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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. „Hass, Verzerrung, Beleidigungen“ – Forscher Merkel schildert Reaktionen
  2. Winfried Hermann und der Krieg: “Ich gehe als Pazifist ins Grab”
  3. Papst: Bereit, Putin in Moskau zu treffen
  4. Schwierigkeiten des Nation Building – der Fall Ukraine
  5. The real Zelensky: from celebrity populist to unpopular Pinochet-style neoliberal
  6. Sanktionspaket Nummer 6
  7. Deutsche Umwelthilfe geht gegen LNG-Terminal in Wilhelmshaven vor
  8. Drei Kardinalfehler der europäischen Ukraine-Politik
  9. Die Vereinigten Staaten haben mit der Plünderung Europas begonnen
  10. Deutscher Rüstungskonzern verhandelt mit Brasilien über Gepard-Munition für Ukraine
  11. „Wissenschaftsprozess ist langsamer, als die Politik sich das vorstellt“
  12. Charité-Forscher fordert Ambulanzen für Impfgeschädigte
  13. Virologe Streeck regt breite Corona-Antikörperstudie an
  14. EU-Kommission will Gesundheitsdaten europaweit vernetzen
  15. Tesla in Grünheide: Alarm in der Idylle

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. „Hass, Verzerrung, Beleidigungen“ – Forscher Merkel schildert Reaktionen
    Weil er den offenen Brief gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine unterzeichnete, erlebt der Politikwissenschaftler herbe Kritik. (…)
    Herr Professor Merkel, Sie argumentieren seit Beginn der Debatte gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine und haben nun den offenen Brief dazu an den Kanzler unterzeichnet. Welche Reaktionen erleben Sie?
    Ich darf korrigieren: Ich argumentiere nicht gegen jedwede Waffenlieferung, sondern gegen die eskalierende Lieferung immer schwerer Waffen. Das ist ein wichtiger Unterschied. Ein Unterschied, der auch von manchen Lesern des „offenen Briefes“ bewusst oder unbewusst einfach eingeebnet wird. Die erste Reaktionswelle auf Twitter war Hass, Verzerrung, Beleidigungen und vor allem Falschzitate, die dann viral gingen. Es war ein Aufstand der antipluralistischen Moralisten. (…)
    Haben Sie Anzeichen, dass umgekehrt auch Befürworter der Lieferung schwerer Waffen diffamiert und beschimpft werden?
    Das kann ich nicht sagen. In meiner eher linksliberalen Blase geschieht das wenig. Und wenn, dann eher in zivilisierten Sprachformen. Es sind die selbsternannten Moralisten und „Helden“, die den Ton angeben.
    Woher kommt Ihrer Meinung nach diese Unversöhnlichkeit?
    Wir sind eine nervöse Republik geworden. Wir übermoralisieren die politischen Debatten, mit der impliziten oder expliziten Strategie, die anderen Positionen als unmoralisch und damit als illegitim aus dem öffentlichen Diskurs hinauszudrängen. Das geschah in der Flüchtlings-, COVID-, teilweise auch in der Klimakrise. Es zeigt sich hier die rezidivierende Krankheit der gesellschaftlichen Polarisierung. Sie grenzt aus, reißt Brücken der Verständigung ein, spaltet die Gesellschaft und begrenzt implizit den Pluralismus unserer Diskurse. Das betrifft fast alle liberalen Demokratien. Polarisierung geht stets mit dem Verlust an Liberalität einher. Das ist ein demokratiefeindlicher Trend.
    Quelle: Tagesspiegel

    dazu: Harald Welzer zum Offenen Emma-Brief: „Die Gewaltlogik unterbrechen“
    Er halte die Eskalation des Mitteleinsatzes für die Ukraine für problematisch, sagt Harald Welzer. Gewaltprozesse stoppe man so nicht.
    taz: Herr Welzer, Sie haben sich mit einem offenen Brief viel Gegenwind eingehandelt. Wie waren die letzten Tage für Sie und Ihre Mitunterzeichner*innen?
