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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CR/JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Redebeitrag von Norman Paech für den Ostermarsch Hamburg am 17. April 2017
  2. Michael Lüders am Pranger
  3. Syrien
  4. Ein offener Brief an Europa
  5. Frankreich
  6. Autoritarismus und wirtschaftlicher Niedergang
  7. Steuervermeidung ist ein Volkssport
  8. Griechenland: So trickst der IWF
  9. Welthandel: Der Ton wird rauer
  10. Wohnen nur für Reiche?
  11. Du weißt, dass du wenig haben wirst
  12. Deutsche fürchten Altersarmut
  13. Leuchtturm oder Fehlschlag?
  14. Investoren-Klagen gegen Kolumbien und der Friedensprozess
  15. „Fachkräftemangel ist ein Kassenschlager“ – Martin Gaedt im Interview
  16. Neue Shadow Brokers Dokumente: NSA spioniert Banken aus
  17. Reisst euch am Riemen, statt zu jammern
  18. „Zuweilen bedenkt Schäuble nicht die Folgen seiner Aussagen“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Redebeitrag von Norman Paech für den Ostermarsch Hamburg am 17. April 2017
    Ich grüße alle Friedensfreundinnen und Friedensfreunde zum Ostermarsch in Hamburg,
    wir leben in grausigen Zeiten. Die Welt wird von Psychopathen und Kriminellen regiert. Sie schlagen um sich, ob gegen fremde Völker oder gegen die eigene Bevölkerung. Sie kümmern sich weder um Moral noch Recht. Sie pochen auf Werte, die sie permanent mit ihrem Militär vernichten – und sie bekommen auch noch Beifall, wie US-Präsident Trump für seinen sinnlosen Raketen- und Bombenkrieg, oder man duldet die Kriege Erdogans gegen die Kurden und Netanjahus gegen die Palästinenser.
    Lassen wir uns nicht täuschen. Trumps Raketenangriff auf Luftwaffenstützpunkt Shayrat nahe der Stadt Homs war völkerrechtswidrig, ein Kriegsverbrechen, wer immer auch Sarin in Khan Sheikhoun in der Provinz Idlib eingesetzt hat. Der Angriff zielte auch gar nicht gegen diese Verbrecher, er zielte auf Russland. Die Botschaft lautet: Syrien ist unsere Beute, die lassen wir uns nicht entreißen. Wir werden es nicht dulden, dass Russland mit Iran unsere Interessen stören und uns in die Quere kommen. Wir sind zu allem bereit, keine Macht und kein Völkerrecht werden uns aufhalten, unsere Vorstellung von der Ordnung dieser Welt durchzusetzen.
    Erinnern wir uns der Resolution Nr. 758, die der US-Kongress im Dezember 2014 mit überwältigender Mehrheit verabschiedet hat und die immer noch gültig ist. Sie kommt einer Kriegserklärung gegen Russland nahe. Sie ruft dazu auf, Russland zu isolieren und das US-Militär umfassend für eine militärische Konfrontation zu rüsten – eine militärische Konfrontation in Europa, die zu einer atomaren Katastrophe führen kann.
    Dies ist die alte Politik der Konfrontation, die George F. Kennan schon 1997 in der New York Times als „den schicksalhaftesten Irrtum der amerikanischen Politik in der ganzen Nach-Kalte-Kriegs Ära“ beschrieb. Drei Jahre zuvor hatte sich US-Präsident Bill Clinton für eine „stetige, bewusste und offene“ Ausdehnung der NATO nach Osten ausgesprochen und damit das Versprechen zurückgenommen, das Außenminister James Baker im Februar 1990 dem damaligen Präsidenten Gorbatschow gegeben hatte, keine Ausweitung nach Osten zu unternehmen. Erinnern wir uns genau: 1999 bombardierte die NATO Ex-Jugoslawien, traten Polen, Ungarn und die Tschechische Republik der NATO bei. 2004 folgten Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Slowakei, Bulgarien und Rumänien. Albanien und Kroatien kamen 2009 hinzu, Kosovo wurde 2008 endgültig von Serbien getrennt. Dann standen Georgien und Ukraine zur Aufnahme an. Putin hat beide Staaten als rote Linien bezeichnet, die nicht überschritten werden dürften. Den Zugriff auf die Ukraine hat er mit die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation gekontert. Aber die Frage bleibt: bis wohin wollen die USA die Isolation noch weiter treiben? Jüngst hat der US-Kongress Mazedonien zur Aufnahme in die NATO vorgeschlagen. […]
    Quelle: Netzwerk Friedenskooperative
  2. Michael Lüders am Pranger
    In den vergangenen Tagen habe ich mir immer mal wieder den Amazon-Verkaufsrang von Michael Lüders‘ aktuellem Buch „Die den Sturm ernten“ angeschaut. Im Moment (17. April, 9 Uhr) steht es unter den Top Ten. Auch Lüders‘ Vorgängerbuch „Wer den Wind sät“ (inzwischen in der 23. Auflage!) rangiert nur unwesentlich schlechter.
    Eine gute Nachricht, oder? Die Versuche der „Anne Will“-Sendung, den Autor Michael Lüders zu diskreditieren, haben offenbar nicht gefruchtet. Im Gegenteil.
    Vor dem Hintergrund dieses enorm breiten Publikumserfolges macht sich der Deutschlandfunk (DLF) geradezu lächerlich, wenn er behauptet, Lüders werde insbesondere „in den sozialen Netzwerken gefeiert“ – und zwar „vor allem von denen, die die so genannten ‚Systemmedien‘ ablehnen und glauben, dass der Westen sich gegen Putin und Assad verschworen hat“.
    Obendrein, so der DLF, werde Lüders von „der Community der Nahost-Experten“ schon seit längerem kritisch beäugt.
    Der DLF bietet gleich zwei Kronzeugen der „Community“ auf: Zum einen Sylke Tempel von der regierungsnahen und außenamtsfinanzierten „Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik“, zum anderen – man glaubt es nicht – einen Nachrichtenredakteur des eigenen Hauses, also des DLF. Der Nachrichtenredakteur heiß Thorsten G. Schneiders, hat Islamwissenschaft studiert und durch einen besonders fachkundigen Beitrag von sich Reden gemacht: Auf Twitter verglich er Michael Lüders mit Erich von Däniken […]
    Quelle: Augen auf! Und durch

    dazu: Die Quittung für eine Politik des Regime-Change
    Eine erhebliche Mitschuld des Westens am Syrien-Krieg beklagt der Nahost-Experte Michael Lüders in seinem neuen Buch “Die den Sturm ernten”. Er fordert einen Politikwechsel, der den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts eher entspricht.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur

  3. Syrien
    1. Merkel, der Krieg und das Völkerrecht
      Als Angela Merkel von den Journalisten des Youtube-Kanals Jung & Naiv auf der Bundespressekonferenz gefragt wurde, ob sie es mittlerweile bedauere, den Irakkrieg von George W. Bush unterstützt zu haben, log sie schamlos: „Ich unterstütze nie einen Krieg, ich habe auch den Irakkrieg nicht unterstützt.“ Mittlerweile beteiligt sie die Bundeswehr am völkerrechtswidrigen Krieg in Syrien und unterstützt den
      völkerrechtswidrigen Militärschlag Trumps, der einen angeblichen Einsatz von Chemiewaffen durch Assad bestrafen sollte – bis heute gibt es keine gesicherte Information darüber, wer diesen Giftgasanschlag zu verantworten hat. Selbstverständlich unterstützte Merkels Regierung auch die Propagandalüge der US-Regierung, nach der Assad als Verursacher dieses Kriegsverbrechens zweifelsfrei feststehe.
      Der Zyniker Churchill sagte einst: „Im Krieg ist die Wahrheit so
      kostbar, dass sie stets von einer Leibgarde von Lügen umstellt sein muss.“
      Der Krieg wird immer mehr zum Mittel der Politik. Die Lüge dient immer mehr zur Rechtfertigung von Kriegsverbrechen. Und das Völkerrecht wird durch das Recht das Stärken ersetzt.
      Merkel ist schon deshalb als Bundeskanzlerin untragbar, weil sie als treue Vasallin der USA völkerrechtswidrige Kriege und die dazugehörenden Lügen ohne Skrupel unterstützt.
      Deutschland und Europa brauchen wieder eine eigenständige
      Außenpolitik, die nicht auf Krieg, Lügen und Bruch des Völkerrechts setzt, sondern auf Abrüstung, Frieden und Bewahrung des Völkerrechts.
      Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
    2. Giftgas-Angriff in Chan Scheichun: Die Fakten des Weißen Hauses sind keine
      Der ehemalige MIT-Professor Theodore A. Postol zum “Geheimdienst-Bericht” der US-Regierung: “Fehlerhaft”, ohne Beweise und “ohne konkrete Kenntnisse” über die behauptete Täterschaft der syrischen Regierung (…)
      Es sind in der Hauptsache zwei grundlegende Annahmen, auf die sich der Vorwurf gegen die syrische Regierung richtet: einmal, dass der Angriff aus der Luft ausgeübt wurde; zum anderen, dass nur die syrische Armee die Möglichkeit habe, sich Sarin zu beschaffen. (…)
      Von dem mittlerweile emeritierten MIT-Professor Theodore A. Postol kommen nun beachtenswerte Einwände zur ersten Annahme. Er meldet in seiner Einschätzung des US-Geheimdienstpapiers vom Weißen Haus erhebliche Zweifel an der darin vorgetragenen Gewissheit an, dass der chemische Kampfstoff notwendigerweise über einen Angriff aus der Luft freigesetzt wurde.
      Das Giftgas könnte auch am Boden platziert worden sein und dort mit einem Sprengsatz freigesetzt worden sein, lautet Postols Einwand, den er mit einer genaueren Analyse der Fotos und Informationen im “Geheimdienst-Bericht” begründet. Über die fachlichen Qualitäten von Postol, der als Wissenschafter mit Waffentechnologie auseinandersetzte, klärt seine MIT-Kurzbiographie auf (zu Postol s.a.: Raketenabwehr schießt scharf).
      Um es kurz zu machen, die Details lassen sich in Postols Bericht nachlesen: Der Spezialist für Dynamiken von Flüssigkeiten – Sarin ist eine flüssige, leichtflüchtige Verbindung – konzentriert sich auf den Behälter, woraus nach Angaben der Geheimdienste Sarin freigesetzt wurde. Als Fundstelle wird ein kleines kraterartiges Loch in einer Straße von Chan Scheichun angegeben. Dieses Loch, so die Schlussfolgerung der US-Geheimdienste, könne nur von einer Rakete herbeigeführt worden sein, die den Giftgasbehälter transportierte.
      Postol widerspricht. Der markante Riss auf dem Behälter deute auf eine Gewalt-Einwirkung, wie sie etwa bei einem Schlag mit einem Hammer auf eine Zahnpasta-Tube zu beobachten ist. Weswegen vieles dafür spreche, dass eine Sprengladung, die zuvor auf dem zerplatzten Behälter angebracht worden war, einen solchen Effekt auf das Material ausgeübt und solche Spuren hinterlassen haben könnte.
      Quelle: Telepolis

      Dazu: MIT Rocket Scientist: White House Claims on Syria Chemical Attack “Cannot Be True”
      One of the world’s leading rocket scientists, national security advisor and MIT Professor Theodore Postol, who has won awards for debunking claims about missile defense systems and has been a scientific adviser to the US Chief of Naval Operations, says today in a nine-page report that a four-page report released by the Trump administration yesterday intended to blame the recent chemical attack in Syria on the Syrian government “does not provide any evidence whatsoever that the US government has concrete knowledge that the government of Syria was the source of the chemical attack”.
      Postol notes the “only source the document cites as evidence that the attack was by the Syrian government is the crater” left by a munition.
      Postol located the crater via satellite and examined it himself, concluding it reveals “absolutely no evidence that the crater was created by a munition designed to disperse sarin after it is dropped from an aircraft”.
      The “data cited by the White House”, he says, “is more consistent with the possibility that the munition was placed on the ground rather than dropped from a plane.” He says the evidence indicates that a tube of chemical agent was placed on the ground in the al Qaeda held area and then an explosive was placed on top of that and detonated, dispersing the chemical agent.
      Trump’s claim that a chemical weapon was dropped from a plane is “erroneous”, and “no competent analyst” could avoid that conclusion.
      Quelle: Washington´s Blog

    3. Ein bisschen Krieg
      Eben galt Donald Trump der Hälfte der Menschheit noch als wirre Witzfigur im Weißen Haus. Jetzt genießt er plötzlich die Anerkennung des sogenannten liberalen Establishments. Warum? Weil er Bomben geworfen hat. Wenn Trump klug ist, lernt er daraus – und wirft noch mehr Bomben. Da müssen sich dann künftig weder unsere Kommentatoren noch unsere Politiker wundern, wenn die Welt immer mehr dem Krieg verfällt.
      Sie sorgen ja dafür, dass es immer noch der Krieg ist, der den Mann zum Mann macht.
      Ist das jetzt die große Versöhnung? Es sieht tatsächlich so aus, als hätten Donald Trump und die sogenannte liberale Öffentlichkeit zueinander gefunden. Es brauchte nur 59 “Tomahawks” – das ist irgendeine beschissene Waffe aus dem unendlichen Arsenal beschissener amerikanischer Waffen – und selbst Trumps schärfste Kritiker konnten sich vor Begeisterung plötzlich nicht mehr halten.
      Der SPIEGEL lobt: “Donald Trump hat es richtig gemacht.” Die “Süddeutsche Zeitung” stellt plötzlich fest: Man müsse “Trump zumindest zugestehen, dass sein Instinkt stimmt”. Und die “New York Times” feiert Trump für seinen Angriff auf Syrien: “Trumps Herz kam zuerst”, schrieb die Zeitung in einer später dann doch noch abgeänderten Überschrift. Sie rief “eine Wende in seiner Präsidentschaft” aus. Zur Erinnerung: Das ist Trumps “Fake News ‘NYT’, very sad!”-“New York Times”.
      Quelle: Spiegel Online

      Anmerkung Christian Reimann: Dass Herr Augstein in diesem Zusammenhang auch Medien kritisiert, ist gut. Aber hätte er nicht ein wenig mehr Einfluss auf den ebenfalls kritisierten „Spiegel“ nehmen können?

