeit, Verwertbarkeit und Effizienz orientiert und somit Gleichwertigkeit von Menschen sowie ihre psychische wie physische Integrität antastbar macht und dabei zugleich einen Klassenkampf von oben inszeniert.”

  4. Aus Mietern werden arme Rentner
    Während die Vermögen der Reichen wachsen, können viele Deutsche kaum genug Geld fürs Alter zurücklegen. Diese Grafiken zeigen, warum.
    Was Armut heißt, wurde oft beschrieben. Das Geld reicht nicht für warme Winterkleidung, eine vernünftige Wohnung oder gesundes Essen – von der privaten Altersvorsorge ganz zu schweigen. Geht die Waschmaschine kaputt, ist es eine mittlere Katastrophe. Nicht nur, weil ausgehen zu teuer ist, führt Armut oft auch in die soziale Isolation. Wir wollten jenseits der bekannten Beispiele wissen: Was kann man sich mit einem geringen Einkommen noch leisten? Wie viel Geld muss ein armer Haushalt aufwenden, um die Grundbedürfnisse seiner Angehörigen zu decken, Nahrung, Kleidung, Obdach? Und wie ist es mit der Mittelschicht und den Reichen?
    Die Frage drängt sich auf, denn in Deutschland wächst die Ungleichheit. Reiche haben immer mehr Vermögen, und sie erzielen auch immer höhere Einkommen. Das zeigt etwa das Sozio-Ökonomische Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Mittelschicht dagegen schrumpft, ihre Aufstiegschancen verringern sich. Und die Armen haben erst recht keine Chance, nach oben zu kommen. DIW-Chef Marcel Fratzscher, der gerade ein Buch über den neuen Verteilungskampf veröffentlicht hat, sagt: “Wer unten ist, bleibt unten.” (…)
    Markus Grabka ist sicher: “Altersarmut wird das nächste dringende sozialpolitische Problem. Wir haben einen Niedriglohnsektor und immer mehr Arbeitnehmer mit Lücken im Lebenslauf.” Zugleich sinke das Niveau der gesetzlichen Rente insgesamt. Die Folge: “In Zukunft werden vermutlich mehr Rentner Grundsicherung beziehen.”
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung Christian Reimann: Und die Bevölkerungsmehrheit – also die Arbeitnehmerschaft – soll allen Ernstes glauben, dass drohende Altersarmut vor Einführung des Niedriglohnsektors nicht vorhersehbar gewesen sei? 2005 in Davos hatte Gerhard Schröder als Bundeskanzler sich noch gelobt:

    „Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt. (…) Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut, und wir haben bei der Unterstützungszahlung Anreize dafür, Arbeit aufzunehmen, sehr stark in den Vordergrund gestellt.”

    Dabei ist es eigentlich eine Binsenweisheit: Wer in Berufsjahren ein geringes Einkommen hat, wird im Rentenalter lediglich über eine geringe Rente verfügen. Und das sollen die Herren Schröder, Steinmeier & Co von der SPD – aber auch das Personal bei den Grünen, FDP und Unionsparteien – und die sie beratenden Lobbyisten nicht gewusst haben?