    Harald Welzer: Wie zu erwarten. Wir haben ja insbesondere in der Medienlandschaft eine relativ homogene Haltung, die konträr zu unserem Brief steht. Insofern hat es mich überhaupt nicht gewundert, dass es Kritik oder Empörung oder was auch immer gibt. Ich habe auch nichts dagegen, einen auf die Mütze zu kriegen. Es geht ja um was.
    Warum haben Sie diesen Brief unterschrieben?
    Weil ich erstens die Eskalation des Mitteleinsatzes für die Ukraine für problematisch halte. Gewaltprozesse stoppt man nicht, wenn man den Mitteleinsatz steigert. Und weil ich zweitens denke, dass die Vereinheitlichung der Perspektive auf die scheinbare Notwendigkeit, immer mehr und schwerere Waffen zu liefern, die Suche nach anderen Möglichkeiten überdeckt. Man muss in so einer brisanten Situation nach Chancen suchen, die eskalierende Gewaltlogik wenigstens zu unterbrechen.
    Quelle: taz

    dazu auch: Mobilmachungs-Manifest des Tages: Offener Brief
    Das ging schnell: Nur ein paar Tage, nachdem ein Kreis von halbwegs prominenten Leuten an den Bundeskanzler appelliert hat, keine schweren Waffen an die Ukraine zu liefern und in diesem Krieg auf einen »Kompromiss« zu setzen, »den beide Seiten akzeptieren können«, holt die Siegfriedens-Fraktion zum Gegenschlag aus – mit einem offenen Brief an Scholz, den am Mittwoch die Zeit veröffentlichte.
    Neu ist darin nichts. Hier wird in schiefem Deutsch einfach das wiederholt, was seit Wochen in jeder Lokalzeitung variiert wird: Die »Verteidigungsfähigkeit« der Ukraine muss maximal gestärkt, die »Kriegsfähigkeit Russlands« maximal geschwächt werden. Mit Waffenlieferungen und Sanktionen: »Die deutsche Geschichte gebietet alle Anstrengungen, erneute Vertreibungs- und Vernichtungskriege zu verhindern.«
    Tristes, verlogenes Zeug. Fast schon wieder lustig ist, dass man unter diesem »Gegenappell« (dpa) genau die Namen findet, die auf dem Zettel gelandet wären, wenn man hätte raten sollen: das Springer-Universum (Mathias Döpfner, Deniz Yücel), der NATO-Liberalismus (Ralf Fücks, Marieluise Beck), der Grüßaugust des Imperialismus (Wolfgang Ischinger), die Clowns (Wigald Boning, Sascha Lobo), die geschichtsideologische Betreuung (Hedwig Richter, Karl Schlögel) und die Broterwerbs-Antikommunisten (Herta Müller, Marianne Birthler, Gerd Koenen, Ilko-Sascha Kowalczuk, Markus Meckel). Dazu der breite linksliberale Narrensaum.
    Quelle: junge Welt

  2. Winfried Hermann und der Krieg: “Ich gehe als Pazifist ins Grab”
    Die Grünen haben einst für sich beansprucht, eine Friedenspartei zu sein. Jetzt marschieren sie vorneweg. Mit dem Ruf nach immer mehr Waffen für die Ukraine. Widerspruch ist unerwünscht. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hält sich nicht daran. In Kontext sagt er, warum.
    Kommando Spezialkräfte: Anton Hofreiter (52) trägt eine Panzerfaust auf der Schulter, Robert Habeck (52) einen Helm, Annalena Baerbock (41) eine schusssichere Weste und eine verwelkte Sonnenblume in der Hand. “Die Olivgrünen” titelt der “Spiegel” und konstatiert eine “Mobilmachung” der Ökopartei. Das Heft liegt auf dem Schreibtisch eines Urgrünen, der milde lächelt. “Vor mehr als 20 Jahren haben sie dasselbe geschrieben”, erinnert sich Minister Winfried Hermann, als die Grünen dem deutschen Einsatz in Afghanistan zustimmten.
