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  1. Deutsche Milliardenvermögen: Superreiche besitzen mindestens 1,4 Billionen Euro, Steuersätze seit Mitte der 1990er drastisch reduziert
  2. Die Bürgergeld-Armutsspirale: Dispo gekündigt, Handy kaputt, Hungertage
  3. Steigende Energiekosten: Sie zittern vor der Nachzahlung
  4. Strompreis-Rekordjahr: “Ohne Preisbremsen wird es noch teurer”
  5. Studie der Arbeitsagentur: Mehr Mindestlohn, mehr Kaufkraft
  6. Deutsche Führungspartei: SPD-Parteitag in Berlin
  7. Durchhalteparolen aus Berlin
  8. Staatsräson ist keine juristische, sondern eine demagogische Floskel – Im Gespräch mit Hans Decruppe
  9. »Apokalyptische Lage«
  10. “Gerade jetzt, ein Ziel: Nakba!”
  11. Morgen der Libanon: Israels Pläne für die zweite Kriegsphase
  12. Streik für Gaza
  13. 20 Jahre Kampf für kritischen Journalismus. Ein rhetorisch brillant aufgelegter Oskar Lafontaine. Und Standing Ovations.
  14. Veranstaltungshinweis in München – Für eine neue Politik!

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Deutsche Milliardenvermögen: Superreiche besitzen mindestens 1,4 Billionen Euro, Steuersätze seit Mitte der 1990er drastisch reduziert
    Die Vermögen superreicher Haushalte in Deutschland dürften weitaus größer sein als in Forschung, Medien und Öffentlichkeit angenommen. Allein die mehr als 200 Milliardenvermögen im Land könnten zusammengerechnet statt rund 900 Milliarden Euro mindestens 1400 Milliarden Euro umfassen, möglicherweise sogar noch deutlich mehr. Das entspricht gut einem Drittel bis der Hälfte des jährlichen deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) und verteilt sich auf lediglich rund 4300 sehr reiche Haushalte. Gründe für die deutliche Unterschätzung der Milliardenvermögen sind, dass es mehr davon geben dürfte als bislang angenommen. Zudem sind die bekannten Supervermögen in bisherigen Analysen teilweise unterbewertet, etwa weil Gewinnausschüttungen nicht voll erfasst sind oder Unternehmensanteile oder Immobilien in ihrem Wert unterschätzt werden. Das ergibt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

    dazu auch: „Die geheime Welt der Superreichen: “ZDF-Doku: Top-Beamtin aus Lindner-Ministerium half Reichen beim Steuervermeiden
    Das ZDF hat eine neue Doku veröffentlicht – mit teils hochbrisanten Enthüllungen: Gab eine hochrangige Beamtin aus dem Bundesfinanzministerium auf einem Seminar Tipps, wie Reiche Steuern vermeiden können? In „Die geheime Welt der Superreichen“ schleuste sich ein Team des Senders in das Seminar ein.
    Sollten sich die Recherchen zur ZDF-Doku „Die geheime Welt der Superreichen: das Milliardenspiel“ (Dienstag, 12. Dezember, 20.15 Uhr, und ab sofort in der ZDF-Mediathek) nicht schlüssig widerlegen lassen, dürften sie das Bundesfinanzministerium unter FDP-Minister Christian Lindner in Erklärungsnöte bringen.
    Im Film des Autorenteams Julia Friedrichs und Jochen Breyer wird unter anderem über ein Seminar in einem hessischen Nobelhotel berichtet, bei dem Finanzberater von Reichen und Superreichen für 1500 Euro Teilnahmegebühr pro Tag Tipps und Tricks zur Steuerersparnis lernten.
    Im Rahmen der Veranstaltung habe auch eine „hochrangige Rednerin aus dem Finanzministerium“ gesprochen, wie das ZDF in einer Pressemitteilung bekannt macht. Die Beamtin sei dort „in nicht dienstlicher Eigenschaft“ angekündigt gewesen. Das ZDF-Team konnte sich Zutritt zum Seminar verschaffen und hörte der Leiterin einer Fachabteilung im Bundesfinanzministerium dabei zu, wie sie – laut Aussage des ZDF – „etwa über neue Vorhaben zu Gesetzesänderungen, die Steuervermeidung erschweren könnten“, referiert habe. Sie habe anwesenden Teilnehmer jedoch „beruhigt“ und von „Werkzeugkästen“ gesprochen.
