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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Abschied vom Wachstumszwang: Rezession als Chance
  2. Die Klimakonferenzen erfüllen ihren Zweck nicht mehr
  3. Dieselabgase: Ein Software-Update auf dem Prüfstand
  4. “Präzedenzfall für ein repressives Vorgehen gegen investigative Journalisten”
  5. Testmobilmachung gen Osten (III)
  6. Hätte dieser Steuerraub verhindert werden können?
  7. Hartz IV: Viele Widersprüche und Klagen haben Erfolg
  8. Befristete Beschäftigung – Politik muss endlich handeln
  9. Philosophin Federici: Die unbezahlte Arbeit von Frauen ist Milliarden wert – das Vermögen haben aber andere
  10. Kirchen auf dem Immobilienmarkt: Gottes Haus hat viele Wohnungen
  11. Die Spaltung der Gesellschaft. Ein Stresstest für das politische System?
  12. Rettet euch selbst, liebe Pflegekräfte!
  13. Demokratie oder Oligarchie: Was in den USA zur Wahl steht
  14. Volkserzieher AfD: Wurde der Bock zum Gärtner gemacht?
  15. Die erstaunlichen Erfolge von „Frag den Staat“: Wie Transparenz-Aktivisten deutsche Behörden löchern

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Abschied vom Wachstumszwang: Rezession als Chance
    Nichts fürchtet Deutschland so sehr wie eine schrumpfende Wirtschaft. Doch wer weiterhin auf Wachstum setzt, ist den Herausforderungen des drohenden Klimawandels nicht gewachsen, sagt die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann. […]
    Die deutsche Wirtschaft wird also schrumpfen müssen. Denn man kann nicht dauerhaft die Erträge von drei Planeten verbrauchen, wenn man nur eine Erde hat.
    Quelle: Ulrike Herrmann auf Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung André Tautenhahn: Ulrike Herrmann verrennt sich. Die Wirtschaft kann sehr wohl auch dann wachsen, wenn man schonend mit den Ressourcen umgeht. Will man aber schonend mit den Ressourcen umgehen, also aktiv Umwelt- und Klimaschutz betreiben, ist es erforderlich, die Herzen der Menschen dafür zu gewinnen. Das geht nicht, indem man quasi ein neues Naturgesetz postuliert wie, „Die Wirtschaft wird schrumpfen müssen“, was ja nichts anderes heißen kann, als den Gürtel mal wieder enger zu schnallen. Unterstützung für mehr Klimaschutz wird man nur dann bekommen, wenn es soziale und wirtschaftliche Sicherheit gibt. Die vorherrschende neoliberale Denkweise, der sich Herrmann wohl ergeben hat, bietet das nicht. Die setzt eher auf prekäre Jobs. Unter diesen Bedingungen auch noch eine schrumpfende Wirtschaft als zwangsläufig zu beschreiben, hieße ja auch, weiter auf die Investitionen in öffentliche Infrastruktur und Leistungen zu verzichten, also auf eine immer notwendiger werdende Konjunkturpolitik, über die ja mittlerweile auch Teile des konservativen Lagers nachzudenken beginnen. Herrmann liefert damit einen in der Sache unhaltbaren Standpunkt. Sie hätte bei Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten nachlesen sollen

    dazu: Ohne Alternative fühlen die Leute sich verschaukelt
    Wir führen Debatten über die Zukunft der Mobilität, ohne in die Vergangenheit zu schauen. Doch erst wenn wir verstehen, warum wir so abhängig vom Automobil geworden sind, können wir neue Wege einschlagen.
    Können Sie das näher erläutern?
    Wir haben mehr als 60 Jahre lang Automobilität als hinreichende Antwort auf die Bedürfnisse der Bevölkerung angesehen. Straßen wurden gebaut, Gesetze erlassen, die Automobilindustrie gefördert. Das eigene Auto gehört bis heute zu den existenziellen Gütern und ist als der Qualitätsstandard für Mobilität tief im kollektiven Bewusstsein verankert.
    Und jetzt haben wir Angst, diesen Standard aufgeben zu müssen?
    Genau. Unser altes Konzept von Mobilität war und ist derart erfolgreich, dass selbst die Aussicht auf kleine Veränderungen bei vielen Leuten Abwehrreaktionen und Angst auslöst. Sie befürchten, dass sie ihren Lebensstil nicht mehr halten können, in den sie viel investiert haben.
