Verbotene Meinung, bestrafte Gesinnung: Zur Europäisierung des deutschen Zensurregimes

Verbotene Meinung, bestrafte Gesinnung: Zur Europäisierung des deutschen Zensurregimes

Verbotene Meinung, bestrafte Gesinnung: Zur Europäisierung des deutschen Zensurregimes

Hannes Hofbauer
Ein Artikel von Hannes Hofbauer

Alina Lipps Film über den Donbass gecancelt, Markus Fiedlers Beiträge über Corona zensuriert, Elena Kolbasnikowas Einschätzung zur russischen Intervention in der Ukraine mit Strafe belegt. Das sind nur drei von vielen Zensurmaßnahmen, die in den vergangenen Monaten kritischen Geistern ihre Meinung verboten haben. Anhand der drei Beispiele zeigt sich auch, über wie viele Hebel mittlerweile das deutsche Zensurregime verfügt; und dass es der Europäischen Union als Vorbild dient. Von Hannes Hofbauer.

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Am 19. März 2023 waren in der Brotfabrik Berlin-Pankow zwei Filme der deutsch-russischen Journalistin Alina Lipp über das Leben im Donbass angesagt. Die 30-jährige Hamburgerin lebt seit Jahren in Donezk und berichtet mit unverkennbarer Sympathie für die russische Seite über den Konflikt. Aufgrund dieser Sympathie hat sie in Abwesenheit mehrere Strafverfahren in ihrer Heimat am Hals, und zwar wegen „Billigung von Straftaten“ nach § 140 StGB (sprich: das Gutheißen eines Angriffskrieges) und wegen des „Verbrechens der Aggression“ nach § 13 Völkerstrafgesetzbuch (das erschließt sich einem Beobachter nicht einmal, wenn er sich in die Logik der Strafbehörden versetzt). Weil man ihrer nicht habhaft werden kann, bediente sich der deutsche Staat zumindest finanziell, indem er eine größere Geldsumme auf ihrem Konto beschlagnahmte.

Das Verhindern der Film-Matinee in Berlin ging dann nicht von offizieller Seite aus, sondern von einer mittlerweile gut eingespielten politisch-medialen Allianz. Die in diesem Fall handelnden Figuren waren Sergej Sumlenny vom „Zentrum Liberale Moderne“ – er leitete zuvor jahrelang das Büro der grünen Heinrich-Böll-Stiftung in Kiew – und Julius Geiler, der als Tagesspiegel-Redakteur den politischen Druck für die Absage aufbaute und diese dann medial begleitete.

Anders verlief das Zensurieren der Beiträge des Journalisten Markus Fiedler auf der Plattform „apolut“. Dort war es der deutsche Staat in Person von Eva Flecken, der die Löschung von mehreren Beiträgen erzwang. Flecken ist die Chefin der Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Diese in allen Bundesländern tätigen Anstalten sind als operative Einheiten gegen die zunehmende Maßnahmenkritik der Corona-Politik im digitalen Raum mit neuen Kompetenzen ausgestattet worden. Der sogenannte Medienstaatsvertrag vom September 2020 stellt ihren rechtlichen Rahmen dar. Dort werden die Verbreiter von „Telemedien“, also von digitalen Plattformen, in § 19 dazu verpflichtet, „Nachrichten (…) vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen.“[1] Man liest richtig: „auf Wahrheit zu prüfen“. Das Zustandekommen des Medienstaatsvertrages könnte man auch als „Lex Ken Jebsen“ bezeichnen. Mit seinem Anfang Mai 2020 hochgeladenen Video „Gates kapert Deutschland“, das als Antwort auf die dystopische Ansage des US-Milliardärs in der Tagesschau gedacht war, in der Bill Gates forderte, alle sieben Milliarden Menschen auf der Erde gegen Covid-19 zu impfen, schnellten die Klickzahlen bei KenFM in astronomische Höhen: drei Millionen Zugriffe, 500.000 Abonnementen. Dagegen ging man mit Hilfe des Gesetzes vor, und das letztlich erfolgreich. KenFM musste wegen der Zensurpolitik der Medienanstalt die Pforten schließen und Ken Jebsen floh außer Landes.