      Dazu:

      Quelle: Klaus Stuttmann

  4. Ein offener Brief an Europa
    Liebes Europa,
    in diesen schweren Stunden denke ich oft an dich. Du tust mir aufrichtig leid. Dein Zustand ist schlimm und deswegen schreibe ich dir heute einen österlichen und hoffentlich auch tröstlichen Brief.
    Ich kann leider nicht sagen, von wem der kluge Spruch stammt, dass derjenige, der die „richtigen“ Freunde hat, keine Feinde mehr braucht. Das aber ist es genau, woran du so schwer leidest.
    Es ist nämlich gerade die Zeit der Europafreunde. Auf allen Kanälen gibt es kein anderes Thema mehr als dich. Jede Partei sucht alle ihre Europafreunde zusammen und sie schreiben sich die Finger wund, um zu zeigen, was für gute Europäer sie sind. Bundespräsidenten, Kanzler und Minister werden vor allem in Deutschland nicht müde zu betonen, wie sehr sie vom europäischen Geist beseelt sind. Selbst im deutschen Regionalradio wird man fast täglich aufgefordert, zur nächsten Demonstration von „Pulse of Europe“ zu gehen, lustig blaue Fähnchen zu schwenken und laut und fröhlich die Europahymne zu singen.
    Europa über alles sozusagen. Nur genau da, das weißt du besser als jeder andere, wird es gefährlich. Nehmen wir nur Pulse of Europe. Da hat offenbar jemand viel Geld in die Hand genommen, um den Europäern das eigenständige Denken abzugewöhnen. Jubeln sollen die Freunde Europas, aber nicht nachdenken. Vor ein paar Jahren noch haben Leute mit ähnlichen Motiven den Deutschen in großformatigen Anzeigen einreden wollen, „du bist Deutschland“. Was sie wirklich wollten, war, die Deutschen stillzustellen, ihnen eine weiße Salbe zu verabreichen, damit sie nicht nach wirklichen Verbesserungen rufen.
    Zwar wird dieser Unsinn so schnell verpuffen wie alle ähnlichen Kampagnen vorher, aber es kommt den Leuten, die dahinter stehen, ja offenbar nur drauf an, das kritische Denken an einem entscheidenden Zeitpunkt von so viel besoffener Freude zu überlagern, dass keine wirklichen Verbesserungen in Gang kommen. Denn Verbesserungen brauchen Kritik, sie brauchen ein klare Diagnose und auf keinen Fall hohles Gerede.
    Quelle: Heiner Flassbeck auf makroskop
  5. Frankreich
    1. Jean-Luc Mélenchon: Der französische Bernie Sanders
      Seit der linke Präsidentschaftskandidat in Umfragen aufholt, brandmarkt ihn die Konkurrenz als bedrohlichen Kommunisten. Wer ist Jean-Luc Mélenchon?
      Er, der von einigen als begabtester Redner Frankreichs bezeichnet wird, legt bei seinem Wahlkampfauftritt im historischen Hafen von Marseille eine Gedenkminute ein. Rund 70.000 Anhänger harren lautlos aus, gedenken der Flüchtlinge, die im Wasser des Mittelmeeres ihr Leben verloren haben. Vielleicht ist die größte Gabe von Jean-Luc Mélenchon nicht das Reden, sondern auch schweigen zu können.
      Mélenchon tritt bei der Präsidentschaftswahl am 23. April für die linke Partei La France Insoumise (Unbeugsames Frankreich) an. In den vergangenen Wochen ist er spektakulär in den Umfragen aufgestiegen. Plötzlich scheint es möglich, dass er es in die Stichwahl schafft. Mélenchons Gegner sind die rechtspopulistische Marine Le Pen, der Konservative François Fillon und der Liberale Emmanuel Macron. […]
      “Wer nicht teilen will, muss dazu gezwungen werden”, sagt Mélenchon. Übersteigt ein Gehalt das 20-fache des durchschnittlichen französischen Einkommens, soll es ab dieser Summe mit 100 Prozent Steuern belegt werden.
      “Ja, ich bin ein Populist”, sagte er einmal. Denn Populismus sei die Abneigung gegen Eliten, die es nicht besser verdient hätten.
      Dabei war Mélenchon unter der Jospin-Regierung von 2000 bis 2002 noch ein gemäßigter sozialistischer Bildungsminister – und selbst Teil der Elite. Erst 2008 brach er mit den Sozialisten, die er nun als zu sehr “an die Wirtschaft angepasst” kritisiert. Ja, der Vergleich zum damaligen Vorsitzenden der Linken, Oskar Lafontaine, ist angebracht. Der Deutsche ist ein politischer Freund und Weggefährte von Mélenchon.
      Quelle: ZEIT

      dazu: Jean-Luc Mélenchon will radikalen Kurswechsel
      Der Chef der Linkspartei holt vor der Wahl in Frankreich in Umfragen auf und besitzt durchaus Chancen, die Stichwahl zu erreichen.
      Er bewundert den verstorbenen kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro. Er kann sich für den früheren venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez begeistern. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel dagegen hat er wenig Zeit: Jean-Luc Mélenchon, linker Kandidat bei der Präsidentenwahl in Frankreich.
      Sollte der Chef der eigens für die Wahl von ihm gegründeten Linkspartei La France insoumise (Das aufständische Frankreich) gewählt werden, würde er 100 Milliarden Euro Schulden aufnehmen und sie in den Wohnungsbau und erneuerbare Energien stecken. Damit sollen die Wirtschaft angekurbelt und neue Stellen geschaffen werden. Wer mehr als 400.000 Euro pro Jahr verdient, müsste unter einem Präsidenten Mélenchon mit einer Supersteuer von 90 Prozent rechnen. Er lehnt die EU-Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ab. Sollten Merkel und andere EU-Regierungschefs sich einem radikalen Kurswechsel weg von der Sparpolitik widersetzen, will Melenchon ein „Frexit“-Referendum über einen Austritt aus der EU abhalten lassen.[…]
      Mit seinen extrem linken Positionen sah sich Mélenchon bei den Sozialisten nicht mehr gut aufgehoben; 2009 verließ er nach drei Jahrzehnten die Partei des amtierenden Präsidenten Francois Hollande, der nicht mehr kandidiert.
      Der im marokkanischen Tanger geborene Mélenchon gewann zuletzt immer mehr Anhänger. In TV-Debatten präsentierte er sich als ein Politiker mit klaren und eindeutigen Positionen. Weil er der Presse misstraut, setzt er auf die sozialen Medien, um Wähler direkt zu erreichen.
      Quelle: Frankfurter Rundschau

    2. Warnung vor “Versuchung der Revolte”
      Der Soziologe Alfred Grosser beobachtet im französischen Wahlkampf eine zunehmende Tendenz zu Extremen. Er sagte im DLF, man zittere bei der Idee, der linksextreme Kandidat Jean-Luc Mélenchon könne gegen die rechtsextreme Marine Le Pen in die Stichwahl kommen. Vor allem für junge Leute sei die Versuchung groß, “Revolte mit dem Wahlzettel zu machen”.
      Die Gefahr, dass die beiden Kandidaten es wirklich in die Stichwahl schaffen, bestehe zurzeit noch nicht, so Grosser. Aber Mélenchon hatte zuletzt in den Umfragen zugelegt und wird von den Instituten derzeit auf dem dritten oder vierten Platz gesehen.
      Grosser betonte, er selbst unterstütze den unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron. Dieser sei ein Kandidat der Mitte, “eine Große Koalition in sich selbst”. Dies sei für einen französischen Präsidentschaftskandidaten sehr ungewöhnlich.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung JK: Selten so einen Unsinn gehört. Dass ist die übliche Rhetorik, die sich letztendlich immer nur gegen eine linke politische Alternative richtet. Weshalb soll man vor Jean-Luc Mélechon zittern? Zudem was soll bei Mélechon „linksextrem“ sein? Dessen Positionen wären in früheren Zeiten nicht radikal, sondern “nur” sozialdemokratisch gewesen. Hier sieht man wie sich die politische Perspektive inzwischen verschoben hat. Alle Positionen, die nicht neoliberal sind, gelten inzwischen als “radikal”. Wichtig ist zudem nicht zu vergessen, der Rechtspopulismus ist die genuine Ausgeburt des Neoliberalismus. Hätte die Durchsetzung der neoliberalen Agenda nicht über die vergangenen zwanzig Jahre hinweg die Lebensverhältnisse einer Vielzahl von Menschen verschlechtert, gäbe es den Rechtspopulismus in seiner aktuellen Ausprägung nicht.

