Gaza, Oktober 2023: Von Terroristen und Geistern, die man rief

Gaza, Oktober 2023: Von Terroristen und Geistern, die man rief

Gaza, Oktober 2023: Von Terroristen und Geistern, die man rief

Ein Artikel von Heiner Biewer

Die vielfach bedingungs- wie bedenkenlose Unterstützung Israels durch den Westen gründet unter anderem darauf, möglichst jeden Rückgriff auf Gewalt seitens der Palästinenser als Terror zu bezeichnen. Damit macht man es sich sehr einfach: Während Gewalt gegen Zivilisten das humanitäre Völkerrecht auch im reinen Verteidigungsfall verletzt, ist die Gewaltanwendung nicht per se illegitim.[1] Die unlösbare Verknüpfung von Terror und seiner entschiedenen Verurteilung führt uns zudem auf eine absolute moralische Ebene, auf der einerseits eine Einengung des Diskurses und in der Folge des diplomatischen Handlungsspielraumes stattfindet, andererseits jede (militärische) Antwort als gerechtfertigt bezeichnet werden kann. Wer spricht und sprach wann von Terror, wer hat ihn angewendet, wer oder was hat den Terrorismus befördert, was ist aus „den Terroristen“ geworden? Nachdenken über ein Schlagwort und seine Verwendung auf der Basis von Zitaten. Von Heiner Biewer.

Terroristen oder Freiheitskämpfer?

Es war in einem besonders schlimmen Sommer: Am 6. Juli zündete ein Mann auf einem Markt in Haifa eine Bombe; 23 Menschen wurden getötet, 75 verletzt, überwiegend Frauen und Kinder. Am 15. Juli starben bei einem Anschlag in Jerusalem 10 Menschen, 29 wurden verwundet. Zehn Tage später explodierte wiederum in Haifa eine Bombe, es gab 39 Tote. Sämtliche Opfer waren arabische Zivilisten. Es war der Sommer 1938. Zu den Anschlägen bekannte sich die Irgun,[2] der bewaffnete Arm der „revisionistischen Zionisten“ um Wladimir Jabotinsky. Aus der Irgun gingen zwei israelische Ministerpräsidenten hervor: Menachem Begin[3] und Jitzchak Schamir.[4]

Widerstandskämpfer? Freiheitskämpfer? Kriminelle? Barbaren? Bekanntlich sind „Terroristen“ immer die anderen, niemals „unsere“ Kämpfer. Die Geschichte lehrt uns, dass die Terroristen von gestern die politischen Amtsträger von morgen sein können.

(Alain Gresh, „Terroristen oder Freiheitskämpfer“, April 2015)

Die israelische Luftwaffe (IAF) bombardiert in diesen Tagen Ziele im Gaza-Streifen. Das Wall Street Journal zitierte vor wenigen Tagen das palästinensische Gesundheitsministerium in Gaza:

„Die israelischen Luftangriffe verursachten in mehreren Stadtvierteln des Gazastreifens erhebliche Schäden und töteten mehr als 1.500 Palästinenser, von denen fast die Hälfte Frauen und Kinder waren.“

Besitzen Terroristen Flugzeuge? Alain Gresh verweist im oben zitierten Artikel auf die Diskrepanz der Mittel:

Larbi Ben M’hidi, brillanter Kopf der algerischen Revolution und Kommandant der autonomen Region Algier, wurde 1957 von der französischen Armee festgenommen. Auf die Frage, warum die Nationale Befreiungsfront (FLN) in Babytragetaschen versteckte Bomben in Cafés und an anderen öffentlichen Orten platzierte, antwortete er seinen Folterern: „Gebt uns eure Flugzeuge, dann geben wir euch unsere Tragetaschen.“

[…]

Die Diskrepanz der Mittel zwischen einer Guerilla und einer regulären Armee hat eine Diskrepanz bei der Zahl der Opfer zur Folge. Wenn die Hamas und ihre Verbündeten als „Terroristen“ gelten, weil sie während des Gazakriegs im Sommer 2014 fünf Zivilisten getötet haben, was ist dann die richtige Bezeichnung für den Staat Israel, der nach zurückhaltenden Schätzungen – Schätzungen der israelischen Armee – zwischen 800 und 1 000 Zivilisten auf dem Gewissen hat, darunter mehrere hundert Kinder?