    Quelle: brandeins

  2. Die Klimakonferenzen erfüllen ihren Zweck nicht mehr
    Unser Gastautor hat alle 25 Weltklimagipfel besucht, beim 26. dieses Jahr in Glasgow will er nicht mehr mitmachen. Der bangladeschische Klimawissenschaftler warnt: Die Konferenzen sorgen nicht für Klimaschutz – und benachteiligen systematisch den globalen Süden. […]
    Die COP 25 war die längste Weltklimakonferenz überhaupt, man hängte noch zwei Tage (und Nächte) an die ursprünglich vorgesehenen zwölf dran. Das Überziehen ist mittlerweile zum Standard geworden.
    Das ist nicht nur extrem ineffizient, sondern auch zutiefst unfair gegenüber den Entwicklungsländern, deren Delegierte nicht einfach länger bleiben können. Die Entscheidungen fallen dann stets zu ihrem Nachteil aus, in den letzten Stunden der Verlängerung. Sie kommen nach Hause und stellen fest, dass ihre Worte aus dem Gipfelbeschluss verschwunden sind.
    Es ist logisch, dass jeder Beschluss, der an einem Zusatztag fällt, im Prinzip auch vorher hätte fallen können. Die Verlängerungen sind eine absichtliche Taktik, um die Delegierten der armen und verletzlichen Staaten loszuwerden.
    Quelle: Klimareporter
  3. Dieselabgase: Ein Software-Update auf dem Prüfstand
    Software-Updates sollen Autos sauberer machen. Ein neuer Test stellt das in Frage. Der britische Mess-Spezialist “Emissions Analytics” sagt: “Update ist Kosmetik”. Das Bundesverkehrsministerium dagegen nennt die Ergebnisse unserer Untersuchung “nicht nachvollziehbar”.
    Quelle: Frontal 21
  4. “Präzedenzfall für ein repressives Vorgehen gegen investigative Journalisten”
    UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer über den Fall Assange und die Sabotage von UN-Mechanismen durch die USA, Großbritannien, Schweden und Ecuador […]
    Herr Melzer, nun argumentieren Kritiker, dass sich Julian Assange selbst in diese Lage gebracht hat, indem er sich 2012 freiwillig in die Botschaft von Ecuador in London begeben hat, statt sich einem Justizverfahren in Schweden zu stellen.
    Nils Melzer: Das Argument der Freiwilligkeit trifft doch auf jeden Flüchtling zu, der Schutz vor politischer Verfolgung sucht, auch wenn ihn seine Flucht in eine schwierige Situation bringt. Ich halte dies für ein völlig sinnloses Argument. Die Frage ist nicht, ob er sich selber in diese Situation gebracht hat, sondern ob er tatsächlich politisch verfolgt wurde und daher einen Grund hatte, Asyl zu beantragen. Wir müssen uns also fragen, ob Julian Assange bei einer Auslieferung an Schweden dem Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt worden wäre. Aus meiner Sicht kann man das nur bejahen, und zwar nicht in erster Linie in Schweden, sondern vor allem in den USA.
    Wir wissen heute, dass die USA nur auf die Gelegenheit gewartet hat, die Auslieferung zu verlangen. Ich gehe davon aus, dass die Auslieferung nach Schweden nur als Zwischenschritt dienen sollte, weil von dort eine weitere Auslieferung in die USA aus verschiedenen rechtlichen und politischen Gründen einfacher gewesen wäre als von Großbritannien aus.
    Wie kommen Sie zu diesem Schluss?
    Nils Melzer: Dafür gibt es starke Indizien. Zunächst machte die Art und Weise, wie die schwedische Untersuchung gegen Julian Assange geführt wurde, überhaupt keinen Sinn, wenn es wirklich darum gegangen wäre, die angeblichen Sexualdelikte aufzuklären. Entgegen gängiger Praxis in anderen Fällen und trotz eines entsprechenden Rechtshilfeabkommens mit Großbritannien verweigerte Schweden beispielsweise fünf Jahre lang jede Vernehmung von Julian Assange in London. Er bot sogar wiederholt an, für das Verfahren nach Schweden zu kommen, verlangte im Gegenzug aber eine Zusicherung, dass er von dort nicht an die USA weiter ausgeliefert würde. Auch dies verweigerte Schweden jedoch ohne jeden vernünftigen Grund, obwohl dies unweigerlich zur Verjährung der Vorwürfe einer Klägerin führte.
    Das Hauptziel der Schweden war ganz offensichtlich nicht die Aufklärung eines Tatverdachtes, sondern die physische Überstellung von Julian Assange nach Schweden, was wiederum nur mit Blick auf die bislang geheimen Auslieferungsinteressen der USA Sinn macht. Dass im Hintergrund Absprachen getroffen wurden zeigt auch, dass die USA den Briten bereits eine Stunde nach der Verhaftung von Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft ein formelles Auslieferungsgesuch übermittelten. Dies wäre ohne vorherige Absprachen mit Ecuador und Großbritannien so zeitnah gar nicht möglich gewesen.
