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  1. Klare Worte nötig
  2. Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland seit der Wiedervereinigung
  3. Verkauf von Brandbeschleunigern
  4. Bundeswehr-Einsatz in Mali: „Das entspricht nicht dem Mandat des Bundestages“
  5. US-Außenminister Pompeo kritisiert Iran-Politik der EU scharf
  6. Slavoj Zizek: Steve Bannon’s Brussels plans threaten Europe’s liberal legacy
  7. Türkei: Smartphone-App für Denunzianten in Deutschland
  8. May lockt Konzerne mit „niedrigsten Unternehmensteuern der G20“
  9. Aus für Schwedens Sozialdemokraten
  10. Flüchtlingslager auf Lesbos Krankheiten, Gewalt, psychische Attacken
  11. CO2-Emissionen: Umweltministerin knickt im Streit um Grenzwerte für Autos ein
  12. Die letzte Räumung
  13. Gegen den Polizeistaat: Ein heißer Herbst gegen die neuen Polizeigesetze
  14. Bayernwahl und die Grünen – Dahoam im politischen Disneyland
  15. Zu guter Letzt: Gezwitscherte Dummheiten

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Klare Worte nötig
    Erdogan auf Deutschland-Besuch. Gastkommentar
    Seit Wochen wird über den Besuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan heiß diskutiert. Ob er mit allen Ehren empfangen werden oder ob ein Arbeitsbesuch genügen sollte, war die Frage. Noch bevor diese geklärt werden konnte, kam Erdogan bereits mit seiner ungeheuer großen Delegation. In das Land, dessen kritische Staatsbürger seiner Meinung nach »Terroristen« und »Agenten« sind und weggesperrt gehören. Doch warum kommt er dann in ein Land, das er als Unterstützer von Terrorismus ansieht und als »Nazi«-Deutschland beschimpft hat? Sind all die Worte und Taten vergessen?
    Der deutsche Botschafter in Ankara, Martin Erdmann, der als ranghöchster Ansprechpartner die von der Repression des türkischen Staates Betroffenen kennenlernen konnte, erklärt es sehr präzise. In einem Interview kurz vor der Abreise des türkischen Staatspräsidenten sagte Erdmann, beide Länder seien mit soliden Brücken aneinander gebunden. Er fügte hinzu, dass der Besuch den Willen beider Seiten, das Verhältnis zu normalisieren, widerspiegle, und »es zeigt, dass wir durch stürmische Zeiten gehen können – aber unser Interesse, gemeinsam zu arbeiten« vorherrsche. Derselbe Botschafter ist seit zwei Jahren Zeuge der Willkürjustiz, der menschenverachtenden Politik des türkischen Staates und des Abbaus der demokratischen Strukturen geworden. Aber dennoch glaubt er, wie viele Politiker der Bundesregierung, dass man die Risse füllen und weiterarbeiten kann.
    Quelle: Mesale Tolu in junge Welt

    dazu: Berichten nach Erdogans Gnaden
    Um die Pressefreiheit ist es in der heutigen Türkei schlecht bestellt. Nicht nur offen oppositionelle Journalisten und Journalistinnen, sondern alle, die sich nicht den Direktiven der Regierung und regierungsnaher Medienbosse beugen, werden durch die Behörden kriminalisiert, im Internet bloßgestellt, oder ihre Arbeit wird erschwert durch Repression, Entzug des Presseausweises oder Entlassung. Laut Zahlen des Justizministeriums mussten 11.000 Journalisten im Zeitraum zwischen 2003 und 2016 vor Gericht erscheinen. In etwa der Hälfte der Fälle mussten die Angeklagten zumindest zeitweise ins Gefängnis. Außerdem wurden allein im Zeitraum zwischen 2013 und 2016 36.000 Presseausweise nicht mehr erneuert, was insbesondere in von Polizei, Gendarmerie und Militär kontrollierten Gebieten die Arbeit als Journalist de facto verunmöglicht.
