Im Gegensatz zum Gipfel von Johannesburg 2023 hatte das diesjährige BRICS-Treffen in Rio de Janeiro wenig Aufsehen erregt wie auch schon das im russischen Kazan im vergangenen Jahr. Waren die Hoffnungen in die BRICS überzogen? Ist von ihnen noch etwas zu erwarten? Von Rüdiger Rauls.
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Paul Thomas Chamberlin ist Professor für Geschichte an der Columbia University und ein renommierter Experte für internationale Geschichte des 20. Jahrhunderts. Seine Texte erschienen unter anderem in der New York Times und Washington Post. Er ist Autor des viel beachteten Buches „The Cold War‘s Killing Fields“, in dem er die blutige globale Dimension des Kalten Krieges aufzeigt. In seinem neuen Werk „Scorched Earth: A Global History of World War II“ wirft Chamberlin einen radikal anderen Blick auf den Zweiten Weltkrieg: Nicht als Kampf zwischen Gut und Böse, sondern als brutaler Konflikt zwischen imperialen Mächten – auf allen Seiten. Er zeigt, dass sich die Alliierten und die Achsenmächte in ihrer kolonialen Ideologie, ihren Kriegsverbrechen und ihrem Umgang mit der Zivilbevölkerung oft erschreckend ähnlich waren. Im Interview spricht er über verdrängte Kapitel der Kriegsgeschichte – und darüber, warum der Zweite Weltkrieg neu erzählt werden muss. Das Gespräch führte Michael Holmes.
Global gesehen, stehen wir vor dem Ende der imperialen regelbasierten Ordnung und vor der Realisierung neuer gesellschaftspolitischer Vorstellungen, die auf Humanität und der Gleichberechtigung von Menschen und Völkern beruhen, mit anderen Worten: auf den in der Charta der Vereinten Nationen festgeschriebenen Grundsätzen. Wie auch immer die Politik der neuen US-Regierung unter Donald Trump weitergeht: Viele Staaten des Globalen Südens einschließlich Russland, China und Indien lassen sich – unabhängig von der jeweiligen Präsidentschaft – eine Bevormundung und Unterdrückung durch die USA nicht mehr gefallen, und das ist die große Mehrheit der Weltbevölkerung. Ein Auszug aus dem Buch „Geopolitik im Überblick“ von Wolfgang Bittner, das am 28. Juli 2025 erscheint.
Pankaj Mishra zählt zu Indiens wichtigsten kosmopolitischen Intellektuellen. Der Romanautor, Essayist und Sachbuchautor schreibt regelmäßig für The Guardian, The New Yorker und die New York Review of Books. Bekannt wurde er durch Werke wie „Aus den Ruinen des Empires“ und „Zeitalter des Zorns“. Im Gespräch erklärt Mishra, warum der Konflikt um Israel und Palästina weltweit Menschen tief bewegt – und wie sich der Kampf um die Deutungshoheit der Geschichte zwischen dem Westen und dem Globalen Süden zuspitzt. Während im Westen oft Israel unterstützt wird, findet Palästina besonders in Asien, dem Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika breite Sympathie. Mishra kritisiert das moralische Versagen der deutschen Eliten, beleuchtet die Geschichte westlicher Imperialherrschaft, die Ursachen globaler Ungleichheit, den Aufstieg einer multipolaren Weltordnung – und spricht über die indische Besatzung Kaschmirs. Das Gespräch führte Michael Holmes.
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Mehrere Ereignisse und Meldungen aus dieser Woche zeigen: Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine geht seinen vierten Sommer und die Unterstützung der Ukraine durch ihre westlichen Partner bröckelt zusehends. Die Zeiten, in denen der „kollektive Westen“ unverbrüchlich hinter der Ukraine stand und sie in ihrem Abnutzungskrieg gegen Russland unterstützte, sind vorbei. Nur in Deutschland scheint sich dies noch nicht herumgesprochen zu haben. So könnte es durchaus sein, dass schon bald Deutschland der einzige nennenswerte Staat ist, der den Krieg der Ukraine weiterhin voll unterstützt. Von Jens Berger.