    Quelle: Telepolis
  5. Testmobilmachung gen Osten (III)
    Entgegen allen bisherigen Ankündigungen beginnt das gegen Russland gerichtete US-Großmanöver Defender Europe 20 bereits am heutigen Donnerstag mit ersten Truppenverlegungen der U.S. Army quer durch Deutschland. Damit starten die Truppenbewegungen in Richtung Osten, die laut Angaben der Bundeswehr bis Mai andauern sollen, schon ein knappes Vierteljahr vor dem offiziellen Beginn der Hauptphase des Manövers – einen Monat früher, als die US-Streitkräfte es zuvor angegeben hatten. Bei dem größten Manöver der Vereinigten Staaten in Europa seit über 25 Jahren probt die Bundeswehr laut eigenen Angaben “vor allem die möglichst schnelle Verlegung großer militärischer Einheiten in potenzielle Konfliktgebiete”. Dabei üben die NATO-Staaten nicht nur die Truppenverlegung an die Front im Osten, sondern auch den heißen Krieg gegen Russland: Sieben weitere Militärübungen werden in Defender Europe 20 eingegliedert, um im Rahmen eines umfassenden Konfliktszenarios in Osteuropa ein “Schlachtfeldnetzwerk” zu errichten. Das Szenario spielt laut US-Angaben im Jahr 2028.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu: »Stoßrichtung gegen Russland ist offenkundig«
    NATO-Manöver »Defender Europe 20«: Erste Truppenbewegung in dieser Woche. Deutsche Friedensaktivisten protestieren. Ein Gespräch mit Torsten Schleip […]
    Seitens der NATO heißt es, das Manöver habe nichts mit einem speziellen Land zu tun. Mit welchen Argumenten versuchen Sie die Menschen davon zu überzeugen, dass es sich hierbei um eine klare Provokation gegenüber Russland handelt?
    Truppenverlegungen könnten auch an anderen Orten geprobt werden, wenn man es denn möchte. Bei »Defender 20« geht es aber um einen Test neu geschaffener Infrastruktur in Polen, Litauen, Lettland oder Estland. Dabei hat die NATO mit Truppenverlegungen bereits viel Erfahrung, weil die USA das im Rahmen der »Operation Atlantic Resolve« alle sechs Monate in der Region veranlassen. Die Stoßrichtung des Ganzen gegen Russland ist offenkundig…
    Quelle: junge Welt

  6. Hätte dieser Steuerraub verhindert werden können?
    Ein Ex-Mitarbeiter von Merrill Lynch berichtet, wie die Investmentbank den deutschen Fiskus ausplünderte – während die Politik zusah. […]
    Bei den deutschen Deals indes mache man “gute Fortschritte”. Kein Wunder, denn während sich in den USA die Tür schließt, stößt der deutsche Gesetzgeber sie 2007 mit einer Gesetzesänderung weit auf. Der Bundesverband deutscher Banken hatte sich gemeldet: Es könne schon mal passieren, dass eine Aktie zwei Eigentümer habe – einen wirtschaftlichen und einen juristischen. Die Kapitalertragsteuer werde dann vom Staat doppelt erstattet. Der Verband hat auch schon einen Formulierungsvorschlag für ein neues Gesetz parat. Eine junge Beamtin aus Nordrhein-Westfalen warnt: Der Bankenverband wolle die Geschäfte auf Kosten des Staats nicht unterbinden, sondern im Gesetz verankern. Doch niemand hört auf sie. Der Vorschlag des Bankenverbands wird mit dem Jahressteuergesetz 2007 umgesetzt und wirkt wie ein Brandbeschleuniger für Cum-Ex. Baker ist fassungslos. Die Deutschen hätten das Problem nicht begriffen und glaubten, “sie hätten es mit redlichen Organisationen mit guten Absichten zu tun”. So leiten die Banken ihr Steuergeschäft einfach um.
    Quelle: Zeit Online

    dazu: Cum-Ex: US-Bank plünderte deutsche Staatskassen
    Zum ersten Mal schildert ein früherer Mitarbeiter der US-amerikanischen Investment-Bank Merrill Lynch öffentlich, wie sogenannte “Tax Trader”, also Steuerhändler der Bank, über Jahre hinweg die deutsche Steuerkasse mit Cum-Ex- und vergleichbaren Geschäften geplündert haben. Der Insider, der im Londoner Handelsraum von Merrill Lynch gearbeitet hat, berichtet Panorama, “Zeit Online” sowie der “New York Times” von verbotenen Preisabsprachen, Kreisgeschäften mit milliardenschweren Aktienpaketen und der bisher wenig beachteten Rolle der US-Behörden im Cum-Ex-Skandal. Der Insider will anonym bleiben, weil er juristische Schritte seines ehemaligen Arbeitgebers sowie Angriffe von ehemaligen Kollegen fürchtet.
