„Diese anti-russische Haltung sitzt wie ein Geschwür in vielen Köpfen fest“

„Diese anti-russische Haltung sitzt wie ein Geschwür in vielen Köpfen fest“

„Diese anti-russische Haltung sitzt wie ein Geschwür in vielen Köpfen fest“

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Das Innenministerium (BMI) unter Nancy Faeser setzt derzeit alle Hebel in Bewegung, um einen Ausschluss russischer und belarussischer Sportler bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris zu erreichen. Dabei schreckt es nicht davor zurück, massiven Druck auf das Internationale Olympische Komitee (IOC) und den Deutschen Olympischen Sportbund e.V. (DOSB) aufzubauen. Doch dagegen regt sich Widerstand. Der Trainer und Extremsportler Marco Henrichs, unterstützt von namhaften Sportlern (darunter Olympiasieger, Welt- und Europameister) hat eine Petition ins Leben gerufen, die das Bundesinnenministerium aufruft, dieses Vorgehen einzustellen und auf den Boden der Olympischen Charta zurückzukehren. Im Interview mit den NachDenkSeiten erläutert Henrichs unter anderem, wie das BMI damit gegen olympische Vertragswerke verstößt und wie diese Art der praktizierten Doppelmoral derzeit Deutschland „zur Lachnummer im Weltsport“ macht. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Herr Henrichs, Sie haben mit Unterstützung namhafter Sportler als Erstunterzeichner eine Petition gestartet. In dieser Petition wird das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser aufgefordert, „jegliche Versuche zu unterlassen, auf das Internationale Olympische Komitee (IOC) und den Deutschen Olympischen Sportbund e.V. (DOSB) mit dem Ziel politisch einzuwirken, eine Rückkehr der russischen und belarussischen Sportlerinnen und Sportler zu den Olympischen Spielen zu verhindern“. Was heißt das konkret, was hat das BMI bisher getan und gesagt, um eine Teilnahme russischer und belarussischer Sportler bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris zu verhindern?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat über das Bundesministerium des Innern wiederholt Stellung bezogen, dass Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen sollen. Die Argumentation ist: aus Solidarität gegenüber der Ukraine. Neben dieser Position hat das BMI zusätzlich politischen Druck auf das IOC und den DOSB ausgeübt, sich dieser Haltung anzuschließen, indem es deren Haltung offen kritisiert. Für mich als deutscher Trainer, der auch einige Jahre im russischen Leistungssport, aber auch eine kurze Zeit in Kiew Athletinnen und Athleten trainiert hat, hat das mit einfachen Worten den Charakter einer Sippenhaft gegenüber Sportlerinnen und Sportlern aus Russland und Belarus. Wenn schon unsere westliche Sanktionspolitik gegenüber Russland über Jahre in ganzer Linie versagt hat, sollte gerade heute jede Chance genutzt werden, wenigstens auf gesellschaftlicher bzw. sportlicher oder kultureller Ebene Brücken zu bauen.

In der Petition werfen Sie dem BMI in diesem Zusammenhang vor, dass es mit seiner Haltung gegen die vom BMI eigens unterzeichnete „Berliner Erklärung der 5. Weltsportminister-Konferenz“ verstößt und zudem das Internationale Olympische Komitee (IOC) sowie den Deutschen Olympischen Sportbund e.V. (DOSB) nötigt, gegen die Olympische Charta zu verstoßen bzw. satzungswidrig zu handeln. Diese Vorwürfe an das BMI haben es in sich. Wie begründen Sie diese?

Auf der 5. UNESCO-Weltkonferenz der Sportminister (MINEPS V) in Berlin wurde in der sogenannten Berliner Erklärung vom 30. Mai 2013 bekräftigt, dass „jeder Mensch die Möglichkeit des Zugangs zum Sport und zur Teilhabe am Sport als ein grundlegendes Recht haben muss. Unabhängig von ethnischer Herkunft, Geschlecht, Alter, gesundheitlicher Beeinträchtigung, kulturellem und sozialem Hintergrund, wirtschaftlichen Mitteln, sexueller Identität oder sexueller Orientierung“. In der Positionierung für einen Ausschluss russischer und belarussischer Sportlerinnen und Sportler verstößt das Bundesministerium des Innern (BMI) deutlich gegen die eigene Berliner Erklärung vom 30. Mai 2013.