Ein Brief an die New York Times

Kehren wir zurück zu Menachem Begin. Nach Auflösung der Irgun gründete Begin die Cherut-Partei[5] („Freiheitsbewegung“) und reiste Ende 1948 in die USA, um dort um Unterstützung zu werben. Dies veranlasste Albert Einstein, Hannah Arendt und weitere 24 Persönlichkeiten zu einem Brief an die Redaktion der New York Times:

Zu den beunruhigendsten politischen Phänomenen unserer Zeit gehört das Auftauchen der „Freiheitspartei“ (Tnuat Haherut) im neu geschaffenen Staat Israel, einer politischen Partei, die in ihrer Organisation, ihren Methoden, ihrer politischen Philosophie und ihrer sozialen Anziehungskraft den nazistischen und faschistischen Parteien sehr ähnlich ist. Sie ist aus den Mitgliedern und Anhängern der ehemaligen Irgun Zvai Leumi entstanden, einer terroristischen, rechtsgerichteten, chauvinistischen Organisation in Palästina. […]

Die öffentlichen Bekenntnisse von Begins Partei sind kein Hinweis auf ihren tatsächlichen Charakter. Heute spricht sie von Freiheit, Demokratie und Antiimperialismus, während sie bis vor kurzem noch offen die Doktrin des faschistischen Staates predigte. […]

Ein schockierendes Beispiel war ihr Verhalten in dem arabischen Dorf Deir Yassin. Dieses Dorf, das abseits der Hauptstraßen liegt und von jüdischem Land umgeben ist, hatte sich nicht am Krieg beteiligt und sogar arabische Banden abgewehrt, die das Dorf als Stützpunkt nutzen wollten. Am 9. April griffen Terrorbanden dieses friedliche Dorf an, das kein militärisches Ziel in den Kämpfen war, töteten die meisten seiner Bewohner (240 Männer, Frauen und Kinder) und ließen einige von ihnen am Leben, um sie als Gefangene durch die Straßen Jerusalems zu führen. […]

Der Vorfall von Deir Yassin ist ein Beispiel für den Charakter und die Handlungen der Freiheitspartei.

Innerhalb der jüdischen Gemeinschaft hat sie eine Mischung aus Ultranationalismus, religiösem Mystizismus und rassischer Überlegenheit gepredigt.

Die komplette Übersetzung des Briefes mit den Namen aller Unterzeichner habe ich beigefügt.

Die Geister, die man rief

Am 5. März 2015 hielt die palästinensische Schriftstellerin Sahar Khalifa bei einer Konferenz am Zentrum für Palästinastudien an der „School of Oriental and African Studies“ (SOAS) der Universität London einen Vortrag, in dem sie aus feministischer wie allgemein muslimischer (respektive palästinensischer) Perspektive auf die Stärkung von Islamisten durch die USA bzw. Israel hinwies:

Die Entwicklungen während der 1970er und 1980er Jahre in unserer Region gleichen denen in Afghanistan, als die USA die Islamisten unterstützten, um die kommunistische Regierung zu stürzen. Jahrelang wurden sie gehätschelt und aufgepäppelt, als Mudschaheddin und „Freiheitskämpfer“ bezeichnet, um dann – erst von den Amerikanern, dann auch von den brav folgenden Europäern – als „Terroristen“ klassifiziert zu werden.

In Palästina kopierte Israel das US-amerikanische Modell. Man ermutigte die Islamisten, gegen die nationalistischen und sozialistischen Kräfte in der PLO aufzubegehren. Während linke und liberale Wortführer und Aktivisten gejagt, drangsaliert und ermordet wurden, hatten die Islamisten freie Hand. In den Schulen wurden sie von den Israelis bevorzugt als Lehrer eingesetzt. Zu Hunderten, später zu Tausenden infiltrierten islamistisch orientierte Männer und Frauen das palästinensische Bildungssystem. Sobald sich die Islamisten ihres Rückhalts in der Bevölkerung sicher waren und als neue Macht etabliert hatten, wandten sie sich gegen Israel und den Westen.

(siehe „Ich war die fünfte Enttäuschung“, September 2015)

Und weiter:

Unmittelbar nach der Niederlage im Krieg gegen Israel 1967 verbündeten sich die von den USA unterstützten antisozialistischen und antiliberalen arabischen Diktaturen mit islamisch-fundamentalistischen Gruppen und finanzierten sie großzügig.

[…]

So absurd es war: Die USA und ihre Verbündeten wurden sich der Gefahr dieser Strategie erst bewusst, als der Zauberlehrling sich bereits gegen den Zauberer wandte und die islamisch-fundamentalistischen Organisationen eine streng islamistische Gesellschaftsordnung einzurichten drohten, die gegen den Westen opponierte.