  5. Hartz IV-Sanktionen und davon betroffene erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Bund und in den Ländern 2007 bis Februar 2016
    Neu festgestellte Sanktionen (Hartz IV) und die Zahl der davon betroffenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) im Bund und in den Ländern: 17 unkommentierte BIAJ-Abbildungen zur Anzahl der von den Jobcentern im Bund und in den Ländern im Verlauf von 12 Monaten neu festgestellten Sanktionen und die Zahl der von den neu festgestellten Sanktionen betroffenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB) von 2007 bis zum 12-Monatszeitraum von März 2015 bis Februar 2016.
    Quelle: BIAJ
  6. Eine ziemlich linke Angelegenheit
    Selten hat sich die Linke so blenden lassen, wie beim bedingungslosen Grundeinkommen. Parteilich organisierte und nicht organisierte Linke müssen aufwachen. Dieses Projekt ist nicht links. Es ist das Gegenteil davon. […]
    Letztlich ist dieses Konzept der nächste traurige Versuch, sich in Eskapismus aus dem Sozialstaat zu stürzen. Das Grundeinkommen ersetzt die Bedürftigkeit und letztlich erhält Herr Normalverbraucher denselben standardisierten Satz wie Frau Klatten. Zur schönen neuen Gleichheit des Systems gehört dies ebenso wie der Umstand, dass alle – ob nun wohlhabend oder dann wohl eher nicht -, eben dieses System zu gleichen Bedingungen finanzieren. Manche der Anhänger der Idee glauben ja, man könnte die Bedürftigkeit prüfen. Wie das aber ohne einen behördlichen Koloss geschehen soll, einem Apparat, der den Anspruch von mehr als 80 Millionen prüft, das bleiben sie in der Regel als Antwort schuldig. Dass man automatisch Einkommensbezieher aussteuert, kann die Lösung nicht sein, sonst wäre jeder 450-Euro-Jobber schon raus aus dem Grundeinkommen und es wäre letztlich auch nicht mehr so, wie es der Name verspricht: Bedingungslos. Und dass man in diesem bedürfnisprüfenden Szenario letztlich wieder die Apparatur der Jobcenter bräuchte, die Anträge prüft und gewährt, obgleich man diesen unwürdigen Aspekt ja eigentlich loswerden wollte, wäre der Treppenwitz der ganzen Sache.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  7. Burn-Out: Job und Kinder treiben Eltern in die Überforderung
    Die Doppelbelastung durch Job und Kinder fordert ihren Tribut: Burn-out, Depression und Angstzustände sind auf dem Vormarsch. Und nicht nur bei Müttern: Die Zahl betroffener Väter steigt stark.
    Als berufstätige Mutter ist man heutzutage oft die Eier legende Wollmilchsau. Der Chef verlangt Energie und Einsatz. Die Kinder Schulbrote und Schlaflieder. Die Wäsche will gewaschen und der Kühlschrank bestückt sein. Und abends muss bitte schön eine gesunde Mahlzeit auf den Tisch. Ein Jonglage-Akt, bei dem offenbar zunehmend viele Mütter in die Knie gehen – wenn sie sich ihren Zustand überhaupt eingestehen.
    49.000 Frauen haben sich im vergangenen Jahr in eine Kurklinik begeben. Sie traten eine Mutter-Kind-Kur oder eine reine Mütterkur in einer der 76 Kliniken der Stiftung Müttergenesungswerk an. Frauen, die das tun, sind meist bereits richtig krank. 87 Prozent leiden an Erschöpfungszuständen bis zum Burn-out, an Angstzuständen, Schlafstörungen oder Depressionen.
    Solche psychischen Störungen haben in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. “2003 haben erst 48 Prozent daran gelitten, zehn Jahre später waren es schon über 80 Prozent”, sagte Anne Schilling, Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks. Ebenfalls weit verbreitet: Rückenschmerzen, Gelenkbeschwerden oder Bandscheibenschäden (41 Prozent) sowie Atemwegs- und Stoffwechselerkrankungen (zehn beziehungsweise zwölf Prozent). “Das Frauenbild hat sich gewandelt”, sagt Schilling. “Es ist anspruchsvoller geworden, Mutter zu sein.”
    Quelle: Welt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Aber “Deutschland geht es gut wie nie”. Warum eigentlich müssen heutzutage zwei Elternteile Vollzeit arbeiten, warum genügen nicht ein Vollzeitjob für die Mutter und ein Halbtagsjob für den Vater oder sogar ein ordentlich bezahlter Vollzeitjob? Weil die Löhne in Deutschland viel zu niedrig und der Arbeitsdruck zu hoch sind?