Die Löschung von Markus Fiedlers Beiträgen dürfte auch kein Zufall sein, gilt doch apolut als ein Nachfolgeprojekt von KenFM. Abenteuerlich ist wiederum die Begründung für den Zensurakt, der auch eine Strafzahlung nach sich zog. Im Brief der MABB-Direktorin Eva Flecken vom 1. November 2022 an apolut heißt es unter dem Betreff „Vollzug des Medienstaatsvertrags“, dass in den Beiträgen des Autors „Anhaltspunkte für Verstöße gegen die anerkannten journalistischen Grundsätze gem. § 19“ – wir erinnern uns, da geht es um die „Wahrheit“ – bestehen. Den fehlenden Wahrheitsgehalt ortete die Medienanstalt bei folgender Stelle im Beitrag „Die vierte Impfung“ von Fiedler, der am 15. April 2022 erschienen ist: „Die sogenannten ‚Impfungen‘ schützen weder vor eine Infektion noch vor einem schweren Krankheitsverlauf nach einer Corona-Infektion. Die Gen-Impfungen haben hingegen einen sehr stark negativen Einfluss auf das Immunsystem.“[2] Die MABB setzte die Löschung des Beitrages durch und einen Strafrahmen von 800 Euro fest. Als ein weiteres Beispiel aus insgesamt fünf monierten apolut-Beiträgen wählte die MABB-Direktorin einen Text von Felix Abt – „Das vorprogrammierte Ukraine Desaster“ – vom 28. Juni 2022. Sie moniert darin die folgende Textstelle: „Seitdem wurden in dem Land (Ukraine, d.A.) neue Gesetze verabschiedet, die russischsprachige Ukrainer diskriminieren. Darüber hinaus zensierte Präsident Selenskyj (…) russischsprachige ukrainische Journalisten und verbot alle Oppositionsparteien, von denen die meisten russischsprachige Ukrainer vertreten.“[3] Wie Selenskyi, so Flecken. Und was Kiew kann, das wird die Medienanstalt Berlin-Brandenburg auch noch zustande bringen: staatliche Zensur.

Im dritten Beispiel, der Verurteilung von Elena Kolbanikowa, geht es um ein Verfahren beim Amtsgericht Köln. Dieses hat der im ukrainischen Dnipro geborenen Frau, die bereits in den 1990er Jahren nach Deutschland übersiedelte, wegen „Billigung des russischen Angriffskrieges“ 30 Tagsätze à 30.- Euro aufgebrummt. Die in Köln als Organisatorin von prorussischen Autokorsos bekannte 48-Jährige hatte Bild-TV am 8. Mai 2022 in einem Interview ihre Sicht des Konfliktes um ihre Heimat folgendermaßen zusammengefasst: „Russland ist kein Aggressor. Russland hilft, den Krieg in der Ukraine zu beenden“. Bereits einen Monat später – die deutschen Gerichte, diesmal unter dem Vorsitz von Richterin Denise Fuchs-Kaninski, können schnell sein, wenn sie wollen – folgte die Verurteilung nach § 130 StGB. Mit diesem Paragraphen, der erst im Dezember 2022 wesentlich verschärft worden war, geht der deutsche Staat gegen Volksverhetzung vor. Leugnen oder Verharmlosen von Kriegsverbrechen und Völkermord gelten seither als Volksverhetzung. Dass sich eine einfache Amtsrichterin anmaßen kann, was ein Völkermord oder ein Kriegsverbrechen ist, zeigt, wie sehr die deutsche Zensurmaschine in die Tiefe der Gesellschaft, auch in die Tiefe der Rechtspflege eingedrungen ist.

Politisch-medialer Druck, staatliche Wahrheitsbehörden zur Überwachung des Internets sowie die klassischen Gerichte gehören mittlerweile zu den wichtigsten Hebeln, wenn es um das Zensurieren missliebiger Meinungen geht.