    Soll heißen: Für mich nichts Neues, das Magazin pflegt eben wieder den Gründungsmythos der organisierten Friedensengel, die zwar höchst selten hochflogen, im Kampfanzug aber eine Supergeschichte hergeben. “Die Presseleute haben immer noch Petra Kelly im Kopf”, sagt der 69-Jährige, “und vergessen dabei die Jungs vom Sieg im Volkskrieg, also die vielen ehemaligen Maoisten, die nie Pazifisten waren.” Gemeint sind Winfried Kretschmann, Reinhard Bütikofer, Jürgen Trittin, Ralf Fücks et al., die ihre K-Gruppen-Vergangenheit mit zu den Grünen genommen haben.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

    dazu: »Das widerspricht eklatant unseren Parteigrundsätzen«
    Grünen-Basis organisiert Widerstand gegen Aufrüstungspläne der Ampelkoalition. Urabstimmung gefordert. Gespräch mit Philipp Schmagold
    Die immer noch mit dem Image der Friedenspartei kokettierenden Bündnis 90/Die Grünen sind angesichts des Ukraine-Krieges vor allem Antreiber von Aufrüstung, Militarisierung und Waffenexporten. Jetzt ist flügelübergreifend eine Initiative für eine Urabstimmung zu dem Thema gestartet worden. Was ist das Ziel?
    Es soll in Gesellschaft und Politik neu darüber nachgedacht werden, ob die Bundeswehr noch mehr Geld als derzeit bekommen soll. Immerhin wurden ihre finanziellen Mittel seit 2014 um 55 Prozent gesteigert. Zukünftig sollen jährlich mehr als 50 Milliarden Euro für die Bundeswehr ausgegeben werden. Dabei ist die NATO schon jetzt das stärkste Verteidigungsbündnis der Welt und Russland weit überlegen. Gleichzeitig sind unsere finanziellen Mittel begrenzt, die Aufgaben wie die Bekämpfung der Coronapandemie, die Sozialpolitik und der Kampf gegen den Klimawandel brauchen Investitionen. Da können wir uns 100 Extramilliarden für die Rüstungsindustrie nicht leisten. Das werden andere teuer bezahlen müssen.
    Bisher gab es bei den Grünen wenig Widerspruch gegen die Aufrüstungspläne.
    Der Vorschlag von SPD-Kanzler Olaf Scholz und FDP-Finanzminister Christian Lindner, ein »Sondervermögen Bundeswehr« von 100 Milliarden Euro grundgesetzlich zu verankern und den Verteidigungshaushalt auf über zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen, bedeutet eine Zäsur in der Nachkriegsgeschichte. Bis vor kurzem schien die Unterstützung eines solchen Vorhabens durch Bündnis 90/Die Grünen undenkbar. Das widerspricht eklatant unseren Parteigrundsätzen und unserem aktuellen Wahlprogramm. Angesichts des Schocks, den der völkerrechtswidrige und unmenschliche Angriff der russischen Armee unter Präsident Putin auf die Ukraine ausgelöst hat, dauerte es relativ lange, bis die Kritik gegen die weitreichende Aufstockung der öffentlichen Mittel für die Rüstungsindustrie hörbar artikuliert werden konnte. Aber nun ist es soweit. Und unsere Initiative zur Urabstimmung ist ein Teil davon.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung unseres Lesers R.K.: Endlich, es gibt Widerstand.

  3. Papst: Bereit, Putin in Moskau zu treffen
    Einen Besuch in Kiew hält Franziskus für wenig friedensdienlich. Zuvor müsse er nach Moskau reisen. Das erklärte das Kirchenoberhaupt im Interview mit der italienischen Tageszeitung „Corriere della sera“, in dem er auf seine Friedensbemühungen im Ukraine-Krieg einging. […]
    Als Gründe für den Krieg macht Franziskus den „Handel“ mit Waffen aus, einen „Skandal“, dem nur wenige widersprechen würden. Der Papst sprach auch von einer „Wut, die vielleicht durch das „Gebell“ der NATO an den Toren Russlands ausgelöst wurde“, was den Kreml dazu gebracht habe, „falsch zu reagieren und den Konflikt zu entfesseln.“
    Ohne ein Recht auf Selbstverteidigung grundsätzlich in Frage zu stellen, wiederholte der Papst seine Zweifel zu Waffenlieferungen an die Ukraine. „Ich weiß nicht, wie ich antworten soll, ich bin zu weit entfernt von der Frage, ob es gerechtfertigt ist, die Ukrainer zu beliefern.“
    Es sei klar, dass dort Waffen ausprobiert würden. Die Russen wüssten nun, dass ihre gepanzerten Fahrzeuge wenig nützten „und denken schon an andere Dinge”. Kriege würden geführt, um Waffen zu testen, die man produziert habe. An dieser Stelle verwies der Papst auf eine Initiative der Hafenarbeiter Genuas, die „vor zwei oder drei Jahren“ beschlossen hätten, Konvois mit Waffenlieferungen für den Jemen zu stoppen.
