“Große Investitionsprogramme können nicht gefahren werden.”

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Meint der DGB-Vorsitzende in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Wenn das so wäre, dann bliebe nur der moralische, aber weitgehend hilflose Appell an die Unternehmen, Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist jedenfalls das Fazit aus dem Interview mit Michael Sommer. – Mein Fazit ist: Deutschland leidet unter Inkompetenz. Sie hat nicht nur die Opposition und die Regierung erfasst, sondern inzwischen auch die DGB-Spitze. Der DGB veranstaltete im letzten November eine große „Makrokonferenz“ in Berlin, er stattet den Keynesianer Horn mit einem Wirtschaftsforschungsinstitut aus. Aber was soll das Ganze, wenn dann der Vorsitzende bei weit über 5 Millionen registrierten Arbeitslosen erklärt, wir könnten keine Investitionsprogramme fahren, weil das Geld fehle? Dass das Geld Hans Eichel heute auch deshalb fehlt, weil wir die Konjunktur immer tiefer in den Keller reiten, diesen Zusammenhang will offenbar niemand zur Kenntnis nehmen.
Was von der Unfähigkeit der in Deutschland Verantwortlichen zu einer pragmatischen Politik der Konjunktursteuerung zu halten ist, dazu im folgenden mehrere Beiträge kompetenter Ökonomen.

  1. Nobelpreisträger Robert Solow hat schon in einem Interview in der „Wirtschaftswoche“ vom 9.September 2004 auf die Frage nach den Perspektiven für Deutschland gesagt:

    Die deutsche Wirtschaft schwächelt nun schon seit einer Dekade. Wenn ich ein Manager wäre, würde ich meine Produktion auch nicht ausweiten, solange die Märkte nicht erkennbar expandieren. Klar, Makropolitik beherrscht vermutlich niemand perfekt. Aber mir scheint offensichtlich: in Deutschland könnte man sie wesentlich besser machen.

    Also: Appelle nützen in der Sache nichts, wenn die Aufträge fehlen.

  2. Ähnlich verwundert über die Unfähigkeit der Deutschen zu einer pragmatischen Globalsteuerung ihrer Ökonomie ist der Chefökonom von Goldman Sachs Jim O Neill. Hier frühere Äußerungen von ihm, die man den deutschen Meinungsführern übers Bett hängen sollte.
    Auszüge aus einem Interview mit Jim O’Neill in der ZEIT Nr: 35/August 2004:

    Wie schafft Deutschland den Aufschwung? Nur mit einer undogmatischen Wirtschaftspolitik. (…) Deshalb müssen sich die Deutschen so rasch wie möglich von ihrer Exportabhängigkeit befreien und die Binnennachfrage stärken. (…) Weil die Reichen von ihren Einkommen relativ weniger für Konsum ausgeben als die Armen, muss die Fiskalpolitik bei den unteren Einkommensgruppen ansetzen. Dieser Aspekt wird von vielen deutschen Ökonomen und Politikern vernachlässigt. (…) Die Bundesregierung sollte an alle Haushalte Schecks verteilen. (…) Es gibt kein Angstsparen. Es gibt nur eine dramatische Schwäche bei der Einkommensentwicklung.

    ZEIT: „Wer in Deutschland für mehr Nachfrageorientierung plädiert, bekommt zur Antwort: Keynes ist tot.“

    O Neill: „Adam Smith ist auch tot. Und wenn die deutschen Ökonomen weiterhin so kategorisch denken, wird auch die deutsche Wirtschaft demnächst tot sein.“

  3. Ein Beitrag von mir für das Märzheft von „Metall“
  4. Der NachDenkSeiten Leser Gerhard Kilper schickte einen Kurzbericht zu der Debatte in Frankreich mit Blick auf Deutschland.