Vom deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz zum EU-europäischen Digital Services Act

Die erste einschneidende Maßnahme zur Durchsetzung eines staatlichen bzw. suprastaatlichen Meinungsmonopols im 21. Jahrhundert setzte die Europäische Union am 28. November 2008. Verpackt in antirassistisches Wording erließ Brüssel einen Rahmenbeschluss, der letztlich die Rechtfertigung des völkerrechtswidrigen NATO-Angriffskrieges gegen Serbien zum Ziel hatte. Öffentliches Leugnen oder Verharmlosen von Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurden EU-weit unter Strafe gestellt. Damit machte man die bosnisch-muslimische Erzählung, wonach die serbische Seite im Bürgerkrieg des zerfallenden Jugoslawiens einen gezielten Völkermord an den Muslimen betrieben hätte, zum EU-weit gültigen juristischen Maßstab. Nachdem Serbien vor dem Internationalen Gerichtshof Anfang 2007 vom Vorwurf des Völkermordes freigesprochen wurde[4], bildeten die Verurteilungen einzelner serbischer Militärs vor dem Jugoslawientribunal in Den Haag die Voraussetzung zur Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses.

Damit einher ging eine Tabuisierung der Debatte über das Massaker von Srebrenica im Juli 1995, dessen Einschätzung als Völkermord der bosnischen Staatlichkeit als Gründungsmythos dient. In einer jüngst in Banja Luka veröffentlichten Studie zum Thema kamen allerdings namhafte Professoren, unter ihnen der israelische Historiker Gideon Greif und sein Wiener Kollege Walter Manoschek, zur Auffassung, dass es sich bei dem Massaker von Srebrenica um ein Kriegsverbrechen, jedoch nicht um einen zur Ausrottung des bosnisch-muslimischen Volkes geplanten Völkermord handelte.[5] Die Studienautoren bewegen sich mit dieser Erkenntnis bereits im juristischen Graubereich, eine Anklageerhebung gegen sie hat nicht stattgefunden. Dafür hätte die Leugnung des Völkermordes – nach dem EU-Rahmenbeschluss – noch einen aufwiegelnden Charakter aufweisen müssen. In Deutschland stellt der oben erwähnte § 130 mit seinem neuen Absatz 5 eine Verschärfung der europäischen Leugnungsverbote dar. Während diese sich zumindest auf ein – oft fragwürdiges – Urteil eines internationalen Gerichtshofes, der eine Tat als Völkermord definiert, berufen müssen, kann hierzulande jeder Amtsrichter im wahrsten Sinn des Wortes Geschichte schreiben, z.B. eine Kriegshandlung als Kriegsverbrechen oder Völkermord punzieren, damit dessen Leugnung als „Volksverhetzung“ zum Straftatbestand wird.[6]

Im März 2015 gründet dann die Europäische Union eine „Strategische Kommunikationsplattform Ost“ zur Beobachtung abweichender Meinungen. Auch diesmal geht es um einen offenen geopolitischen Konflikt. Allerdings steht nicht mehr die Meinungshoheit zum Thema NATO-Krieg in Jugoslawien auf der Tagesordnung, sondern die Durchsetzung der transatlantischen Erzählung zum Regimewechsel in Kiew 2014 mit anschließender Sezession der Donbass-Volksrepubliken und dem Anschluss der Krim an Russland. Dieser Zerfallsprozess der Ukraine hatte ein Jahr vor der Gründung der medialen Beobachtungsstelle stattgefunden. Das EU-Parlament doppelte im November 2016 nach. In der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. November 2016 geht es um das „Erkennen und Entlarven der russischen Desinformation und Propagandakriegsführung“; deshalb fordern die Abgeordneten „die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, gegenüber russischen Informationsoperationen auf europäischem Boden wachsam zu sein und die gemeinsame Nutzung von Kapazitäten und die Bemühungen zur Spionageabwehr zu verstärken, um solchen Operationen entgegenzuwirken.“[7]