  8. Mythos Kostenexplosion
    Die Behauptung, die Gesundheitsausgaben würden wegen der demografischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts nicht mehr bezahlbare Dimensionen annehmen, ist faktenarm. Ein wesentlicher Grund sind vielmehr die relativ zum Wirtschaftswachstum sinkenden beitragspflichtigen Einkommen der Versicherten.
    Seit über 40 Jahren geistert das Menetekel einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen durch die Medien. Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre waren die Gesundheitsausgaben stark gewachsen. Ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg zwischen 1970 und 1975 von 6,0 auf 8,4 Prozent, der der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 3,5 auf 5,7 Prozent (siehe Tabelle). Dieser Ausgabensprung hatte mehrere Ursachen. So wurden die Leistungen für Mitglieder der Pflichtkassen (AOK; BKK, IKK) denen der Ersatzkassen für (TK, BEK, DAK, etc.) angepasst und die maroden Krankenhäuser mit hohem Aufwand saniert. Auch gab es keine effektive Kontrolle der kassenärztlichen Vergütungen und Arzneimittelausgaben.
    Dieses Ausgabenwachstum wurde durch Kostendämpfungsgesetze gebremst, denen in den 1990er und 2000er Jahren mehrere Strukturreformen der GKV folgten. Bei allen Unzulänglichkeiten haben diese Gesetze das Wachstum der GKV-Ausgaben in den Griff bekommen, wie die Tabelle zeigt. Diese haben seit zwanzig Jahren einen konstanten Anteil am BIP von 6,6 Prozent. Das müsste den Ökonomen und Publizisten, die für die kommenden 20 Jahre einen Anstieg der GKV-Beitragssätze auf 25 Prozent und mehr prognostizieren, ein komplettes Rätsel sein. Niemand wird ernsthaft behaupten können, dass es seit den 1990er Jahren keinen medizinischen Fortschritt und keine Zunahme des Bevölkerungsanteils der über 60-Jährigen gegeben hat.
    Aber weshalb sind trotzdem die Krankenkassenbeiträge im selben Zeitraum um über drei Prozentpunkte gestiegen? Weil die beitragspflichtigen Einkommen der Versicherten zwischen 1996 und 2014 nur um 30,7 Prozent wuchsen, das BIP pro Erwerbstätigen hingegen um 54,1 Prozent. Wir hätten seit dreißig Jahren in der GKV Beitragssatzstabilität, wenn die Einkommen ihrer Versicherten im selben Maß gestiegen wären wie das BIP. Die seit den 1990er Jahren in Relation zum Wirtschaftswachstum sinkenden Löhne sind das Problem, nicht die steigenden Kosten für medizinische Behandlungen.
    Quelle: Makroskop
  9. Thomas de Maizière
    1. Flüchtlinge sind de Maizière zu krank
      Der Innenminister wirft Medizinern vor, falsche Krankschreibungen für Flüchtlinge auszustellen. Viele Menschen könnten deshalb nicht abgeschoben werden.
      Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) äußert sich verärgert über Hindernisse für Abschiebungen. „Es werden immer noch zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt, wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebehindernisse gibt“, sagte de Maizière der Rheinischen Post: „Es kann nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden.“
      De Maizière beklagt zudem „Vollzugsdefizite“ aufseiten der Bundesländer. Wichtig sei es, Abschiebungen nicht anzukündigen. Auch könne der Ausreisegewahrsam für Ausreisepflichtige entschlossener genutzt werden.
      „Es muss auch Leistungskürzungen geben, wenn Asylbewerber nicht bei der Identitätsfindung helfen oder im Fall der Ablehnung nicht ausreisen“, sagte der CDU-Politiker.
      Die rechtlichen Instrumente dafür seien im vergangenen Jahr geschaffen worden. Jetzt müssten sie noch konsequenter angewendet werden.
      Quelle: taz

      Anmerkung Christian Reimann: Über welche medizinischen Kenntnisse verfügt der Bundesinnenminister eigentlich? Implizit wird dem Berufsstand der Ärzte offenbar unterstellt, Abschiebungen zu verhindern. Das vollständige Interview, in dem sich Herr de Maizière u.a. für mehr Videoüberwachung ausspricht, können Sie hier nachlesen.

    2. De Maizière ruft die Wachpolizei
      Dienst mit der Waffe nach drei Monaten Ausbildung – erstaunlich, wie schnell derzeit der Kanon der sicherheitspolitischen Einrichtungen ausgeweitet wird. (…)
      Die Anschlagsgefahr, Überwachung der Gefährder, EM-Hooligans, Gewalt gegen die Polizei und dann noch die Einbruchsserie in Deutschland – jeden Tag liefern die Nachrichten neues Material für die Innenminister. Sicherheitspolitik steht gerade weit oben beim Agenda-Setting der Öffentlichkeitshersteller und der deutsche Innenminister, so der Eindruck, täglich vor einer Kamera. Sein Themen-Portfolio ist groß, de Maizière liefert viele Statements und Interviews. Dabei kommt auch wenig Durchdachtes aus dem sich stets um nüchterne und seriöse Ansagen bemühten Politiker an die Öffentlichkeit. So sagte er der Rheinischen Post zum Thema Einbruchskriminalität, dass er eine so genannte Wachpolizei für “nützlich” hält.
      Quelle: Telepolis