    Nach Angaben des »Stockholm Center for Freedom« (SCF) befinden sich immer noch 168 Journalisten im Gefängnis, gegen weitere 147 liegt ein Haftbefehl vor. 85 Prozent der inhaftierten Reporter wurden erst nach dem Militärputsch vom 15. Juli 2016 festgenommen, fast alle davon mit dem Vorwurf der »Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation« und ähnlichen Beschuldigungen. Zugleich wurden seitdem 189 Medienunternehmen geschlossen. Deswegen und wegen der zunehmenden Repression haben nach Angaben der Türkischen Journalistenvereinigung (TGC) etwa 30 Prozent der Journalisten in der Türkei ihren Job verloren.
    Quelle: junge Welt

  2. Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland seit der Wiedervereinigung
    Nach Tagesspiegel- und Zeit-Online-Recherchen wurden seit 1990 mindestens 169 Menschen von extrem Rechten getötet. Die interaktive Karte stellt die Fälle dar.
    Die Zahl der Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung ist deutlich höher als von der Bundesregierung gemeldet. Diese hatte im Juni in der Antwort auf eine Anfrage von Bundestagspräsidentin Petra Pau (Linke) von 83 Toten seit der Wiedervereinigung gesprochen. Recherchen des Tagesspiegels und von „Zeit Online“ ergaben, dass seit 1990 in Deutschland mindestens 169 Menschen von Neonazis und anderen extrem Rechten getötet wurden. Bei weiteren 61 Todesopfern gibt es zumindest Indizien für ein rechtes Motiv des Täters. Auf dieser interaktiven Karte sind im Folgenden alle Fälle verzeichnet und kurz beschrieben.
    Quelle: Tagesspiegel
  3. Verkauf von Brandbeschleunigern
    Große Koalition Alle meckern über die Zusammenarbeit von CDU, CSU und SPD. Bei Waffengeschäften funktioniert sie allerdings bestens
    Auch wenn sich in diesen Tagen der Eindruck immer mehr verstärkt hat, dass die Große Koalition in Berlin einer Restlaufzeit entgegengeht, agiert sie doch bei mancher Entscheidung erstaunlich reibungslos. Zum Beispiel bei der Genehmigung deutscher Rüstungsexporte in Krisen- und Kriegsgebiete des Nahen Ostens. Es ist allgemein bekannt, dass der Jemen brennt – und das seit über drei Jahren. Bekannt ist weiter, wer den Kriegsbrand mit Tausenden von Toten immer wieder anfacht: Saudi-Arabien und die aus anderen Golf-Anrainern bestehende Koalition der Willigen. Hinsichtlich dieses Konflikts funktionieren die notorischen Reflexe der Bundesregierung tadellos.
    Man verkauft reichen Staaten, die gegen ein bettelarmes Land kämpfen, die Waffen, die sie verlangen. Saudi-Arabien soll vier auf Panzerfahrzeugen montierte Artillerie-Ortungssysteme erhalten. Die Vereinigten Emirate bekommen 48 Gefechtsköpfe und 91 Zielsuchköpfe für Abwehrsysteme auf Schiffen. Der Verkauf von Defensivwaffen an Jordanien und Ägypten kann zwar weniger mit deren Engagement im Jemen in Verbindung gebracht werden, gilt aber trotzdem Staaten im nahöstlichen Krisenraum. Dieser Waffentransfer steht im Widerspruch zu den „Politischen Grundsätzen“, die sich die Bundesregierung für „den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ selbst auferlegt hat. Danach sind Rüstungsausfuhren „restriktiv zu gestalten“, sie sollen durch eine „Begrenzung und Kontrolle einen Beitrag zur Sicherung des Friedens, der Gewaltprävention, der Menschenrechte und einer nachhaltigen Entwicklung in der Welt“ leisten.
    Aber halt! Die „Politischen Grundsätze“ enthalten einen Passus, den die Regierung Merkel vermutlich als Schlupfloch versteht: Der Export von Rüstungsgütern soll sich auch „an außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland orientieren“.
    Quelle: der Freitag
  4. Bundeswehr-Einsatz in Mali: „Das entspricht nicht dem Mandat des Bundestages“
    Die Bundeswehr arbeitet in Mali eng mit französischen Anti-Terror-Einheiten zusammen. Das sei alles erlaubt, behauptet die Bundesregierung. Die Opposition hat Zweifel daran und fordert Aufklärung.