    3. Hoffen auf die republikanische Vernunft
      Wenn sich im entscheidenden zweiten Wahlgang Marine Le Pen und Jean-Luc Melanchon gegenüber stünden, sei es “mit der republikanischen Vernunft vorbei”, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble im DLF. Für die Europa-Abgeordnete Sylvie Goulard ist Emmanuel Macron der geeignete Kandidat. Er habe verstanden, dass Frankreich eine “aktive Europapolitik” brauche.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung JK: Schäuble als Lordsiegelbewahrer der neoliberalen Austeritätspolitik beherrscht dieses Narrativ natürlich ebenso gut wie Alfred Grosser. Man beachte die Suggestion neoliberal = vernünftig:

    4. France Rebels
      Jean-Luc Mélenchon isn’t seeking leadership of a marginalized left. He’s aiming to transform the whole of French politics.
      Jean-Luc Mélenchon’s campaign for the French presidency has exploded in recent weeks — reaching third, within touching distance of the second round in some polls. In addition to sending jitters through the financial markets, the success has transformed the French election, offering a left alternative to the battle between the establishment and the far right.
      But what are the politics of the campaign? And what is behind its success? The movement behind it, France Insoumise (“Rebellious France”), borrows from the Latin American and Spanish populist experience, most prominently exemplified by Podemos.
      Raquel Garrido, one of its national spokespeople, is a long-time comrade of Jean-Luc Mélenchon, having cofounded the Left Front with him in 2008. In this interview, translated by David Broder, she speaks to journalist Cole Stangler about the campaign and its aspirations for a Sixth Republic.
      Quelle: Jacobin

      Anmerkung Christian Reimann: Die NachDenkSeiten haben kürzlich auf Jean-Luc Mélenchon – das Geheimnis seines Erfolgs hingewiesen. Noch besser ist es jedoch, einen Politiker im Original zu hören bzw. nachlesen zu können.
      Interessant ist auch diese Zusammenfassung seines Programms.

  6. Autoritarismus und wirtschaftlicher Niedergang
    Vom Liebling milliardenschwerer Investitionsgesellschaften zum größten Sorgenkind aufstrebender Volkswirtschaften – so oder so ähnlich wird die Entwicklung der Türkei seit dem Regierungsantritt der Partei für Aufschwung und Gerechtigkeit (AKP) im Jahre 2002 in der deutschen und internationalen Presse in aller Kürze nachgezeichnet.
    Diese ökonomische Fixierung mag seine Berechtigung haben, aber mit dem wirtschaftlichen Niedergang geht auch ein verstärkter autoritärer Regierungsstill der AKP und des amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einher. Seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 steuert das Land unaufhaltsam auf eine Diktatur zu …
    Eine tickende Zeitbombe ohne klaren Ausgang ist die hohe Verschuldung vieler türkischer Unternehmen in sogenannten Devisenkrediten, die vornehmlich in Dollar abgeschlossen werden. Sie stellt ein immenses Problem für die ökonomische Stabilität des Landes dar, weil durch den Wertverlust der türkischen Lira innerhalb eines Jahres die Rückzahlungskosten extrem angestiegen sind. Hat ein Unternehmen einen Millionenkredit in Dollar Anfang des Jahres 2016 aufgenommen, so hatte dieser einen Gegenwert in türkischer Lira von ca. 2,91 Millionen. Das selbe Unternehmen müsste zwischenzeitlich zum Jahresende aber 3,52 Millionen Lira aufbringen, also zusätzliche 601.000 Lira, um die Dollarschuld von einer Million zu tilgen. Der Wertverlust der Lira nagt am Kapital der Unternehmen.
    Unter Berücksichtigung der marktüblichen Zinsen erhöht sich die Belastung um ca. 25% – ein realer Zinssatz, der das Aus für viele Unternehmen und Beschäftigte bedeutet. Die Arbeitslosenrate liegt derzeit bei 12,3%. Nach Angaben der türkischen Zentralbank haben 27.000 türkische Unternehmen (Banken inklusive) in ihren Portfolios Devisenkredite in Höhe von 213 Mrd. US-Dollar, die teilweise innerhalb eines Jahres fällig sind. Wie diese gefährdeten Unternehmen das entsprechende Kapital zur Schuldentilgung aufbringen sollen, ist bisher nicht bekannt.
    Quelle: attac
  7. Steuervermeidung ist ein Volkssport
    Kurztext: Die 50 größten Firmen in den USA schaffen immer mehr Geld am Fiskus vorbei. Wie die Entwicklungsorganisation Oxfam berichtet, haben sie im Jahr 2015 insgesamt 1,6 Billionen Dollar in Steueroasen gebracht – vollkommen legal.
    US-Unternehmen schleusen laut einer Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam gigantische Geldbeträge am Fiskus vorbei. Der heute veröffentlichten Untersuchung zufolge haben die 50 größten US-Konzerne 2015 mit Hilfe eines Netzwerks von 1751 Tochterfirmen und Zweigniederlassungen zusammen rund 1,6 Billionen Dollar (1,5 Billionen Euro) in Steueroasen verschoben. Das entspricht laut Oxfam einem Anstieg um 200 Milliarden Dollar seit 2014 und in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Kanadas.
    Die Organisation betont, dass sich die Firmen mit diesen Strategien im legalen Rahmen bewegten. Die Analyse zeige jedoch, dass das Steuersystem es Konzernen ermögliche, sich um ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl zu drücken. Statt des gesetzlich vorgeschriebenen US-Steuersatzes von 35 Prozent hätten die untersuchten Unternehmen dank verschiedener Schlupflöcher im Schnitt nur 25,9 Prozent gezahlt.
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung JK: Das ist eines der größten und drängendsten Probleme überhaupt. Dadurch werden den Staaten und ihren Bürgern dringend notwendige finanzielle Mittel entzogen. In der öffentlichen Diskussion ist das Thema bestenfalls am Rande präsent. Der Kunstrasen-Kanzlerkandidat Martin Schulz redet zwar großspurig darüber, auf konkrete Vorschläge wie Steuervermeidung und Steuerflucht wirksam zu bekämpfen sind hofft man bisher aber vergebens. Auch in seinen zwanzig Jahren im EU-Parlament ist Schulz nie durch besondere Initiative gegen Steuerflucht aufgefallen. Im Gegenteil, er bewahrte seinen Busenfreund und Architekten der Steueroase Luxemburg, den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, vor einem peinlichen Untersuchungsausschuss im Rahmen der Aufklärung der Luxemburger Steueraffäre.