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Ben Norton ist ein scharfer Kritiker des westlichen Imperialismus. Der Journalist und Gründer des Geopolitical Economy Report war viele Jahre als Korrespondent in Lateinamerika tätig. Heute lebt er in Peking. Seine Arbeit erscheint unter anderem bei der BBC, Sky News, Al Jazeera, Democracy Now und The Intercept. Im Interview geht es um die gezielte Dämonisierung Chinas in westlichen Medien, die wachsende Kriegsgefahr um Taiwan und das militärisch-technologische Wettrüsten zwischen den USA und China. Außerdem spricht Norton über die verheerenden Auswirkungen der britischen Kolonialherrschaft in Indien – mit Dutzenden Millionen Toten –, über den US-Imperialismus in Lateinamerika und über das sogenannte Jahrhundert der Erniedrigung in China. Das Gespräch führte Michael Holmes.
Astana, die Hauptstadt Kasachstans, ist dieser Tage Austragungsort des Zentralasien-Gipfels. Kasachstan, als größter Binnenstaat und neuntgrößter Staat der Welt, mit gemeinsamen Grenzen zu Russland und zur Volksrepublik China sieht sich als geeigneter Austragungsort für dieses Forum an, welches unter der Ägide von Präsident Kassym-Schomart Tokajew steht. Von Ramon Schack.
Mehr als 30 Länder haben eine Konvention zur Gründung einer globalen Organisation zur Beilegung von Streitigkeiten auf der Grundlage von Mediation (IOMed) in Hongkong unterzeichnet. Der chinesische Außenminister Wang Yi sagte bei der Zeremonie am 30. Mai, die Gründung der IOMed werde dazu beitragen, „den Rahmen des Gewinnens oder Verlierens zu überwinden, die gütliche Beilegung internationaler Streitigkeiten zu fördern und harmonischere internationale Beziehungen aufzubauen“. Von Marta Andujo und Vilma Guzmán.
70 Jahre nach der Konferenz von Bandung lohnt es sich zu fragen, ob ihr Geist noch intakt ist, wenn auch nur als ätherischer Nebel im Globalen Süden. Im Jahr 1955 trafen sich führende Politiker der ehemaligen Kolonien des Globalen Südens im indonesischen Bandung, um sich gemeinsam für nationale Befreiung und Zusammenarbeit einzusetzen. Gibt es 70 Jahre später noch irgendeine Spur davon? Von Tricontinental: Institute for Social Research.
Mit der Teilnahme von über 20 Außenministern aus Lateinamerika und der Karibik unter Vorsitz des chinesischen Außenministers Wang Yi hat diese Woche in Peking das vierte Forum der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) mit der Volksrepublik China stattgefunden. Das Forum wurde 2014 auf dem zweiten Celac-Gipfeltreffen in Havanna ins Leben gerufen. Neben den Außenministern nahmen aus Lateinamerika auch die Präsidenten Brasiliens, Luiz Inácio Lula da Silva und seine Amtskollegen Gustavo Petro aus Kolumbien und Gabriel Boric aus Chile teil. China verkündete unter anderem die Bereitstellung umfassender Kreditlinien für Infrastruktur- und KI-Projekte sowie den massiven Ausbau von wissenschaftlichen Austauschprogrammen mit Lateinamerika. Von Thorben Austen.
Dieses ungeschminkt imperiale Statement stammt aus dem Mund des den US-Bundesstaat Indiana repräsentierenden republikanischen Senators Albert J. Beveridge. Vorgetragen wurde es in seiner am 9. Januar 1900 vor dem US-Kongress gehaltenen Rede „In Support of an American Empire“. Genau 120 Jahre später formulierte der Direktor der National Security Agency, Robert C. O’Brien, in forschem Ton eines der Hauptanliegen Washingtons: „Die Vereinigten Staaten sind und waren immer eine indopazifische Nation (…) Ein freier und offener Indopazifik hängt von einer robusten amerikanischen Führung ab.“ Vom 21. April bis zum 9. Mai finden in den Philippinen die diesjährigen US-amerikanisch-philippinischen militärischen Großmanöver statt – erstmalig in Präsenz einer großen Schar internationaler Beobachter und in neu-alter Traumhaltung. Vorläufige Randbemerkungen zu einer laufenden und hitzigen Debatte von Rainer Werning.