[…]

Die Menschen im Westen neigen mittlerweile zu dem Glauben, dass alle Araber und alle Muslime so rigide, fanatisch und geistig verbohrt seien wie islamische Fundamentalisten, und vergessen oder leugnen dabei, dass diese Bewegung, die gegen unsere demokratischen, säkularen und wissenschaftlichen Überzeugungen und nicht zuletzt gegen uns Frauen zu Felde zieht, ursprünglich ein Kind des Westens und seiner reaktionären Verbündeten war.

Khalifa beklagt in ihrem Vortrag Entwicklungen, ohne näher auf einzelne Organisationen einzugehen. Der Telegramkanal Slavyangrad stellte vor wenigen Tagen eine kleine Sammlung von Zitaten israelischer Persönlichkeiten zusammen, die explizit auf die Schaffung bzw. Förderung der Hamas und Israels Rolle dabei eingehen:

Yitzhak Rabin:[6] „Die Unterstützung und Schaffung der Hamas war Israels fataler Fehler.“

Yitzhak Segev , ehemaliger Gaza-Kommandant Brigadegeneral, NYT-Interview: „Die Regierung gab mir Geld für die Unterstützung der Islamisten in Gaza, um den wachsenden Einfluss der Fatah und der Kommunisten zu verhindern.“

Das Statement von Segev wird von der deutschen Wikipedia in ihrem Eintrag über die Hamas bestätigt:

In einem Gespräch mit David Shipler, dem früheren Nahostkorrespondenten der New York Times, erzählte der damalige israelische Militärgouverneur des Gazastreifens, Brigadegeneral Yitzhak Segev, dass er die Hamas als Gegenspieler der PLO und der Kommunisten finanziell unterstützt habe: „Die israelische Regierung gab mir ein Budget, und die Militärregierung übergab sie an die Moscheen.“ Shipler ergänzte im Jahr 2002: „Diese frühe Finanzierung säte die Saat von Hamas und anderen islamischen Bewegungen, die mit Terrorismus den israelisch-palästinensischen Friedensprozess untergruben.“

Zurück zur Zitatesammlung des Telegram-Kanals:

Oberst David Hakam: „Israels Unterstützung für Extremisten wie Jassin (Gründer der Hamas) ist eine Erbsünde, aber damals dachte niemand an die Folgen.“

Rabbi Avner Cohen, der 20 Jahre lang für religiöse Angelegenheiten in Gaza zuständig war: „Die Hamas ist zu meinem großen Bedauern eine Schöpfung Israels.“

In den 1980er Jahren erstellte er einen ganzen Bericht für die israelische Regierung, der mit einer Warnung vor der Bedrohung durch eine islamistische Terrorzelle und der dringenden Empfehlung schloss, das Spiel „Teile und herrsche“ in Gaza sofort einzustellen. Eines seiner Zitate zu diesem Thema: „Hören Sie auf, dieses Monster zu unterstützen, bevor Sie die schrecklichen Folgen zu spüren bekommen.“

Die Aussagen von Rabbi Avner Cohen sind einem Artikel im Wall Street Journal vom Januar 2009 entnommen (langsamer Link zu dem archivierten Artikel).

Allianz der Extremisten

Wo können wir den aktuellen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu[7] in dieser Geschichte verorten? In der liberalen israelischen Tageszeitung Haaretz erschien im Mai 2021 ein Kommentar der Politikerin Stav Shaffir, Angehörige der Partei Awoda, die als zionistische Partei der linken Mitte der Opposition zuzurechnen ist – „Es gibt nur einen Krieg: Die Extremisten gegen die Moderaten“ (ein ebenfalls langsamer Link zum Webarchiv). Zu dieser Zeit fand der Israel-Gaza-Konflikt 2021 statt, der am 10. Mai begann und am 21. Mai mit einer Waffenruhe endete.

Mehr denn je wurde in dieser Woche deutlich, dass wir eine Allianz der Vernünftigen eingehen müssen, und zwar schnell, denn hinter unserem Rücken hat sich längst eine Allianz der Extremisten gebildet. Die Extremisten, Juden wie Araber, brauchen sich gegenseitig. Sie arbeiten zusammen, um Friedensabkommen zu verhindern und unsere Chancen auf ein normales Leben zu sabotieren. Sie hassen sich gegenseitig, aber sie brauchen einander dringend, denn ohne einen Feind werden sie sich auflösen.

