Leserbriefe zu „Twitter: Elon Musk und die Meinungsfreiheit“

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In diesem Beitrag hat Tobias Riegel die Pläne von Elon Musk kommentiert, den Kurznachrichtendienst Twitter zu kaufen. Nach eigenen Worten möchte Musk mit dem Schritt die Zensur bei Twitter beenden. Das höre sich schön an, so der Kommentar, aber es wäre nicht das erste Mal, dass fragwürdige langfristige Motive (etwa Propaganda in eigener Sache) hinter einem kurzfristigen Dienst an der Gesellschaft versteckt würden. Zusätzlich irritierend an dem Vorgang sei, dass „Hoffnungen“ im Kampf für die Meinungsfreiheit heute auf superreichen Individuen lägen, während sich manche „linke“ Akteure zu Zensoren aufschwingen würden. Wir danken für die interessanten Briefe, hier folgt eine Auswahl. Von Redaktion.


1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Riegel,

danke für Ihren kritischen Artikel. Die Hoffnung, dass Aufklärung etwas bewirkt, möchte ich nicht aufgeben. Wenn man sich allerdings anschaut, was die Menschen so tun …. Warum ist es überhaupt notwendig, über Twitter, Facebook &Co. aufzuklären? Ich habe da nie mitgemacht. Nicht aus Inkompetenz, sondern aus Überzeugung. Soll ich mir die Überwachungs- und Manipulationswerkzeuge des “Großen Bruders” (Orwell, “1984”) freiwillig ins Haus holen und sie auch noch bezahlen? Und, was mir noch wichtiger ist, diese “Sozialen Netzwerke” simulieren zwischenmenschliche Beziehungen, die echten leiden eher darunter.

Sagt der Murks, pardon Musk: “Der Nachrichtendienst sei wichtig für das Funktionieren von Demokratien und die Freiheit vieler Länder.” Ich lach mich schimmelig! Da haben wir wieder Originalton “1984”: Oligarchie heißt “Demokratie” und totalitäre Unterdrückung heißt “Freiheit”. Selbst wenn der Musk es teilweise und zur Zeit ehrlich meinen sollte, traue ich dem? Ich bin doch nicht blöd!

Demokratie funktioniert nur “von unten”. Beziehungen zu Freunden, Nachbarn und Kollegen und darüber hinaus. Natürlich geht das nicht im Sinne von “Friede, Freude, Eierkuchen”, aber doch so dass man einen Ausgleich findet und in Kontakt bleibt. “Global denken, lokal handeln”, die Idee ist doch nicht neu. Das Internet, so wie es ursprünglich konzipiert wurde, namlich redundant und dezentral was die Anwendungen betrifft, könnte dabei helfen (Die NachDenkSeiten sind ein praktisches Beispiel!). Die daraus entstandenen IT-Monopole sind das Gegenteil, zentralistisch und totalitär. Ihr Erfolg wurde aber nicht zuletzt durch die Masse der ahnungslosen und inkompetenten Nutzer ermöglicht.

Herzliche Grüße,

Rolf Henze


2. Leserbrief

Liebes NDS-Team,

wieso sollte ein enger Partner des digital-militärisch-industriellen Komplexes, der in der Vergangenheit die Regime-Changes der USA verteidigt hat und sich für den Krieg gegen Russland einsetzt plötzlich für Meinungsfreiheit und gegen Zensur auftreten? Ein Multimilliardär, der maßgeblich für die nun privatisierte Raketenindustrie der USA tätig ist?

Elon Musk ist ein Paradebeispiel eines skrupellosen kapitalistischen Aasgeiers, der mit mutmaßlichen Insidertradings auch noch Beifall von seinen Groupies bekommt. Die SEC ermittelt deswegen auch gegen die Musk Brüder.

Mit seinen Twitterbots hat er sich eine eigene Groupie-Welt auf Twitter und dem Internet erschaffen und er benimmt sich so als könnte er sich mit Geld alles kaufen.

Es scheint mir auch, dass Elon Musk mit der Twitter-Show nur versucht eine Politikerkarriere à la Arnold Schwarzenegger aufzubauen. Vermutlich auch mithilfe seines Freunds Peter Thiel.

Twitter ist zum Glück nicht das Internet und Twitter wird nur von einem kleinen, aber extrem lauten und penetranten Anteil der Internetnutzer benutzt. Der Hype und der Aufschrei um die Musk-Twitter-Show kommt mir da merkwürdig vor.

Ein zentralisiertes soziales Netzwerk wie Twitter wird ebenso keine großartige Zukunft haben und das weiß Elon Musk sicherlich auch. Der Gründer von Twitter Jack Dorsey hat laut eigenen Angaben neben Twitter an eine dezentrale Twitter-Alternative gearbeitet. Also hatte selbst er kein Vertrauen mehr in Twitter.

Hier geht es dem Elon Musk demzufolge um etwas ganz anderes. Vermutlich wie so oft bei Musk: Schauspiel/ Show – wie bei seinen Tesla-Shows.

Beste Grüße


3. Leserbrief

Liebes Nachdenkseiten-Team,

habe vor ein paar Tagen das Buch „ Der Circle“ von Dave Eggers gelesen.

Wachsam sein.

DANKE von ganzen Herzen für Ihre Seite.

Mit lieben Grüßen
B. K.


4. Leserbrief

Hallo NDS, sehr geehrter Herr Riegel,

Musk […] sei „überzeugt, dass es für die Zukunft der Zivilisation extrem wichtig ist, eine öffentliche Plattform zu haben, die maximales Vertrauen genießt“.

Ach ja, mh hm, Himmelherrgott, schon wieder die Mär vom reichen Philanthropen, der selbstlos ins Mediengeschehen eingreift. Seit Jodie Foster damals vom geldigen Astronomie-Onkel ihren Besuch auf Alpha Centauri gesponsert bekommen hat, um ihren toten Papa zu umarmen, scheint die Fata Morgana des wohlmeinenden Geldadels beim twitternden, facebookenden und sonstwie herumdaddelnden Publikum recht beliebt zu sein.

Was war noch gleich mit Ebay-Omidyar und den Snowden-Files gewesen? Ach ja, richtig: Philanthrop gründet Enthüllungsplattform (“The Intercept”), sichert sich schnell alle Rechte und hält anschließend alles Wesentliche unter Verschluß.
Aber wurscht, es zählen die kurzweiligen warmen Gefühle. Die Mehrheit, die das alles betrifft, torkelt, ganz besoffen von so viel Menschenfreundlichkeit, oder ignorant wie eh und je, bestimmt erneut in die PR-Falle. Mit Brief und Siegel.

Tauschen sie bitte in Musks Tropus die Worte “Zivilisation” und “Vertrauen” mit “Oligarchie” und “Kontrolle” aus, dann sind sie der Wirklichkeit ein kleines Stück näher.

Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bichler

— Nachtrag: —

“Der Nachrichtendienst sei wichtig für das Funktionieren von Demokratien und die Freiheit vieler Länder.”

Vorsicht, sowas kommt von einem Menschen, der es besser wissen könnte. Ist also wahrscheinlich glatt gelogen.

Denn der große Irrtum unserer Zeit ist: Wir durchsuchen nicht Google. Sondern Google durchsucht uns.
Dasselbe gilt auch für die meisten anderen Größen der New Economy.


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