Merkel und die „Impfdrohung“ an die Kinder

Merkel und die „Impfdrohung“ an die Kinder

Merkel und die „Impfdrohung“ an die Kinder

Ein Artikel von: Tobias Riegel

Aktuelle Äußerungen der Bundeskanzlerin zur Impfung von Kindern könnten viele Eltern verstören. Zudem könnte dadurch indirekt eine Verlängerung des aktuellen, rechtlich fragwürdigen Zustands angestrebt und verteidigt werden. Von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Kinder sind von schweren Corona-Verläufen praktisch nicht betroffen. Trotzdem gehören sie zu den Hauptleidtragenden einer auf fragwürdigen Daten beruhenden sowie inhaltlich, juristisch und moralisch zweifelhaften Politik der „Corona-Maßnahmen“.

Und auch obwohl Kinder wohl nicht als „Treiber der Pandemie“ bezeichnet werden können (Hintergründe hier oder hier), werden sie in weiten Teilen der öffentlichen Darstellung weiterhin zu großen potenziellen Gefahren für die Gesellschaft erklärt.

Für auf schwacher wissenschaftlicher Grundlage beruhende Annahmen zahlen die Kinder einen viel zu hohen Preis. Wie auf zahlreichen anderen Feldern der Corona-Politik wird die Verhältnismäßigkeit zwischen eindeutigem Schaden und zweifelhaftem Nutzen durch die Behandlung der Kinder seit über einem Jahr grob missachtet.

„Betrieb“ ohne die Impfung der Kinder „schwierig“

Dass dieser Zustand von den für diese Behandlung Verantwortlichen bald zu einem Ende geführt werden könnte, diese Hoffnung wurde nun von Kanzlerin Angela Merkel beschädigt. Ihre jüngsten Äußerungen zur Impfung der Kinder haben das Zeug, Eltern und Nachwuchs einmal mehr verstört zurückzulassen.

So sagte Merkel beim jüngsten „Impfgipfel“ laut Medienberichten, es werde “noch sehr, sehr lange dauern”, bis es einen Impfstoff für Kinder unter 12 Jahren geben werde. Und weiter:

„Und mit sehr lange, meine ich, nicht vor Frühjahr 2022. Wir werden also im Herbst eine schwierige Situation an den Grundschulen haben. Dort müssen wir uns auf den Betrieb mit ungeimpften Kindern einstellen.“

In diesem Absatz vertritt die Kanzlerin zwei problematische Aspekte: Zum einen stärkt sie das Bild, umgeimpfte Kinder (und nicht die Corona-Politik) seien verantwortlich für die „schwierige Situation“ an den Grundschulen sowie, dass ein „Betrieb“ ohne Schwierigkeiten an die Impfung auch kleiner Kinder gebunden sei. Zum anderen macht sie deutlich, dass die Politik offensichtlich nicht die Absicht hat, den Fakten, Paragrafen und Instinkten widersprechenden Zustand an unseren Schulen und das eiskalte Verhalten gegenüber den Kindern bald zu beenden.

Fortgesetzte Panikmache mit „Inzidenzen“

Indirekt als Hoffnungsschimmer wird dargestellt, dass ab Sommer auch Jugendliche im Alter zwischen 12 und 15 Jahren mit Biontech geimpft werden könnten. Aktuell ist der Impfstoff von Biontech/Pfizer ab 16 Jahren zugelassen, andere Impfstoffe erst ab 18 Jahren – mutmaßlich aus guten Gründen.

Laut den Medienberichten arbeiten derzeit aber diverse Pharmafirmen an Impfstoffen für Kinder und Jugendliche. Biontech/Pfizer könne dabei „erste Erfolge“ aufweisen, so „n-tv“: In einer klinischen Studie in der Altersgruppe von 12 bis 15 Jahren hätte laut den Unternehmen ihr Impfstoff eine Wirksamkeit von 100 Prozent gegen Covid-19 gezeigt. Die Impfung sei zudem gut vertragen worden.