    Die Bundeswehr arbeitet bei ihrem Einsatz in Mali eng mit der französischen Anti-Terror-Operation „Barkhane“ zusammen. Die Kooperation erstreckt sich auf den Austausch von Aufklärungsergebnissen, die unter anderem durch den Einsatz von Heron-Drohnen gewonnen werden. Bis zu logistischer Unterstützung des französischen Kampfeinsatzes durch Transportflüge für Soldaten und Material. Das räumte die Bundesregierung bei einer Befragung am Mittwoch im Verteidigungsausschuss des Bundestags ein und bestätigte damit einen entsprechenden Bericht von WELT AM SONNTAG. […]
    Derartige Transporte fänden „unterhalb der Mandatsschwelle“ statt, so die Erklärung des Generalinspekteurs. Sie seien damit rechtlich in Ordnung. Was genau das allerdings bedeutet, ließ die Bundesregierung offen. Oppositionspolitiker fordern nun weitere Aufklärung der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und französischen Anti-Terror-Einheiten.
    Katja Keul, Verteidigungspolitikerin der Grünen, sagte: „Die logistische Unterstützung für die französischen Sicherheitskräfte entspricht nicht dem Mandat des Bundestags.“ Denkbar sei dies, wenn überhaupt, nur auf malischem Staatsgebiet. Auch die Drohneneinsätze der Bundeswehr wollen die Grünen nun prüfen lassen. „Es ist unbefriedigend, dass die Bundesregierung zu den Einsätzen der französischen Operation „Barkhane“ im Raum Gao nichts sagen kann“, so Keul. „Entweder wird dem Bundestag hier etwas verschwiegen. Oder die Bundesregierung ist wirklich nicht in der Lage, dazu Auskunft zu geben. Das wäre ein eklatantes Informationsdefizit.“ […]
    Der FDP-Verteidigungsexperte Alexander Müller sagte, das Verteidigungsministerium lasse im Fall der deutsch-französischen Kooperation in Mali die „die Grenzen der Mandate fließen“. Man benutze das UN-Hauptquartier „als Bestimmungs-Ziel der Aufklärungsfotos, um sich von der Verantwortung der Anschlußnutzung freizusprechen“, so Müller. „Auch umfangreiche Transportflüge französischer Soldaten wurden eingeräumt, deren exakte Tätigkeit sicher nicht in jedem Einzelfall geprüft wurde.“ Auch wenn die Franzosen „engste Verbündete“ seien, müsse die Bundeswehr unbedingt den Eindruck vermeiden, die „mandatierte Friedenssicherungs-Mission mit der Terroristen-Jagd der Franzosen zu vermischen“.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Grüne und FDP beklagen sich, haben dem Einsatz aber zuletzt wieder zugestimmt.

  5. US-Außenminister Pompeo kritisiert Iran-Politik der EU scharf
    US-Außenminister Mike Pompeo hat scharfe Kritik an dem von EU-Staaten geplanten System zur Umgehung von US-Sanktionen gegen Iran geübt. “Das ist eine der denkbar kontraproduktivsten Maßnahmen für regionalen und globalen Frieden und Sicherheit”, sagte Pompeo in New York. Er sei “zutiefst enttäuscht zu hören, dass die verbliebenen Parteien im (Atom-)Abkommen ein besonderes Zahlungssystem gründen, um US-Sanktionen zu umgehen”.
    EU-Staaten wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen eine Zweckgesellschaft zur Umgehung von US-Sanktionen gründen, um das Atomabkommen mit Iran zu retten. Diese Gesellschaft soll die Bezahlung iranischer Exporte ermöglichen, darunter auch die für das Land besonders wichtigen Erdölausfuhren, wenn sich private Banken wegen drohender US-Strafen dazu nicht mehr bereiterklären. Das geplante System könnte auch anderen Partnern auf der Welt offenstehen, erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montagabend am Rande der UN-Vollversammlung in New York. […]
    Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton drohte: “Das mörderische Regime und seine Unterstützer werden bedeutenden Konsequenzen gegenüberstehen, wenn sie ihr Verhalten nicht ändern.” Unmittelbar vor seiner Rede vor der UN-Vollversammlung hatte Trump ein Treffen mit seinem iranischen Kollegen ausgeschlossen, solange es keinen Politikwechsel Teherans gebe.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung André Tautenhahn: So was kann man auch Einmischung nennen, also einen Vorgang, den die Amerikaner bei sich überhaupt nicht tolerieren. Sie selbst nehmen sich aber das Recht heraus, an andere Staaten ständig Drohungen zu verteilen, wenn die nicht nach der Pfeife Washingtons tanzen.