    Quelle: Focus Online

  2. Die Bürgergeld-Armutsspirale: Dispo gekündigt, Handy kaputt, Hungertage
    Kolumne Sie überlegen, ob Sie mit dem Bürgergeld ganz gut hinkommen würden? Unsere Kolumnistin Janina Lütt erklärt, wie das Geld erst ausreicht – aber dann ein kaputtes Handy und ein übersehenes Abo langsam, aber sicher in die Armut ziehen
    Und wieder geht sie los, die Hetze gegen Bürgergeld-Beziehende. 3,25 Milliarden Euro mehr braucht der Sozialminister Hubertus Heil aus dem Etat, und schon hetzt die CDU wieder gegen Armutsbetroffene und will Bürgergeldempfänger dazu zwingen, zu arbeiten. Sonst, so lautet der Tenor, kündigen ja alle ihre Jobs, um sich das Leben mit Bürgergeld einfacher zu machen! Da sich nicht-armutsbetroffene Menschen kaum vorstellen können, wie man mit Bürgergeldbezug in die Armutsspirale gerät, schreibe ich es mal auf. Damit Hubertus Heil das nicht ganz alleine erklären muss.
    Das vorweg: Es gibt durchaus Beispiele von Menschen, die eine Weile gut mit Bürgergeld leben können – temporär. Dabei kommt es darauf an, wie die Ausgangssituation aussieht: Mussten Sie noch nie Sozialleistungen beantragen? Haben Sie Rücklagen? Dann ist die Situation vorerst nicht schlimm. Aber je länger Sie von Bürgergeld leben müssen, desto schlimmer wird es. Wenn Sie armutsbetroffen sind, leben Sie ein Leben auf Verschleiß.
    Quelle: der Freitag
  3. Steigende Energiekosten: Sie zittern vor der Nachzahlung
    Viele Bürgergeldempfänger haben Strom- und Heizschulden. Die Schuldnerberatung der Caritas kommt kaum hinterher – auch weil es an Personal fehlt.
    Eine Nebenkostennachzahlung von 1000 Euro – damit hat der junge Auszubildende nicht ­gerechnet. Er macht eine außerbetriebliche Ausbildung und erhält vom Jobcenter Bürgergeld. An einem Morgen im Herbst sitzt er im Büro von Fabienne Begin, Schuldnerberaterin der Caritas in Frankfurt. Die Caritas ist der größte Wohlfahrtsverband in Deutschland, auch Sozialberatungsstellen für Menschen mit niedrigem Einkommen gehören zu ihren Institutionen.
    Fabienne Begin verfasst an diesem Morgen für den jungen Mann und seine Partnerin einen Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme durch das Jobcenter. Normalerweise hätte er zwei Monate auf einen Termin warten müssen. Damit er die Frist für den Widerspruch einhalten kann, hat Frau Begin ihn spontan eingeschoben.
    Er ist einer von knapp vier Millionen Menschen in Deutschland, die Bürgergeld beziehen. Hinzu kommen noch knapp 1,5 Millionen Menschen, die nicht erwerbsfähig sind und daher die Grundsicherung erhalten. Die jährliche Erhebung der 478 Sozialberatungsstellen der Caritas zeigt: Steigende Preise für Energie verschärfen die Probleme dieser Menschen spürbar. 99 Prozent der Hilfesuchenden, die Bürgergeld erhalten, klagen in der Schuldnerberatung über Stromschulden. Bei 88 Prozent der Empfänger von Bürgergeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag geht es in der Beratung um Schulden bei den Heizkosten. Noch 2021 hatte nur rund die Hälfte der Bürgergeldbezieher Strom- und Heizschulden angegeben.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Erstaunlich, einen Artikel in der FAZ zu finden, der so kenntnisreich und verständnisvoll von den Nöten von Hartz-IV-Betroffenen (Bürgergeld-Empfängern) berichtet.