In der Olympischen Charta (Fassung vom 9. September 2013) sind unter den „Grundlegenden Prinzipien des Olympismus“ folgende Prinzipien festgelegt:

  • „2. Ziel des Olympismus ist es, den Sport in den Dienst der harmonischen Entwicklung der Menschheit zu stellen, um eine friedliche Gesellschaft zu fördern, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist.“
  • „4. Die Ausübung von Sport ist ein Menschenrecht. Jeder Mensch muss die Möglichkeit zur Ausübung von Sport ohne Diskriminierung jeglicher Art und im olympischen Geist haben; dies erfordert gegenseitiges Verstehen im Geist von Freundschaft, Solidarität und Fairplay.“
  • „6. Jede Form von Diskriminierung eines Landes oder einer Person aufgrund von Rasse, Religion, Politik, Geschlecht oder aus sonstigen Gründen ist mit der Zugehörigkeit zur Olympischen Bewegung unvereinbar.“
  • Unter Kapitel 1, Regel 2, Punkt 10 („Aufgabe und Funktion des IOC*“) der Olympischen Charta hat das IOC sogar „gegen jeden politischen oder kommerziellen Missbrauch des Sports und der Athleten vorzugehen“. Es ist also eine aktive Verpflichtung des IOC, zu verhindern, dass die Politik in den Sport interveniert, gleich mit welcher Intention. Der Sport muss ausnahmslos ein politikfreier Raum sein.

Jedoch mischt sich das BMI durch seinen politischen Druck auf das IOC in seine sportlichen Belange ein. Es hat die Haltung des IOC mehrfach offen kritisiert und missachtet zudem in vielerlei Punkten die Olympische Charta. Die Olympischen Spiele haben, von der Olympischen Charta vorgegeben, als wichtigstes Ziel die Freundschaft und den Frieden auf der Welt zu fördern und zu schaffen. Nachdem in der aktuellen, nur verfahrenen Weltlage Mittel zur Schaffung von Frieden im Ukraine-Russland-Konflikt nicht greifbar scheinen oder nicht gesehen werden wollen, sind die Olympischen Spiele 2024 in Paris zumindest eine Chance, im friedlichen Zusammenfinden der Völker der Welt eine Konfliktlösung zu initiieren. Der Ausschluss russischer Athleten sowie von Belarus würde eine solche Chance von vornherein zunichtemachen und die Olympischen Spiele in ihr Gegenteil kehren. Das kann und darf nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutschland liegen – im Interesse der betroffenen Menschen so oder so nicht. Das BMI fällt somit in unzulässiger Einmischung den nationalen und internationalen Sportverbänden in den Rücken.

Das BMI versucht des Weiteren, mit seiner politischen Positionierung deutlich den DOSB dazu zu bewegen, gegen seine jüngste Satzung des Deutschen Olympischen Sportbunds e.V. (DOSB) satzungswidrig zu handeln.

Der DOSB schreibt in dieser Satzung u.a.:

  • „6. …der DOSB den Grundsatz religiöser und weltanschaulicher Toleranz sowie parteipolitischer Neutralität vertritt und sich fremdenfeindlichen Bestrebungen entgegenstellt. … Er vertritt den Grundsatz religiöser und weltanschaulicher Toleranz sowie parteipolitischer Neutralität. Er tritt rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen (…) entschieden entgegen…“
  • „8. Der DOSB fördert die kulturelle Vielfalt des Sports auf nationaler und internationaler Ebene und macht sie möglichst vielen Menschen zugänglich. Durch internationale Zusammenarbeit tritt der DOSB für Frieden und Völkerverständigung ein.“

Mit der Positionierung für einen fortgesetzten Ausschluss russischer und belarussischer Sportlerinnen und Sportler mit eindeutig politischer Motivation interveniert das BMI ohne jegliche rechtliche Grundlage in die Kompetenzen des IOC und des DOSB dahingehend, dass diese ihre eigenen Rechtsgrundlagen verletzen sollen.

Um das für unsere Leser verständlicher zu machen. Welche konkreten Einflussmöglichkeiten hat das BMI denn überhaupt, um auf die genannten Institutionen wie IOC und DOSB Druck ausüben zu können?

Da es keinerlei juristische Verbindung zwischen dem BMI und dem IOC sowie dem DOSB gibt, kann das BMI zunächst beiden sportlichen Institutionen keine Vorgaben machen. Jedoch wird der DOSB durch das BMI gefördert. Es ist folglich eine Gratwanderung für den DOSB, wie es sich dem BMI – einem wichtigen Finanzier – gegenüber positioniert.

