Das erste Opfer der Militärs ist die Wahrheit – Lügen der NATO

Das erste Opfer der Militärs ist die Wahrheit – Lügen der NATO

Das erste Opfer der Militärs ist die Wahrheit – Lügen der NATO

Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

Die NATO wird bald 75 Jahre alt. Sie begann mit einer Lüge: Das Mittel der Manipulation der eigenen Bevölkerung und von Teilen der politischen Klasse ist Element der psychologischen Kriegsführung. Sie lenkt das Denken und Handeln der Menschen in eine bestimmte Richtung, möglichst, ohne dass diese es merken. Eines der dadurch bedingten Probleme ist, dass die Menschen die Probleme ihrer Zeit nicht mehr bewältigen können, da sie mit Falschmeldungen infiltriert werden. Der Vertreter der kritischen Theorie Th. W. Adorno erkannte dies früh, als er sagte, es gebe kein richtiges Leben im falschen. Ein Artikel von Bernhard Trautvetter.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Zum Falschen: US-Präsident Truman erklärte 1949 zum NATO-Gründungsdokument: „Dieser Vertrag ist ein einfaches Dokument und die Staaten, die es unterschreiben, stimmen nach den friedlichen Grundsätzen der Vereinten Nationen darin überein, die freundschaftlichen Beziehungen untereinander und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu erhalten, zusammenzustehen, wann immer das Territorium oder die Unabhängigkeit eines von ihnen verletzt wird, und sich gegenseitig zu Hilfe zu kommen, wenn einer von ihnen angegriffen werden sollte.“

Seine Truman-Doktrin genannte Strategie machte klar, dass es der NATO vor allem darum ging, den Einfluss der Sowjetunion einzudämmen – auch mit Hilfe Westdeutschlands, wie es der Leiter der Forschungsgruppe „Sicherheitspolitik“ der Stiftung Wissenschaft und Politik, Dr. Markus Kaim, erklärt: „1949 wurde die Bundesrepublik gegründet, bekam in weiten Teilen ihre außenpolitische Souveränität zurück, und dann sehr zügig begann ja auch die Debatte um eine Wiederbewaffnung …“ Statt einer gemeinsamen Problemlösung nach dem schlimmsten aller Kriege ging es um Konfrontation, Eindämmung und Rivalität. Das löst keine Probleme, sondern es schafft neue und verschärft Spannungen, die nun im Atomzeitalter eskalieren können.

Diese Konfrontations-Strategie konnte auf die antirussische Propaganda der Nazis im Zweiten Weltkrieg zurückgreifen, die immer noch das Alltagsbewusstsein vieler Menschen prägte.

Die NATO-Gründer legitimierten ihr Vorgehen mit politischen Konflikten in der Nachkriegsära, die sich auf China/Korea und auf Europa bezogen, wie zum Beispiel: Um die militärische Gefahr aus dem Osten zu belegen, griff die Propaganda auf mehrere Konflikte in Staaten zwischen Ost und West von Korea bis Berlin zurück – Beispiel: „Die Sowjetunion, die damals West-Berlin blockiert und ein Jahr zuvor den kommunistischen Umsturz in der Tschechoslowakei unterstützt hat, soll wissen, dass sie für weitere Expansionsversuche einen hohen Preis zu zahlen hat.“

Wie gehaltvoll die Legitimation der NATO als militärisches Bollwerk gegen den Kommunismus im Allgemeinen und gegen die Sowjetunion im Osten war, zeigt ein Text des späteren US-Botschafters in Moskau, des US-Strategen George F. Kennan: „Sie wollen den Kampf um Deutschland und Europa gewinnen, aber nicht durch militärische Aktion.“ G. F. Kennan kannte sicher die US-Geheimdienst-Studie, die die Wahrheit für die interne Beratung unverfälscht abbildete: Die sowjetische Führung sei sich „ihrer ungeheuren Schwäche durch die großen Verluste an Menschen (über 20 Millionen Tote…) und an Produktionspotential in der Nachkriegsperiode bewusst“. (Joint Intelligence Staff, hier laut Uli Cremer, Neue Nato: die ersten Kriege, HH 2009, S. 18)

Keine andere Armee, kein anderes Volk hatte so viele Verluste und Tote zu beklagen wie die Rote Armee und wie die Sowjetunion. Von diesem Blutzoll hat sie sich nie richtig erholen können. Es gab in der Sowjetunion kaum eine Familie, die nicht von diesem Vernichtungsfeldzug Nazideutschlands betroffen war, das gilt für Zivilisten und Soldaten gleichermaßen.

Das verlogene Gründungsnarrativ fand eine Vielzahl an weiteren Täuschungsmanövern bis heute. Sei es der Vietnamkrieg, den die NATO-Führungsmacht USA ohne nennenswerte Kritik aus der NATO mit Millionen Toten durchziehen konnte. Zum einen folgte die Legitimation der sogenannten Domino-Theorie, der zufolge Vietnam nicht kommunistisch werden darf, weil sonst – wie Dominosteine – weitere Staaten für die demokratische Welt verloren gehen würden.