    Quelle: Panorama

  7. Hartz IV: Viele Widersprüche und Klagen haben Erfolg
    Auch im Jahr 2019 hatten Hartz-IV-Empfänger, die Widerspruch oder Klage gegen einen Bescheid des Jobcenters zur Grundsicherung einlegten, gute Chancen auf Erfolg. Mehr als ein Drittel aller Widersprüche führte dazu, dass die Entscheide nachträglich korrigiert werden mussten: bei Klagen hatten sie Betroffenen bei außergerichtlichen Einigungen gute Chancen auf Erfolg.
    Quelle: Versicherungsbote
  8. Befristete Beschäftigung – Politik muss endlich handeln
    Die Regierungsparteien haben sich vorgenommen, die große Zahl von Befristungen zu reduzieren. Viele Branchen mit hoher Befristungsquote klagen gleichzeitig über Fachkräftemangel. Bei Neueinstellungen ist fast jede zweite Stelle befristet, viele davon ohne Sachgrund. Das muss geändert werden. Im neuen “Arbeitsmarkt aktuell” analysieren wir die Entwicklung und zeigen auf, was jetzt geschehen muss.
    Quelle: DGB
  9. Philosophin Federici: Die unbezahlte Arbeit von Frauen ist Milliarden wert – das Vermögen haben aber andere
    Weltweit leisten Frauen und Mädchen täglich über 12 Milliarden Stunden Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit – unbezahlt. Würde man ihnen nur einen Mindestlohn dafür zahlen, wären das umgerechnet über 11.000.000.000.000 US-Dollar pro Jahr. Silvia Federici ist Philosophin und bekannt für ihre Theorien zu Pflege- und Sorgearbeit. In den 1970ern war sie Begründerin der feministischen Kampagne „Löhne für Hausarbeit“. Ihr bekanntestes Werk Caliban und Hexe: Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation beschreibt die Geschichte des Kapitalismus als Ausbeutung von Frauen durch die Trennung von produktiver Arbeit und Hausarbeit. Isabel Frey hat Federici zum Interview getroffen.
    Quelle: kontrast.at
  10. Kirchen auf dem Immobilienmarkt: Gottes Haus hat viele Wohnungen
    Die Kirchen kritisieren Immobilienspekulation und hohe Mieten, sie sehen sich als Anwälte sozial benachteiligter Menschen. Bei den vielen Immobilien, die in kirchlichem Besitz sind, zeigt sich aber, dass auch die Kirchen nicht immun sind gegen das branchenübliche Profitdenken.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers M.H.: Ein sehr interessanter Einblick in die Immobiliengeschäfte und den Besitzstand der Kirchen; insbesondere der katholischen.

  11. Die Spaltung der Gesellschaft. Ein Stresstest für das politische System?
    Eine 2019 in 27 Ländern erhobene Umfrage des französischen Meinungsforschungsinstituts Ipsos zum Thema Gesellschaftsspaltung offenbart Erstaunliches: Die Angst vor politischer Spaltung ist in Deutschland größer als in den meisten anderen Ländern.
    81 Prozent sind hier der Ansicht, die deutsche Gesellschaft sei aktuell schon tief gespalten. Und 44 Prozent empfinden dies als Gefahr für die Demokratie. Nur 17 Prozent der Deutschen bewerten politische Konflikte als positiv. In Großbritannien sind es 41 Prozent.
    Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung
  12. Rettet euch selbst, liebe Pflegekräfte!
    Das Wort unserer Zeit, so schrieb ich an anderer Stelle, ist »irgendwie«. Überall fehlt es an Personal, an Mittel, an Infrastruktur. Aber irgendwie wuppt man den Laden dann doch. Nicht immer sachlich richtig, nicht immer qualitativ hochwertig und zu aller Zufriedenheit. Aber doch so, dass nicht alles zusammenbricht. Besonders auf Krankenstationen geht es immer irgendwie weiter. Muss ja, Kranke dulden keinen Aufschub. Die Belastung und der Stress mögen noch so hoch sein, der Betrieb läuft weiter. Irgendwie. […]
    Es ist bizarr – oder soll man sagen gewieft? -, wie die Politik versucht, die Berufe eines sozialen Sektors, der dem freien Markt ausgeliefert wurde, moralisch aufzuwerten. Sie ruft zum Dienst, hofiert »Pflegehelden«, kitzelt die Empathie junger Leute, lässt aber die Verbesserung der Arbeitsbedingungen außer Acht.
