Die Inszenierung eines „Vergewaltigers“ – Pamela Anderson zum Fall Assange

Die Inszenierung eines „Vergewaltigers“ – Pamela Anderson zum Fall Assange

Die Inszenierung eines „Vergewaltigers“ – Pamela Anderson zum Fall Assange

Ein Artikel von: Redaktion

Heute möchte ich mich als Frau zu Wort melden. Als Frau, die Vergewaltigung und sexuellen Missbrauch überlebt hat. Als Frau, die weiß, wie grausam Männer sein können und wie tief die Wunden in der Seele einer Frau sind. Bis heute erinnere ich mich an den unerträglichen Schmerz. Bis heute spüre ich die Qualen. Bis heute verfolgen ihre Gesichter meinen Schlaf – ein Schicksal, das unzählige Frauen weltweit teilen. Nein, ich würde nie einen Vergewaltiger verteidigen, es kann nie eine Entschuldigung für dieses Verbrechen geben und auch keine Straffreiheit für die Vergewaltiger. Wir schulden es uns selbst, unseren Schwestern und den Mädchen, uns zu äußern und gegen die Selbstzufriedenheit anzukämpfen. Aber in unserem Bestreben, das Richtige zu tun, sollten wir nie die Gefahr von Fehlern und die Auswirkungen von falschen Anschuldigungen vergessen. Von Pamela Anderson, frei aus dem Englischen von Marco Wenzel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Denn die gleichen Faktoren, die es so schwierig machen, Vergewaltigungsvorwürfe vor Gericht zu beweisen, machen es noch schwieriger, sie vor dem Gericht der öffentlichen Meinung zu widerlegen. Daher waren falsche Behauptungen über sexuelles Fehlverhalten immer das Mittel der Wahl für Mobbing-Kampagnen, Erpressung oder Verleumdung. Sobald jemand zum “Vergewaltiger” abgestempelt wurde, egal ob verurteilt, angeklagt oder nur verdächtigt, ist sein Ruf von der Öffentlichkeit nicht nur zum Tode verurteilt, sondern eigentlich schon hingerichtet.

Das ist der Grund dafür, warum ich mich jetzt zu Wort melde. Ich spreche, um einen Freund zu unterstützen. Einen Freund, den ich sehr liebe, dessen Gesundheit aber zerbröckelt, dessen Hoffnungen schwinden und dessen Zeit abläuft. Ein Freund, der es gewagt hat, der Macht die Wahrheit zu sagen, der deren kriminelle Taten beleuchtet hat und der jetzt den Preis dafür bezahlt. Ein Freund, dessen Stimme erdrosselt wurde, dessen Hände gefesselt sind und dessen Name verleumdet wurde. Sein Name ist Julian Assange.

Rufen wir uns doch bitte ins Gedächtnis, dass Julian nie wegen einer Sexualstraftat verurteilt wurde, dass er nie formell wegen einer solchen angeklagt wurde und dass es nie Beweise gegen ihn gegeben hat. Als die Vergewaltigungsvorwürfe im Jahr 2010 erstmals auftauchten, arbeitete Julian freiwillig mit der Polizei zusammen, beantwortete ihre Fragen und blieb in Schweden, bis ihm die Ausreise erlaubt wurde. Selbst die Generalstaatsanwältin, die alle Beweise sorgfältig geprüft hatte, schloss den Fall ab und erklärte: “Ich glaube nicht, dass es Grund zur Annahme gibt, dass er eine Vergewaltigung begangen hat” und dass das angebliche Verhalten “keinerlei Verbrechen offenbart hat”. Einige Tage später dagegen wurde das Verfahren von einer anderen Staatsanwältin wiedereröffnet, und zwar auf der Grundlage von zurechtgeschneiderten neuen Vorwürfen.

Erinnern wir uns auch an das, was beide Beschwerdeführerinnen bereits vor Jahren bestätigt haben: dass nämlich ihr Sex mit Julian immer einvernehmlich war, dass sie nie beabsichtigt hatten, ein Verbrechen zu melden, dass aber die schwedische Polizei sie dazu gedrängt hatte. Und als Schweden 2013 endlich den Fall fallenlassen wollte, waren es die Briten, die sie drängten, keine “kalten Füße” zu bekommen. Schweden hat dem Folge geleistet und in den folgenden Jahren alles daran gesetzt, dass Julian sich nicht gegen die Vergewaltigungsvorwürfe wehren konnte, ohne gleichzeitig eine Auslieferung an die USA zu riskieren.

Am 13. Mai 2019 eröffnete zum dritten Mal Schweden die gleiche groteske Untersuchung wie seit August 2010. Wir alle wissen, dass die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Julian gefälscht sind. Wir alle wissen, was ihr eigentlicher Zweck ist. Und wir alle wissen, dass Schweden böswillig handelt. Wie von Women Against Rape scharf zusammengefasst: “Die Anschuldigungen gegen Julian sind ein Vorwand, hinter dem eine Reihe von Regierungen versuchen, gegen WikiLeaks vorzugehen, weil sie der Öffentlichkeit couragiert ihre geheimen Planungen von Kriegen und Besetzungen mit der damit verbundenen Vergewaltigung, Mord und Zerstörung vorgehalten haben…. Die Behörden kümmern sich so wenig um Gewalt gegen Frauen, dass sie Vergewaltigungsvorwürfe nach Belieben manipulieren”. Ich stimme dem voll und ganz zu. Es geht hier nicht um Gerechtigkeit wegen Vergewaltigung. Es geht um die Vergewaltigung der Gerechtigkeit. Eine Tragödie für Julian, eine Schande für Schweden und ein schwerer Verrat an uns allen, die wir an Gerechtigkeit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit glauben.