Sie sieht eine gezielte Zweifrontenstrategie zur Verhinderung der Zweistaatenlösung:

Die erste ist eine innere Front: der Transfer von Geldern an Siedlergruppen, die neben der Entwicklung von Siedlungen auch zum Aufbau einer Streitmacht vor Ort verwendet wurden. […] Die Siedlerkomitees in Samaria […] und Bewegungen wie die rechtsextreme Lehava sind nicht ohne Grund so stark geworden. […]

Die zweite Front wurde von Premierminister Benjamin Netanjahu offen gefördert und erschuf eine äußere Bedrohung. Im Jahr 2019 gab er zu: „Jeder, der die Gründung eines palästinensischen Staates vereiteln will, muss Geld nach Gaza schicken. Das ist Teil unserer Strategie – die Palästinenser in Gaza von Judäa und Samaria zu trennen.“ Der rechte Generalmajor (a.D.) Gershon Hacohen erklärte, dass Netanjahu, um die Zweistaatenlösung zu verhindern, „die Hamas zu seinem engsten Partner gemacht hat.“ […]

Somit bedrohen uns zwei terroristische Bewegungen gleichzeitig, eine von innen und eine von außen.

Lösungsperspektiven oder Denk- und Sprechverbote?

Im Hinblick auf eine mögliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes ist die Behauptung von Terror, die Zuschreibung des Terrorismus an den Gegner/Feind äußerst relevant, denn eine echte Lösung erfordert einen Dialog, dieser wiederum setzt Dialogfähigkeit voraus, welche den „Terroristen“ pauschal abgesprochen wird.

Wie wir jedoch gesehen haben, wurden zwei Mitglieder von Organisationen, die Wikipedia als terroristisch einstuft, später Ministerpräsidenten von Israel, nämlich Menachem Begin und Jitzchak Schamir. Begin erhielt sogar 1978 zusammen mit Anwar al-Sadat den Friedensnobelpreis.

Nelson Mandela wurde gemeinsam mit anderen Vertretern des ANC von der US-amerikanischen Regierung unter Ronald Reagan als Terrorist auf eine Watch List gesetzt, auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher hat ihn 1987 einen Terroristen genannt (vgl. Mandelas Wiki-Eintrag). Selbst die Nazis verorteten den Terror anderswo, wie Raymond Aubrac, führendes Mitglied der französischen Résistance, 2003 berichtete:

Es stimmt, dass unsere Gegner, die Nazis und ihre französischen Verbündeten, uns in allen Propagandamitteln, Plakaten, Zeitungen und Radiosendern, die sie kontrollierten, als Terroristen bezeichneten.

Im Rückblick mag man dies als absurd bewerten – wer ein Terrorist und damit nicht dialogfähig ist, liegt allerdings im Auge des Betrachters, der wiederum Konfliktpartei oder ihr Unterstützer sein kann.

Alain Gresh hat wiederholt, zuletzt auf OrientXXI, betont:

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass viele terroristische Organisationen, die im Laufe der jüngeren Geschichte als solche an den Pranger gestellt wurden, inzwischen keine Parias mehr sind und zu legitimen Gesprächspartnern geworden sind. Die Irisch-Republikanische Armee (IRA), die Algerische Nationale Befreiungsfront, der Afrikanische Nationalkongress (ANC) und viele andere wurden abwechselnd als „Terroristen“ bezeichnet, ein Wort, das dazu dient, ihren Kampf zu entpolitisieren und ihn als eine Konfrontation zwischen Gut und Böse darzustellen.

Um eine dauerhaft tragfähige Lösung zu erreichen, wird „man“ (der Westen) mit Vertretern der Palästinenser reden müssen. Und wenn man die Hamas für „unverbesserlich“ hält, könnte man dann die angesprochene Allianz der Extremisten schwächen, indem man der Hamas (oder ihren extremistischen Elementen) den Nährboden entzieht? In einem Spiegel-Interview von 2014 beschrieb Yuval Diskin, früherer Direktor des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, den Gleichklang der „Interessen“ zwischen der Hamas und der Bevölkerung von Gaza:

Der Hamas ist es egal, ob die Bevölkerung unter den Angriffen leidet oder nicht, denn die Bevölkerung leidet ohnehin. […] Die Menschen im Gaza-Streifen haben im Moment nichts zu verlieren, genau wie die Hamas. Und genau das ist das Problem.