Weitaus gravierender ist jedoch der mediale Druck, den das BMI auf den DOSB erzeugen kann. Man konnte deutlich feststellen, dass nach der Positionierung seitens des BMI für einen Ausschluss russischer Sportler der Druck aus der Presse- und Medienlandschaft gegen den DOSB und das IOC gewachsen ist. Getreu dem Motto: „Wenn das BMI sich gegen Russen ausspricht, wie könnt ihr vom DOSB anderer Meinung sein?!“ Das ging sogar so weit, dass man den üblichen argumentfreien, billigen Journalismus ausgepackt hat, den Präsidenten beider Verbände eine Putin-Nähe oder die Nähe zum Kreml unterstellt und weitere haltungslose Verleumdungen veröffentlicht hat.

Sie hatten beim Verfassen der Petition ja auch Unterstützung erhalten durch den bekannten deutschen Sportjuristen Dr. jur. Michael Lehner. Gäbe es Ihrer Einschätzung nach auch rechtliche Möglichkeiten, gegen das von Ihnen beschriebene Vorgehen des BMI vorzugehen? Und falls ja, ist sowas in Planung?

In erster Linie geht es mir darum, auch über diese Petition die Menschen in unserem Land aufzuklären, dass sich das BMI bzw. deren Innenministerin Frau Nancy Faeser in vielerlei Hinsicht falsch verhalten. Die gesammelten Unterschriften werden persönlich von mir an das Bundesministerium des Innern übergeben. Nach meinem juristischen Verständnis kann man nur gegen den Verstoß der Berliner Erklärung durch das BMI vorgehen. Dieser juristische Schritt ist tatsächlich im Gespräch. Aber zunächst möchte ich auf die Reaktion bzw. die Antwort der Petition warten.

Das Leitmotiv Ihrer Petition ist die Forderung, dass die Olympischen Spiele nicht politisiert werden dürfen. Ist das aber nicht illusorisch? Sind Sport und insbesondere die Olympischen Spiele nicht schon immer auch ein Instrument der Politik gewesen?

Die Olympischen Spiele sind leider längst zum Sinnbild politischer Botschaften mutiert. Sei es, dass Veranstalter ihre Größe und Macht mit unterschwelligen politischen Botschaften demonstrieren oder beispielsweise deutsche Athleten sich mit Regenbogenfarben selbstgefällig gegen Russland positionieren. Gerade auf Sportlerebene kann ich diese Athleten längst nicht mehr für voll nehmen. Sie sollen sich auf den Sport und ihre Leistung konzentrieren, statt sich zum Hampelmann oder -frau der Nation zu machen. Ich finde es recht amüsant, wenn deutsche Sportlerinnen und Sportler ständig mit nacktem Finger auf Russland zeigen, sie seien angeblich zu politisch. Zeitgleich machen gerade deutsche Sportler (siehe FIFA-WM in Katar) sich weltweit mit ihren politischen Gesten zur Lachnummer im Weltsport.

Zur historischen Einordnung: Gab es denn in der Geschichte der Olympischen Spiele schon einmal solche Bestrebungen wie jetzt, dass Sportler eines kriegsführenden Landes, denken wir beispielsweise an den US-geführten Angriffskrieg gegen den Irak 2003 mit Hunderttausenden zivilen Opfern, von den Spielen ausgeschlossen werden sollten?

Ich möchte es so formulieren. Zu viele in Deutschland sind von unserer Presse- und Medienlandschaft sowie Politik so einseitig desinformiert und manipuliert, dass jeder US-Krieg angeblich eine Friedensoperation gewesen sei oder der US-Sport über die saubersten Athleten verfügt. Dabei waren beispielsweise die russischen Sportlerinnen und Sportler während des politisch instrumentalisierten Themas Doping in Russland im internationalen WADA-Ranking noch nicht mal auf den vordersten Plätzen der prozentual positiv Getesteten. Andere Dopingnationen, die mehr auf dem Kerbholz haben, wurden in unserer Presse nahezu nie erwähnt. Auch hier wurde medial mit zweierlei Maß gemessen.