    Quelle 1: Vatican News
    Quelle 2: Corriere de la Sierra
  4. Schwierigkeiten des Nation Building – der Fall Ukraine
    Die Unsicherheit und Angst im ukrainischen Establishment, was das Zugehörigkeitsgefühl der Bürger betrifft, verrät folgende Zeitungsmeldung. Das Bemühen der deutschen Bildungsverwaltung, die Flüchtlingskinder aus der Ukraine möglichst rasch schulisch zu integrieren, weckte bei der ukrainischen Generalkonsulin Iryna Tybinka die Befürchtung, damit könne die nationale Identität der Kinder gefährdet werden. Sie forderte daher getrennten Unterricht nach dem ukrainischen Lehrplan.[5]
    Die kulturelle Zerrissenheit ist verquickt mit einer Klassenherrschaft, die spürbarer ist als im „zivilisierten“ Kapitalismus Westeuropas. Beides zusammen könnte nicht nur verständlich machen, dass Putin den patriotischen Widerstand in der Ukraine unterschätzt hat, sondern auch den radikalen Nationalismus in bestimmten Kreisen erklären, die fehlenden Berührungsängste gegenüber faschistischen Gruppierungen, das obsessive Beharren auf der sprachlichen Homogenität und die Kompromisslosigkeit im Konflikt mit den Verwaltungsbezirken, die Autonomie forderten, den sog. Separatisten. Das 2021 novellierte und verschärfte Sprachengesetz verpflichtet nicht nur alle Staatsangestellten, sondern auch alle Dienstleistungsbetriebe und Geschäfte zur Kommunikation auf Ukrainisch. Russisch wurde auch aus den öffentlichen Medien verbannt. Im April 2022 hat man auch ein Verbot der orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats in Erwägung gezogen. Sie wurde vorläufig aufgeschoben, um im Krieg den Zusammenhalt gegen den Feind nicht zu gefährden.[6] Die „nachholende Nationenbildung“[7] bedingt, so darf man annehmen, einen kulturpolitischen Fanatismus.
    Quelle: Hintergrund
  5. The real Zelensky: from celebrity populist to unpopular Pinochet-style neoliberal
    Ukrainian academic Olga Baysha details Volodymyr Zelensky’s embrace of widely loathed neoliberal policies, his repression of rivals, and how his actions fueled the current war with Russia.
    A comedic actor who rose to the country’s highest office in 2019, Volodymyr Zelensky was virtually unknown to the average American, except perhaps as a bit player in the Trump impeachment theater. But when Russia attacked Ukraine on February 24, 2022, Zelensky was suddenly transformed to an A-list celebrity in US media. American news consumers were bombarded with images of a man who appeared overcome by the tragic events, possibly in over his head, but ultimately sympathetic. It didn’t take long for that image to evolve into the khaki-clad, tireless hero governing over a scrappy little democracy and single-handedly staving off the barbarians of autocracy from the east.
    Quelle: The Grayzone

    Anmerkung unseres Lesers J.: Eine Ukrainerin aus Kharkow zeichnet das etwas andere Bild von Selenskyj und dem Reich der Freiheit, das wir seit neuestem verteidigen. Spoiler: Es ist nicht das Reich der ukrainischen Bevölkerung.

