Prof. Dr. Claudia Kemfert – Wissenschaftlerin neuen Typs

Prof. Dr. Claudia Kemfert – Wissenschaftlerin neuen Typs

Prof. Dr. Claudia Kemfert – Wissenschaftlerin neuen Typs

Ein Artikel von Torsten Küllig

Seit einiger Zeit gibt es bei MDR AKTUELL das Format „Kemferts Klima-Podcast“. In der Selbstbeschreibung des MDR heißt es: „Im Podcast ‚Kemferts Klima-Podcast‘ von MDR AKTUELL bespricht die Energie- und Klimaökonomin Prof. Claudia Kemfert die aktuelle Lage. Konstruktiv, ehrlich, lebensnah. Im Podcast gibt die Energie- und Klimaökonomin Prof. Claudia Kemfert Orientierung. Sie bewertet politische Entscheidungen, ordnet wissenschaftliche Erkenntnisse ein und gibt Tipps für nachhaltiges Leben.“ Eine Wissenschaftlerin des SPD-nahen Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin) gibt Orientierung, ordnet Erkenntnisse ein und bewertet politische Entscheidungen? Letzteres mag man gerne glauben, allerdings fragt sich dann aber auch, was das mit Wissenschaft zu tun hat. Diese Frage zieht sich generell durch die Causa Kemfert. Früher hätte man Personen wie Kemfert wahrscheinlich als Wissenschaftlerin mit klarem Klassenstandpunkt bezeichnet. Von Torsten Küllig.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Das wundert nicht, denn das DIW hat so viel mit Wirtschaftsexpertise zu tun wie Annalena Baerbock mit Diplomatie oder Robert Habeck mit Wirtschaftspolitik. Dieses Institut wird von dem Ökonomen Marcel Fratzscher geleitet, den FAZ-Autor Rainer Hank nicht ohne Grund schon 2017 „Claqueur der SPD“ nannte. Insbesondere seine Aussagen zur wirtschaftlichen Einordnung der Migrationspolitik, wie zum Beispiel „Nach sieben Jahren bringt ein Flüchtling dem Staat Geld“, lassen Zweifel aufkommen, ob das Institut wissenschaftlich oder eher politisch angetrieben arbeitet. Der Leitspruch des DIW könnte also durchaus lauten: „fratzschern statt forschen.“

Schaut man sich die Aussagen und Prognosen von Frau Kempfert an, so verwundert es den Beobachter schon, was genau der Grund für ihre auffällig überdurchschnittliche Medienpräsenz ist.

Selbst der Spiegel hat ihr 2022 eine Kolumne gewidmet, bei der ihre Irrtümer und Fehleinschätzungen trefflich aufgezeigt wurden. „Die Angst vor dem Blackout wird nur von Ewiggestrigen geschürt“, sagte Kemfert noch im Oktober 2021. Neun Monate später lautete dann ihre Parole: „Wir müssen uns leider Gedanken über einen Blackout machen.“

Die Causa Kemfert ist symptomatisch für unsere derzeitige Wissenschaftslandschaft. Es geht mehr um Haltung statt um Forschung. Das hatte Kempfert trefflich bei ihrem letzten MDR-Podcast unter Beweis gestellt.

Dort wurde sie von dem Moderator Marcus Schödel zu einer Studie befragt, die die Aufrüstung der NATO extrem kritisch sieht. Mitherausgeber der Studie ist die Organisation „Internationale Ärzt:innen für die Verhütung eines Atomkriegs“, deren Co-Vorsitzende Angelika Claußen den Standpunkt vertritt, die Aufrüstung auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts stehe in einem massiven Widerspruch zu den deutschen Klimazielen. Eine Binse, könnte man meinen, aber nicht für Frau Kemfert. Sie ordnet ja ein und gibt Orientierung, deshalb stimmt sie der Studie selbstverständlich nicht zu, sondern gibt zu Protokoll:

„Das Wettrüsten geht ja nicht von uns aus, sage ich jetzt mal, von uns westlichen Demokratien. Wir rüsten ja nur auf, um uns zu verteidigen, die Werte, die Demokratie, den Frieden, den wir hier haben. Die Aggression geht von anderen aus, von Autokraten, von Despoten, von Despoten fossiler Mächte muss man auch sagen, fossiler Energien. Atomenergien sind Kriegsenergien. Erneuerbare Energien sind da eher Friedensenergien. Und hier geht es darum, dass wir unseren Frieden verteidigen. Wir hatten jetzt gute Jahrzehnte des Friedens. Ich fürchte, sie sind ja jetzt erst mal so vorbei. Es kommen jetzt unruhige Zeiten wie im Kalten Krieg wieder. (…) Also in der Summe sind wir im Moment an so einem Konfliktherd, in einer Schockwelle, würde ich sagen, wieder drin, dass einerseits die Kräfte der Vergangenheit, die Kräfte der Atomenergien, die Kräfte der fossilen Energien kämpfen gegen unsere Werte des Friedens und der Freiheit. Und darum geht es an der Stelle.“

Insbesondere der letzte Satz lässt einen fassungslos zurück. Das sind also die wissenschaftlichen Einordnungen der Energieökonomin, Atom- und fossile Energien kämpfen gegen Frieden und Freiheit…

Wäre der Moderator besser vorbereitet gewesen, so hätte er aus der Zusammenfassung der angeführten Studie zitieren und Frau Kemfert damit konfrontieren können. Dort steht:

Der Hauptnutznießer der NATO-Ziele ist die Rüstungsindustrie, die ihre Einnahmen, Gewinne und Aktienkurse in die Höhe schnellen. Die Industrie betreibt Lobbyarbeit, um sicherzustellen, dass diese Gewinnströme dauerhaft werden, indem sie langfristige strukturelle Verpflichtungen für die Rüstungsproduktion fordert und durch die Einschränkung von Umweltverpflichtungen. Die Lobbyarbeit hat sich ausgezahlt, wie der EU-Akt von 2023 zeigt zur Unterstützung der Munitionsproduktion (ASAP), dem NATO-Aktionsplan zur Verteidigungsproduktion (2023), und die Unterstützung der Biden-Regierung für die Waffenproduktion. Sie wird auch die Waffenexporte in Länder außerhalb der NATO ankurbeln, da die Kriegswirtschaft nach dem Ende des Krieges in der Ukraine nach weiteren Absatzmärkten zu Ende ist. (…) Letztendlich kann sich kein Sektor auf eine Ausnahme von radikalen Klimamaßnahmen für sich beanspruchen, auch nicht das Militär und die Rüstungsindustrie.“

Er hätte nicht nur das gewaltige militärische Potential der NATO-Staaten (5.817.100 Soldaten) zur Russischen Föderation (1.330.900 Soldaten) gegenüberstellen können, sondern auch die Militärausgaben in Höhe von 1.175, 2 Mrd. US-Dollar zu 86,4 Mrd. US-Dollar)

Aber leider Fehlanzeige. Solche Zahlen schaden ja der korrekten Einordnung und könnten die Zuhörer vielleicht sogar noch verunsichern.

Stattdessen weist er darauf hin, dass die Bundeswehr ab 2024 100 Prozent auf Ökostrom und die Luftwaffe auf nachhaltigen Flugtreibstoff setzen will, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Wer es genauer wissen will, sollte sich das gesamte Interview anhören, sofern er es aushält.

Es bleibt also festzuhalten: Millionen Bürger werden täglich agitiert, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren, weniger Fleisch zu essen, weniger Auto zu fahren, weniger zu fliegen, ihre Gasheizung zugunsten einer Wärmepumpe zu entsorgen, ja sogar aus Klimaschutzgründen weniger Kinder zu kriegen.

Aber beim Militär ist CO2-Reduktion freiheitsgefährend – gehen Sie bitter weiter, es gibt hier nichts zu sehen.

Solche Positionen sind keine Wissenschaft, sie sind eine Botschaft der Herrschaft, sie sind pure Heuchelei!

Titelbild: Screenshot von ardaudiothek.de

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