Die USA unterstützten die Sowjetunion gegen den Überfall der Hitler-Wehrmacht – das ist weltweit bekannt. Aber zuvor hatten die USA Hitler politisch gefördert, die Hitler-Wehrmacht zur modernsten Armee ausgerüstet, hatten auch die anderen faschistischen Diktaturen Mussolini, Salazar, Franco und auch Tschiang KaiShek in China unterstützt. US-Konzerne und Wall-Street-Banken unterstützten dann Hitler-Deutschland auch im Krieg, etwa durch die Wäsche von Raubgold und Raubaktien in weltmarktfähige Devisen. So wurde der Krieg verlängert, forderte noch mehr Opfer – und wurde durch die US-Förderung zum bisher größten US-Stellvertreterkrieg gegen den gemeinsamen Hauptfeind – zu dem die Sowjetunion sofort nach dem Krieg auch offiziell erklärt wurde, logischerweise.[*] Von Werner Rügemer.
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Die Regierung von Donald Trump ist kaum drei Monate im Amt, aber jeder Tag fühlt sich wie eine Achterbahnfahrt an. Drohungen fliegen nur so umher, und jetzt ist eine brutale Bombenkampagne im Jemen im Gange. Die uneingeschränkte Unterstützung des Völkermords in Palästina ist die eine Konstante. Was Venezuela betrifft, so brachten Analysten verschiedene Szenarien für die politischen Ansätze der USA vor, die von einer Neuauflage von Trumps „maximalem Druck” bis hin zu pragmatischeren Szenarien reichten. Doch nach einem Auftakt, der auf einen pragmatischeren Ansatz hindeutete, hat die Trump-Regierung ihre Angriffe gegen Venezuela verstärkt. Von Ricardo Vaz.
Wer vor noch gut einem Vierteljahrhundert in Suchmaschinen die Begriffe „Dritte Welt” und „Zweiter Weltkrieg” eingab, musste ernüchtert konstatieren, dass es da entweder keinen Treffer gab oder die Trefferquote äußerst dürftig ausfiel. Das hat sich mittlerweile geändert. Doch auch 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs dürfte den wenigsten Zeitgenossen bekannt sein, dass die (meist erzwungene) Verstrickung der sogenannten Dritten Welt darin außerordentlich groß war. Vom 8. März bis zum 1. Juni 2025 läuft im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (NS-DOK) eine erweiterte Ausstellung zum oben genannten Thema, deren Besuch sich für jeden lohnt, dem ernsthaft daran gelegen ist, Vorurteile abzustreifen sowie westlich geprägte Perspektiven und Ethnozentrismus zu überwinden. Ein Beitrag von Rainer Werning.
Die Behauptung von Donald Trump, die USA würde von Lesotho über den Tisch gezogen, ist lächerlich. Lesotho gehört mit einem Pro-Kopf-BIP von 916 US-Dollar (2023) zu den ärmsten Entwicklungsländern der Welt, der US-Durchschnitt bringt 82.769 US-Dollar auf die Waagschale. Der Entschluss, auch wenn er entsprechend Trumps erratischem Vorgehen (mit Ausnahme von China) für 90 Tage auf Eis gelegt wurde, erscheint unsinnig. Was kann Lesotho, das hauptsächlich Bekleidung exportiert, den USA schon anhaben? Die billigen T-Shirts und Leggings aus Weltmarktfabriken gehören zum Outfit des US-Amerikaners und der US-Amerikanerin. Es sind die einheimischen Arbeiterinnen und Arbeiter, die mit ihrem niedrigen Lohn die US-Konsumenten subventionieren. Die US-Textilindustrie hat sich seit den 1970er-Jahren aus den Vereinigten Staaten in Billiglohnländer verabschiedet und wird durch keinen noch so hohen Zoll zurückzuholen sein. Darum geht es Trump aber gar nicht. Von Andrea Komlosy.