    Dazu: Neuer Bericht deckt auf: Banken drücken sich um Beitrag zum Gemeinwohl

  8. Griechenland: So trickst der IWF
    Fast eine Woche nach dem “Durchbruch” zwischen Griechenland und seinen Gläubigern ist immer noch nicht klar, ob sich der IWF am laufenden Bailout beteiligt. Wenn nein, hätte Finanzminister Schäuble ein Problem.
    Für den Insider-Dienst “Eurointelligence”, der neuerdings auch diesen Blog zitiert (thanks!) ist der Fall klar: Der IWF habe klein bei gegeben – Erleichterungen bei den Schulden kommen (wenn überhaupt) erst 2018.
    Das wäre nach dem Ende des laufenden Bailouts – und damit spät genug, um Schäubles Hinhalte-Taktik zu genügen. Der IWF könnte sich doch noch am laufenden Programm beteiligen, lästige Details würden später geklärt.
    Doch so hat es IWF-Chefin Lagarde nicht gesagt. Wenn man “Reuters” glauben darf, will sie vor einer möglichen Beteiligung erst die Modalitäten einer Umschuldung klären. Und das “upfront”, also bald. (…)
    Die große Frage ist nun, wann die “terms” geklärt werden. Wenn die Eurogruppe das auf die lange Bank schiebt, wie bisher üblich, dann wird es in diesem Jahr nichts mehr mit der IWF-Beteiligung.
    Schäuble hätte dann sein Versprechen gebrochen, dass sich der IWF an der Stützung beteiligt – und das mitten im Bundestags-Wahlkampf. Streng genommen müsste Deutschland sogar aus der Hilfe aussteigen.
    Sollte sich die Klärung bis Mitte 2018 hinziehen, so wäre das aktuelle Hilfsprogramm bereits abgelaufen, bevor der IWF noch irgendeine Entscheidung getroffen hat. Der Fonds wäre (fein) raus…
    Quelle: Lost in Europe
  9. Welthandel: Der Ton wird rauer
    „Hunde, die bellen, beißen nicht“ – das war bislang die gelassene Reaktion vieler auf die Androhung protektionistischer Maßnahmen durch den US-Präsidenten. Doch jetzt wird der Ton rauer: Donald Trump ergeht sich nicht mehr nur in „virtuellem Gezwitscher“, sondern unterschreibt mehr und mehr konkrete präsidiale Dekrete.
    Erste Zeitungen sprechen schon vom aufziehenden Handelskrieg zwischen USA und EU, nachdem Präsident Trump letzte Woche mit Strafzöllen für die deutschen Stahlproduzenten Salzgitter AG und Dillinger Hütte drohte, denen er „unfaire Handelspraktiken“ vorwirft. Noch ist die Ankündigung nicht umgesetzt worden. Per Dekret veranlasste Donald Trump zunächst nur die Überprüfung aller US-Handelsbeziehungen auf unfaire Praktiken, um so Gründe für die US-Handelsdefizite ausfindig zu machen. Vor allem die Handelsbilanzüberschüsse Deutschlands und Chinas gegenüber den USA sind Trump ein Dorn im Auge.
    Ein zweites Dekret soll die Durchsetzung bereits bestehender Handelssanktionen verschärfen. Denn nach Angaben des Nationalen Handelsrats des Weißen Hauses seien Strafzölle in den letzten 15 Jahren nur unregelmäßig eingenommen worden und der Staatskasse damit 2,8 Milliarden US-Dollar entgangen.
    Die EU auf der anderen Seite droht bereits mit Klagen vor der Welthandelsorganisation (WTO), sollte Trump seine protektionistische Agenda fortsetzen. Doch das Wechselspiel aus Abschottung auf der einen und Klagen auf der anderen Seite kann nicht die Lösung sein. Vielmehr muss es darum gehen, die tatsächlich bestehenden Probleme der Globalisierung zu lösen und den Welthandel so am Laufen zu halten.
    Die Vorteile des Handels und der Globalisierung wurden bislang keineswegs gerecht verteilt. Während die Superreichen weltweit profitierten und auch Menschen in Schwellenländern ihre Einkommen (von niedrigem Niveau aus) steigerten, gehören die global Ärmsten der Armen und die untere Mittelschicht in manchen Industrieländern tendenziell zu den Verlierern
    Quelle: DGB
  10. Wohnen nur für Reiche?
    Nirgendwo in Deutschland leben mehr Millionäre als am Starnberger See: Seit eh und je der Treffpunkt der Schönen, Reichen und Berühmten. Für ein Grundstück in der gleichnamigen Gemeinde zahlen sie Rekordpreise. Das setzt die Einheimischen unter Druck.
    Der Starnberger See ist nichts für Neureiche und Möchtegern-Wannabes. Auch wenn es natürlich der ein oder andere immer mal probiert, auf Fritz Härings exklusive Fotowand zu kommen. Der Wirt vom Tutzinger Seeufer posiert da unter anderem mit Schauspielstar Gérard Depardieu, mit Kanzlerin Angela Merkel und Daimler-Chef Dieter Zetsche. Alle wollen sie zu dem Wirt mit der Depardieu-Nase – und dem etwas scheuen Blick. Auch die weniger bekannten – und umso Reicheren. Wie SAP-Milliardär Hasso Plattner.
    “Mei, der kommt rein, der klopft dir auf die Schulter: Was hast du denn heute gescheites gemacht? Hast du eine gescheite Rindsroulade und so? Sag ich: Ja. Hab ich. Okay, hat er gesagt. Dann setze ich mich da hinten hin, und dann mag ich erst mal eine Pfannenkuchensuppe und dann eine Rindsroulade. Da siehst du auch, wie die ticken. Das ist eigentlich… Dann ist er zum Segeln gegangen, nachher. Der hat auch bei mir gewohnt. Das sind auch so Typen, wo du sagst: Wahnsinn, das ist einer von den zehn Reichsten der Welt. Klar. Ist schon eine Ansage.”
    Quelle: Deutschlandradio Kultur
  11. Du weißt, dass du wenig haben wirst
    Doris May ist seit Kurzem Rentnerin. Schon früh hat sie Rücklagen gebildet, Zusatzversicherungen abgeschlossen und für den Notfall vorgesorgt. Dennoch muss sie jetzt mit einem 450-Euro-Job ihre Rente aufstocken. Denn mit einem hatte die 63-Jährige nicht gerechnet.
    Beim Teekochen hört Doris May den Deutschlandfunk. Ein Interview behandelt das Thema Rente; seit Kurzem ist sie Rentnerin und kennt sich aus. Mit einem 450 Euro Job muss sie aufstocken. Je länger sie zuhört, desto mehr regt sie sich auf. Noch vor dem Frühstück schreibt sie uns eine E-Mail:
    “Ich fand, es wurde nicht kritisch genug hinterfragt.”
    “Wenn Sie ein solches Interview führen, sollten Sie besser vorbereitet sein.”
    Schreibt die in Großbritannien geborene Frau, und weiter: “Schämen Sie sich, dass Sie den Herren so haben dahinreden lassen”.
    Außerdem kritisiert sie: Zu viele Journalisten gingen unwissend an das Thema Rente heran. (…)
    Im Vergleich zu britischen Journalisten hält sie uns deutsche Journalisten für recht schwach. Im Deutschlandfunk vermisse sie bisweilen die Neutralität bei den Redakteuren:
    “Man merkt sehr wohl an der Tonalität, an der Stimme, wie ein Reporter vom Deutschlandfunk zu den Interviewenden steht. Ich denke, es ist kritischer geworden, aber ich würde den Herren auch raten, ab und zu BBC-Fernsehen anzuschauen: ‘Hardtalk’, harte Interviews, aber es ist in einem bestimmten Tonfall. Man muss neutral bleiben, die Neutralität fehlt manchmal.”
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung unseres Lesers M.H.: … „Die Anstalt“ brachte in ihrer letzten Sendung u.a. auch die Rentenproblematik sehr gut unter das Publikum; die NachDenkSeiten thematisieren aufklärend dieses Thema schon sehr lange;
    Hier ein Praxis-Bericht einer Rentnerin Stand April 2017!
    Aber was wird das Wahlvolk trotz persönlicher Zukunftsnachteile bei den Land- und Bundestagswahlen machen – Augen zu und durch nach dem Motto: keine Experimente, die GroKo-Fortsetzung ist eh schon ausgeklüngelt.
    Die nachteilige Rentenpolitik mit der Demontage der gesetzlichen Rente, dieses schmutzige Geschäft wird schon lange von Seiten der Politik auf dem Rücken Millionen Beschäftigter zum Wohle der Finanzindustrie vollzogen. „Wissenschaftlich“ begründet u.d. von Raffelhüschen und sonstigen Lobbyisten.
    Nur vor lauter bunter und ständiger Medienberieselung merken es die Nichtleser der NachDenkSeiten nicht, wie sie getäuscht werden bzw. sie werden zu spät aufwachen. Die Verschleierungstaktik der Parteien – außer der LINKEN – das Thema „RENTE“ aus wahltaktischen Gründen nicht zu erwähnen, das sagt doch eigentlich alles über die Fürsorge der Politik gegenüber der Bevölkerung aus!

