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Ideologiekritik

Höfgens „Teuer!“ und Stemmers „Staat Macht Geld“ – neue Bücher zur wirtschaftspolitischen Debatte

Höfgens „Teuer!“ und Stemmers „Staat Macht Geld“ – neue Bücher zur wirtschaftspolitischen Debatte

Die hohe Inflation, das Chaos rund um den Ampel-Haushalt, die Diskussion um die Schuldenbremse wie auch die immer wieder aufflackernde Debatte zu Zinskritik und Geldsystem – all dies zeigt: Der Diskussions- und Informationsbedarf zu makroökonomischen Themen ist hoch. Passend dazu sind in jüngster Zeit zwei Bücher aus dem Bereich Postkeynesianismus / Modern Monetary Theory (MMT) erschienen, die genau diese Themen abdecken. Die Rede ist von Maurice Höfgens „Teuer!“ und von Monika Stemmers „Staat Macht Geld“. Eine Rezension von Thomas Trares.

Eurasismus – Russlands Strategie für die multipolare Welt

Eurasismus – Russlands Strategie für die multipolare Welt

Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach im Mai 2022 davon, dass das übergeordnete geopolitische Ziel Russlands in Bezug auf seine Spezialoperation in der Ukraine darin besteht, der unipolaren, vom Westen dominierten Welt, welche die USA seit dem Ende des Kalten Krieges in den 1990ern schaffen wollen, ein Ende zu setzen. An dem Zerfallsprozess der globalen US-Dominanz und dem Wandel hin zur multipolaren Ordnung besteht kein Zweifel mehr, doch Russland ist auf ein Zukunftsmodell in dieser neuen Welt angewiesen, es muss seine Rolle in der neuen Weltordnung definieren. Dabei lässt sich eine klare Tendenz erkennen, eine Ideologie, die eine lange Tradition in Russland hat und nun scheinbar endgültig zur Entfaltung kommt – der Eurasismus. Von Leon Brosowski.

Unerbittlicher Nachbar: Imperiale Aggression und Subversion der USA gegen Kuba

Unerbittlicher Nachbar: Imperiale Aggression und Subversion der USA gegen Kuba

Wie heißt es in Schillers „Wilhelm Tell” so treffend: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.“ Diese Konstellation ergab sich für die indigenen Völker Nordamerikas schon seit der Anlandung weißer Europäer an der Ostküste. So ahnte schon Georg Christoph Lichtenberg: „Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung.“ Und besonders hart getroffen hat es die Bevölkerung des kubanischen Archipels bis zum heutigen Tag. Bereits eine Dekade nach der Gründung der USA beschrieb einer der Gründungsväter und spätere Präsident Thomas Jefferson 1786 die Rolle seines Landes auf dem Kontinent so: „Unsere Konföderation ist als das Nest anzusehen, von dem aus ganz Amerika, im Norden und im Süden, bevölkert werden muss.“ Im Folgenden sollen einige Beispiele der unerbittlichen Nachbarschaft Kubas mit den USA aufgeführt werden, denn die imperialistische Haltung der Großmacht hat sich nicht geändert und wird punktuell auch gegen andere Staaten angewendet. Von Edgar Göll.

Die Verleihung des Hannah-Arendt-Preises an Masha Gessen in Bremen musste im Hinterhof stattfinden

Die Verleihung des Hannah-Arendt-Preises an Masha Gessen in Bremen musste im Hinterhof stattfinden

Vergleiche sind in der Geschichtswissenschaft und im Journalismus das tägliche Brot. China wird mit den USA, das persische mit dem ägyptischen Großreich, das römische mit dem britischen oder mit dem US-amerikanischen Imperium, Metternich mit Kissinger, Konrad Adenauer mit Willy Brandt usw. usf. verglichen. Besonders beliebt ist Hitler, der mit Stalin, Mao, Gaddafi, Saddam Hussein, Bashar Al-Assad und vielen anderen Präsidenten und Staatsoberhäuptern verglichen wurde. Jüngstes Beispiel: Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj beschuldigen sich gegenseitig, Hitler zu sein. Ausgerechnet zwei Vergleiche aber unterliegen einem absoluten Tabu: Israel und seine Politik dürfen nicht mit irgendwelchen Erscheinungen oder Vorkommnissen aus Nazi-Deutschland und der Holocaust darf sowieso mit nichts verglichen werden, weil sonst seine „Singularität“ in Frage gestellt würde. Von Sönke Hundt.

