Öffentlicher Gerichtstermin am 19. November 2025: Causa NachDenkSeiten versus Bundespressekonferenz geht in die nächste Runde

Öffentlicher Gerichtstermin am 19. November 2025: Causa NachDenkSeiten versus Bundespressekonferenz geht in die nächste Runde

Öffentlicher Gerichtstermin am 19. November 2025: Causa NachDenkSeiten versus Bundespressekonferenz geht in die nächste Runde

Ein Artikel von: Redaktion

„Der Beklagte (BPK e.V.) wird verurteilt, dem Kläger zu seinen Veranstaltungen und Angeboten wie einem Mitglied Zugang zu gewähren.“ So lautete der Schlüsselsatz im Urteilsspruch des Berliner Landgerichts am 27. Juli 2023. Vorausgegangen war ein sich über zwölf Monate hinziehender Rechtsstreit, da die Bundespressekonferenz e.V. mit Verweis auf ihren Charakter als Privatverein sich geweigerte hatte, den NDS-Redakteur und Parlamentsberichterstatter Florian Warweg zu den Regierungspressekonferenzen in der BPK zuzulassen. Der BPK-Vorstand legte gegen diese Entscheidung des Landgerichts umgehend Berufung ein. Vom Berliner Kammergericht wurde dieser Berufungstermin nun auf den 19. November, 11:30 Uhr, Sitzungssaal 145 gelegt. Dann wird sich entscheiden, ob die NachDenkSeiten weiterhin das Recht haben werden, in der BPK Fragen an die Bundesregierung zu stellen. Der Termin ist öffentlich. Von Redaktion.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund

Das Berliner Landgericht hatte in seinem Urteil vom Juli 2023 insbesondere auf Artikel 3 und 5 des Grundgesetzes sowie darauf verwiesen, „dass der Beklagte vorliegend an die Beachtung der Grundrechte des Klägers gebunden ist“. Insgesamt ließ das Urteil kaum ein gutes Haar an den von der BPK und der sie vertretenden Anwaltskanzlei vorgebrachten Argumenten. Im Urteil hieß es dazu unter anderem „völlig pauschal vorgetragen“, „nicht prüfbar“, „nicht geeignet“ sowie „keinerlei substantiierten Vortrag …”. Der gesamte, 13 Seiten umfassende Urteilsspruch ist im vollumfänglichen Wortlaut und als PDF-Dokument hier einsehbar.

Gut einen Monat nach dem Urteilsspruch des Landgerichts ging den NachDenkSeiten am 31. August 2023 ein Schreiben des Kammergerichts Berlin (entspricht dem Oberlandesgericht in anderen Bundesländern) zu. In diesem wurde uns mitgeteilt, dass der private Verein „Bundespressekonferenz e.V., vertreten durch den Vorstand“ Berufung eingelegt hätte gegen die Entscheidung des Landgerichts Berlin, Florian Warweg zu den Veranstaltungen und Angeboten der BPK wie einem Mitglied Zugang zu gewähren. Unser Redakteur legte daraufhin ebenfalls Berufung ein und klagt nun auf Feststellung seiner Vollmitgliedschaft im BPK e.V.

Der entsprechende Berufungstermin wurde zunächst vom Kammergericht auf den 27. August 2025 gelegt. Anfang Juli dieses Jahres erreichte unseren Anwalt die Mitteilung, dass der Termin verschoben und für die Verhandlung nun der 19. November 2025 „bestimmt“ wurde.

Bisheriger Stand der Rechtsprechung in der Causa Warweg (NDS) vs. BPK

Die in der Urteilsbegründung im Kontext der Grundrechtsbindung der BPK angeführten Grundgesetz-Artikel 3 und 5 lauten:

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“

Weiter erklärte das Gericht:

Der Kläger (Florian Warweg) erfüllt die Voraussetzungen des § 2 der Satzung des Beklagten, da er zum einen ein in Berlin ansässiger Journalist ist und darüber hinaus umfassend über bundespolitische Themen berichtet.“

Auch mit diesem Satz negierte das Landgericht umfassend die damalige Argumentation der BPK. Denn einer der zentralen Argumentationsstränge des Vorstands der Bundespressekonferenz e.V. war die Behauptung, unser Redakteur würde nicht ausreichend über Bundespolitik schreiben und in Folge nicht die Voraussetzungen zur Teilnahme an den Regierungspressekonferenzen erfüllen. Doch das sah das Gericht anders und führte dies auch noch weiter aus:

Der Beklagte (die BPK) hat demgegenüber nicht substantiiert dargestellt, dass bei einer derartigen Anzahl von Artikeln innerhalb einer recht kurzen Zeit, gleichwohl nicht die satzungsgemäß geforderte überwiegende Berichterstattung zu bundespolitischen Themen vorliegt. Insbesondere hat der Beklagte nicht dargestellt, warum die genannten Artikel die Bundespolitik gerade nicht betreffen, oder aber, dass sie Anzahl mäßig im Vergleich zu sonstigen Artikeln des Klägers nicht ins Gewicht fallen, da dieser normalerweise über andere Themen berichten würde. Dies ist auch ersichtlich nicht der Fall.“

Wirklich peinlich für die BPK und die sie vertretende Kanzlei wurde es auf den letzten zwei Seiten der Urteilsbegründung, die sich den im Zuge der mündlichen Verhandlung von der Richterin eingeforderten konkreten Belegen bezüglich der Behauptung, Florian Warweg hätte Mitglieder der Bundespressekonferenz beleidigt, sowie den angeblich vorgebrachten Einwänden von Mitgliedern widmen (Fettdruck durch Redaktion):