    dazu: Die Tauschbörse der EU
    Mit einem Aufruf, Iran weltweit zu isolieren, hat US-Präsident Donald Trump am gestrigen Dienstag jüngste Bemühungen der EU um die Weiterführung des Handels mit dem Land beantwortet. Die von Washington neu gestarteten Sanktionen gegen Teheran müssten weltweit umgesetzt werden, forderte Trump gestern vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen. Die EU-Außenbeauftragte hatte am Vorabend die Gründung einer Zweckgesellschaft angekündigt, die nach Art einer Tauschbörse funktionieren und sowohl iranische Erdölexporte als auch europäische Lieferungen nach Iran ermöglichen soll. Mit der neuen Institution, die grundsätzlich auch nichteuropäischen Teilnehmern offenstehen wird, soll ein Mindestmaß an Handelstätigkeiten bewahrt werden. Das Vorhaben gilt als Testfall für die Berliner Bemühungen um eine eigenständige Weltpolitik. Gleichzeitig wird Iran von Terroristen attackiert, die separatistische Ziele verfolgen. Auch westliche Beobachter schließen nicht aus, dass Verbündete Berlins von der arabischen Halbinsel die Separatisten befeuern.
    Quelle: German Foreign Policy

  6. Slavoj Zizek: Steve Bannon’s Brussels plans threaten Europe’s liberal legacy
    The American far right has spotted a gap in the European market, as the continent buckles from the fallout of mass migration and austerity. For liberals to maintain control, they must ally themselves with the radical left.
    Recently, it has been widely reported that Steve Bannon plans to establish a group to coordinate right-wing nationalist populists all around Europe. Based in Brussels, “The Movement,” as the body is called, will research and write policy proposals, commission polling, and share expertise on messaging and data targeting. It already employs 80 people and its ultimate goal is nothing less than to radically change the political landscape of Europe, by sidelining the liberal consensus and replacing it with my-country-first anti-immigrant nationalism.
    Right now, US public opinion is obsessed with alleged Russian meddling into their electoral process – but just imagine if Putin were to send someone to Washington to act like Bannon in Brussels. Thus, here we encounter the old paradox: the separatist forces of disunity are better at establishing their transnational unity than the forces of international solidarity. No wonder liberal Europe is in a panic.
    We are bombarded by the idea that today, in the early 21st century, the precious liberal legacy of human rights, democracy and individual freedoms is threatened by the explosive rise of “fascist” populism, and that we should gather all our strength to keep at bay this threat. This idea should be resolutely rejected on two levels. First, populism didn’t hit Earth like a comet (as Joschka Fischer wrote about Donald Trump): its rise is more like a crack in the earth, a flow of lava streaming out – and it is the result of the disintegration of the liberal consensus and the inability of the Left to offer a viable alternative. The first step in fighting populism is, therefore, to cast a critical glance at the weaknesses of the liberal project itself – because populism is a symptom of this weakness.
    Quelle: RT
  7. Türkei: Smartphone-App für Denunzianten in Deutschland
    Report Mainz berichtet von einer App, mit der verdächtige Erdogan- oder Türkeikritiker weitergemeldet werden sollen
    Nach einem Bericht von Report Mainz gibt es eine Smartphone-App, über die Erdogan- bzw. Türkei-kritische türkische Staatsbürger direkt bei der Zentralbehörde der türkischen Polizei denunziert werden können.
    Die App mit dem Kürzel EGM (Emniyet Genel Müdürlügü – dt.: Zentralbehörde der türkischen Polizei) kann seit kurzem kostenlos im Google Play Store und im App Store heruntergeladen werden. Das heißt konkret, aus der Türkei stammende Bürger sind in Deutschland dazu aufgerufen, ihre Nachbarn, Freunde, Arbeitskollegen direkt in der Türkei zu denunzieren, wenn sie sich “Erdogan-kritisch” outen.