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Argentinien hat jetzt den Präsidenten, den das Volk nicht verdient

Argentinien hat jetzt den Präsidenten, den das Volk nicht verdient

„Kettensägen-Methode“ und andere Rosskuren haben in vielen Ländern Hochkonjunktur. Hierzulande werden in diesen Tagen, Wochen, Monaten einer fleißig am Laufen gehaltenen Krise gern Worte wie „Gürtel enger schnallen“ oder „die guten Zeiten sind vorbei“, ebenso „die fetten Jahre“ (für wen waren diese eigentlich fett?), verwendet. Anderswo fallen bildlich gemeinte Ansagen und Kampagnen sogar noch drastischer aus, so in Argentinien, wo der im November gewählte Präsident Javier Milei seine Amtsgeschäfte aufgenommen hat. So wie in Deutschland zielt auch in Argentinien das markige Verhalten der politischen Klasse einzig darauf ab, soziale Standards für die Mehrheit der Menschen zugunsten einer gierigen, nimmersatten, machtgeilen Minderheit zurückzudrängen. Bitter hört sich dazu noch die Begleitmusik prägender öffentlich-rechtlicher Medien (Beispiel Deutschlandfunk) an, die sich nicht gegen den neoliberalen Wahnsinn stellen. Ein Zwischenruf von Frank Blenz.

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Tacheles reden

Tacheles reden

Dem deutschen Kulturbetrieb ist angesichts des Terrors der Hamas am 7. Oktober in Israel ein unheimliches Schweigen vorgeworfen worden – man vermisse Menschlichkeit und Empathie. Unter dem Motto „Gegen das Schweigen, gegen Antisemitismus“ hat am 27. November ein sicher gut gemeintes Solidaritätskonzert im Berliner Ensemble unter viel medialem Beifall demonstriert, was man tun muss, um sich über derart moralische Fragwürdigkeit zu erheben. Man sollte aber die übrige Kulturszene nicht unwidersprochen im Zwielicht des Tadels stehen lassen. Denn das vermeintliche Schweigen ist sicher kein Schweigen aus Gleichgültigkeit oder gar emotionaler Distanz. Es ist eine große Traurigkeit ausgebrochen, in der sich das schnelle Bescheidwissen nicht empfiehlt. Es ist ein Schweigen aus Ratlosigkeit und wohl auch aus Rücksichtnahme. Denn wer jetzt sein Schweigen bricht, muss Tacheles reden. Diesen Mut hat man auf der Bühne des Berliner Ensembles weitgehend vermisst. Von Daniela Dahn.

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Haushalt 2024 – die dümmste Regierung der Welt

Haushalt 2024 – die dümmste Regierung der Welt

Es ist schon erstaunlich, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Führung von Schattenhaushalten einschränkt, allenthalben so dargestellt wird, als widerspräche es den politischen Interessen. Die Neoliberalen haben nur auf diese Steilvorlage gewartet. Da Kürzungen ja nun – so Wirtschaftsminister Habeck – alternativlos seien, ist man in der Lage, eine Kürzungs- und Privatisierungsorgie zu exekutieren, die ansonsten nicht ohne Proteste hätte umgesetzt werden können. So kann sich die destruktive Kraft der Schuldenbremse ohne Debatte entfalten. Volkswirtschaftlich macht die Ampel so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Sahra Wagenknecht hat schon recht, wenn sie sagt, wir hätten die „dümmste Regierung Europas“. Vielleicht ist aber sogar das noch geschmeichelt. Ein Kommentar von Jens Berger.

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„Wir müssen uns das Geld von den Superreichen holen!“

„Wir müssen uns das Geld von den Superreichen holen!“

Das Etaturteil des Bundesverfassungsgerichts lässt die Ampel wanken. Schuldenbremse kippen oder noch mehr Sozialkahlschlag? Es gibt eine bessere Alternative, meint Carl Waßmuth vom Verein Gemeingut in BürgerInnenhand. Kassiert bei denen ab, die seit 25 Jahren Kasse machen – dank Spardiktaten, Privatisierungen und Schattenhaushalten. Im Interview mit den NachDenkSeiten spricht er Klartext: „Schluss mit dem Verfall der Daseinsvorsorge und her mit einer fetten Vermögenssteuer.“ Dafür müsse man nur noch das politische Personal auf Linie bringen. Mit ihm sprach Ralf Wurzbacher.

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Antisemitin des Tages: Greta Thunberg. Ja geht’s noch?

Antisemitin des Tages: Greta Thunberg. Ja geht’s noch?

