Die TV-Komödiantin Bosetti macht mit einem aktuellen Tweet zum Weltkriegsgedenken auf sich aufmerksam und ruft damit Erinnerungen wach an ihre verletzenden Äußerungen gegenüber Kritikern der Corona-Politik. Die Episode kann auf allgemeinerer Ebene zeigen: Um immer noch den Eindruck erwecken zu können, dass man mit der Corona-Politik und der eigenen stützenden Rolle darin im Reinen ist, muss man sich von vielen seither zutage getretenen Erkenntnissen aktiv abschirmen. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Die öffentlich-rechtlich finanzierte TV-„Satirikerin“ Sarah Bosetti, die während der Corona-Zeit unter anderem mit ihrem „Blinddarm“-Vergleich mit Andersdenkenden durchaus „einteilend“ gewirkt hatte, hat sich im Zusammenhang mit dem Weltkriegsgedenken und der AfD-Debatte gerade auf X so geäußert:
„Wir brauchen nicht mal ein Menschenleben, um zu vergessen, dass das Einteilen von Menschen in würdiges und unwürdiges Leben, in legale und illegale Menschen, in Gleiche und Gleichere eine moralische Katastrophe ist.“
Es dauerte nicht lange, da wurde Bosetti mit den doppelten Standards ihrer eigenen Aussagen heute bzw. zur Zeit der Corona-Politik konfrontiert. Der Nutzer „Argo Nerd“ hat unter diesem Link folgende Collage präsentiert:
Quelle: Screenshot X
Und unter diesem Link findet sich ein Zusammenschnitt vom damaligen „Blinddarm-Video“ mit den aktuellen Aussagen:
Stimmung: pic.twitter.com/lBb3NTsslU
— Marian Kamenskrebs (@DSBMDoom) May 8, 2025
Bosetti verweist auch auf ihr aktuelles Video der Reihe „Bosetti will reden“. Das Video wird so angekündigt: „Sarah hat Mitleid mit Friedrich Merz und Lob für den Verfassungsschutz.“ Außerdem findet sie: „Wir sollten ‚Gegen das Vergessen‘ ernster meinen.“ Ein Nutzer bei X kommentiert bezüglich dem aktuellen Bosetti-Zitat und der damaligen Meinungsmache während der Corona-Politik:
„Wir brauchen nicht einmal 4 Jahre, um zu vergessen, welch menschenfeindlichen Bullshit wir gepostet haben.“
Im Artikel „Kein Scherz: Sarah ‘Blinddarm’ Bosetti erhält Grimme-Preis“ hatte ich zu ihr geschrieben:
„Die ‚Satirikerin‘ Bosetti hat bereits harte Meinungsmache gegen Andersdenkende und Regierungskritiker verbreitet – unter anderem bei den Themen Corona und Ukrainekrieg. Sie praktizierte eine von Bürgergebühren wohlfinanzierte Form der ‚Satire‘, die von der großen TV-Bühne herab teilweise nach unten tritt und gegen im Meinungskampf benachteiligte Bürger austeilt.“
RKI-Files? Nie gehört!
Der Person Bosetti soll hier nicht zu viel Gewicht verliehen werden – obwohl es in ihrem Fall schon besonders aufreizend ist, dass man sie und ihre Botschaften auch noch mit den Gebühren finanzieren muss. Auch das wäre übrigens nicht zu beanstanden, wenn es angemessene Gegengewichte im öffentlich-rechtlichen Programm geben würde – die Szene der überwiegend angepassten TV-Comedians muss aber als sehr unausgewogen bezeichnet werden, wie im Artikel „Jämmerliches ‘Kabarett’: TV-Satiriker schützen die Kriegspolitik“ beschrieben wird.
Interessanter als die Person finde ich eine etwas allgemeinere Ebene: Die Beobachtung, dass es nur wenige Jahre brauchte, um bei vielen Bürgern, die die Corona-Maßnahmen-Politik damals mitgetragen hatten (oder gar bei aktiven Meinungsmachern wie Bosetti), die Erinnerung an das eigene ausgrenzende und „einteilende“ Verhalten stark zu trüben. Selbstreflexion? Fehlanzeige. Mutmaßlich auch, um die Auseinandersetzung mit dem eigenen damaligen Verhalten vermeiden zu können, wird dadurch aber billigend in Kauf genommen, dass die zerstörerischen Elemente der Corona-Politik nicht aufgearbeitet werden und sich die erlebten, teils irrationalen Dynamiken wiederholen könnten.
Ob Bosetti inzwischen begreift, dass die Corona-Zeit genau die Zeit gewesen wäre, um die eigenen Phrasen von Haltung und Widerstand endlich mit Leben zu füllen? Ein Nutzer kommentiert:
„Das schlimme ist, das diese Person ihre Doppelmoral nicht mal bemerken würde, wenn man ihr diese 2 Tweets nebeneinander zeigen würde…”
Aber ist diese Naivität wirklich real oder ist sie nur eine als Abwehrmechanismus genutzte Pose? Man könnte das (nur scheinbar naive) heutige Verhalten vieler damaliger Vertreter der Corona-Politik auch als eine Form der Vorwärtsverteidigung deuten. Dazu gehört auch eine meiner Meinung nach oft nur vorgetäuschte „Unwissenheit“, um die lang gepflegte eigene Position nicht durch neue Infos zu gefährden: „RKI-Files? Nie gehört!“ Oder auch: „Und wo ist nun der Skandal?“ Oder auch: „Was genau muss denn bei der Corona-Politik eigentlich so dringend aufgearbeitet werden?“
Unwissenheit ist Stärke
Um immer noch den Eindruck erwecken zu können, dass man mit der Corona-Politik und seiner eigenen stützenden Rolle darin im Reinen ist, muss man sich meiner Meinung nach von zahlreichen seither zutage getretenen Erkenntnissen aktiv abschirmen.
So ist auch die auf den Slogan der Regierungspartei in George Orwells Roman „1984“ anspielende Überschrift gemeint: Die Aufrechterhaltung der eigenen „Unwissenheit“ kann die Moral stärken, da sie nicht von störenden Faktoren wie den „RKI-Files” oder den zahlreichen anderen Erkenntnissen zur realen Gefährlichkeit des Virus oder der zum Teil destruktiven Wirkung der Maßnahmenpolitik in Zweifel gezogen wird.
Viele aktive Corona-Akteure, die sich zum Beispiel immer noch nicht von ihrer Hetze gegen Ungeimpfte oder gegen Andersdenkende bezüglich Schulschließungen und einsam versterbenden Alten etc. distanziert haben, praktizieren inzwischen mutmaßlich genau das, was sie ihren Gegnern oft vorwerfen: Sie isolieren sich in einer Blase von Gleichgesinnten und wehren störende neue Infos wie feindliche Angriffe ab.
Übrigens, liebe „Kämpfer gegen Rechts“: Die verweigerte kritische Analyse der Corona-Zeit ist meiner Meinung nach für viele Bürger ein starkes Motiv, die AfD zu wählen. Ein ernstgemeinter „Kampf gegen Rechts“ würde sich also dafür einsetzen, dass die zerstörerischen Elemente der Corona-Politik aufgearbeitet und für die Zukunft geächtet werden.
Titelbild: Screenshot ZDF
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