  6. Sanktionspaket Nummer 6
    1. Erdölembargo gegen Russland
      Die EU-Kommission schlägt ein Ölembargo gegen Russland vor und treibt damit den Erdölpreis weiter in die Höhe. Die Pläne der Kommission, die deren Präsidentin Ursula von der Leyen gestern vorstellte, sehen ein zeitlich abgestuftes, zum Jahresende aber endgültig in Kraft tretendes Verbot von Erdöleinfuhren aus Russland vor. Experten sind sich einig, dass der Schritt den Rohstoff nicht nur innerhalb der EU, sondern weltweit verteuern wird – zu Lasten vor allem ärmerer Länder, deren Energiekosten sich ganz massiv erhöhen werden, dies in einer Zeit, in der manche Staaten kriegs- und sanktionsbedingt schon von einer Nahrungsmittelkrise bedroht sind. Dennoch gelingt es dem westlichen Mächten nicht, Russlands Erdölexporte zu minimieren: Diese nahmen im April vielmehr um zwei Prozent zu. Moskaus Einnahmen aus dem Export fossiler Brennstoffe sind in den ersten beiden Monaten seit Kriegsbeginn sogar auf fast das Doppelte gestiegen. Um auch nichtwestliche Staaten in ein Ölembargo gegen Russland zu zwingen, sind jetzt extraterritoriale US-Sanktionen im Gespräch. […]
      Ungarn und die Slowakei fordern, zumindest für eine längere Zeit russisches Öl weiter einführen zu dürfen, weil ihnen – als Binnenländern –Importhäfen fehlen und weil für sie zum anderen eine Umstellung auf andere Rohölsorten außergewöhnlich teuer kommt. Gestern teilte Bulgarien mit, es strebe gleichfalls eine Ausnahmegenehmigung an. Tschechien wiederum wünscht eine gerechtere Verteilung der Umstellungskosten.
      Quelle: German Foreign Policy
    2. Was bringt ein Embargo gegen russisches Öl und Gas?
      In Deutschland wie auch im übrigen Europa bleibt der Druck hoch, die Einfuhr von russischem Öl und Gas zu verbieten. Doch ein Importstopp droht die hiesige Wirtschaft schwer zu schädigen, ohne dass damit ein Frieden in der Ukraine näherrückt.
      Für viele Kommentatoren ist die Sache klar: Mit unseren Importen von russischem Öl und Gas finanzieren wir den Krieg Russlands. Also müssen wir Putin mit einem Energieembargo den Geldhahn zudrehen. Die ökonomischen Folgen eines solchen Energieboykotts für Deutschland und Europa werden dabei oft als beherrschbar oder aber als notwendiger Preis gesehen, den wir zu zahlen bereit sein müssten, wenn wir Putin stoppen wollten.
      Aber stimmt das überhaupt?
      Quelle: Günther Grunert auf Makroskop
    3. „Wir wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt“
      Die EU-Kommissionspräsidentin schlägt ein Ölembargo vor, außerdem sollen russische Staatssender verboten werden. Individuelle Sanktionen soll es auch gegen Patriarch Kirill geben. Nun beraten die Mitgliedstaaten über das Paket. (…)
      Von der Leyen kündigte an, dass neben der Sberbank, die für 38 Prozent des russischen Bankenmarktes steht, zwei weitere Banken vom Zahlungsdienstleister SWIFT ausgeschlossen werden sollen. Man schränke so Putins Fähigkeit zu weiteren Zerstörungen ein, sagte sie zur Begründung. „Hierdurch wird die vollständige Isolierung des russischen Finanzsektors vom globalen System zementiert.“ Von den größeren Banken bleibt nur die Gasprombank von Sanktionen verschont, über die Energielieferungen abgewickelt werden.
      Nachdem die EU Anfang März bereits die Propagandakanäle RT und Sputnik verboten hatte, folgen nun drei große russische Staatssender, wie die Kommissionspräsidentin ankündigte. „Die Zeiten, in denen sie ihre Inhalte EU-weit über Kabel, Satellit, das Internet oder über Smartphone-Apps verbreiten durften, sind endgültig vorbei.“ Außerdem dürfen europäische Wirtschaftsprüfungs- und beratungsunternehmen nicht mehr für russische Kunden tätig werden.