  4. Strompreis-Rekordjahr: “Ohne Preisbremsen wird es noch teurer”
    Die Preise von Strom und Gas seien gesunken, betont die Bundesregierung – Preisbremsen könne man zum Jahresende auslaufen lassen. Doch Analysen zeigen, warum das für Verbraucher zum Problem werden könnte.
    Es ist kalt draußen, als der Finanzminister im November das Ende der Energiepreisbremsen ankündigt. Statt wie geplant im März 2024 sollen sie nun schon zum Jahresende 2023 auslaufen, weil durch das Karlsruher Urteil zum Klima- und Transformationsfonds das Geld dafür fehle. Außerdem seien die Preise von Strom und Gas im Vergleich zum Jahresanfang wieder gesunken, heißt es von Regierungsseite.
    Im Bundestag erklärt der Kanzler: “Inzwischen sind überall in Deutschland wieder Strom- und Gastarife verfügbar, die zwar deutlich höher liegen als vor der Krise – aber meist unterhalb der Obergrenzen, die wir mit den Preisbremsen gezogen haben.”
    Worüber die Regierung allerdings nicht spricht: Sie weiß überhaupt nicht, wie viele Haushalte in Verträgen mit weiterhin hohen Preisen hängen, die über den Strompreisbremsen liegen. Weder das Finanz- noch das Wirtschaftsministerium haben entsprechende Zahlen.
    Quelle: tagesschau
  5. Studie der Arbeitsagentur: Mehr Mindestlohn, mehr Kaufkraft
    Wer Mindestlohn erhält, kann sich heute bei gleicher Arbeitszeit mehr leisten als noch bei der Einführung 2015. Die Erhöhungen konnte den inflationsbedingten Kaufkraftverlust mehr als ausgleichen, so eine Studie der Arbeitsagentur.
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers T.K.: Selbst 100% mehr wären sehr wenig, wenn der zugrunde liegende Wert (hier: der Mindestlohn 2015) lächerlich niedrig ist bzw war. Geschickte Ablenkung von der Tatsache, dass die Tariflöhne real gesunken sind.

  6. Deutsche Führungspartei: SPD-Parteitag in Berlin
    1998 gelangte die SPD wieder in die Bundesregierung und blieb dort bis heute, mit einer Unterbrechung von 2009 bis 2013. Das lässt darauf schließen, dass sie für die westlichen Führungsmächte und fürs deutsche Kapital einen Nutzen hat. Nach innen lässt sich der mit den »Hartz«-Gesetzen und der Etablierung des »größten Niedriglohnsektors in Europa« (Gerhard Schröder 2005) umreißen, außenpolitisch mit der tatkräftigen Unterstützung der Mitte der 90er Jahre beschlossenen NATO-Expansion Richtung Osten sowie der Mitwirkung beim Bombardieren Jugoslawiens und Afghanistans. Bei diesen Angriffskriegen mit antirussischen Komponenten sorgte die SPD zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen dafür, dass es hierzulande nicht zu »bürgerkriegsähnlichen Zuständen« kam – so die dankbare FAZ 1999. Zugleich baute die SPD die wirtschaftliche Kooperation mit Russland aus. Die Kombination von Stagnation und sogar Rückgang der deutschen Reallöhne plus billigem Öl und Gas half der BRD, die Weltwirtschaftskrise rasch zu überwinden. Sie baute den Abstand zu Frankreich und Großbritannien in der Wirtschaftsleistung kräftig aus. 2014 unterwarf sich die Regierung aus CDU/CSU und SPD allerdings dem Schwenk der USA in der Russlandpolitik und unterstützte nach kurzem Zögern die von Washington installierte rechte Putschistenclique in Kiew und deren Krieg gegen die eigene Bevölkerung im Donbass. Die Kooperation mit Moskau reduzierte sich mehr und mehr auf Energieimport, die Kündigung aller Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge durch Washington wurde mitgetragen ebenso wie der Rückgriff der NATO auf die atomare Erstschlagsdoktrin. Der Berliner SPD-Parteitag hat am Wochenende die damit vorbereiteten Schlussfolgerungen besiegelt, die beim Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 aktiviert wurden: Die SPD bietet an, nach innen die Umstellung auf nicht fossile Energien ohne soziale Erschütterungen zu bewältigen, nach außen will sie an der Spitze einer »souveränen« – es ist das meistgebrauchte Attribut im außenpolitischen Beschluss – EU insbesondere Russland bis hin in den Südkaukasus entgegentreten und letztlich einkreisen. Gemeint sind Militarisierung und Absage an die Formel des 2015 verstorbenen Egon Bahr, dass die USA unverzichtbar seien, Russland unverrückbar. Letzteres gilt nicht mehr, das ist der Inhalt der »Zeitenwende«: dessen Zerfall. Es sei »Zeit«, heißt es nun mit Blick auf Putin und Trump, dass Deutschland »Führung zeigt«. Davon hatte die Welt genug.
    Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt
  7. Durchhalteparolen aus Berlin
    Trotz zunehmender Probleme der Ukraine bei der Aufrüstung und bei der Rekrutierung von Soldaten dringt Außenministerin Annalena Baerbock auf die Fortsetzung des Krieges mit Russland. Ein „Einfrieren“ des Waffengangs laufe darauf hinaus, die Ukraine „ihrer Souveränität und Identität“ zu berauben, heißt es in einem am gestrigen Montag publizierten Namensbeitrag der Außenministerin. Das dürfe nicht sein. Andernorts nehmen die Plädoyers für einen Waffenstillstand zu. So urteilt der US-Senator James David Vance, wenn es bislang nicht gelungen sei, Kiew mit einer dreistelligen Milliardensumme zum Sieg zu verhelfen, werde es auch mit dutzenden weiteren Milliarden nicht zu schaffen sein; man solle also „das Töten beenden“. Die Ukraine weitet unterdessen ihre Waffenwünsche aus und verlangt von Washington jetzt die Lieferung von Transportflugzeugen, Apache-Kampfhubschraubern und THAAD-Flugabwehrsystemen. Zugleich zeigen Berichte eine sinkende Bereitschaft von Ukrainern, für eine korrupte Kiewer Regierung in den Krieg zu ziehen. Präsident Wolodymyr Selenskyj will an diesem Dienstag in Washington für eine Fortsetzung der milliardenschweren US-Unterstützung werben.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu auch: Feuerwerk an Desinformation: Warum Baerbock weiter gegen Frieden in der Ukraine ist
    Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich in einem Gastbeitrag in der FAZ zum Ukraine-Konflikt geäußert. Der Beitrag ist ein Zeitdokument, anhand dessen man die Politik Baerbocks und der Bundesrepublik nicht nur einordnen, sondern auch über sie richten wird.
    Baerbock täuscht die deutsche Öffentlichkeit absichtlich. Der Beitrag ist mit “Gegen Putins Weltordnung der Gewalt” überschrieben und ein Feuerwerk aus Desinformation und bewusster Täuschung. Baerbock zeigt darin, dass sie bereit ist, alle historisch gemachten Fehler Deutschlands zu wiederholen. Baerbock setzt auf die weitere Verlängerung des Kriegs. Baerbock schreibt:
    “Russland – ein Land, das durch seinen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat einen besonderen Beitrag zum Frieden in der Welt leisten sollte – kämpft in der Ukraine auch für eine ‘neue Weltordnung’, das betont Putin in seinen Reden immer wieder.”
    Das ist richtig, das was Baerbock dann anschließt, ist schlicht gelogen. Baerbock behauptet:
    “Eine Weltordnung der imperialen Gewalt. Eine Weltordnung, in der internationales Recht nichts, die Macht des Stärkeren dagegen alles und die Bereitschaft zum eklatanten Regelbruch ein strategischer Vorteil ist.”