Die Blockade des Gazastreifens, deren Ursprünge bis in die 1990er Jahre zurückreichen und die in diesen Tagen total geworden ist (oder droht, es zu werden), verhindert jede wirtschaftliche Entwicklung und damit von Perspektiven für die Menschen in Gaza. Sie hat nicht dazu geführt, dass die Menschen sich gegen die Hamas wenden. Und welchen Nutzen hat die Rede vom Terrorismus? Dazu schrieb der französische Ökonom und Philosoph Frédéric Lordon vor wenigen Tagen:

Sollte „Terrorismus“ […] der Ausgangspunkt der öffentlichen Debatte sein? Nein, er ist nicht einmal der Endpunkt der Debatte, sondern nur eine Sackgasse. […]. „Terrorismus“ ist eine Kategorie, die aus der Politik herausführt. Sie wurde geschaffen, um seine Ausrottung als einzige Perspektive zu etablieren und jede politische Analyse zu verhindern. […]. „Terrorismus“ zu sagen, bedeutet, zu verneinen, dass das, was in Israel-Palästina geschieht, zutiefst politisch ist. […]

Man benötigt den „Terrorismus“ nicht, um das Ausmaß des Schreckens zu beschreiben; „Krieg“ und „Kriegsverbrechen“ reichen leider völlig aus […] Verbrechen, die Verbrechen nach sich ziehen – Verbrechen, die Verbrechen vorausgegangen sind. Die Verbissenheit, von „Terrorismus“ zu sprechen, befriedigt nur emotionale Bedürfnisse […]

Aber für diejenigen, die den „Terrorismus“ in der aktuellen Situation zu einem Punkt der Abschwörung gemacht haben, hat er eine unersetzliche Tugend: die Behauptung sinnloser Gewalt, ohne jede Ursache. Reine Gewalt, die aus dem Nichts kommt und streng genommen keine andere Antwort erfordert als ihre Ausrottung, vielleicht in der Form eines Kreuzzugs; der Zusammenprall der Zivilisationen; die Achse des Guten, der keine Fragen gestellt werden dürfen.

Titelbild: Civilization & Barbarism / René Georges Hermann-Paul


[«1] Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 3314 von 1974 das Recht von Völkern bekräftigt, für Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit zu kämpfen und Unterstützung zu suchen, so sie unter kolonialen und rassistischen Regimen oder anderen Formen der Fremdherrschaft stehen. In der Resolution 37/43 von 1982 heißt es: „Die Generalversammlung … bekräftigt die Legitimität des Kampfes der Völker für Unabhängigkeit, territoriale Integrität, nationale Einheit und Befreiung von kolonialer und fremder Herrschaft und ausländischer Fremdherrschaft und Fremdbesetzung mit allen verfügbaren Mitteln, einschließlich des bewaffneten Kampfes“ und „bekräftigt das unveräußerliche Recht … des palästinensischen Volkes .. auf Selbstbestimmung, nationale Unabhängigkeit, territoriale Integrität, nationale Einheit und Souveränität“.

[«2] Aus der deutschen Wikipedia: eine „zionistische paramilitärische Untergrundorganisation“, die „terroristische Anschläge“ verübte und nach Ausrufung der Unabhängigkeit Israels 1948 durch die Regierung aufgelöst und zum größten Teil in die israelische Armee integriert wurde.

[«3] Begin war von 1977 bis 1983 Ministerpräsident. Begin war verantwortlich für den Sprengstoffanschlag auf das King David Hotel 1946 in Jerusalem, bei dem 91 Menschen ums Leben kamen.

[«4] Schamir war von 1986 bis 1992 Ministerpräsident. Er schloss sich 1940 der Stern-Bewegung an, einer radikalen (!) Splittergruppe der Irgun.

[«5] Die Partei schloss 1965 sich zunächst in einem losen Block mit der Liberalen Partei zusammen. 1973 wurde daraus mit weiteren kleinen Parteien das Wahlbündnis Likud, das sich 1988 zu einer Partei vereinigte. Likud stellt seit 1977 in mehr als 30 Jahren den israelischen Ministerpräsidenten. Die ersten beiden, Begin und Schamir, belegen den dominierenden Status der Cherut. Ariel Scharon (2001-2005) kam aus der liberalen Partei und trat Ende 2005 aus der Likud aus. Der derzeitige Ministerpräsident Netanjahu gehörte keiner der Vorgängerparteien an.

[«6] Ministerpräsident von 1974 bis 1977 und von 1992 bis zu seiner Ermordung im Jahre 1995

[«7] fünfmaliger Premier Israels, derzeit seit November 2022 im Amt

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