  12. Deutsche fürchten Altersarmut
    Einer Umfrage zufolge rechnen viele Menschen in Deutschland mit einer steigenden Altersarmut. Im Osten gibt es zudem Zweifel am gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land.
    Eine große Mehrheit der Deutschen fürchtet, dass sich die Altersarmut in Deutschland in den kommenden zehn Jahren ausweiten wird. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts für den Lions-Club hervor.
    In der Umfrage stimmten 50 Prozent der Aussage “voll und ganz zu”, dass die Altersarmut in Deutschland weiter zunehmen wird. Weitere 35 Prozent gaben an, sie würden dem “eher” zustimmen. Das Forsa-Institut hatte vom 28. März bis zum 4. April 1.001 Bürger ab 18 Jahren befragt.
    Vier von fünf dieser Befragten teilen außerdem die Sorge, dass Kinder aus sozial schwachen Familien im Bildungssystem künftig vernachlässigt werden. Fast die Hälfte glaubt, dass diese Kinder in zehn Jahren schlechtere Bildungschancen haben werden als Kinder aus bessergestellten Familien.
    Aus der Forsa-Umfrage geht auch hervor, dass die Menschen in Ostdeutschland wesentlich stärker am gesellschaftlichen Zusammenhalt zweifeln, als die Westdeutschen. Insgesamt schätzt zwar etwas mehr als jeder Dritte in Deutschland den gesellschaftlichen Zusammenhalt als sehr stark ein. Doch in Ostdeutschland bewerten vier von fünf Befragten den Zusammenhalt als eher gering oder sehr gering. Unter den Westdeutschen liegt diese Quote bei drei von fünf.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: 85 Prozent der Deutschen rechnen mit mehr Altersarmut, 80 Prozent fürchten, daß “Kinder aus sozial schwachen Familien im Bildungssystem künftig vernachlässigt werden”, und etwa zwei Drittel schätzen den sozialen Zusammenhalt als schwach ein. Das ist zum Einen ein Teil Realitätsverleugnung, weil der soziale Zusammenhalt in den letzten 20, 30 Jahren schon stark abgenommen und die Altersarmut deutlich zugenommen hat. Zum Anderen fragt man sich doch, wenn solche übergroßen Mehrheit Angst vor sozialer Ungerechtigkeit haben, warum sie nichts dagegen tun, sondern weiterhin 60 Prozent und mehr diejenigen Parteien wählen, die für Altersarmut, wachsende Ungleichheit und soziale Ungerechtigkeit verantwortlich sind und die Spaltung weiter vorantreiben wollen. Welcher Erkenntnisschritt fehlt hier?

  13. Leuchtturm oder Fehlschlag?
    München galt lange als das Vorzeige-Beispiel der Open-Source Bewegung. Nun steht die Stadt kurz vor der Rückkehr zu Microsoft. Wie kam es dazu?
    Seit mehr als zehn Jahren galt die Münchner Stadtverwaltung weltweit als Vorbild. Unter Führung des früheren SPD-Oberbürgermeisters Christian Ude hatte die Stadt rund 60 Millionen Euro in den Umstieg auf offene Software investiert. Das eigene Betriebssystem „Limux“ (Linux + München), zahlreiche Spezialprogramme und die Formularsammlung namens „Wollmux“ machten München zum Leuchtturm zur Open-Source-Bewegung.
    Die Stadt sparte bis 2012 mehr als zehn Millionen Euro.
    Doch München gelang nie der vollständige Umstieg, weil Unterstützung fehlte. Einige Spezialprogramme waren nicht auf Linux anzupassen. Die Pass- oder Finanzämter sind mit den Bundes- und Länderbehörden vernetzt, die nur mit Microsoft-Programmen arbeiten. Darum laufen rund 4000 der 25 000 Rechner noch immer mit Windows. Gleichzeitig ist das IT-Management zersplittert – der daraus folgende Wildwuchs wurde zum Einfallstor für ein mögliches Rollback.
    Das betreibt Udes Nachfolger Dieter Reiter seit 2014 mit aller Macht. Kaum im Amt, nannte er die Forderung nach Unabhängigkeit „ideologisch“. Sodann beauftrage er den Beratungskonzern Accenture mit einer Studie – ein fragwürdiger Gutachter. Der Software-Riese zeichnete Accenture gleich neun Mal als „Geschäftspartner des Jahres“ aus, nicht zuletzt, weil beide gemeinsam mit dem Unternehmen „Avanade“ weltweit Microsoft-Produkte vermarkten. Reiter beteuert zwar, diese Verbindungen seien ihm „nicht bekannt“. Dafür kamen die Gutachter zu dem Schluss, Münchens Verwaltung benötige wieder einen „einheitlichen Windows Client“.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung JK: Ein Schelm wer Böses dabei denkt, dass Microsoft seine deutsche Zentral von Unterschleißheim nach München verlegte, hat mit dieser Entscheidung sicher rein gar nichts zu tun. Isch schwör.

    dazu: Microsoft macht Europa zu seiner Software-Kolonie
    Kommt man um Microsoft herum? Apple- und Unix-User sind wie Asterix und Obelix, die mit ihrem kleinen gallischen Dorf gegen den US-Konzern kämpfen. Jetzt schlägt das Recherchenetzwerk Investigate Europe Alarm: Europa ist so abhängig von Microsoft, dass es fast zu spät ist, sich von dem Kraken noch einmal zu befreien. Europa ist Microsoft-Kolonie.
    Der Bundestag ist laufend Objekt von Hackerangriffen, die Netze der Telekom werden immer wieder lahm gelegt oder von Hackern angegriffen, Privat-User schlagen sich mit zahllosen Mängeln des Windows-Betriebssystems herum, das zu allem Überfluss auch noch Lieblingsziel von Viren und Schadsoftware ist. 2014 gab es sogar ein offizielles Windows-Update, das dann die Rechner abstürzen ließ. Und selbst Krankenhäuser müssen sich zunehmend mit Hackerangriffen auseinandersetzen, die sogar medizinische Geräte lahm legen.
    Und trotzdem tun Städte und Staaten seit Jahrzehnten so, als gäbe es keine Alternative zu Windows und Microsofts Gelddruckmaschine Office.
    Mit der Ausnahme von einigen wenigen Mohikanern wie der Stadt München, Freiburg und Rom, die es mit Unix als Betriebssystem versucht haben, nutzen sämtliche Städte und Verwaltungen in Europa Windows und die Programme von Microsoft. Das ist praktisch, jedenfalls für Hacker und Geheimdienste wie die NSA.
    Und für Microsoft. Der Konzern nimmt allein über Lizenzgebühren jährlich 50 Milliarden Dollar ein, so das Recherchenetzwerk Investigate Europe, dem auch der Berliner Tagesspiegel angehört, in einem aktuellen Bericht. Und selbst München will wieder zurück zu Microsoft wechseln. Freiburg hat es schon getan.
    Quelle: ingenieur.de