    In einem Interview mit Report Mainz nennt der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom die App “eine digitale Gestapo-Methode, die nationalistische Fanatiker aufstachelt, politische Gegner Erdogans in die Fänge seines Unterdrückungssystems zu treiben”. Schmidt-Eenboom sieht darin einen schweren Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung und fordert die deutschen Behörden auf, unverzüglich einzugreifen:
    Quelle 1: Telepolis
    Quelle 2: Report Mainz
  8. May lockt Konzerne mit „niedrigsten Unternehmensteuern der G20“
    Am Rande der Uno-Vollversammlung umgarnt die britische Premierministerin die Wirtschaft. Deutsche Firmen wollen sich durch niedrige Steuern jedoch nicht locken lassen.
    Stellt sich das Vereinigte Königreich als Steuerparadies für Großkonzerne neu auf? Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat für die Zeit nach dem EU-Austritt – wie immer der auch verhandelt werden mag – nun ein eigenes Geschäftsmodell beworben. Am Rande der Uno-Vollversammlung in New York versucht May, Unternehmen aus aller Welt auf die Insel zu locken.
    „Was auch immer sie für ein Unternehmen sind, in ein Großbritannien nach dem Brexit zu investieren wird Ihnen die niedrigsten Unternehmensteuern in der G20 bescheren“, sagte die Premierministerin am Mittwoch bei einem Wirtschaftstreffen. Damit konterkariert May direkt die Bestrebungen der weltweit führenden Industrienationen, sich beim Thema Steuersätze nicht gegenseitig zu unterbieten. Das eigentliche Ziel der Industrienationen: legale Möglichkeiten zur Steuervermeidung ausmerzen.
    Quelle: Handelsblatt

    dazu: EU muss klare Kante gegen Steueroase Großbritannien zeigen
    Die EU muss in den Brexit-Verhandlungen Straf- bzw. Quellensteuern androhen und den Zugang zum Binnenmarkt beschränken, wenn die britische Regierung weiter an ihren Plänen zum aggressiven Steuerwettbewerb bei der Unternehmensbesteuerung festhält“, kommentiert Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE und der deutsch-britischen Parlamentariergruppe, Aussagen von Premierministerin Theresa May am Rande der UN-Vollversammlung, Großbritannien strebe die niedrigste Unternehmenssteuern der G20-Staaten an. Hinsichtlich des heutigen Treffens von EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier mit dem Vorsitzenden der britischen Labour Party Jeremy Corbyn in Brüssel fügt De Masi hinzu:
    „Ein chaotischer Brexit könnte durch Neuwahlen abgewendet werden. Die EU sollte Jeremy Corbyn signalisieren, dass ihm im Falle von Neuwahlen genug Zeit gelassen wird, um die Beziehungen Großbritanniens zur EU zu regulieren. Die beste Werbung für die EU wäre ein Kurswechsel in der Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik, der die souveräne Regulierung der öffentlichen Dienste sowie der Arbeits- und Sozialgesetze gestattet. Aufgrund der katastrophalen Erfahrungen bei der Privatisierung und Liberalisierung der britischen Eisenbahn, darf nicht auf ähnliche Entwicklungen etwa im Gesundheitswesen gedrängt werden.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag

  9. Aus für Schwedens Sozialdemokraten
    Bürgerblock und Rechtspopulisten wählen Premier Löfven ab.
    Drei Wochen nach den Wahlen erlebt Schweden, wie die massiv gestärkten Rechtspopulisten gewohnte politische Strukturen aus den Angeln heben und die anderen Parteien ins Schwimmen bringen. Zur Eröffnung des Reichstages in Stockholm haben die aus Nazigruppen hervorgegangenen Schwedendemokraten am Dienstag den Ausschlag für die Abwahl des bisherigen sozialdemokratischen Premiers Stefan Löfven gegeben. Ihre 62 Abgeordneten verhalfen den Mitte-rechts-Parteien, die insgesamt 143 Sitze im neuen Parlament haben, zu einer Mehrheit gegenüber dem Mitte-links-Lager hinter Löfven, das über 144 Sitze verfügt.