      Dazu: Deutschland braucht keine schlecht ausgebildeten Hilfspolizisten
      Der Bundesinnenminister verramscht das staatliche Gewaltmonopol: Sein Plan, eine Billigpolizei als waffentragende “Wachpolizei” gegen Einbruchsdiebstähle einzusetzen, ist falsch. Schnell ausgebildete Hilfspolizisten sind keine Hilfe, sondern eine Gefahr. Warum? Die Ausbildung eines Beamten des mittleren Dienstes dauert zweieinhalb Jahre. In dieser Zeit lernt er nicht nur Taktik, Psychologie, Waffenkunde und Recht, sondern auch, Situationen einzuschätzen. Wohin es führt, wenn das nicht funktioniert, kann man in den USA studieren: Der Polizist, der im April einen Unbewaffneten von hinten erschoss und dem Sterbenden Handschellen anlegte, war ein schnell ausgebildeter Hilfspolizist. Auch gut ausgebildete Beamte sind vor Fehlern nicht gefeit. Aber man darf die Fehler nicht durch Billigausbildung billigend in Kauf nehmen.
      Quelle: Heribert Prantl in der Süddeutschen

  10. Deutschlands bröselnde Brücken
    Der Schock sitzt tief: Ein Teil des Ersatzneubaus der Talbrücke Schraudenbach stürzt am Mittwochnachmittag in sich zusammen. Ein Arbeiter kommt ums Leben. Die Talbrücke nahe Werneck (Landkreis Schweinfurt) ist mehr als 51 Jahren alt und gehört zu den mehr als 2500 Brückenabschnitten, die in einem mangelhaften oder gar ungenügenden Zustand sind. Derzeit wird sie laut Bayerischem Rundfunk für knapp 15 Millionen Euro erneuert – unter anderem wegen Materialermüdung des Spannstahls und mangelnder Tragfähigkeit. Für den Schwerverkehr war die Brücke längst gesperrt.
    Der Bau neuer oder die Renovierung alter Brücken steht anderorts noch bevor: Deutschlandweit muss fast jeder siebte Brückenquadratmeter repariert werden. Das sind mehr als 3,8 Millionen Quadratmeter. Die Behörden bewerten ihre Stand- und Verkehrssicherheit mit den Noten “nicht ausreichend” oder gar “ungenügend”. Das geht aus Daten des Bundesverkehrsministeriums hervor. Die Daten gab das Verkehrsministerium übrigens nicht leichtfertig heraus. Einen Teil der Zahlen hatte die “Welt” mit einer Klage im vergangenen Herbst erstritten. Weitere Datensätze erhielten die Grünen erst nach einer parlamentarischen Anfrage. Erst dann wurden detaillierte Angaben zum Zustand der 39.550 Brücken und 51.400 Brückenabschnitte auf Autobahnen und Bundesstraßen öffentlich zugänglich.
    Quelle: n-tv
  11. NSA-Ausschuss: Mutmaßlicher Top-Spion des Kreml sagt aus
    Mit seinen Aussagen vor dem NSA-Ausschuss nährt Verfassungsschutzpräsident Maaßen einen ungeheuren Verdacht
    Handelt es sich beim Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen um einen russischen Doppelagenten? Dieser schwerwiegende Verdacht steht seit einigen Tagen im Raum – und könnte den skandalgeplagten Inlandsgeheimdienst einer weiteren Belastungsprobe aussetzen. Doch der Reihe nach. Am vergangenen Donnerstag stand der Geheimdienstmann dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags Rede und Antwort. Maaßen nutzte die Gunst der Stunde, um jene Person in Misskredit zu bringen, ohne die es den Ausschuss nicht geben würde: Whistleblower Edward Snowden. Der ehemalige NSA-Mitarbeiter sei ein „russischer Agent“, gab Maaßen seine Vermutung zum Besten. „Snowden dürfte die NSA ausgeplündert haben wie kein Zweiter zuvor einen US-Nachrichtendienst ausgeplündert hatte“, sagte der Geheimdienstchef. Die Snowden-Affäre sei Teil der „hybriden Kriegführung“ Russlands gegen den Westen. Mit ihr habe Moskau einen Keil zwischen die USA und ihren engsten europäischen Verbündeten, die Bundesrepublik, getrieben. Der Vorgang habe „antiamerikanische und gegen die eigenen Nachrichtendienste gerichtete“ Stimmungen erneut hochkochen lassen. Der Schaden, den Snowden seinem alten Arbeitgeber zugefügt habe, sei „immer noch groß“. Noch größer dürfte dieser für die US-Geheimdienste ausfallen, sollte sich herausstellen, dass es sich bei der Snowden-Affäre um einen „Überläuferfall oder Doppelagentenfall“ gehandelt habe.
    Quelle: Hintergrund

    Anmerkung Paul Schreyer: Dieser (in Teilen satirische) Text trifft den Nagel auf den Kopf!