  14. Investoren-Klagen gegen Kolumbien und der Friedensprozess
    Wie Schiedsverfahren zwischen Investoren und Staat Kolumbiens Suche nach Frieden und sozialer Gerechtigkeit unterminieren könnten.
    Im Jahr 2016 wurde Kolumbien erstmals mit Investoren-Klagen vor dem Weltbank- Schiedsgericht ICSID konfrontiert, dafür gleich mehrfach. Diese richten sich gegen staatliche Maßnahmen, die das Gesundheitssystem entlasten, die Umwelt schützen oder indigenen Gemeinschaften das Land restituieren sollen. Die Klagemöglichkeiten für multinationale Konzerne drohen Kolumbiens Möglichkeiten, vergangene Fehler zu korrigieren und Maßnahmen für Frieden und mehr soziale Gerechtigkeit zu ergreifen, massiv einzuschränken. Auch Schweizer Unternehmen sind involviert.
    Novartis droht Kolumbien mit einer Klage vor dem Weltbank-Schiedsgericht.
    Seit längerem schwelt der Konflikt zwischen Novartis und Kolumbien wegen des Preises des Krebsmedikamentes Glivec. Nichtregierungsorganisationen beantragten eine Zwangslizenz, damit günstigere Generika produziert werden können. Verhandlungen zwischen dem Gesundheitsminister Alejandro Gaviria und Novartis über eine deutliche Preisreduktion scheiterten im April 2016. Novartis hielt fest, die Drohung mit einer Zwangslizenz sei ein ungebührliches Druckmittel. Am 14. Juni 2016 erklärte Gaviria, dass mit einer Verfügung das öffentliche Interesse über das Medikament Glivec erklärt, vorderhand jedoch keine Zwangslizenz erteilt werde. Gaviria begründete es damit, dass eine Preisreduktion durch die Nationale Kommission für Medikamentenpreise schneller zum Ergebnis führe.
    Im September folgte die ministerielle Ankündigung einer Preissenkung um 45 Prozent für Glivec. Dann, hieß es, dass in der Woche vom 24. Oktober eine definitive Preisreduktion von 330 kolumbianischen Pesos auf 206 pro Milligramm bekanntgegeben werde.
    Quelle: amerika21
  15. „Fachkräftemangel ist ein Kassenschlager“ – Martin Gaedt im Interview
    Fachkräftemangel ist ein heißdiskutiertes Thema in Deutschland. Erst Anfang der Woche gab Steffen Zoller, CEO von kununu, seine Einschätzung zu diesem Thema ab. Experte und Autor Martin Gaedt vertritt hingegen die Meinung, der Fachkräftemangel sei ein Mythos.
    kununu: „Herr Gaedt, Sie bezeichnen den Fachkräftemangel in Deutschland als Mythos – was stimmt und was stimmt den nicht zum Thema Fachkräftemangel?
    Mehr als vier Millionen Deutsche arbeiten im Ausland. Damit sind wir Vize-Europameister direkt hinter Polen. Von allen Deutschen haben 15,1 Prozent einen akademischen Abschluss, von allen im Ausland arbeitenden Deutschen hingegen 84 Prozent. Wer geht, ist gut gebildet und flexibler. Weltweit tobt der sogenannte „war for talents“ um Software-Entwickler, Ärzte und Hoteliers. Warum gehen vier Millionen Fachkräfte weg? Meistens wegen befristeter Verträge oder schlechterer Bezahlung in Deutschland. Fachkräftemangel? Oder mangelhafte Verträge?
    Die Zahl der Erwerbstätigen ist 2016 in Deutschland auf einen neuen Rekordwert von über 43 Millionen gestiegen. Mehr Fachkräfte denn je werden also gefunden und eingestellt. Ist es also legitim, den Fachkräftemangel zu behaupten bei einem absoluten Rekord? Seit 33 Jahren behaupten Verbände und Medien täglich den Fachkräftemangel. Der Personalchef eines großen Unternehmens sagte mir kürzlich, er könne mir seinen Fachkräftemangel belegen: 300 unbesetzte Ingenieursstellen. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass Bewerber in dieser Firma zehn Jahre Berufserfahrung haben müssen.
    Es mangelte also nicht pauschal an Ingenieuren, sondern an Ingenieuren mit zehn Jahre Berufserfahrung, die bereit waren, zu diesem Unternehmen zu wechseln und umzuziehen. Ein enger Filter und selbst produzierter Mangel. Als zum ersten Mal in der Firmengeschichte 30 Trainee-Stellen ausgeschrieben wurden, bekamen sie 2.000 Bewerbungen. Kann man da pauschal von Fachkräftemangel sprechen?
    kununu: Wieso hält sich das „Gerücht“ des Fachkräftemangels so hartnäckig?
    Fachkräftemangel ist ein Kassenschlager. Meinungsforschungsinstitute machen Umfragen in immer mehr Landkreisen und Branchen und belegen das Wachsen des Fachkräftemangels. Blöd nur, dass „weniger Bewerbungen“ immer als sinkende Zahl von Fachkräften ausgelegt werden. Bekommt ein Unternehmen weniger Bewerbungen, ist die einfachste Begründung: Fachkräftemangel. Das reden uns ja alle Verbände und Medien so ein. Seit 1984 lesen wir nichts anderes. Dabei kann ein Mangel an Fachkräften 1001 Gründe haben: Unattraktive Angebote, befristete Verträge, langweilige Stellenanzeigen, viel zu späte Reaktionen auf Bewerbungen, Ideenmangel, Marketing aus dem letzten Jahrtausend, Unbekanntheit im Bewerbermarkt, schlechte Bezahlung oder eine mangelhafte Unternehmenskultur, über die Mitarbeiter sprechen. (…)
    kununu: Was sagt es über den deutschen Arbeitsmarkt aus, wenn Studien, die einen akuten Fachkräftemangel diagnostizieren, von Personaldienstleistern veröffentlicht werden?
    Grundsätzlich gilt: Jeder verfolgt seine eigenen Interessen. Ich will, dass Sie meine Bücher kaufen und lesen. Meinungsforschungsinstitute wollen Geld verdienen. Spiegel Online hat 2015 mehrere offizielle Prognosen zum Fachkräftemangel untersucht. Was wurde in 2009 für das Jahr 2015 prognostiziert? Welche der Szenarien trafen nach sechs Jahren tatsächlich ein? Das Fazit: Nichts. Keine einzige Prognose der Meinungsforschungsinstitute ist bis 2015 eingetroffen. Aber dieselben falschen Zahlen werden jetzt für 2022 vorausgesagt. Völlig schamlos.
    Ungebremst verdienen Meinungsforschungsinstitute viel Geld mit falschen Zahlen und warnenden Prognosen. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ist auch zuständig dafür, dass der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) jahrelang die Zahl der offenen Stellen mit sieben, später mit fünf multipliziert hat, die Zahl der arbeitslosen Ingenieure aber nur mit eins. Dieser Rechenweg wird immer eine riesige Lücke an Ingenieuren aufzeigen. Im Juli 2014 deckte die ARD diesen Trick in der Reportage „Das Märchen vom Fachkräftemangel“ auf. Die entscheidende Frage lautet: Gäbe es tatsächlich einen Ingenieursmangel, müssten VDI und IW dann so tricksen? Unseriöse Zahlen werden in Hunderten Medien blind kopiert und verbreitet.
    Quelle: kununu Blog
  16. Neue Shadow Brokers Dokumente: NSA spioniert Banken aus
    Die Hacker-Gruppe Shadow Brokers veröffentlichte Dokumente, nach denen der US-Geheimdienst NSA die Zahlungsverkehre vorwiegend nahöstlicher Banken überwacht hat.
    Die Hacker-Gruppe Shadow Brokers beschuldigt den US-Geheimdienst NSA, er habe nicht nur Windows-Computer im Visier, sondern auch Banken. In einem am Freitag veröffentlichten Blogbeitrag findet sich als Beleg dafür ein Link auf ein Archiv in der Cloud des russischen Suchmaschinenanbieters Yandex. In der Datensammlung befinden sich nicht nur angebliche Angriffswerkzeuge der NSA auf Windows, sondern auch ein Ordner namens SWIFT. Die Gruppe gab den Zugriff auf das gesamte Archiv frei – samt Passwort. Eine entpackte Version der Daten ist in einem Repository auf Github gelandet. (…)
    Im Archiv sind unter anderem SQL-Scripte enthalten, die Datenbanken nach SWIFT-Transaktionen durchsuchten. Außerdem findet sich ein Hinweis, der zumindest nahelegt, dass der US-Geheimdienst sich in die Firma EastNets aus Dubai gehackt habe. Sie wickelt Zahlungsverkehre Dutzender nahöstlicher Banken ab, auch internationale Überweisungen. Diese sind für Geheimdienste besonders interessant. Sie hoffen, mit der Überwachung der Zahlungsverkehre terroristische Aktivitäten leichter bekämpfen zu können. Eine Liste enthält bereits attackierte, aber auch potenziell angriffswürdige Computer zahlreicher Banken aus Ländern wie Abu Dhabi, Katar, Dubai, Syrien, Jemen und den palästinensischen Autonomiegebieten. In einem Tweet dementierte EastNets, gehackt worden zu sein.
    Quelle: heise online