    Wenn sie den ersten Teil der Aussagen von Wladimir Putin zur Kenntnis genommen hat, dann wird sie den zweiten Teil auch kennen. Nicht nur für den russischen Präsidenten ist die Demokratisierung der internationalen Beziehungen auf der Basis der Charta der Vereinten Nationen ein Anliegen. Russland strebt gemeinsam mit China, Brasilien und zahlreichen anderen Ländern des Globalen Südens die Wiederherstellung der Geltung des Völkerrechts an. Das wurde durch die “regelbasierte Ordnung” ausgehöhlt, auf deren Einhaltung der Westen besteht.
    Die regelbasierte Ordnung ist nicht kodifiziert und auch völkerrechtlich nicht legitimiert. Die regelbasierte Ordnung steht für das Recht des politisch Mächtigeren und Stärkeren. Der Westen macht die Regeln, an die er sich selbst nicht hält. Baerbock kehrt die tatsächlichen Verhältnisse in der Absicht, ihr Publikum zu täuschen. Das ist ebenso durchsichtig wie unredlich.
    Quelle: Gert Ewen Ungar auf RT DE

  8. Staatsräson ist keine juristische, sondern eine demagogische Floskel – Im Gespräch mit Hans Decruppe
    Die Bilder, die uns seit dem 7. Oktober aus Gaza, aber auch aus dem Westjordanland erreichen, sind kaum zu ertragen. Mehr als 15.000 Menschen sind durch die anhaltenden Bombardements der ultrarechten Netanyahu-Regierung gestorben, darunter viele Kinder. Die Versorgungslage ist erschreckend. Sowohl beim Massaker der Hamas als auch bei den israelischen Bombardements traf und trifft es Zivilisten. Beides ist zu verurteilen. Wir sprechen mit Hans Decruppe über die rechtlichen Aspekte des Gaza-Krieges und fragen nach der rechtlichen Grundlage für den von der Bundesregierung erhobenen Begriff der „deutschen Staatsräson“. […]
    Die Freiheitsliebe: In der öffentlichen Diskussion taucht immer wieder der Begriff der „deutschen Staatsräson“ auf. Kannst du uns als Jurist diesen Begriff erklären?
    Hans Decruppe: Juristisch erklären kann man den Begriff „Staatsräson“ nicht, denn er ist völlig substanzlos. Auch wenn er von Juristen in höchsten Staatsämtern – wie Steinmeier und Scholz – verwendet wird. Wie Prof. Ralf Michaels klargestellt hat, steht der Begriff seit seinem Aufkommen in der politischen Theorie der italienischen Renaissance für ein Nützlichkeitsdenken ohne Rücksicht auf Recht und Moral, was mit Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht schwer in Einklang zu bringen ist.
    Die Freiheitsliebe: Das heißt, der Begriff der „Staatsräson“ ist gar kein juristischer Begriff?
    Hans Decruppe: So ist es. „Staatsräson“ ist keine juristische, sondern eine rhetorische und vor allem demagogische Floskel. Vergleichbar mit der Floskel „alternativlos“, die Merkel in ihrer Amtszeit politisch geschickt nutzte. Auch dieser Begriff ist inhaltsleer, diente bzw. dient aber der gezielten Einschränkung des politischen Diskurses. Wenn etwas alternativlos ist, dann stellt sich jeder, der trotzdem alternative Vorstellungen formuliert, außerhalb der von höchster staatlicher Stelle vorgegebenen Positionierung. Unter „Räson“ versteht man Vernunft oder Einsicht. Und wer sich gegen die „Staatsräson“ stellt, ist folglich unvernünftig und politisch uneinsichtig. Er stellt sich quasi gegen die Staatsvernunft. Im Interesse des Staates muss daher jeder, der sich dieser proklamierten Staatsvernunft nicht beugt, bekämpft und gecancelt werden. Der Begriff ist damit nichts anderes als ein manipulatives politisches Instrument, mit dem höchste staatliche Stellen – unter Beifall und mit Unterstützung einer sich selbst zunehmend gleichschaltenden Presse – versuchen, kritische Debatten zu unterdrücken. Mit anderen Worten: Der Gebrauch des Begriffs „Staatsräson“ ist in rechtlicher Bewertung ein perfider Versuch, die durch Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützte Meinungsfreiheit im Interesse einer „Quasi-Staatsmeinung“ einzuhegen.