Satzungsgemäße Ausschlussgründe, die vorliegend eine Verurteilung des Beklagten ausschließen würden, hat dieser bislang substantiiert nicht vorgetragen. Insbesondere hat der Beklagte in dem ihm nachgelassenen Schriftsatz vom 13. Juli 2023 substantiiert nicht dazu vorgetragen, welche inhaltlichen Einwände konkret gegen eine Mitgliedschaft des Klägers vorgebracht worden sind. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung zwar ausgeführt, dass es entscheidend nicht auf die Namen der die Einwände erhebenden Mitglieder ankommen dürfte, das Gericht hat aber deutlich gemacht, dass der Inhalt der Einwände vorzutragen ist, damit geprüft werden kann, ob sie nach der Satzung des Beklagten, einer Aufnahme entgegenstehen und damit vorliegend auch einer Gleichbehandlung des Klägers zu einem Mitglied des Beklagten.

Im Schriftsatz selbst sind die inhaltlichen Einwände pauschal zusammengefasst und unter Beweis gestellt durch Parteivernehmung des Vorsitzenden des Beklagten. Insoweit liegt nicht einmal schlüssiger Vortrag vor, da die schriftlich eingereichten Einwände inhaltlich hätten vorgelegt werden können. Ob die Zusammenfassung den Einwänden überhaupt entspricht, ist in dieser Form durch das Gericht nicht prüfbar. Auch ist der angebotene Beweis durch Parteivernehmung des Vorsitzenden des Beklagten vorliegend nicht geeignet den fehlenden vor Trakt zum konkreten Inhalt zu ersetzen. Insoweit hätte der Beklagte problemlos die jeweils erhobenen Einwände konkret inhaltlich wiedergeben können, ohne anzugeben, welches Mitglied die entsprechenden Ausführungen gemacht hat. Vorliegend kann also nicht festgestellt werden, dass entsprechende Einwände vorliegen, die zu einer Nichtaufnahme des Klägers führen können. Aber auch sonst hat der Beklagte keinerlei substantiierten Vortrag dazu vorgebracht, warum dem Kläger hier nicht der Zugang zu seinen Veranstaltungen wie einem Mitglied ermöglicht werden kann, also insbesondere, dass Ausschlussgründe vorliegen.

Um sich eine Vorstellung davon machen zu können, auf welchem Niveau sich die Argumentation der BPK und der Kanzlei bewegte, um Florian Warweg den Zugang zur Regierungspressekonferenz zu verwehren, sei auf zwei aufschlussreiche Beispiele verwiesen.

  1. Zum einen wurde unter anderem folgender Einwand gegen die Teilnahme von Florian Warweg an der BPK vor Gericht aufgeführt: Dieser mache „Regierungsmitglieder verächtlich“, was dem Ansehen des Vereins schaden würde. Als „Beleg“ wurde dann auf einen angeblichen (dem Gericht nicht vorgelegten) Tweet, „mit dem sich der Kläger über Frau Baerbock lustig macht“, verwiesen.
  2. Zum anderen wurde dann im abschließenden Vortrag der Gegenseite behauptet, unser Redakteur hätte „erkennbar ein gestörtes Verhältnis zu den Institutionen des Beklagten“. Als Beleg für diese Behauptung wurde angeführt, „der Kläger hat den Vorsitzenden des Mitgliedsausschusses, Jörg Blank, als „Kanzlerkorrespondent“ bezeichnet“. Weiter heißt es dann im Wortlaut:

Es bleibt der Eindruck, dass mit der falschen Betitelung der Vorsitzende des Mitgliedsausschusses möglichst nah in den Dunstkreis der Regierung gerückt werden soll. „Kanzlerkorrespondent“ soll offenbar bedeuten: ganz nah dran an der Macht, ergo von den Mächtigen gesteuert.“

Dem Parlamentskorrespondenten der NachDenkSeiten wurde von der BPK gegenüber dem Landgericht also unterstellt, er hätte in „verschwörungstheoretischer“ Absicht den „falschen“ Begriff „Kanzlerkorrespondent“ genutzt, um ihn als „von Mächtigen gesteuert“ darzustellen.

Das Problem bei dieser Darstellung durch den BPK-Vorstand? Der Begriff des „Kanzlerkorrespondenten“ war im Gegensatz zur Darstellung der BPK mitnichten eine Erfindung unseres Redakteurs, sondern ganz im Gegenteil der offizielle Titel, den die dpa für diese Tätigkeit nutzte. Am 26. September 2017 hatte die dpa beispielsweise hochoffiziell Jörg Blank zur Ernennung unter just dieser Bezeichnung gratuliert:

Jörg Blank wird neuer Kanzlerkorrespondent der @dpa. Wir gratulieren.“

Auch auf Facebook, Twitter und LinkedIn bezeichnete sich Jörg Blank jahrelang (bis Ende 2021) selbst als „Kanzlerkorrespondent“:

So viel zum bisherigen argumentativen Ansatz vor Gericht, wieso der BPK-Vorstand unseren Redakteur nicht zu den Regierungspressekonferenzen und den weiteren Veranstaltungen der BPK zulassen will.

Titelbild: Valerie Schiller