Wir haben die Mantras noch in den Ohren: Selbstverständlich darf man Israel kritisieren! Die Kritik an Israels Palästinapolitik ist nicht automatisch mit Antisemitismus gleichzusetzen! Pustekuchen! Wenn sich jemand, der in der Öffentlichkeit steht und dessen Worten von den Medien eine gewisse Bedeutung zugeschrieben wird, sich tatsächlich die Freiheit nimmt, die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel zu kritisieren, befindet er sich sofort im Fadenkreuz der Schreibtischsniper. Es geht um die Deutungshoheit und da verstehen die Leitartikler keinen Spaß und kennen weder Anstand noch Gnade. Diese Erfahrung musste nun die – jetzt wohl zumindest für Deutschland „ehemalige“ – Ikone der Klimabewegung, Greta Thunberg, machen. Die sich selbst als „linkliberal“ verstehenden Haltungsjournalisten von SPIEGEL und Co. zeigen, dass sie es in Sachen Boshaftigkeit mühelos mit rechten Forenschreibern aufnehmen können, die Thunberg schon seit langem ganz oben auf ihrer Abschussliste haben. Ein Kommentar von Jens Berger.

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Die Schuldenbremse muss weg

Die Schuldenbremse muss weg

„Wer auch zukünftig einen handlungsfähigen Staat will, muss die Schulden- und Zinslast reduzieren.“ Das sagte Peer Steinbrück als Bundesfinanzminister 2009 im Bundestag.
Danach beschloss das Parlament die Schuldenbremse mit den Stimmen der Großen Koalition. Der Zeitgeist war pro Schuldenbremse, auch bei den Grünen, die das Gesetz ablehnten. Der damalige Fraktionsvorsitzende Fritz Kuhn hielt eine Rede[1], auf die hier noch einmal eingegangen werden soll. Der Schlusssatz lautete aber: „Deswegen werden wir dagegenstimmen, obwohl wir für eine Begrenzung der Schuldenaufnahme durch die öffentliche Hand sind.“ Grün war also nicht gegen eine Schuldenbremse, sondern nur gegen diese Schuldenbremse. Von André Tautenhahn.

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Die fünf Wirtschaftsweisen – Politikberatung nach der Vogel-Strauß-Methode

Die fünf Wirtschaftsweisen – Politikberatung nach der Vogel-Strauß-Methode

Die Wirtschaftsweisen haben in der vergangenen Woche ihr neues Jahresgutachten veröffentlicht. Der Titel lautet: „Wachstumsschwäche überwinden – in die Zukunft investieren“. Jahrzehntelang war das Gremium ein Hort des Monetarismus und der neoklassischen Orthodoxie. Mit Christoph Schmidt, Lars Feld und Volker Wieland sind seit 2020 jedoch gleich drei Vertreter dieser Denkschule von Bord gegangen. Unter der neuen Vorsitzenden, der Münchener Ökonomin Monika Schnitzer, will der Rat nun pragmatischer daherkommen. Herausgekommen ist bislang jedoch eine Politikberatung nach der Vogel-Strauß-Methode. Aktuelle Probleme werden ignoriert, heikle Themen umschifft und die Regierung vor Kritik verschont. Von Thomas Trares.

Neue Welle des Antisemitismus?

Neue Welle des Antisemitismus?

Seit der Brandrede von Bundeswirtschaftsminister Habeck „Zu Israel und Antisemitismus“ vom 2. November mehren sich in den Medien Beiträge, in denen mit vermeintlich aussagekräftigen Zahlen des Bundeskriminalamts eine deutliche Steigerung antisemitischer Straftaten nach dem 7. Oktober belegt werden soll. Doch bei näherer Überprüfung rechtfertigen diese Daten größtenteils die Schlüsse nicht, die aus ihnen gezogen werden. Findet derzeit eine politische und mediale Vorverurteilung von muslimischen Mitbürgern statt, die selbst einen fremdenfeindlichen Akt darstellt? Von Karsten Montag.

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Der Fall des Talkshowphilosophen – wer wird denn da von Cancel Culture sprechen?

Der Fall des Talkshowphilosophen – wer wird denn da von Cancel Culture sprechen?

„In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit! Jeder darf sagen, was er will! Cancel Culture gibt es nicht, dies ist ein Kampfbegriff der Rechten!“ Diese Sprüche sind vor allem in der Berliner Blase sehr populär. Wie falsch sie sind, zeigt das Schicksal des Bestsellerautors und Talkshowphilosophen Richard David Precht. Der hatte sich zuvor mit einem medienkritischen Buch angreifbar gemacht und nun hat ihn ein lapidar dahingesagter – inhaltlich falscher – Satz über das orthodoxe Judentum ins Zentrum der Cancel Culture befördert. Seine Honorarprofessur musste er schon niederlegen, Lesungen mit ihm werden abgesagt und es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis er auch von den Bildschirmen verschwindet. Aber ja. Er durfte immerhin seine Meinung sagen. Von Jens Berger.

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