Der EU-europäische Startschuss zum Kampf gegen russische Medien stößt – neben den baltischen Republiken – zuallererst in Deutschland auf offene Ohren. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) steht bereits seit dem 1. Oktober 2017 ein Instrument zur Verfügung, das in der Folge Schule machen sollte. Das NetzDG verpflichtet die großen kalifornischen Digitalkonzerne bei Androhung von hohen Strafen, ihre Inhalte nach „Hassbotschaften“ und „Falschinformationen“ zu screenen und diese zu löschen. Facebook, YouTube, Twitter, Instagramm und Co. protestierten anfangs gegen das Gesetz, erinnerten sich aber bald daran, dass sie mit ähnlichen Einschränkungen in der Türkei, China und anderswo auch zurande kamen. Dass mit dem NetzDG eine hoheitliche Aufgabe des Staates, die Verfolgung von gegebenenfalls illegalen Äußerungen, privaten Großkonzernen übergeben wurde, die damit zugleich Ankläger- und Richterfunktion übernehmen, stieß anfangs auch dem medialen Mainstream auf. So empörte sich ein Patrick Beuth in der Zeit, dass mit dem NetzDG „börsennotierten Unternehmen eine Aufgabe zufällt, die in einer idealen Welt eine der Justiz wäre.“[8] Bald war jedoch klar, dass es um Größeres geht, nämlich um das Auslöschen der russischen Erzählung – vorderhand um den Konflikt um die Ukraine. Als dann 2020 die reichweitenstarke, von Moskau finanzierte Plattform rt.de die Maßnahmenkritik an der deutschen Corona-Politik aufgriff, drohte die Meinungshoheit der Mainstream-Medien in Windeseile zu verschwinden. Im 1. Halbjahr 2021 generierte rt.de auf Facebook mehr Interaktionen als Bild, Spiegel und Tagesschau zusammen[9] und sein YouTube-Kanal ging mit Interviews des Mediziners Sucharit Bhakdi und anderen viral. Es gab Zugriffe, die die Millionengrenze überschritten, mehr als 600.000 Abonnenten folgten der russischen Erzählung.

Ab diesem Moment verzahnten sich die Räder der Zensurmaschine gegen rt.de, sputnik und andere, weniger bedeutende russische Medienangebote. Spiegel, Süddeutsche und ARD lancierten Diffamierungskampagnen, der Chef des Deutschen Journalistenverbandes, Frank Überall, jubelte ob der Löschung eines Konkurrenzmediums, YouTube zeigte den schwarzen Bildschirm mit der Aufschrift „Verstoß gegen Gemeinschaftsregeln“, deutsche Banken schlossen die Konten des russischen Senders, der europäische Infrastrukturriese Eutelsat mit seinen 39 Satelliten entfernte RT aus dem Orbit und zu schlechter Letzt agierte der deutsche Staat im Gewand des oben beschriebenen, 2020 gegründeten Medienstaatsvertrages als offizielle Zensurbehörde. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg ließ rt.de am 2. Februar 2020 folgendes Schreiben zukommen: „Der RT DE Productions GmbH wird die Veranstaltung und Verbreitung des Programms in der Bundesrepublik Deutschland (…) untersagt“.[10] Das war drei Wochen vor dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine.

Was in Deutschland gelang, nämlich die Zensur missliebiger Stimmen im Kampf um die Meinungshoheit bei den wichtigsten politischen Fragen, stachelte die EU-Kommission an, es Berlin nachzumachen. Im Oktober 2018 legte Brüssel einen „Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation“ auf, der das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz nachahmte. Lösch- und Streichorgien nahmen europaweit Fahrt auf. Am 16. November 2022 trat dann mit der Verordnung 2022/2065 als vorläufiger Höhepunkt der EU-Zensurmaschine der „Digital Services Act“ in Kraft. Das Motto dieses – in ausgedruckter Form – mehrere hundert Seiten langen Elaborats könnte der Philosophie des bekannt russland-feindlichen EU-Außenbeauftragten Josep Borell entnommen sein: „Wenn die Menschen nicht über die richtigen Informationen verfügen, wird es für die schwierig sein, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, meinte der Spanier im Juni 2020 als Reaktion auf Proteste der Bürger gegen die repressive Corona-Politik in den allermeisten EU-Staaten.[11]

Der „Digital Services Act“ hat sich – neben anderen Agenden – zur Aufgabe gemacht, Borells „unrichtige Informationen“ aus dem Diskurs zu beseitigen. Desinformation ist einer der am häufigsten auftauchenden Begriffe im Gesetzestext. Schon in Ziffer 2 ist davon (in schwer verständlichem EU-deutsch) die Rede: „Die Mitgliedstaaten führen zunehmend nationale Rechtsvorschriften zu den von dieser Verordnung abgedeckten Angelegenheiten ein (…) und schaffen damit insbesondere Sorgfaltspflichten für Anbieter von Vermittlungsdiensten im Hinblick auf die Art und Weise, wie jene gegen rechtswidrige Inhalte, Online-Desinformation oder andere gesellschaftliche Risiken vorgehen sollten.“ In Ziffer 9 geht es um die Sicherstellung eines „berechenbaren und vertrauenswürdigen Online-Umfeld, das der Verbreitung rechtswidriger Online-Inhalte und den gesellschaftlichen Risiken, die die Verbreitung von Desinformation (…) mit sich bringen kann, entgegenwirkt.“[12] Und so weiter, und so fort. Zugleich nahm sich die EU-Kommission die großen Online-Plattformen digital zur Brust, indem sie für sich selbst und alle Mitgliedsstaaten den Zugang zu den Algorithmen von Facebook und Co. durchsetzte. Sollten die meist US-amerikanischen Onlineriesen dieser Art von Informationspolitik nicht folgen, droht ihnen Brüssel mit einer empfindlichen Strafe, die bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes betragen kann.