Hier drängt sich die Frage auf, was diese 100 Prozent bedeuten, bei einer Bevölkerungsgruppe, die ohnehin nicht von schweren Verläufen betroffen ist. Geht es also „nur“ um die Übertragung durch symptomfreie Kinder? Ist die „Impfdrohung“ an kleine Kinder Teil der fragwürdigen Fixierung auf weitgehend aussagelose „Inzidenzwerte“ unabhängig von tatsächlichen Erkrankungen? Dass diese „Inzidenzen“ bei Kindern und Jugendlichen, die selten erkranken, weiterhin zur Panikmache genutzt werden sollen, das hat etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nach dem „Impfgipfel“ demonstriert: Die „Infektionszahlen“ bei den Jüngeren würden derzeit „dramatisch steigen“. Etwa bei den 15- bis 19-Jährigen gebe es in Bayern „fast eine 300er-Inzidenz“!

In der Lage, „Kinder praktisch jeden Alters zu impfen”

Man kann laut Politik und Pharmafirmen gar nicht früh genug anfangen mit der Verabreichung von neuen Impfstoffen: Laut Berichten haben die Hersteller bereits eine klinische Studie für Babys ab sechs Monaten und jüngere Kinder gestartet. Auch das US-Pharmaunternehmen Moderna habe den Start einer Studie an Kindern unter 12 Jahren bekannt gegeben – darunter Babys im Alter von sechs Monaten. An der Studie sollen laut Medien 6750 gesunde Kinder in den Vereinigten Staaten und Kanada teilnehmen. Gestützt werden solche Pläne auch von Teilen der Medizin in Deutschland: „Unser Ziel muss die komplette Durchimpfung aller Kinder und Jugendlichen sein“, sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. Ähnliche Signale kommen aus den USA: „Ich denke, bis zum ersten Quartal 2022 werden wir in der Lage sein, Kinder praktisch jeden Alters zu impfen“, sagte der Corona-Berater von US-Präsident Joe Biden dem Sender CNN.

Ich bin kein prinzipieller Impfskeptiker, auch nicht bei Kindern: Angemessen erprobte Impfstoffe können potenziell sehr viel Leid verhindern. Im Fall der Corona-Impfstoffe ist es aber anders – zum einen, da hier eine angemessene langfristige Erforschung und Erprobung noch nicht gegeben ist und viele Eltern darum dem Impfstoff nicht vertrauen: Wenn schon viele erwachsene Bürger zögern, sich die neuen Impfstoffe injizieren zu lassen, dürften diese Bedenken nochmals ein Vielfaches höher sein, wenn diese Stoffe ihren Kindern verabreicht werden sollen. Man mag sich kaum vorstellen, welcher gesellschaftlich-moralische Druck hier zukünftig zusätzlich noch aufgebaut werden müsste, um ein massenhaftes Umdenken bei Eltern zu bewirken. Angesichts dieses für ein Umdenken der Eltern nötigen indirekten Drucks: Könnte dann noch von einer „Freiwilligkeit“ bei der Impf-Entscheidung bezüglich der Kinder gesprochen werden?

Verlängerung des gesellschaftlichen Ausnahmezustands?

Das andere Problem, das durch die Äußerungen der Kanzlerin entsteht, ist das der zeitlichen Perspektive: Die indirekte Darstellung von einer Durchimpfung auch der Kinder als Vorbedingung für eine Rückkehr zum Grundgesetz (etwa dem Grundrecht auf Bildung) kann auch als Verzögerungstaktik empfunden werden, um den aktuellen, zum Teil rechtlosen Zustand gesellschaftlich in die Länge zu ziehen und zu verteidigen. Die in der aktuellen Impf-Debatte zum Teil vertretene Position, allgemeingültige Grundrechte könnten vom Staat (etwa unter der Voraussetzung einer Impfung mit den neuen Stoffen) zugeteilt oder gewährt – bzw. vorenthalten – werden, ist mindestens fragwürdig.

Das gravierende Problem mit Merkels Äußerungen besteht also nicht nur im konkreten Vorschlag der Impfung kleiner Kinder mit neuen und von vielen Menschen als problematisch eingeschätzten Stoffen. Zusätzlich könnte man aus diesen Äußerungen den mutmaßlichen Willen herauslesen, den gesellschaftlichen Ausnahmezustand so lange es irgend geht zu verlängern: Wer als Politiker nach einem gesichtswahrenden Weg sucht, aus dem selber angerichteten grundrechtlichen und gesellschaftlichen Scherbenhaufen möglichst schnell wieder herauszukommen, der handelt anders.

Titelbild: Ira Lichi / Shutterstock