  12. Das schuldige Schweigen der Europäer
    Was passiert, wenn die Briten bleiben – und was, wenn sie gehen? Die EU verweigert auf beide Fragen jede Antwort, vermeidet sogar das Wort „Brexit“. Damit gibt sie den Europagegnern unnötig Auftrieb. Europa negiert sich selbst
    Man wirft Großbritannien gerne vor, eine schizophrene Haltung zu Europa zu haben. Tatsächlich zeigt die Wahlkampagne vor dem EU-Referendum am 23. Juni, wie gespalten die Bevölkerung und wie zwiespältig die politische Klasse ist, wenn es um die EU geht. Vor allem die konservativen Tories um Premier David Cameron scheint der Brexit-Streit regelrecht zu zerreißen.
    Aber auch die EU verhält sich schizophren. Erst lässt sie sich jahrelang von Cameron vorführen: Er hat das EU-Budget gekürzt, den Fiskalpakt blockiert und die Europawahl samt Spitzenkandidaten behindert. Dann gewährt sie ihm neue Extrawürste – beim Sondergipfel im Februar wurde ein teures Wunschpaket geschnürt, um Cameron und seine Wähler zufrieden zustellen. […]
    Doch wohin die Reise geht, was das Ziel ist, das wollen die EU-Chefs nicht verraten. Vermutlich wissen sie es selber nicht. Dabei haben sie genug Zeit gehabt, sich auf alle Fälle vorzubereiten. Cameron hat sein Referendum schon im Januar 2013 angekündigt. Seitdem wissen Merkel & Co, was sie erwartet. Sie haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Und so tappen sie nun alle im Dunkeln – die EU-Gegner auf der Insel genauso wie die EU-Anhänger auf dem Kontinent. Die Briten wissen nicht, welchen Preis sie zahlen müssen, wenn sie sich gegen Europa entscheiden. Ihnen fehlt damit ein wichtiges Argument für eine rationale Entscheidung. Die Ungewissheit könnte sie dazu verleiten, aus dem Bauch heraus zu wählen.
    Quelle: Eric Bonse auf Cicero
  13. Orlando, der Ölpreis und das Pulverfass Nahost
    Kaum waren die Schüsse des Attentäters von Orlando verhallt, da begannen große Teile der US-Mainstream-Medien bereits mit gezielten Schuldzuweisungen. Noch bevor erste Fakten auf dem Tisch lagen, wurde das Verbrechen mit der Bewegung des Islamischen Staates in Verbindung gebracht. Dieser vorsätzliche Verstoß gegen alle journalistischen Prinzipien erhellt einmal mehr eine äußerst gefährliche Entwicklung: Die amerikanischen Medien und die hinter ihnen stehenden Kräfte versuchen derzeit mit allen Mitteln, das notwendige Klima für eine Ausweitung des Krieges im Nahen Osten zu schaffen. Anlass für dieses Verhalten sind die zunehmenden Probleme, die der stagnierende Ölpreis Teilen der US-Wirtschaft und dem US-Finanzsektor bereitet. Er gefährdet nicht nur das Überleben der US-Fracking-Industrie, sondern bringt amerikanische und internationale Großbanken in erhebliche Bedrängnis und könnte sich sogar zu einem Gefahrenherd für das globale Finanzgefüge entwickeln.
    Quelle: Telepolis
  14. TAGESSCHAU: „Rebellen“ gut, Assad böse
    Gern würden wir uns wieder mal über Dr. Gniffke & Co. lustig machen. Denn Gniffkes Versuche, die TAGESSCHAU als echte Nachrichtensendung darzustellen, haben zuweilen eine heitere Seite. Clowns die durchs Sägemehl stolpern bringen ein Publikum schnell zum Lachen: Wie putzig, wenn sie auf die dicken, roten Nasen fallen, weil ihnen die Schuhe in denen sie stecken immer mehrere Nummern zu groß sind. Doch wenn es um Krieg geht, um Tod, um Lüge und Wahrheit, dann hört das Lachen auf. Im mörderischen Syrien-Krieg wäre eine wahrhaftige Berichterstattung ein kleiner Beitrag zum Frieden. Aber die ARD-Propagandafront, fest an der Seite der USA, kennt nur ein Schema in diesem Krieg: „Rebellen” gut, Assad böse. Diese Haltung will die Zuschauer zur Partei machen. Wer das versucht, der will keinen Frieden sondern Sieg.
    Quelle: RationalGalerie
  15. Wahrheitsjournalisten und Lügenpolitiker: Wenn Journalistenschüler die Wahrheit gepachtet haben
    Die Schüler der Kölner Journalistenschule haben in die Aussagen von Politikern in Talkshows überprüft und angeblich einen sehr hohen Anteil von Falschaussagen festgestellt. In den sozialen Medien war das ein heißes Thema. Wenn diese Mischung aus Selbstgefälligkeit und Obrigkeitshörigkeit den Standard journalistischer Recherche der Zukunft darstellt, dann wird sich der Ruf der Presse nicht bessern.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung: Auch die NachDenkSeiten haben in den Hinweisen gestern auf die „Studie“ verwiesen. Schauen Sie sich die „Studie“ am besten selbst an und machen sich ihr eigenes Urteil.

