„Medienfreiheitsgesetz“ – Ursula von der Leyen sichert sich Oberaufsicht über alle Medien in der EU

„Medienfreiheitsgesetz“ – Ursula von der Leyen sichert sich Oberaufsicht über alle Medien in der EU

„Medienfreiheitsgesetz“ – Ursula von der Leyen sichert sich Oberaufsicht über alle Medien in der EU

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Die deutsche EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen will nur das Beste für uns alle und, okay, vielleicht auch noch ein bisschen Machtzuwachs für sich und ihren Laden aus demokratisch nicht legitimierten EU-Bürokraten. Nach dem von ihr initiierten Digitale-Dienste-Gesetz (DSA), welches explizit auf Kontrolle des digitalen Raumes ausgelegt ist, wie das aktuelle Verfahren gegen X/Twitter eindrucksvoll belegt, sind jetzt EU-weit Presse, Funk und Fernsehen dran. Und der Name des Gesetzes, das erstmalig der EU-Kommission die Oberhoheit über die Medienlandschaften in den 27 Mitgliedsländern sichert, klingt nicht nur „orwellianisch“, es ist es mutmaßlich auch. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Medienfreiheitsgesetz – EU einigt sich auf besseren Schutz für Medien“ titelte die Tagesschau am vergangenen Freitag und zitiert dann noch die CDU-Abgeordnete Sabine Verheyen mit den Worten, dass dies „ein historischer Schritt ist, um Journalisten und Medienpluralismus zu schützen”. Von einem „Meilenstein für die Medienfreiheit“ ist zudem die Rede.

Mit dieser positiven Interpretation des Vorhabens der EU-Kommission steht die Tagesschau in der Medienlandschaft aber ziemlich allein da. Selbst die FAZ titelt weit distanzierter: „NEUES MEDIENGESETZ DER EU: Unter Aufsicht“ und kommt zu dem Schluss, dass das Gesetz die Pressefreiheit einschränkt statt wie vorgegeben zu schützen. „Die unabhängige Presse“ sei bisher „dem Grundgesetz, der allgemeinen Gesetzgebung und dem Presserecht unterworfen“ und habe mit dem Presserat über ein „Instrument der Selbstregulierung“ verfügt. All dies, so die FAZ abschließend, „wird mit dem Medienfreiheitsgesetz kassiert.“

Ein ähnliches düsteres Fazit zieht der auf EU-Fragen spezialisierte Journalist Eric Bonse in seinem Beitrag „Brüssel übernimmt Kontrolle über die Medien“ und spricht in diesem Zusammenhang von einem „erheblichen Machtzuwachs für Brüssel“. Dies führt er auch weiter aus:

„Bei ihrem Start hatte die von-der-Leyen-Behörde keine nennenswerten Kompetenzen in der Medienpolitik. Vier Jahre später verbietet sie unerwünschte Sender (RT und Sputnik), kontrolliert das Internet und Nachrichtenkanäle wie X / Twitter – und knöpft sich nun auch noch Presse, Funk und Fernsehen vor. Und all dies tun ungewählte EU-Beamte – natürlich im Namen der Demokratie und der Freiheit. Sie wollen nur unser Bestes, vor allem bei der Europawahl.“

Auch die Vertreter der privaten Verleger- und Medienbranche wittern eher Gefahr als Schutz durch das neue EU-Gesetz. In einer gemeinsamen Pressemitteilung des Bundesverbandes der Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) sowie des Medienverbandes der freien Presse (MVFP) wird die „Beschränkung der Pressefreiheit durch europäische Regulierung“ kritisiert und angemerkt:

„Aus Medienregulierung ist noch nie mehr Medienfreiheit entstanden.“

Zudem wird darauf verwiesen, dass das Gesetz gleich mehrfach mit Grundsätzen der Pressefreiheit breche. So werde eine behördliche Aufsicht über die Presse etabliert, bei der auch noch die EU-Kommission mitreden wolle. Zudem sollen Verlage nicht mehr über redaktionelle Inhalte entscheiden dürfen, aber weiter für alle Inhalte voll verantwortlich sein. Und im Internet werde die Zensur legaler Presseveröffentlichungen durch die digitalen Torwächter gesetzlich gebilligt und festgeschrieben.

Die EU-Kommission unter von der Leyen begründet ihr zweifelhaftes Vorhaben übrigens vor allem mit Verweis auf die Notwendigkeit eines einheitlichen „Binnenmarkts“ und entsprechenden Marktregeln. Zu den Zielen des „Medienfreiheitsgesetzes“ erklärte der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton Folgendes:

„Die EU ist der weltweit größte demokratische Binnenmarkt. Medienhäuser spielen eine entscheidende Rolle, sehen sich aber mit steigenden Bedrohungen der Medienfreiheit und des Medienpluralismus, der Entstehung großer Online-Plattformen und einem Flickenteppich unterschiedlicher nationaler Vorschriften ausgesetzt. Im europäischen Medienfreiheitsgesetz sind gemeinsame Schutzvorkehrungen auf EU-Ebene vorgesehen, um die Meinungsvielfalt zu gewährleisten und sicherzustellen…“

Folglich wird das „Binnenmarkt“-Argument nur als ein Vorwand genutzt, um einen weiteren sensiblen Bereich EU-weit „marktkonform“ zu regulieren und damit unter Hoheit der (nichtgewählten) Kommission zu bringen. Gerade die Medienlandschaft in EU-Europa, eine seit rund 200 Jahren sehr unterschiedlich gewachsene Struktur, war aus gutem Grund bisher noch Domäne der jeweiligen Nationalstaaten geblieben. Warum und aus welchem Motiv heraus sollte man Medien, die in über zwei Dutzend Sprachen und aus ganz unterschiedlichen journalistischen Kulturen heraus erscheinen, einheitlich regeln?

Fazit

Das ganze „Medienfreiheitsgesetz“-Konstrukt erscheint weder grundgesetzkonform noch kompatibel mit der Grundrechtscharta der EU. Fundamentale und über Jahrhunderte erkämpfte Grundrechte wie Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit sollten sich nicht von EU-Institutionen mit fragwürdiger demokratischer Legitimität mit dem Verweis auf einen „einheitlichen Binnenmarkt“ und „Marktregeln“ aushebeln lassen. Hier wären engagierte EU-Bürger gefragt, die mit Klagen vor nationalen Gerichten und dem Europäischen Gerichtshof diese Amtsanmaßung der EU-Kommission, sowohl was das „Medienfreiheitsgesetz“ als auch das „Digitale-Dienste-Gesetz“ angeht, zumindest versuchen sollten, in die Schranken zu weisen.

Titelbild: Shutterstock / Alexandros Michailidis