    Quelle: die Freiheitsliebe
  9. »Apokalyptische Lage«
    UN-Resolution zu Hilfe für Gaza erneut von USA blockiert. Organisationen schlagen Alarm wegen sich ausbreitender Krankheiten und Hunger.
    Das Gesundheitssystem im Gazastreifen bricht zusammen. Davor warnte der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanim Ghebreyesus, bei einer am Sonntag abgehaltenen Dringlichkeitssitzung des WHO-Exekutivrats. Von den 36 Krankenhäusern der Küstenenklave seien nur noch 14 teilweise funktionsfähig, aber völlig überlastet. Sie verfügten über keine Vorräte mehr und beherbergten zudem Tausende Vertriebene. Im Gazastreifen breiten sich epidemische Krankheiten wie blutige Diarrhoe, Gelbsucht, Hepatitis, Krätze und Atemwegserkrankungen aus. Sauberes Wasser steht dort faktisch nicht mehr zur Verfügung, und alle wichtigen Sanitäranlagen sind außer Betrieb. Die Hilfsorganisation Oxfam bezeichnet die humanitäre Lage in dem Gebiet, das eines der am dichtesten besiedelten der Welt ist, als »apokalyptisch«. Über 17.700 Menschen sind dort bereits ums Leben gekommen, 70 Prozent davon Kinder und Frauen. Unzählige werden unter den Trümmern bombardierter Häuser noch vermisst. Martin Frick, Leiter des Berliner Büros des UN-Welternährungsprogramms (WFP) nannte am Wochenende Hunger eine der größten Gefahren. Man könne der notleidenden Bevölkerung kaum noch humanitäre Hilfe leisten: »Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein.« Seit Kriegsbeginn am 8. Oktober seien insgesamt nur gut 1.800 Lastwagen in den Gazastreifen gelangt. Zuvor seien es 10.000 pro Monat gewesen. Auch die Verteilung vor Ort geschehe unter Lebensgefahr, man habe in diesem Krieg bereits »über 100 Kolleginnen und Kollegen verloren«. Die Gefahr, dass humanitäre Hilfsgüter in die Hände der Hamas gelangen, sieht Frick hingegen kaum. Man habe »sehr robuste Systeme« und wisse, »dass unsere Hilfe wirklich an die Menschen kommt, die es am nötigsten haben«. Derweil nehmen die Feuergefechte zwischen der israelischen Armee und der Hamas sowie die Luftangriffe auf den Gazastreifen ein weiteres Mal an Intensität zu. Das israelische Militär rief auf X dazu auf, weitere Teile von Khan Junis, der größten Stadt im Süden, »dringend« zu evakuieren. Verletzte konnten Notaufnahmen wegen Beschusses nicht erreichen.
    Quelle: junge Welt
  10. “Gerade jetzt, ein Ziel: Nakba!”
    Unvorstellbare Schreckensbilder von Töten, Zerstören, Aushungern, Vertreiben, verzeifelte Menschen in Panik, Kinder für ihr Leben gezeichnet. Kein Ende des Abschlachtens abzusehen, nicht einmal Verhandlungen. Deutsche Medien vermuten hinter dem völkerrechtswidrigen Vorgehen Israels Rache für die menschenverachtenden Morde der Hamas. Rache mag vielleicht die Stimmungslage von Teilen der Bevölkerung in Israel bestimmen, nicht aber die Strategie der politischen und militärischen Führung.
