„Die Stärkung der Ostflanke“ – was für ein geschichtsloses militaristisches Geschwätz!

„Die Stärkung der Ostflanke“ – was für ein geschichtsloses militaristisches Geschwätz!

„Die Stärkung der Ostflanke“ – was für ein geschichtsloses militaristisches Geschwätz!

Albrecht Müller
Ein Artikel von: Albrecht Müller

Unsere Medien manipulieren ohne Rücksicht auf Verluste. Heute meldet die Regionalzeitung Die Rheinpfalz auf der Basis einer dpa/adh-Meldung: „Merz verspricht Hilfe gegen russische Bedrohung“. Im Einführungstext ist von der „wachsenden Gefahr durch Russland“ die Rede. Und dann wird ein Foto abgedruckt. Es zeigt den Bundeskanzler, den Bundesverteidigungsminister und deutsche Soldaten mit einer deutschen Flagge in Litauen. Im Text heißt es „Abschreckung und Verteidigung sind Deutschlands Top-Prioritäten“. Und zu Anfang des Textes wird wie selbstverständlich als vernünftig unterstellt, dass die Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöht werden und weitere 1,5 Prozent zusätzlich für militärisch notwendige Infrastruktur ausgegeben werden sollen, also 5 Prozent insgesamt. – Der helle Wahnsinn. Nicht für die Zeitung und nicht für den abgebildeten Kanzler und Minister. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Jetzt wird unsere Freiheit nicht mehr am Hindukusch verteidigt, sondern im Baltikum. Da ich schon einige Jahre auf dem Buckel habe, sind mir die Tiefen und Höhen der Sicherheitsdebatte noch aus eigenem Erleben bewusst. Es fing so blöd wie heute an – mit Adenauers CDU-Anzeigen. „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau“. Siehe hier:

Dann kamen einige deutsche Politiker nach dem Mauerbau von 1961 zur Besinnung. Im Sommer 1963 berichtete der SPD-Vorsitzende Brandt und sein Weggefährte Egon Bahr auf einer Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing von neuen Überlegungen: „Wandel durch Annäherung“ lautete jetzt die Parole. Das bedeutete praktisch: Verhandeln, zusammenarbeiten, sich annähern, um damit auch einen inneren Wandel beim politischen Gegner im Osten zu erreichen. Das betraf damals neben Russland auch Polen, Tschechien, Ungarn usw.

Diese Strategie hat funktioniert. Am 28. Oktober 1969 erklärte der neue Bundeskanzler, Willy Brandt: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“. Es kam zum Botschafteraustausch und zu verschiedenen Verträgen mit Moskau, mit Warschau, mit Prag. Der Kern dieser Verträge: Gewaltverzicht. – Zwischenfrage: Warum geht das heute nicht?

Und dann kam es zur KSZE, zur Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, und zur OSZE, zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.

Heute suchen die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker ihr Glück in der Aufrüstung. Das kann man gut und gerne die „Militarisierung der Politik“ nennen. Welch ein Rückschritt!! Welch ein Wahnsinn! Die meisten Medien folgen dem wie dumme Lämmer.

Im konkreten Fall hat die Geschichte auch noch ein Nebenkapitel: Kanzler Merz und Verteidigungsminister Pistorius haben sinnigerweise ein Land zur neuerlichen Verkündung ihrer dummen Sprüche gewählt, das beim letzten großen Krieg in Europa sowohl Opfer des deutschen Militärs und der Nazis als auch Opfer des sowjetischen Militärs geworden war: Litauen und die baltischen Staaten insgesamt.

Dass die beiden Politiker diesen Zirkus mitmachen, enttäuscht. Sie sind offensichtlich wie die meisten Medien Opfer westlicher Propaganda. Diese macht blind.

Der beschriebene Rückschritt lässt übrigens trotz allem hoffen. Es könnte ja wie zwischen den 1950er-Jahren und 1963/1969 noch einmal eine Wende zur Vernunft geben. Das setzt voraus, jetzt die laufende Eskalation der Konfrontation zu stoppen.