      Quelle: FAZ
    4. Es ist ja nur der Osten
      »Die aktuelle Debatte über einen Einfuhrstopp für Erdöl ist unehrlich und fahrlässig«, sagte Christian Görke, früherer Finanzminister von Brandenburg und heute Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke, am Dienstag im Gespräch mit jW. An der PCK-Raffinerie in Schwedt hingen 95 Prozent der Versorgung mit Kraftstoffen im Raum Berlin-Brandenburg. Es brauche da »keine Schnellschüsse, die sich vielleicht medial gut verkaufen lassen«. Damit würden «die Menschen in Brandenburg im Stich (ge)lassen«.
      Tatsächlich sind die Folgen eines Embargos kaum abzuschätzen. Wen die PCK-Raffinerie beliefert, ist auch Robert Habeck (Grüne) unklar. »Ehrlich gesagt, ganz genau wissen wir gar nicht, wohin die Lieferbeziehungen gehen«, sagte der Bundeswirtschaftsminister am Montag abend im ZDF-»Heute-Journal« – die Chefs des russischen Energiekonzerns Rosneft, PCK-Mehrheitseigentümer, ließen »uns nicht in ihre Bücher reinschauen«. Mit Lieferausfällen und Preisexplosionen sei jedoch zu rechnen: »Es soll niemand sagen, er hätte es nicht vorher gewusst, wenn nachher die Preise nach oben gehen. Das wird sehr sicher so kommen.«
      Dass sich die Raffinerie problemlos mit Öl aus anderen Quellen beliefern ließe, ist für Görke nur Wunschdenken. »Die Raffinerie ist speziell auf schwefelhaltiges Erdöl aus Russland ausgelegt«, sagte er; die aufwändige Umstellung sei nur mit »massivsten Investitionen« möglich. Und dazu könne man den Eigentümer nicht zwingen. Auch darum soll über eine Gesetzesänderung eine Enteignung möglich werden.
      Quelle: junge Welt
    5. Russland ist finanziell auf langen Krieg vorbereitet
      Russland ist dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge auch im Falle der Verhängung eines EU-Ölembargos finanziell auf einen längeren Krieg vorbereitet. „Hoffnungen auf ein zeitnahes Einlenken Russlands im Ukrainekrieg angesichts der einschneidenden westlichen Sanktionen dürften enttäuscht werden“, sagte IfW-Handelsexperte Rolf Langhammer am Mittwoch. „Sowohl die Situation des Staatshaushalts als auch strukturelle Besonderheiten der russischen Wirtschaft schaffen gute Ausgangsbedingungen für ein längeres Durchhalten einer auf Autarkie setzenden Kriegswirtschaft.“
      Quelle: FAZ
  7. Deutsche Umwelthilfe geht gegen LNG-Terminal in Wilhelmshaven vor
    2022 und 2023 sollen mehrere schwimmende Terminals für Flüssigerdgas (LNG) an der deutschen Küste in Betrieb genommen werden. Sie sollen einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, sich aus der deutschen Abhängigkeit von russischem Gas zu lösen. Doch gegen eine der geplanten Anlagen in Wilhelmshaven hat die Deutsche Umwelthilfe nun einen sofortigen Baustopp gefordert.
    Mit dem Bau drohe die unumkehrbare Zerstörung eines Unterwasser-Biotops, außerdem würden Schweinswale gefährdet, teilte die Umweltschutzorganisation mit. Darüber hinaus müssen etwa Stahlrohrpfähle in den Meeresgrund gerammt werden. »Dies verursacht hohe Schallemissionen«, so die Organisation. (…)
    Die ersten Arbeiten für das schwimmende Terminal sollen noch in dieser Woche beginnen, wie Niedersachsens Energieministerium angekündigt hatte. Am Donnerstag wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Hooksiel bei Wilhelmshaven erwartet, um eine Absichtserklärung zu unterzeichnen, den Standort »zu einer Drehscheibe für saubere Energie für Deutschland« auszubauen. Spätestens Anfang 2023 soll der LNG-Import beginnen.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung Christian Reimann: Vor noch nicht sehr langer Zeit war Umweltschutz DAS Thema der Grünen. Nun soll die Bevölkerung in Deutschland frieren, mehr Geld für nicht-russische Energie bezahlen und die Zerstörung der Umwelt hinnehmen – alles, weil die russische Regierung nicht so entscheidet wie der Westen (vor allem die USA) es gerne hätten.