    Die Reduzierung auf die Empathie kanalisiert ein etwaiges berufliches Selbstbewusstsein. Man betreibt eigentlich eine Art emotionale Erpressung von Anfang an, weil man diese Gruppe mit ihrer Menschlichkeit in den Job holt und sie dort auch damit klein hält. Nirgends tut man das sonst. Die Polizei lockt nicht mit Gerechtigkeitsempfinden und die Metallbranche nicht damit, Leute mit Stahlaffinität zu ködern. Aber die Pflege hat eine Grundqualität, die als Qualifikation angepriesen wird – und mit der man später Pflegekräfte auszubeuten vermag.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  13. Demokratie oder Oligarchie: Was in den USA zur Wahl steht
    Die konventionelle Auffassung von amerikanischer Politik besagt: Joe Biden ist ein Moderater, Elizabeth Warren und Bernie Sanders sind Linke, und Donald Trump ist ein Rechter. Doch diese konventionelle Auffassung ist Blödsinn. Denn heute ist die mächtigste Kraft in der amerikanischen Politik eine gegen das Establishment gerichtete Wut über das gezinkte System. Es gibt keine „Moderaten“ mehr und auch keine „Mitte“. Der große Gegensatz der Gegenwart verläuft nicht zwischen links und rechts – sondern zwischen Demokratie und Oligarchie. Vor 40 Jahren, als es in Amerika eine große und wachsende Mittelschicht gab, forderte die Linke stärkere soziale Netze und mehr öffentliche Investitionen in Schulen, Straßen und Forschung. Die Rechte hingegen wollte sich verstärkt auf den freien Markt verlassen. In jenen Tagen glich eine Wahl dem Wettbewerb zweier Hot-Dog-Verkäufer auf einer langen Strandpromenade, die von links nach rechts verläuft. Beide mussten sich in die Mitte bewegen, um ihre Verkäufe zu maximieren. Sobald einer von ihnen zu weit nach links oder rechts abwich, rückte der andere nach und heimste alle Verkäufe vom Rest der Promenade ein.
    Doch diese Art von amerikanischer Politik ist nun überholt. Reichtum und Macht ballen sich an der Spitze, die Mittelschicht schrumpft und immer mehr Amerikaner zählen zu den Arbeitern und Armen. Die meisten Amerikaner – ganz gleich, ob sie einmal Linke oder Rechte waren – sind politisch entmachtet und wirtschaftlich verunsichert worden. Heutzutage heißt es: die Strandpromenade gegen die Privatjets auf ihrem Weg zu den Hamptons, den Sommerresidenzen der Milliardäre auf Long Island. So hat es auch Obamas ehemaliger Stabschef, der frühere Bürgermeister von Chicago, Rahm Emmanuel, im vergangenen Juli gegenüber der „New York Times“ auf den Punkt gebracht: „Das ist wirklich der Zusammenbruch. Normalerweise kämpfen Demokraten gegen Republikaner, das eine Ende von Pennsylvania gegen das andere oder links gegen rechts. Aber die heutigen Querelen verlaufen zwischen dem Establishment und dem Volk, das die Barrikaden stürmt.“
    Quelle: Robert Reich in Blätter
  14. Volkserzieher AfD: Wurde der Bock zum Gärtner gemacht?
    Seit anderthalb Jahren, seit auf dem Augsburger Parteitag der AfD ein längerer Streit entschieden wurde, mischt ein neuer Akteur im deutschen Bildungsbetrieb mit: Die Desiderius-Erasmus-Stiftung wurde offiziell als parteinahe Stiftung anerkannt.
    Quelle: Migazin
  15. Die erstaunlichen Erfolge von „Frag den Staat“: Wie Transparenz-Aktivisten deutsche Behörden löchern
    Feiern im Kanzleramt, geheime E-Mails, verschmutzte Imbisse: Das Projekt „Frag den Staat“ zwingt Verantwortliche, auf Bürgerfragen zu antworten. […]
    Das Projekt ist dabei, etwas Grundsätzliches im Verhältnis der Deutschen zu ihren Behörden zu ändern. Hierzulande gibt es traditionell ein großes Vertrauen in die Verwaltung – darauf, dass Ämter schon wissen, was sie tun. Was aber passiert, wenn man statt auf Vertrauen auf Kontrolle setzt?
    Quelle: Tagesspiegel

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