Fakt ist, dass unterschwellig ununterbrochen suggeriert wird, dass Kriege oder Kriegsverbrechen nur durch Russen verübt werden – und dass russische Sportler doch eh alle gedopt sind. Das ist das Ergebnis jahrzehntelanger Gehirnwäsche aus Politik, Presse- und Medienlandschaft. Dass wir heute Russen pauschal verurteilen und auch auf höchst politischer Ebene in Sippenhaft nehmen, wie aktuell Nancy Faeser, scheint normal geworden zu sein.

Eine Ironie, dass man uns zeitgleich verkauft, dass wir mit Waffenlieferungen in die Ukraine, die wir bis 2021 immer noch als einen der korruptesten Staaten weltweit verurteilt haben, plötzlich dort unsere „europäischen Werte“ verteidigen. Jedoch geht es unserer Bundesregierung oder Brüssel weiß Gott nicht um europäische Werte. Es geht auch nicht um das ukrainische Volk, sondern es geht um geopolitische Interessen, die vor Jahren schon abzusehen waren. Die Leidtragenden sind dabei in erster Linie die Menschen in der Ukraine, die für US- bzw. geopolitische Interessen geopfert werden bzw. die durch ihren eigenen Präsidenten in einen sinnlosen Tod getrieben werden. Hätte der Westen Interesse am Frieden, hätten sie ihr Versprechen gehalten, dass es mit dem Mauerfall keine weitere NATO-Osterweiterung gibt. Dann würde es den aktuellen Krieg in der Ukraine nicht geben.

Ich verurteile jeden Krieg und auch den in der Ukraine. Aber zu sagen, „der Russe mal wieder“, ist mir zu einfach. Solange unsere Politik die Fehler aus der Vergangenheit mit ihrer erfolglosen Sanktionspolitik und NATO-Osterweiterung nicht eingesteht, wird es auch keinen Frieden in der Ukraine geben. Der Ukraine stattdessen vorzugaukeln, sie könnte den Krieg gegen Russland gewinnen, ist an Absurdität kaum zu überbieten.

Wie erklären Sie sich vor diesem Hintergrund, dass an russische Spitzensportler derzeit so ganz andere moralische Maßstäbe angelegt werden als bei ihren westlichen Kollegen?

Moralische Maßstäbe? Was soll man von Politikern, Journalisten bzw. Menschen in diesem Land über Moral sagen, die Personen, die sich für den Frieden und den Dialog statt Waffenlieferungen einsetzen, pauschal als Putinversteher, Friedensschwurbler, Faschisten oder Verschwörungstheoretiker diskreditieren? Das ist in meinen Augen eine moralische Bankrotterklärung. Oder wie im Fall Sahra Wagenknecht oder meines guten Freundes Dr. Daniele Ganser, die sich seit Jahren für den Frieden und den Dialog einsetzen, einer medialen Hetzjagd ausgeliefert sind. Bezogen auf diese Hetzjagden kann man längst nicht mehr von Moral sprechen. Gerade die Parteien der Bundesregierung, in vorderster „Front“ mit der Kriegspartei Bündnis 90/Die Grünen, fördern durch ihr Gebrüll nach Waffen und Kritik gegenüber Friedensstiftern die zunehmende moralische Bankrotterklärung.

Wenn wir also über moralische Maßstäbe sprechen, leben wir im Westen seit vielen Jahren in einer Doppelmoral. Warum man sich auf die Russen seit Jahrzehnten einschießt, liegt in erster Linie an geopolitischen Interessen der USA. Die meisten europäischen Staaten agieren leider in US-Abhängigkeit. Das geht durch die gesamte Politik über die Presse- und Medienlandschaft. Ich frage mich immer wieder aufs Neue, was dabei die größere Katastrophe ist. Sind es unsere Regierungsvertreter, die durch ihre Zugehörigkeiten in transatlantischen Verbänden, der Waffenindustrie oder Mitgliedschaft in Aufsichtsgremien öffentlich-rechtlicher Sender gefühlt ausschließlich US-Interessen vertreten? Sind es Reporter oder Journalisten, die das seelenlos in ihren Veröffentlichungen verbreiten? Oder ist die größere Katastrophe, dass zu viele Menschen das Ganze nicht hinterfragen und jede Pille blind schlucken, die ihnen der Spiegel, die Süddeutsche Zeitung, die FAZ oder die Tagesschau etc. präsentieren?