    Im Koalitionsrahmenvertrag der rechtsextremen Regierung Netanjahus heißt es bereits im ersten Satz: “Das jüdische Volk hat ein exklusives und unveräußerliches Recht auf alle Teile des Landes Israel (…) – Galiläa, Negev, den Golan und Judäa und Samaria.” Im Juni 2020 schrieb Amnesty International: “Im Rahmen eines im April geschlossenen Abkommens zur Bildung einer Koalitionsregierung einigten sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dessen politischer Rivale Benny Gantz … über die `Annektierung´ von Teilen des besetzten Westjordanlandes, einschliesslich israelischer Siedlungen und des Jordantals.” Der UN-Menschenrechtsrat zitiert Premierminister Netanjahu, der am 10. September 2019 seine Absicht erklärte, das Jordantal zu annektieren. Sein Nachfolger Bennett verkündete am 17. Mai 2022 in einer Rede an Siedler im Westjordanland: „Mit der Hilfe Gottes werden wir hier noch sein, wenn wir den fünfzigsten und siebzigsten, ja hundertsten, zweihundertsten und zweitausendsten Geburtstag von Elkana feiern in einem vereinten und souveränen jüdischen Staat im Land von Israel.“
    Das Ziel der israelischen Regierung ist Annexion der besetzten Gebiete und das Mittel ist Terror und Vertreibung. Bereits wenige Stunden nach dem Massaker der Hamas twitterte ein Abgeordneter von Netanjahus Likud-Partei im Parlament: “Gerade jetzt, ein Ziel: Nakba (Vertreibung)! Eine Nakba, die die Nakba von 48 in den Schatten stellt.”Die israelische Politik hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sie die besetzten Gebiete nicht aufgeben wird und den Siedlungsbau im Westjordanland weiter voranzutreiben gedenkt. Das Ziel ist ein jüdischer Staat, “Eretz Israel”, mit möglichst wenig Palästinensern ohne Bürgerrechte. Während die deutsche Politik verbal an der Zwei-Staaten-Lösung festhält, ohne jeden Nachdruck für ihre Verwirklichung, wird die reale Lage in eine ganz andere Richtung verschoben – eine Richtung, die seit Jahren heimlich diskutiert und geplant wird.
    Quelle: der Freitag
  11. Morgen der Libanon: Israels Pläne für die zweite Kriegsphase
    An diesem Dienstag, dem 12. Dezember, ist der 67. Tag des Krieges im Gazastreifen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza vom Montag wurden seit Kriegsbeginn 18.000 Einwohnerinnen und Einwohner getötet, weitere 50.000 Menschen verletzt. Diese Zahlen trennen nicht zwischen Kämpfern der Hamas und anderer Widerstandsorganisationen einerseits und Nichtkombattanten (Zivilisten) andererseits. Die israelische Tageszeitung Haaretz berechnete am Montag aufgrund von Studien israelischer Sicherheitsstellen, dass 61 Prozent der im Gazastreifen von den Israelis Getöteten Zivilisten gewesen seien – der höchste Anteil in allen Feldzügen der israelischen Streitkräfte (IDF) gegen die Palästinenser, aber wahrscheinlich trotzdem zu niedrig geschätzt. Im besetzten Westjordanland töteten Soldaten der IDF und straflos mordende Siedlerbanden nach Angaben aus Gaza und Ramallah seit Kriegsbeginn 275 Palästinenser und verletzten 3.365. Die israelische Seite eskaliert dort ihr Vorgehen. Die Zahl der getöteten Israelis seit Kriegsbeginn geben die IDF für die Überfälle palästinensischer Kampforganisationen am 7. Oktober mit 859 Nichtsoldaten (darunter 57 Polizisten und 38 Angehörige örtlicher Einsatzkräfte) und 274 Soldaten wieder. Während der Bodenoffensive im Gazastreifen, die am 27. Oktober begann, wurden bis Montag mittag 104 Soldaten getötet oder verunglückten – also nicht einmal halb so viele wie während des palästinensischen Überraschungsangriffs am 7. Oktober an einem einzigen Tag.
    Quelle: junge Welt
  12. Streik für Gaza
    Israel kündigt Ausweitung des Krieges an, Solidarität in besetzter Westbank und arabischen Ländern. EU prangert Ignoranz gegenüber Kritik an.