    Anmerkung unseres Lesers U.D.: Diese Meldung soll den Eindruck erwecken, dass amerikanische Unternehmen sich gegen die Schnüffelmethoden der NSA wehren, was sie aber bekanntlich nicht können. Endscheidungen amerikanischer Gerichte zwingen die Unternehmen nicht nur zur Herausgabe alle vorhanden Information, sondern legen ihnen zusätzlich eine Schweigepflicht über den ganzen Vorgang und die Umstände der Datenspionage auf. Keine Daten in US-amerikanischen Besitz sind in irgendeiner Form „vertraulich und sicher“.

  17. Reisst euch am Riemen, statt zu jammern
    Ich bin nicht der einzige britische Linke, der genug davon hat, immer auf der Verliererseite zu stehen. Und nur allzu oft sind es unsere eigenen Parteigänger, die uns mit ihren Exzessen aus dem Sattel heben – insbesondere diejenigen, die mit dümmlicher Identitätspolitik hausieren, statt ernsthafte politische Debatten in Gang zu setzen. Jede Woche bringt uns eine neue Litanei von Petitionen, Artikeln und Social-Media-Posts, die allesamt den Eindruck vermitteln, die Linke sei zu einem Verein eitler Moralisten geworden, denen jede Fähigkeit zur Selbstreflexion abgeht. […]
    Es ist einzig und allein Sache der Linken, dieses Problem anzugehen und ihr Haus von den Termiten zu befreien, die an seinem Fundament nagen. Wir kommen nirgendwohin, wenn so viele, die sich als Linksliberale bezeichnen, de facto weder liberal noch links sind. Vielmehr sind sie Eindringlinge, die sich dann arrogant als unsere Botschafter ausgeben. Sie sind Philister in Reinkultur. Künstlerische Freiheit bemessen sie anhand ihrer eigenen engen Weltsicht, die Redefreiheit ist in ihren Augen eher eine Unannehmlichkeit denn ein fundamentales Prinzip der Demokratie. Natürlich machen sie sich damit lächerlich, aber sie sind entrüstet, wenn das geschieht. Sie benehmen sich wie ein Dorftrottel, der sich freiwillig an den Pranger stellt und dann jammert, weil ihn die Leute mit faulem Obst beschmeissen.
    Quelle: NZZ
  18. „Zuweilen bedenkt Schäuble nicht die Folgen seiner Aussagen“
    Außenstaatsminister Michael Roth (SPD) kritisiert Politiker, die buchhalterisch über Europa reden oder oberlehrerhaft gegenüber Partnern auftreten. Auch zum Giftgas in Syrien und zu Trumps Wende hat er eine klare Meinung. (…)
    Die Welt: Gabriel will etwas „Unerhörtes“ tun und mehr Geld in die EU-Kasse zahlen. Ist diese Haltung mehrheitsfähig in Deutschland?
    Roth: Sigmar Gabriel will einen Mentalitätswechsel der politischen Elite, völlig zu Recht. Ich halte das für überfällig. Viele Politiker diskutieren über Europa kaufmännisch, buchhalterisch, kleinkariert. Die Nettozahler-Debatte bringt nichts. Wir wollen mehr Geld investieren, aber eben in ein besseres Europa. Alle fordern, Europa solle mehr tun für Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit, Migrationspolitik und Arbeitsplätze. Das wird nicht mit dem Budget von heute funktionieren. Da muss die gesamte EU mehr beitragen. Deutschland sollte vorangehen, weil wir von einem handlungsfähigen Europa immens profitieren.
    Die Welt: Betrachtet Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die EU buchhalterisch?
    Roth: Zuweilen bedenkt Herr Schäuble nicht, was die Folgen seiner Aussagen sind. Überzeugte Europäer müssen die EU zusammenhalten, den Teamgeist stärken. Da schadet es, wenn mancher in Deutschland allzu oberlehrerhaft auftritt.
    Quelle: Welt

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Der Staatssekretär argumentiert zu Recht gegen Schäubles “oberlehrerhafte” Aussagen – daß er dann selber Frankreich wünscht, “seine Reformen gegen massive Proteste durchzusetzen” (also die radikalen Unternehmensteuer- und Sozialkürzungen plus weitere Verschlechterungen für Arbeitnehmer durch den neoliberalen Macron), zeigt leider die eigene “oberlehrerhafte Attitüde”, gepaart mit der Rechtfertigung der völlig falschen “Agenda 2010”-Politik. “Alle fordern, Europa solle mehr tun für Verteidigung” – vielleicht alle Regierungen, aber sicher die allerwenigsten EU-Bürger. Gemeinsame Militäreinsätze im Rest der Welt sind also für die SPD der “große[n] konzeptionelle[n] Wurf”, der die EU wieder zusammenbringt? Gleichzeitig tut die SPD exakt nichts, um die Austeritätspolitik in Deutschland, die sie ja schon unter Schröder massiv forciert hat, zu beenden oder die viel zu hohe preisliche deutsche Wettbewerbsfähigkeit, immerhin die Hauptursache für die sogenannte Eurokrise, durch Lohnerhöhungen und Wiederherstellung des Sozialstaats zu reduzieren. Stattdessen wird unter dem Deckmantel, nur das beste für die EU zu wollen, die EU zerstört. Zwischen SPD und Union, die voraussichtlich auch die nächste Bundesregierung bilden werden, paßt tatsächlich kein Blatt.

    Anmerkung Christian Reimann: Könnte es sein, dass Albrecht Müllers Überzeugung des „Getrennt marschieren, vereint gewinnen“ nicht lediglich für eine Fraktion gilt, sondern inzwischen fraktionsübergreifend (nämlich zwischen Unionsparteien und SPD) zu wirken scheint?