Die Faktenchecker-Lobby

„Wir sind dankbar für die jüngste europäische Gesetzgebung, den Digital Services Act, sie gibt Meta einen klaren gesetzlichen Rahmen, an den wir uns halten werden“[13], meint Julia Reuss, Public Policy Director von „Meta“ für Europa, zu dem u.a. Facebook, Instagram und WhatsApp gehören. An ihrer Person wird die Verzahnung von digitalem Großkapital und Politik besonders deutlich. Die 40-jährige studierte Politikwissenschaftlerin ist mit dem Drehtüreffekt zwischen Politik und Kapital bestens vertraut, und das sowohl beruflich wie privat. Unter dem deutschen Verkehrsminister Peter Ramsauer werkte sie zwischen 2009 und 2012 als Referentin für Digitales, stieg mit der Staatsministerin für Digitales im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär, die Karriereleiter zur Bürochefin hinauf und wechselte von dort im Jahr 2021 als oberste Lobbyisten für Europa direkt zu Meta/Facebook. Den damaligen Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer, holte sie sich gleichzeitig ins Ehebett.

All die EU-europäischen und nationalstaatlichen Bemühungen, die Verbreitung unerwünschter Meinungen zu heiklen Themen wie EU-Politik, Migration, Corona-Maßnahmen oder Ukraine-Krieg zu unterbinden, bedürfen einer ständigen medialen Begleitung und Beobachtung. Das Instrument der Faktenchecker hat sich hierfür als sehr hilfreich erwiesen. Der Münchner Medienwissenschaftler Michael Meyen hat zur Rolle dieser relativ neuen Spezies zur Kontrolle des gesellschaftlichen Diskurses das Wesentliche bereits gesagt[14] und – unter anderem auf seinem Blog medienblog.hypotheses.org – geschrieben. Als neueste Entwicklung in diesem Bereich ist eine weitere Bündelung der Kräfte zu beobachten. Unter dem Akronym „Gadmo“ (German Austrian Digital Media Observatory) schließen sich drei große Nachrichtenagenturen mit den Faktencheckern von „Correctiv“ zusammen.[15] Das Flaggschiff der deutschen Faktencheckerei wurde 2014 mit einer Anschubfinanzierung der Anneliese Brost-Stiftung (Verlegerin der Westdeutschen Allgemeinen/WAZ) ins Leben gerufen und wird seitdem mit Geldern des Omidyar-Netzwerkes (eBay), der Open Society Foundation (Soros), Google, Facebook und einer Reihe anderer Mediengiganten finanziell gefüttert. Die „Deutsche Presseagentur“ (dpa), die „Agence France Press“ (AFP) sowie die österreichische „Austria Presse Agentur“ (APA) werden in Zukunft die „Faktenchecks (von Correctiv, d.A.) besser zugänglich machen und an einem zentralen Ort bündeln. Außerdem sollen Desinformationskampagnen identifiziert und wissenschaftlich untersucht werden.“[16]

Die gute Botschaft zum Schluss: Der durch all die Zensurmaßnahmen zunehmend enger werdende Meinungskorridor im Mainstream wird durch sogenannte alternative Medien, zu der auch das hier vorliegende gehört, aufgebrochen. Zensur, das hat auch die Geschichte dieser Herrschaftstechnik gezeigt, wird nämlich zu allen Zeiten umgangen.

Von Hannes Hofbauer ist zum Thema erschienen: „Zensur. Publikationsverbote im Spiegel der Geschichte. Vom kirchlichen Index zur YouTube-Löschung“. Wien, Promedia Verlag 2022

Titelbild: Anton Vierietin/shutterstock.com