US-Investor will Nord Stream kaufen und 50 Millionen Euro für Hinweise zu den Tätern des Anschlags

US-Investor will Nord Stream kaufen und 50 Millionen Euro für Hinweise zu den Tätern des Anschlags

US-Investor will Nord Stream kaufen und 50 Millionen Euro für Hinweise zu den Tätern des Anschlags

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Es gibt einige neue Entwicklungen in der Causa Nord Stream: Zum einen hat der der als Trump-nah geltende US-Investor Stephen P. Lynch beim US-Finanzministerium einen Antrag gestellt, den noch intakten Strang der Nord-Stream-2-Pipeline zu kaufen, um so langfristig für die USA „die Kontrolle über die europäische Energieversorgung zu behalten“. Zum anderen gibt es eine parlamentarische Initiative im Bundestag, dem Generalbundesanwalt „Budgetmittel in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro“ zur Verfügung zu stellen für Hinweise, die zur Ermittlung der Täter des Terroranschlags führen. Die NachDenkSeiten wollten wissen, welche Haltung die Bundesregierung zu diesen beiden Vorhaben einnimmt. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund: „Einmalige Gelegenheit“ für die USA zum Kauf von Nord Stream 2

Derzeit (Stand 28. November) liegt der Referenzwert TTF für Erdgaspreise in der EU bei fast 50 Euro pro Megawattstunde. Nur zum Vergleich, in den USA liegt dieser Preis aktuell bei knapp 3 Dollar pro – der in den USA üblichen Einheit – MMBtu (Million British Thermal Units). Dies entspricht umgerechnet rund 10 Euro pro Megawattstunde. Gas ist in den USA also um den Faktor 5 günstiger als in EU-Europa. Der Unterschied, gerade auch was die jeweiligen Energiekosten für die zwei Industriestandorte und damit die Wettbewerbsfähigkeit angeht, ist offensichtlich.*

In diesem Kontext wiegt es um so schwerer, dass der bekannte US-Investor Stephen P. Lynch, wie zuerst die Washington Post berichtet hat, einen Antrag beim US-Finanzministerium gestellt hat, um den verbliebenen Strang von Nord Stream 2 zu kaufen. Dies sei, so Lynchs Argumentation gegenüber dem US-Finanzministerium und US-Senatoren, „eine einmalige Gelegenheit, die europäische Energieversorgung für den Rest der Ära der fossilen Brennstoffe zu kontrollieren“, und würde damit „den langfristigen Interessen der USA dienen“.

Bereits im Februar 2024 hatte Lynch beim US-Finanzministerium eine Lizenz beantragt, die es ihm ermöglicht, mit Unternehmen, die derzeit US-Sanktionen unterliegen, über den Kauf der Pipeline zu verhandeln. Hintergrund ist das derzeit laufende Insolvenzverfahren gegen die in der Schweiz ansässige Nord Stream AG, in deren Besitz sich Nord Stream 2 befindet.

Für das Schweizer Insolvenzverfahren gelte, so Lynch laut Washington Post in seinem Schreiben an die US-Behörden, eine „harte Frist“ bis Januar 2025. Bis dahin müsse die Nord Stream AG entweder ihre Schulden umstrukturieren – was nach allgemeiner Einschätzung als sehr unwahrscheinlich gilt –, sonst stände dann die Liquidation und Versteigerung von Nord Stream 2 an. Es dürfte nach Ende des Krieges, so die weitere Argumentation des US-Investors gegenüber dem US-Finanzministerium, sowohl für Russland als auch für die ehemaligen Kunden in Deutschland und allgemein in Europa „verlockend“ sein, die Pipeline wieder in Betrieb zu nehmen, unabhängig davon, wem sie gehört.

Aus dem politischen Raum in Washington ist zu hören, dass der künftige US-Präsident Donald Trump sich durchaus an dem Kauf interessiert zeigt, gerade auch vor dem Hintergrund, bei Verhandlungen mit Moskau über einen weiteren Trumpf in der Hinterhand zu verfügen.

Angesichts der strategischen Relevanz, insbesondere für die deutsche Energieversorgung und Wettbewerbsfähigkeit, spricht die entsprechende Antwort des Regierungssprechers Bände:

„Da muss ich mich schlau machen. Ich habe zu dem, was Sie erwähnen, auch Meldungen gelesen, aber da habe ich keinen aktuellen Stand, da muss ich mich schlau machen.“

Hintergrund: 50 Millionen Euro als Belohnung für Hinweise zu den Tätern des Nord-Stream-Anschlags

Angesichts der stockenden Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt hat die AfD-Fraktion im Bundestag einen Antrag mit dem Titel „Belohnung für Hinweise zur Aufklärung der Anschläge auf die Nord-Stream-Leitungen ausloben“ (Bundestags-Drucksache 20/12095) aufgesetzt. Darin heißt es unter anderem:

„Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten, damit die haushalterischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Budgetmittel von bis zu 50.000.000 Euro zur Verfügung gestellt werden können, über die er für die Auslobung einer Belohnung für Hinweise verfügen kann, die zur Ermittlung des Täters oder der Täter führen, und eine rechtsstaatliche Feststellung der Täterschaft als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen (…)“

Des Weiteren wird die Einsetzung „einer unabhängigen Arbeitsgruppe unter besonderer Berücksichtigung des Deutschen Bundestages“, welche „die unmittelbaren und mittelbaren Schäden des Terroranschlages“ für die Bundesrepublik berechnen soll, gefordert.

Ebenso wird in dem Antrag die Bundesregierung „für ihre offensichtlich mangelnde Bereitschaft, die zahlreichen Fragen der Abgeordneten zu den Anschlägen hinreichend zu beantworten“, gerügt, sowie „die fehlende Bereitschaft“ der Bundesregierung bemängelt, „die Sprengstoffanschläge in geeigneten internationalen Gremien zu diskutieren sowie die Tatsache, dass sich die Bundesregierung gegen internationale Untersuchungen in diesem Rahmen sperrt“, bemängelt. Der Antrag liegt seit Juli 2024 diversen Bundestagsausschüssen bisher ergebnislos zur Bewertung vor:

Die Bewertung von Regierungssprecher Hebestreit zu dieser Initiative lautete:

„Ich kenne zwar diesen Vorgang nicht, aber ich werde ihn nachher nachschlagen, weil Sie dankenswerterweise auch das Drucksachenzeichen genannt haben. Ich glaube aber, da belassen wir die Arbeit sehr gerne in den bewährten Händen des Generalbundesanwaltes. Zu der Frage, was der von einem solchen Vorschlag hält, können Sie dort dann noch einmal nachhaken.“

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 27. November 2024

Frage Warweg
An Herrn Hebestreit oder an das BMWK: Der als Trump-nah geltende US-Investor P. Lynch hat angekündigt, dass er plant, die noch bestehende Pipeline Nord Stream 2 zu erwerben, um – das hat er ganz offen dargelegt – die Kontrolle über die europäische Energieversorgung zu behalten. Der US-Senat und das US-Finanzministerium wurden bereits über die Pläne informiert. Da würde mich die Haltung der Bundesregierung interessieren: Unterstützt man die Idee, dass ein US-Investor die Pipeline erwirbt, oder plant man angesichts der anstehenden Veräußerung der Vermögenswerte der Nord Stream AG mit Sitz in der Schweiz, die Pipeline selbst zu erwerben?

Regierungssprecher Hebestreit
Da muss ich mich schlau machen. Ich habe zu dem, was Sie erwähnen, auch Meldungen gelesen, aber da habe ich keinen aktuellen Stand, da muss ich mich schlau machen. – Ich weiß nicht, ob das Wirtschaftsministerium das vielleicht weiß?

Wagner (BMWK)
Ich kenne das bisher auch nur aus Pressemeldungen und Spekulationen, zu denen ich mich jetzt hier nicht einlassen möchte. Wenn es etwas Handfestes gäbe, zu dem wir etwas sagen könnten, dann würde ich das noch nachreichen.

Zusatzfrage Warweg
Da wir gerade beim Thema Nord Stream sind: Es gibt angesichts der langsamen und stockend verlaufenden Ermittlungen mittlerweile einen Vorschlag aus dem politischen Raum – für Interessierte: Bundestagsdrucksache 20/12095 -, die dem Generalbundesanwalt Budgetmittel in Höhe von bis zu 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen will, über die dieser dann für die Auslobung einer Belohnung für Hinweise, die zur Ermittlung der Täter führen, verfügen kann. Da würde mich ebenfalls interessieren, wie sich die Bundesregierung zu diesem Vorschlag verhält, um wieder etwas Bewegung in die stockende Aufklärung des Terrorakts zu bringen.

Hebestreit
Ich kenne zwar diesen Vorgang nicht, aber ich werde ihn nachher nachschlagen, weil Sie dankenswerterweise auch das Drucksachenzeichen genannt haben. Ich glaube aber, da belassen wir die Arbeit sehr gerne in den bewährten Händen des Generalbundesanwaltes. Zu der Frage, was der von einem solchen Vorschlag hält, können Sie dort dann noch einmal nachhaken.

* Korrektur 29.11.2024 15:00 Uhr: Im vorstehenden Absatz wurden mehrere Sätze ergänzt, durch die die unterschiedlichen Mengeneinheiten von EU sowie den USA Berücksichtigung gefunden haben.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 27.11.2024

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