Wenn der Vertreter der Killer-Nation seinen Kollegen einen Killer nennt …

Wenn der Vertreter der Killer-Nation seinen Kollegen einen Killer nennt …

Wenn der Vertreter der Killer-Nation seinen Kollegen einen Killer nennt …

Albrecht Müller
Ein Artikel von: Albrecht Müller

… dann ist das wieder ein Beispiel dafür, dass unsere Wahrnehmung von der Wirklichkeit vor allem von Propaganda geprägt ist und zu allerletzt von der Realität. Der US-Präsident nennt seinen russischen Kollegen und heutigen Gesprächspartner Putin einen Killer. Und unsere Medien – wie zum Beispiel das Handelsblatt (siehe unten) – zitieren das und nennen Putin wahlweise einen Potentaten oder einen Autokraten und die meisten Zeitgenossen und Medien gewöhnen sich an diese Sprachregelung. Mit der Wirklichkeit hat das nur wenig zu tun. Die USA sind die eigentliche Killer-Nation. Sie führen Kriege mit Millionen Opfern – in Libyen, in Syrien, im Irak, in Afghanistan, früher in Vietnam und in vielen lateinamerikanischen Staaten. Sie bringen andere Präsidenten um, wie zum Beispiel den Präsidenten von Panama. Ihre Geheimdienste morden mit oder ohne ausdrückliche Zustimmung der US-Präsidenten. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Zunächst zitiere ich aus dem heutigen sogenannten „Handelsblatt Morning Briefing“:

„den Höhepunkt seiner Europa-Reise erlebt US-Präsident Joe Biden heute in Genf: Er trifft auf Russlands Potentaten Wladimir Putin. Ein tendenzielles „Abkumpeln“ wie mit Bidens Vorgänger wird es nicht geben, darauf deuten die aggressiven Töne aus beiden Lagern in den vorigen Monaten hin. Biden hielt seinen Gesprächspartner sogar für einen „Killer“. Nun will er „rote Linien“ aufzeigen:

Wir werden antworten, wenn Russland seine schädlichen Aktivitäten fortsetzt.

Putin wiederum hat mit seiner staubtrockenen Analyse sicher recht, wonach die bilaterale Beziehung in den letzten Jahren ihren Tiefpunkt erreicht hat.

– Handelsblatt Morning Briefing 16.6.2021

Wer etwas mehr über die Praxis und den Charakter der Vereinigten Staaten von Amerika wissen will, die oder der sollte das Buch des früheren Redakteurs der New York Times, David Talbot: „Das Schachbrett des Teufels. Die CIA, Allen Dulles und der Aufstieg Amerikas heimlicher Regierung“ lesen. In diesem 603-seitigen Werk werden gleich mehrere Morde und Killer-Aufträge, die von offiziellen US-amerikanischen Stellen einschließlich des Präsidenten ausgingen, belegt. Ermordet wurden reihenweise mehrere eigene und fremde Agenten, auf grauenhafte Weise ermordet wurde zum Beispiel auch der neugewählte Ministerpräsident des Kongo, Lumumba. Auch die Ermordung des Führers der kubanischen Revolution, Fidel Castro, wurde mit Unterstützung der politischen Führung versucht. So geht das reihenweise. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind auch der eigene Präsident John F. Kennedy und sein Bruder Robert Opfer von Geheimdiensten, also von staatlich arrangierten Killern ermordet geworden.

Aus eigener Erfahrung – damals, 1973, in der Regierungszeit Willy Brandts gerade Leiter der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt geworden – kenne ich das Verhältnis amerikanischer Spitzenpolitiker zu diesem deutschen Politiker. Der amerikanische Sicherheitsberater Kissinger hat dem deutschen Bundeskanzler den Tod gewünscht. Das wurde in einem im Februar 1973 geführten Telefongespräch zwischen dem US-Präsidenten Nixon und Kissinger erkennbar. – Wer den Verantwortlichen in den USA nicht passt, der wird zum Abschuss freigegeben. Und die Repräsentanten dieses Staates nennen dann andere Killer. Und die Mehrheit der deutschen Medien hinterfragt diese verlogene Praxis nicht. Das ist ein Armutszeugnis und zugleich Beleg dafür, dass wir fast keine eigenständig denkenden und berichtenden Medien mehr haben.

