Max Uthoffs „Gegendarstellung“. Lohnt.

Anette Sorg
Ein Artikel von Anette Sorg

Der Münchner Kabarettist tritt nicht nur in der „Anstalt“ des ZDF auf, er geht auch auf Tour.

Wir sind ihm am 20. Juli in Karlsruhe begegnet. Er kommt mit einer „Flüstertüte“ aus dem Publikum und wiederholt bis zum Auftritt auf der Bühne: „Wer immer wieder dasselbe sagt, hat recht“. Damit ist unsere politische und mediale Lage schon markant gekennzeichnet. Anette Sorg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Auf seiner Website bewirbt Uthoff sein Programm unter anderem mit den Worten: „die Sprache ist die Waffe des Pazifisten“. Seine Sprache ist eine treffsichere Waffe. Alle bekamen Sie an diesem Abend ihr Fett ab:

  • die CSU, die im Bayerischen Landtag mal schnell das Polizeigesetz so geändert hat, dass Gefährder nahezu unbegrenzt weggesperrt werden dürfen. Das wurde am 19. Juli verabschiedet, am 20. Juli spießte Max Uthoff diesen ungeheuerlichen Vorgang gekonnt und informativ für das Publikum auf.
  • die Spiegelleser, die er im Schnelldurchlauf über die Historie und die Hintergründe des Neoliberalismus auf den neuesten Stand brachte
  • die G20- „Theatergruppe“
  • Schröder, Dobrindt, Merkel, Trump, Özdemir, de Maizière, Macron, Söder, Lindner, Tauber
  • SUV-Fahrer und Agnostiker

Max Uthoff ist ein „Versteher“. Ein nahezu inflationär verwendeter Begriff übrigens, den er als gewollt maximale Beleidigung identifiziert hat. Wer die Fähigkeit zur Empathie besitzt, wer sich in andere Menschen reinversetzen kann, wird bei uns beschimpft oder mindestens belächelt. In jedem Falle aber in eine Schublade gesteckt. Wer ein Etikett verpasst bekommen hat und in einer Schublade verschwunden ist, mit dessen Inhalten muss man sich nicht mehr auseinandersetzen. Wie praktisch. Uthoff kann sich in andere Menschen einfühlen. In Hartz IV-Bezieher zum Beispiel, die von Politikern zu Tätern umetikettiert werden, obwohl sie ja die Opfer sind. In Menschen, die ihre Heimat verlassen, weil dort ihre Existenz gefährdet ist und die in Deutschland menschenwürdige Lebensbedingungen suchen.

Er nennt den Krieg in Syrien einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, der den Re-Import von Terror verursacht. Diese Analyse eines wichtigen Zusammenhangs ist in anderen Medien eine Seltenheit. Dort wird in der Regel die Frage nach dem „Warum“ des Terrors nicht gestellt.

Der deutsche Antikommunismus funktioniert auch dann noch, wenn der Russe gar kein Kommunist mehr ist – stellt Uthoff fest und markiert damit ein weitverbreitetes Gefühl. Ganz im Sinne der Parole zum Einstieg: Wer immer wieder dasselbe sagt, hat recht.

Uthoff plädiert dafür, die im September vorgesehenen Bundestagswahlen abzusagen, weil sich ohnehin nichts ändern wird und die dafür notwendigen Ausgaben eingespart werden könnten.

Eine besonders starke Passage ist der Part über den Umgang Deutschlands mit Griechenland und dessen verheerende bis tödliche Auswirkungen auf die griechische Bevölkerung. Diesen Teil des Programms müsste man zum Pflichtprogramm für alle Politiker und die meisten Medienschaffenden machen.

Wohltuend für alle Demokraten: Uthoff erinnert an eine Aussage des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Er wurde kurz vor der Bundespräsidentenwahl gefragt, ob er unseren Staat denn nicht liebe. Seine Antwort: „Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!“ – So jemand war einmal an der Spitze unseres Staates. Wenn Sie Gelegenheit haben und Zeit haben, mal in der Geschichte der Bundesrepublik zu blättern, dann könnten Sie mit Gewinn eine der Reden Gustav Heinemanns im Deutschen Bundestag nachhören oder nachlesen. Hier z.B. eine von 1958. Oder hier Günter Gaus im Gespräch mit Gustav Heinemann (1968). Zurück zu Max Uthoff:

In seiner Zugabe empfahl Max Uthoff seinem Publikum, kritisch zu sein. Kritisch zu lesen, zu hören und zu sehen, sich zu informieren und dazu auch auf die NachDenkSeiten und Telepolis zurückzugreifen. Siehe auch Uthoffs Website:

Termine und Orte für weitere Aufführungen können Sie hier abrufen.

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