    Mehr als 22.000 Ziele hat die israelische Armee nach eigenen Angaben seit dem 8. Oktober im Gazastreifen bombardiert. Die Küstenenklave ist kaum größer als die Stadt München und eines der am dichtesten besiedelten Gebiete weltweit. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden im Gazastreifen sind in dem aktuellen Krieg bereits über 18.000 Menschen getötet und fast 50.000 verletzt worden – zwei Drittel davon Frauen und Kinder. Eine am Wochenende in der israelischen Zeitung Haaretz veröffentlichte Analyse des Soziologieprofessors Yagil Levy kommt zu dem Schluss, dass der Anteil von zivilen Opfern an der Gesamtzahl der im Gazakrieg Getöteten deutlich über dem durchschnittlichen Anteil ziviler Opfer in allen Konflikten weltweit im 20. Jahrhundert liegt. Dort habe es sich bei etwa der Hälfte der Getöteten um Zivilisten gehandelt. Unbeirrt von solchen Ergebnissen erklärte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer am Sonntag abend ausgestrahlten Videobotschaft, man werde den Krieg noch weiter intensivieren. Zwar werde dieser noch andauern, dies sei aber »der Anfang vom Ende der Hamas«, gab sich Netanjahu siegesgewiss. Deren Kämpfer sollten sich ergeben. Nach unabhängig nicht überprüfbaren Angaben der israelischen Regierung sollen inzwischen 7.000 Hamas-Kämpfer getötet worden sein, zahlreiche hätten sich ergeben. Dem widersprechend berichtete allerdings die Zeitung Haaretz unter Berufung auf israelische Sicherheitskreise, von einer Massenkapitulation könne keine Rede sein. Von den bislang mehreren hundert Festgenommenen gehörten nur zehn bis 15 Prozent der Hamas oder mit ihr verbundenen Organisationen an. Bilder und Videos von halbnackten verhafteten Männern im Gazastreifen hatten in den letzten Tagen für erhebliche Kritik am Vorgehen der Armee gesorgt. Die Bilder Gefangener in Unterhosen würden »niemandem dienen«, so der nationale Sicherheitsberater Zachi Hanegbi, gegenüber der Times of Israel am Sonntag abend. Er erwarte, dass deren Verbreitung eingestellt werde.
    Quelle: junge Welt
  13. 20 Jahre Kampf für kritischen Journalismus. Ein rhetorisch brillant aufgelegter Oskar Lafontaine. Und Standing Ovations.
    Rhetorisch? Ein fulminanter Abend am gestrigen Samstag im Haus des Gastes in BZA. Zu 20 Jahren Nachdenkseiten.de, die von Albrecht Müller aus Pleisweiler gegründet worden sind und sich weiter wachsender Beliebtheit erfreuen. Wider des unkritischen „Main-Stream“-Journalismus, insbesondere bei den öffentlich-rechtlichen Medien (so die Schelte) wurde sich auch selbst gefeiert. Bei begeisternder Musik eines französischen Ensembles.
    Ein sachtes Lächeln umspielte die schmalen Lippen des Gründervaters als er von den Klickzahlen sprach. 300.000 bis 500.000 am Tag. Allein 125.000 davon sind Abonnenten. Auf einer Höhe „mit dem Niveau der Süddeutschen“. Gegen viele Widerstände. Heute mehr denn je, insbesondere aus der Politik, so der Laudator, der die „Vermachtung der Gesellschaft“ mehrfach geißelte. Kein geringerer als Oskar Lafontaine. Er war kurzfristig für seine erkrankte Frau, die Linken-Abtrünnige Sahra Wagenknecht, eingesprungen. „Ähnlich interessant“ meinte Müller gestern süffisant auf der Bühne. Es war eine perfekte Inszenierung, die die gut 500 Gäste aus ganz Deutschland beim Schluss-Applaus von den Sitzen riss. Politisch? Oskar Lafontaine ist nun einmal Oskar Lafontaine.
    Quelle: suewpress.de
  14. Veranstaltungshinweis in München – Für eine neue Politik!
    Unter dem Motto „Für eine neue Politik! Die neue Partei Sahra Wagenknechts in München und Bayern“ werden heute, am 12. Dezember, Klaus Ernst und andere im Lihotzky, München, berichten und Fragen beantworten. Gäste sind herzlich eingeladen.

    Quelle: Aufstehen Bayern

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