Für mich ist Julian ein persönlicher Freund, ein Held, ein Befreier. Für Dich kann er ein Feind, ein Verräter, ein schmieriger Spitzel sein. Du hast ein Recht auf Deine Meinung und musst Deine Meinung nicht ändern. Aber bevor Sie Ihre Schlussfolgerungen ziehen, stellen Sie bitte sicher, dass Sie dies wirklich durchdacht haben.

Wenn Sie nach allem, was ich gesagt habe, immer noch glauben, dass Julian ein Vergewaltiger ist, haben Sie sich jemals gefragt, ob die bloße Tatsache eines zerrissenen Kondoms wirklich eine “Vergewaltigung” bedeuten kann? Ein zerrissenes Kondom, das keine Spur von DNA offenbart hat? Ein zerrissenes Kondom, das inmitten wiederholter sexueller Begegnungen zwischen zustimmenden Erwachsenen passiert? Ein Kondom, von dem Julian vorgeworfen wird, dass er es absichtlich zerrissen habe, aber ohne dass die einzige andere Person im Raum die Tat überhaupt bemerkt? Nur für den Fall, dass Sie es noch nicht wissen sollten: Das ist alles, wofür man ihn beschuldigt. Halten Sie inne und denken Sie nach. Und dann ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse.

Wenn Sie wirklich glauben, dass Julian Computer der US-Regierung “gehackt” hat, dann halten Sie inne und denken Sie nach: Warum sollte er das tun, wenn alle Dateien, die er veröffentlicht hat, ihm bereits von einem Informanten unter voller, streng geheimer Autorisierung kostenlos zur Verfügung gestellt wurden? Und wenn Sie wirklich glauben, dass die Enthüllungen von Wikileaks jemandem unrechtmäßig Schaden zugefügt haben, warum verklagen Sie dann nicht die Organisation auf Entschädigung? Und wenn Sie Julian hassten, nur weil Wikileaks Sie, Ihr Unternehmen, Ihre Regierung oder Ihre politische Sache in Verlegenheit gebracht hat, dann halten Sie inne und bedenken Sie: Wer ist wirklich schuld an der Schande? Wer hat die Missetaten begangen, die aufgedeckt wurden? Sind Sie sicher, dass Sie nicht einfach den Überbringer der schlechten Nachrichten erschießen? Und was berechtigt Sie dazu, sein Folterer und Häscher zu werden?

Die Wahrheit ist, dass Wikileaks nie jemand falsch beschuldigt hat, sondern klare Beweise für Kriegsverbrechen, Korruption und Missbrauch veröffentlicht hat. Doch die einzigen Angeklagten und Verfolgten sind diejenigen, die die schmutzige Wahrheit aufgedeckt haben. Sicherlich kann man eine ethische Diskussion über die Legitimität der Veröffentlichung von undichten Staatsgeheimnissen und über damit zusammenhängende Fragen der Privatsphäre, Sicherheit und nationalen Sicherheit führen. Aber dann schaffen wir doch dazu ein ordentliches Forum, laden alle ein und reden darüber. Sicher, es mag alternative Wege geben, um Transparenz zu gewährleisten und Missbrauch zu verhindern, aber solange es nachgewiesenen Kriegsverbrechern erlaubt bleibt, sich frei zu bewegen, ist Wikileaks vielleicht unser bester und einziger Versuch, unsere Führer zur Rechenschaft zu ziehen, für die Verbrechen, die in unserem Namen gegen uns und gegen andere begangen wurden.

Also lasst uns nicht naiv sein. Julian Assange wird nicht wegen Vergewaltigung verfolgt. Es geht nicht darum, wer Julian ist, sondern darum, wer wir sind und wie wir mit Dissens und grundlegenden Herausforderungen an die Geheimhaltung umgehen, mit der Politik, Wirtschaft und andere Angelegenheiten von öffentlichem Interesse traditionell geführt werden. Es geht darum, ob wir ungestraft foltern und missbrauchen können, nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch zu Hause. Es geht nicht nur um Julians Würde, sondern auch um unsere eigene.

Dies ist einer jener Momente in der Geschichte, in denen jeder von uns vor der Wahl steht, entweder in eine kollektive Katastrophe zu schlafwandeln oder aufzustehen und das Richtige zu tun. Seit Jahrhunderten steht der Mob jubelnd da, während unbequeme Frauen lebendig verbrannt wurden, angeblich weil sie Sex mit dem Teufel hatten. Und niemand wagte es, die Lüge zu enthüllen. Heute steht die ganze Welt zum Jubeln bereit, während die Hexenjagd einem unbequemen Mann nachgeht, angeblich weil er ein Vergewaltiger, Hacker, Narzisst und – wer weiß – vielleicht sogar der Teufel selbst ist? Aber heute stehe ich auf und spreche als Frau, als Freundin und Ihre Schwester in der Menschenfamilie. Und ich bitte Sie, diesen giftigen schwarzen Schleier von Ihrem Herzen und von Ihren Augen abzuschütteln und die Wahrheit darüber zu erfahren, was mit Julian geschieht. Und bevor Sie Ihre Schlüsse ziehen, halten Sie bitte inne und denken Sie nach, und stehen Sie dann auf und tun Sie das Richtige!