Den Bombenterror gegen nordvietnamesische Städte begründeten die USA als Vergeltung gegen einen Angriff auf ihre Marine vor der vietnamesischen Küste im Golf von Tonkin. Dieser Angriff erwies sich allerdings als selbstinszenierter Vorwand der USA für ihren Bombenterror. 1972 zog US-Präsident Nixon einen Atomschlag gegen Nordvietnam in Erwägung. Die NATO tolerierte die Propagandamaschinerie und die Gewalt ihrer Führungsmacht, sie hüllte sich in Schweigen darüber, dass die USA viermal so viele Bomben auf Vietnam warfen, wie während des Zweiten Weltkrieges gefallen waren.

Wenige Jahre später erfand sie einen von ihr so genannten Nachrüstungsbedarf, da sie zwar sowjetische Arsenale in Europa erwähnte, ohne das Drohpotential Frankreichs und Großbritanniens mit zu erwähnen. Die Friedensbewegung erkannte das und erhob sich in der Summe millionenfach gegen die atomare Bedrohung.

Wieder eine Weile später log die NATO, indem sie bekundete, man habe der Sowjetunion zum Ende des Kalten Krieges nur mündlich und damit nicht rechtsverbindlich versprochen, dass die NATO sich keinen Zentimeter („not an inch“) nach Osten hin ausdehnen würde. Sie verschwieg dabei die internationalen Festlegungen im 2+4-Vertrag, der Charta von Paris und der OSZE-Sicherheits-Charta, nach denen die gegenseitige Sicherheit Basis einer gemeinsamen Friedensordnung sein soll.

Die Einhaltung dieser Verpflichtung hätte vermutlich den Ukrainekrieg verhindert. Doch ehe es dazu kam, brach die NATO 1999 im Jugoslawienkrieg mit der Bombardierung Serbiens durch einige NATO-Staaten ohne UN-Mandat Völkerrecht. Die Legitimation war, man müsse ein neues Auschwitz verhindern. Man erklärte Bilder von Bürgerkriegs-Szenen um in Berichte über ein Massaker. Dazu kommentierten ARD-Reporter, der Krieg habe mit einer Lüge begonnen.

Die dann nächste große und brandgefährliche NATO-Lüge war das Legitimationsnarrativ für den Irak-Krieg, denn Saddam Hussein hatte nicht die ihm von den USA angedichteten Massenvernichtungswaffen, der unprovozierte Überfall war ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg. Die Bundesregierung weigert sich allerdings, diesen Krieg zu verurteilen.

Der nächste Rechtsbruch war der Libyen-Krieg von NATO-Staaten 2011: Russland hatte sich noch im Weltsicherheitsrat enthalten, um den USA und anderen NATO-Staaten zu ermöglichen, die Zivilbevölkerung gegen diktatorische Gewalt zu schützen. Dieses Mandat hat die sogenannte Koalition der Willigen aus einigen NATO-Staaten mit ihrer Regime-Change-Operation überreizt und dadurch die gesamte Region bis heute ins Chaos gestürzt.

Anders verhält sie sich beim Krieg Russlands in der Ukraine. Hier folgt sie der NATO-Propaganda: Generalsekretär Stoltenberg erklärte Anfang Februar 2024, man müsse mit einer Ausdehnung der russischen Aggression rechnen und mit einem jahrzehntelangen Konflikt mit Russland. Die gesamte Propaganda westlicher Medien und Politiker spricht von einem unprovozierten russischen imperialen Machtstreben, einem Überfall, insgesamt also von einem unprovozierten Angriffskrieg.

Im EU-Parlament hatte Jens Stoltenberg im September 2023 den wahren Grund für den Krieg benannt: Es sei Russland darum gegangen, dass die Ukraine mit ihrer langen Grenze mit Russland kein NATO-Land werde. Diesen Wunsch habe man Russland verwehrt. „Er wollte, dass wir das Versprechen unterschreiben, die NATO niemals zu erweitern. Er wollte, dass wir unsere militärische Infrastruktur in allen Verbündeten, die der NATO seit 1997 beigetreten sind, entfernen, … Das haben wir abgelehnt. Also zog er in den Krieg, um …, mehr NATO in der Nähe seiner Grenzen zu verhindern.“ Demgegenüber wird die westliche Öffentlichkeit mit einer Kriegspropaganda überzogen, um sie für Hoch- und Atomrüstung zu gewinnen, statt eine den Verträgen entsprechende Friedensordnung aufzubauen, die auch das ökologische Überleben der Menschheit sichern könnte.

Was sich durch 75 Jahre NATO durchzieht: Militarisierung des menschlichen Denkens und gesellschaftlichen Handelns, Kriegspropaganda, Gewalt, Rüstung und Täuschung. Das kann sich die Menschheit auf der zerbrechlichen Erde des 21. Jahrhunderts nicht mehr leisten. Sie braucht die Überwindung der Militärpakte zugunsten einer friedensökologischen Weltordnung im Rahmen der UNO.

Titelbild: Piotr Zajc/shutterstock.com