Fakt ist: Diese anti-russische Haltung sitzt im Grunde wie ein Geschwür fest in vielen Köpfen. Und wer sich beispielsweise im Sport für russische Athletinnen und Athleten offen positioniert, hat Angst vor medialen Repressalien und Verlust von Sponsoren oder Arbeit. Da möchte ich aus einem Gespräch zitieren, das ich kürzlich im Rahmen der Petition mit einer deutschen Olympiasiegerin geführt habe.

„…Ich stehe vollkommen auf deiner Seite, Marco, und finde es eine riesige Sauerei, was erneut mit russischen Athleten abgezogen wird. Aber aus Angst vor der Brandpresse und Sponsorenverlust kann ich nicht offen als Erstunterzeichner für deine Petition unterschreiben.“

Wenn es um deutsch-russische Beziehungen geht, habe ich solche ähnlichen Wortlaute in den letzten Jahren unzählige Male zu hören bekommen. Viele Menschen wollen den Konflikt mit Russland nicht, haben aber aus Sorge vor Repressalien Angst, sich offen für ein Miteinander mit Russland zu positionieren.

Folgend ein Beispiel, wie unsere Presse- und Medienlandschaft in Deutschland auch sportpolitisch mit zweierlei Maß misst. Der Athletenverband Deutschland e.V., der übrigens vom BMI gefördert wird, hat sich für einen Ausschluss russischer und belarussischer Sportlerinnen und Sportlern aus dem Weltsport positioniert. Das hat in unseren Medien einige Schlagzeilen nach sich gezogen. Im Februar haben dagegen die Vereinten Nationen (UN), die in meinen Augen ein weitaus größeres Gewicht haben als ein unbedeutender deutscher Athletenverband, sich für eine Teilnahme von Sportlern aus Russland und Belarus bei den Olympischen Spielen ausgesprochen. Jedoch gab es in unserer Presse und Medien ein kollektives Stillschweigen darüber. Ich denke, wir alle wissen: Hätte sich die UN der Haltung des BMI angeschlossen, würde man das in Dauerschleife präsentiert bekommen.

Und wenn wir schon bei den deutschen Spitzensportlern sind, die sich offen gegen eine Teilnahme russischer Sportlerinnen und Sportler aussprechen. Mein Vater sagte stets scherzhaft über diese Spezies von Menschen, es seien Rohrkrepierer, die sogar ihre eigene Oma verkaufen würden, um ja den Mainstream zu bedienen bzw. um positiv dazustehen. Dem muss ich leider zustimmen.

Ich sehe diese Positionierung deutscher Athleten aber auch aus dem Blickwinkel der Konkurrenz, denn die USA, China und Russland gehören seit Jahrzehnten zu den führenden Sportnationen weltweit. Der Erfolg im deutschen Leistungs- und Spitzensport geht dagegen schon seit einigen Olympischen Spielen immer mehr in Richtung Bedeutungslosigkeit. Wenn russische Sportlerinnen und Sportler nicht teilnehmen, steigen im Schnitt die Chancen deutscher Sportlerinnen und Sportler auf Medaillen. Natürlich gestehen sich das diese Sportler nicht offen ein. Stattdessen machen sie in der Öffentlichkeit einen auf Solidarität gegenüber der Ukraine. Wo war deren Solidarität gegenüber den Irakern, Afghanen u.v.m., als diese Nationen von den USA angegriffen wurden?!

Abschließend noch eine Frage zur Rolle Deutschlands in diesem Kontext. Nimmt die Bundesrepublik bei der aktiven Forderung nach Ausschluss russischer und belarussischer Sportler eigentlich eine Sonderrolle ein oder spricht sie für die Mehrheit der IOC-Mitgliedsländer?

Es sind aktuell nur 35 Nationen (die meisten aus Europa), die sich gegen eine Teilnahme russischer und belarussischer Athleten bei den kommenden Olympischen Spielen positionieren. Wir haben jedoch über 200 IOC-Mitgliedsländer, die bei den kommenden Olympischen Spielen teilnehmen werden. Da sind die 35 Nationen gerade mal 17 Prozent, die sich wie Moralapostel aufspielen. Der überwiegende Teil von 165 Nationen enthält sich bzw. ist für eine Teilnahme Russlands und Belarus bei den Olympischen Spielen. Diese über 165 Nationen leben zum Glück das Motto „Sport verbindet“.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Petition unter dem Titel „Kein Ausschluss russischer & belarussischer Athleten von den Olympischen Spielen 2024“ kann hier unterzeichnet werden.

Titelbild: shutterstock / Singulyarra