    Dabei ist eine auch nur einigermaßen stabile Alternative vorerst nicht in Sicht. Für die bevorstehende Regierungsbildung machte Schwedendemokraten-Chef Jimmie Åkesson selbstbewusst Ansprüche geltend: „Wir werden jede Regierung stürzen, die uns keinen angemessenen Einfluss garantiert.“ An erster Stelle nannte er Verschärfungen bei der Zuwanderungspolitik, eine effektivere Verbrechensbekämpfung durch mehr Polizei sowie härtere Strafen und mehr Geld für das Gesundheitswesen.
    Quelle: FR Online
  10. Flüchtlingslager auf Lesbos Krankheiten, Gewalt, psychische Attacken
    Das Flüchtlingslager auf Lesbos war einst für 3000 Migranten ausgelegt. Mittlerweile leben dort 9000 Flüchtlinge. Für viele Menschen ist die Situation vor Ort unerträglich.
    Ein dicker, schwarzer Schlauch liegt vor dem Eingang. Es ist die Abwasserleitung des Flüchtlingslagers Moria. Eine enorme Menge Fäkalien fällt an bei inzwischen 9000 Bewohnern im Lager. Afrikanerinnen in farbigen und sehr sauberen Kleidern gehen mit ernsten Gesichtern an einem der Lastwagen vorbei, die zum Abpumpen gekommen sind. Es stinkt.
    Aber Hawdin, ein 27-jähriger Kurde, ist nicht wegen des Gestanks ans Meer geflüchtet. Hawdin lebt seit vier Monaten ganz für sich alleine außerhalb des Lagers an einem der wilden Strände. “Jeden Tag, immer wieder, gab es Kämpfe im Lager. Ich bin mehrmals angegriffen worden, als Kurde von Arabern”, gibt er als Begründung an und deutet auf eine Verletzung: “Hier am Auge meine Narbe, sehen Sie?” Am Strand fühle er sich alleine sicher. Weil er es im Lager nicht mehr aushalte, brächten ihm seine Freunde an seinen Platz am Meer etwas zu essen, erklärt er.
    Quelle: Tagesschau
  11. CO2-Emissionen: Umweltministerin knickt im Streit um Grenzwerte für Autos ein
    Der Weg für eine deutsche Position zu europäischen CO2-Grenzwerten für Neuwagen ist frei. Bundesumweltministerin Svenja Schulze gab ihren Widerstand gegen den Vorschlag der EU-Kommission auf.
    Die Bundesregierung hat sich auf eine Lösung für künftige CO2-Grenzwerte der EU für Neuwagen geeinigt. Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) unterstützt den Vorschlag der EU-Kommission und rückt damit von ihrer Forderung nach strengeren Grenzwerten ab, wie ein Sprecher am Mittwoch in Berlin sagte. Schulze habe sich damit gegen eine Blockade entschieden.
    Schulze und auch das EU-Parlament hatten ursprünglich eine Senkung um 45 Prozent bis 2030 gefordert, der Kommission zufolge sollen Neuwagen bis dahin im Schnitt 30 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) ausstoßen. In einem Zwischenschritt sollen es 15 Prozent weniger bis 2025 sein.
    Quelle: Spiegel Online
  12. Die letzte Räumung
    Das letzte von der Räumung unberührte Baumhausdorf im Hambacher Forst ist umgeben von einer Menschenkette. Lang ist die Mauer aus eingehakten Menschen zwischen den Räumfahrzeugen und der Besetzung. „Ham-bi bleibt, Ham-bi bleibt“, rufen etwa 200 bis 300 Menschen. PolizistInnen bilden ihre eigene Kette entlang der Menschenmauer, rücken vor, rücken nach.
    Kurz wartet man noch, dann gehen die BeamtInnen vor, die meisten augenscheinlich verhältnismäßig. Doch es gibt auch andere Szenen. Mit Schilden schlägt man Menschen – auch ausgewiesene Presse – auf Arme und Kopf, mit der Faust ins Gesicht, reißt an Haaren, lässt niemanden zu den Seiten raus. Menschen werden zusammengeschoben, können nicht weg und nicht zurückweichen, im Rücken Zelte und Barrikaden. PolizistInnen schieben weiter, Menschen fallen um, andere treten auf sie drauf, Panik bricht aus.