  16. Amerikaner mögen weder Clinton noch Trump
    Hillary Clinton hat auch die letzte Vorwahl in Washington gewonnen, Sanders konnte nur 20 Prozent der Stimmen erhalten. Bei einem zweistündigen Treffen mit Sanders war dieser aber noch nicht bereit, sich hinter Clinton zu stellen. Anhänger von Clinton hoffen, dass er dies auf dem Parteitag der Demokraten machen wird. Sanders hingegen dürfte fordern, dass Clinton sich zumindest die Unterstützung durch Veränderung des Wahlprogramms verdienen müsste. Sanders hat allerdings nicht nur viele Kleinspender, sondern große Unterstützung bei jungen Amerikanern und Unabhängigen. Eine Möglichkeit wäre daher auch, dass Sanders als unabhängiger Kandidat gegen Trump und Clinton antritt.
    Nach einer aktuellen Umfrage von Washington Post-ABC News wären seine Chancen vielleicht gar nicht einmal so schlecht. Sowohl Trump als auch Clinton sind bei den Wählern nicht sonderlich beliebt. Die Beliebtheitswerte für beide sind die schlechtesten für Präsidentschaftsbewerber, seit diese Umfrage durchgeführt wurde, also seit 1984. Die Umfrage wurde letzte Woche zwischen Mittwoch und Sonntag durchgeführt. Das Wahlkampfgetöse, das Trump wegen des Terroranschlags in Florida gegen Obama und Clinton begonnen hat (Trump: Ende der politischen Korrektheit), konnte sich also nicht niederschlagen. Man darf davon ausgehen, dass Trumps Zuspitzung auch manche seiner Anhänger abgeschreckt hat, eine Bloomberg-Umfrage legt dies teilweise nahe.
    Trump sieht seine Anti-Muslime-Kampagne, mit der für ein vorübergehendes Einreiseverbot für Muslime im Einwanderungsland USA eintritt, bestärkt. Schon die wenigen syrischen Flüchtlinge, die die Obama-Regierung aufnehmen will, sieht er als Trojanisches Pferd: “Sie versklaven Frauen und ermorden Schwule. Ich will sie nicht in unserem Land haben.” Während Clinton eine Verschärfung des Waffenrechts fordert, meint Trump, die Menschen müssten sich gegen Angreifer zur Wehr setzen können. Trump wirft Obama und Clinton vor, den Begriff eines “radikalen Islam” als Ursache des Terrors vermeiden zu wollen, die beiden wiederum sagen, Trump würde einer ganzen Religion den Krieg erklären und die Verfassung der USA missachten.
    Quelle: Telepolis

    Dazu: Donald Trump: “Belgien ist eine wunderschöne Stadt“
    Trumps Wissenslücken bereiten US-Republikanern ohnehin schon Sorgen, nun legt der mutmaßliche Präsidentschaftskandidat nach – und schwärmt von der “Stadt Belgien”. Auch zu Deutschland hat er was zu sagen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Jens Berger: Bevor wir uns über Trump lustig machen, sollten wir vielleicht mal im Bundestag fragen, wer von unseren Abgeordneten weiß, ob Missouri, Minnesota, Milwaukee, Michigan, Illinois und Omaha nun Städte oder Staaten sind … und jeder Leser, der dies nicht ohne Wikipedia hinbekommt (das trifft übrigens auch auf mich zu ;-)) sollte sich auch in Zurückhaltung üben. Das ein echter Qualitätsjournalist vom SPIEGEL sogar im Halbschlaf wie aus der Pistole geschossen die Hauptstädte von Alaska, Vermont und Rhode Island nennen kann, versteht sich indes von selbst.