Im Titel des Buches von Talbot kommt die Formel „Amerikas heimliche Regierung“ vor. Diese ist immer noch aktiv. Sie ist mit dem Verschwinden von Allen Dulles, des früheren CIA-Chefs, nicht abgetreten. Heute wird das Deep State genannt. Dass es das gibt, weiß auch Joe Biden, schon deshalb, weil er mit diesen undemokratischen Kreisen eng verbunden ist. Und das wissen auch die deutschen Medien, die Bidens Propagandaformeln gedankenlos oder in ihrer Funktion als vereinnahmte, linientreue Medien des Imperiums nachsprechen.

Die hier skizzierten Vorgänge zeigen auch, dass die Behauptung, die USA seien eine Demokratie, eine nackte Propagandaformel darstellt.

Bei den oben erwähnten Morden ging es meist auch um politische Inhalte. Lumumba wurde ermordet, weil er eine eigenständige afrikanische Politik einleiten wollte und dazu auch andere führende Personen Afrikas ermuntern wollte und dies auch geschafft hätte. Diese politische Zielsetzung passte übrigens zu den Vorstellungen des neu gewählten US-amerikanischen Präsidenten Kennedy. Deshalb wurde die Ermordung des Kongo-Ministerpräsidenten hinter dem Rücken von Präsident Kennedy betrieben.

Bei anderen gewaltsamen politischen Akten der Vertreter der USA oder/und Einflussnahmen ging es darum, den ideologischen Einfluss linksgerichteter Kreise zurückzudrängen und auszuschließen. So ist Italien schon gleich nach dem Zweiten Weltkrieg unter die Fittiche der USA genommen worden. Die CIA sorgte mit Millionen Dollar für die richtigen Wahlergebnisse und intervenierte gegen eine Öffnung der italienischen Politik in eine etwas sozialere Richtung. Damals war vom Chef der italienischen Sozialisten eine Kooperation mit den Christdemokraten geplant worden. Schon das war den USA-Vertretern zu links und sie intervenierten.

Die USA haben im Laufe der letzten 60 Jahre nicht nur Menschen ermordet, die den dort bestimmenden Kreisen nicht in den Kram passten, sie haben auch die Programmatik und die Debatte über die Programmatik der europäischen und sonstigen Parteien und Politiker/innen geprägt – mit Einflussnahme über die Medien und direkt mit Geld.

Jetzt nimmt diese Einflussnahme bei einem besonders sensiblen Thema wieder Gestalt an: bei der Frage, wie wir Völker der Welt miteinander umgehen. Die USA und ihre Gesinnungsgenossinnen und -genossen in Europa wollen in Russland und in China nicht Partner, sondern vor allem Gegner sehen. Sie fordern – mit Erfolg – die militärische Aufrüstung gegen diese beiden Staaten. Das ist eine gefährliche Entwicklung und sie widerspricht eindeutig unseren Interessen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Beitrag vom 14. Juni “Sich vertragen oder sich bedrohen?“.

In der Morgen-Lage des Berliner Tagesspiegel war gestern zu lesen:

Nato will gegenüber China und Russland geschlossen agieren: Beim Gipfeltreffen haben die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten Russland kritisiert; das Land verstoße weiter gegen Werte und Prinzipien der Allianz sowie gegen internationale Verpflichtungen. Auch China stelle durch sein Verhalten eine systemische Herausforderung für die regelbasierte internationale Ordnung dar. Die klare Haltung gegenüber China und Russland ist Teil des neuen Nato-Strategiekonzepts, das im kommenden Jahr offiziell angenommen werden soll. Kanzlerin Angela Merkel sagte nach dem Treffen, Russland sehe die Nato leider nicht als Partner, sondern als Feind; sie warnte vor einer Überbewertung der Gefahr durch China. US-Präsident Joe Biden versicherte den europäischen Ländern, dass sie sich auf die USA verlassen könnten; die Beistandspflicht sei seinem Land heilig. Merkel hat beim Treffen zudem für eine Aufarbeitung des nach fast 20 Jahren zu Ende gehenden Militäreinsatzes in Afghanistan geworben.

zeit.de, sueddeutsche.de; n-tv.de (Afghanistan-Einsatz)“

Diese Meldung entspricht ungefähr dem gesamten Tenor der Meldungen über die Gespräche des US-amerikanischen Präsidenten mit den Vertretern der NATO und der Europäischen Union.

Der Umgang der Vertreterinnen und Vertreter Europas mit dem US-Präsidenten Biden ist ein einziges Trauerspiel.

Da ist keine eigenständige politische Position mehr zu vernehmen. In gelegentlichen Berichten ist davon die Rede, Angela Merkel habe sich davon abgehoben. Ob das ernst gemeint ist, bleibt abzuwarten. Eigentlich ist es zu schön, um wahr zu sein.

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