    Zuvor hatte die Polizei die Leute aufgefordert, die „Versammlung“ freiwillig zu verlassen. Das hatten sie nicht getan, im Gegenteil, die Kette noch verstärkt. Nach zwei Wochen Räumung sind alle Baumhausdörfer mindestens teilweise geräumt – bis auf Lorien. Hier konzentriert sich nun der Widerstand gegen die Räumung, die offiziell mit Brandschutz begründet wird. In den letzten zwei Wochen ist die Räumung von Osten nach Westen vorgerückt. Lorien ist die westlichste Besetzung.
    Quelle: taz
  13. Gegen den Polizeistaat: Ein heißer Herbst gegen die neuen Polizeigesetze
    Tatsächlich sollen nach dem Vorbild des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in Kürze auch in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Niedersachen und Sachsen die jeweiligen Polizeigesetze verschärft werden. So ist auch dort die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit vorgesehen. Einzig Thüringen plant keine Verschärfung seines Polizeigesetzes. Erst in der vergangenen Woche hatte hingegen das sächsische Kabinett einen von Landesinnenminister Roland Wöller (CDU) vorgelegten Gesetzentwurf, der die Polizei mit einer Reihe von neuen repressiven Befugnissen ausstatten soll, verabschiedet. Ab der zweiten Jahreshälfte 2019 sollen zukünftig Notrufe aufgezeichnet werden und wie in Bayern Meldeauflagen, Kontakt- und Aufenthaltsverbote erlassen werden können. Auch die sogenannte elektronische Fußfessel und Störsender sollen fortan im Freistaat zum Einsatz kommen. Sogenannte soziale Medien wie Facebook dürfen, geht es nach dem Gesetzentwurf, zukünftig ebenso überwacht werden wie die Einkaufsportale Amazon oder Ebay.
    Harsche Kritik übte jüngst auch das „Brandenburger Bündnis gegen das neue Polizeigesetz“ an der dortigen Landesregierung aus SPD und Linkspartei. Der Zusammenschluss bescheinigte Landesinnenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), ein neues Landespolizeigesetz, das rechtsstaatliche Prinzipien, wie die Unschuldsvermutung und die Gewaltenteilung angreift, beschließen lassen zu wollen. Im Gewand der Terrorabwehr solle die Polizei neue Befugnisse bekommen, die eine lange Liste von Grundrechtseinschränkungen beinhalte. „Das verfassungsrechtliche Trennungsgebot für geheimdienstliche und polizeiliche Methoden wird massiv unterlaufen“, monierte das Bündnis, welches im November gegen die „rot-roten“ Pläne auf die Straße gehen will. Mit dem geplanten neuen Gesetz werde nicht „nur das Sicherheitsgefühl, sondern auch die Sicherheitslage derjenigen Menschen massiv gestört, die schon jetzt häufig im Fokus der Polizei stehen“. Vor allem Menschen mit Migrationshintergrund seien besonders „betroffen von rassistischen Sicherheitsdiskursen, die Flucht und Migration in einem Atemzug in den Zusammenhang mit Terrorismus stellen“, kritisierte das Bündnis weiter.
    Quelle: unsere zeit
  14. Bayernwahl und die Grünen – Dahoam im politischen Disneyland
    Rund um die Grünen hat sich eine parteiübegreifende soziale Schicht gebildet, die eintritt für scheinbar linke Werte. Doch dahinter stecken selbstgerechte Tugendrichter, die unsere politische Kultur gefährden. Sogar die CSU scheint eine Koalition mit den Grünen nicht mehr auszuschließen
    Bayern. Ein Land vor der Wahl. Doch egal, was und wie Bayern wählt – ändern wird sich nichts. Das „Juste Milieu“ rund um die Grünen hat sich unter der Flagge des Fortschritts aufgemacht, nun auch noch im Süden der Republik ewigen Stillstand zu garantieren.
    Quelle: Cicero
  15. Zu guter Letzt: Gezwitscherte Dummheiten

    Anmerkung Jens Berger: Deutschlands Polit- und Medienszene stand auch in dieser Woche @realDonaldTrump um kein Jota nach.

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