    dazu: Habeck warnt Umwelthilfe vor Klage gegen LNG-Terminals
    Unabhängigkeit von russischem Gas oder Schutz von Schweinswalen? Für die Deutsche Umwelthilfe ist das klar, sie fordert den Baustopp für LNG-Terminals – und nun muss sich ausgerechnet ein grüner Minister dagegen wehren.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung unserer Leserin E.M.: Es wird immer abstruser.

  8. Drei Kardinalfehler der europäischen Ukraine-Politik
    Ukraine, Krieg, Sanktionen: In Deutschland und in der EU gibt es kein anderes Thema mehr. Doch eine Lösung ist nicht in Sicht – jetzt rächen sich drei Kardinalfehler der europäischen Ukraine-Politik.
    Quelle: Lost in Europe
  9. Die Vereinigten Staaten haben mit der Plünderung Europas begonnen
    Die Vereinigten Staaten sind auf Kurs, die Ukraine mit möglichst vielen Waffen und militärischer Ausrüstung zu versorgen. Ihr Ziel ist eindeutig: Russland einen Zermürbungskrieg aufzuzwingen und es maximal zu schwächen. Die Ukraine und ihre Bürger agieren in diesem Zusammenhang als Verbrauchsgüter. Im Rahmen des Pentagon-Konzepts eines Multidomänenkrieges wird ein Informations-, Bewegungs- (Kampf-) und Ressourcenkrieg gegen Russland geführt. Das ist kein Geheimnis. Jedoch ahnt bisher noch niemand etwas über den geheimen Krieg der USA gegen die Europäische Union. […]
    Schon jetzt steht die europäische Wirtschaft kurz vor dem Zusammenbruch. Ein kompletter Verzicht auf russische Energieträger wird für die Europäische Union eine echte Katastrophe. Vor dem Hintergrund der wachsenden Wirtschaftskrise haben sich die größten amerikanischen Investmentfonds wie BlackRock und Vanguard in allen bedeutenden europäischen Industrie- und Finanzstrukturen eingekauft. Und wenn sich die Öffentlichkeit Frankreichs über diese unglückliche Tatsache empören darf, so ist es in Deutschland umgekehrt, als ob der Mund voller Wasser wäre.
    Die Vereinigten Staaten eröffneten auch die zweite Front des zivilisatorischen Krieges gegen die Alte Welt – die Migrationsfront. Proamerikanische Handlanger an der Spitze der EU-Staaten ignorieren eine weitere unkontrollierte Einwanderungswelle. Die europäischen Eliten haben weitgehend ihren Willen und die europäischen Staaten haben ihre Handlungsfähigkeit in Bezug auf ihre unmittelbaren Interessen verloren. Als Europa 2017 von einem riesigen Flüchtlingsstrom aus Syrien überrollt wurde, weigerte sich die Europäische Union unter dem Druck der öffentlichen Meinung lange Zeit, Hunderttausende Migranten aus dem Nahen Osten aufzunehmen. Das amerikanische Beratungsunternehmen McKinsey, das eng mit der CIA verbunden ist, hat sich jedoch durch die europäischen Bürokraten gedrängt und die Logistik für die Aufnahme und Unterbringung einer ganzen Million neuer Migranten in Europa entwickelt.
    Quelle: Wladimir Prochwatilow in RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Sowohl die Ampel-Koalition als auch eine noch größere Mehrheit im Deutschen Bundestag ist offensichtlich bereit, den Interessen in den USA zu dienen. Bitte lesen Sie dazu auch Lasst uns einen neuen Eisernen Vorhang bauen und die Russen dafür bezahlen und Leitender Angestellter: Klimaschutzminister Habeck dreht den Hahn für US-Frackinggas auf. Erinnert sei z.B. auch an diesen Beitrag vom September 2021: Die zersplitterte EU braucht einen äusseren Feind: Russland.

    Anmerkung JK: Diese Analyse ist wohl korrekt. Der Ukraine-Krieg dient auch dazu, die EU als lästige ökonomische Konkurrenz auszuschalten und die politische Elite in Europa, insbesondere die deutsche, rennt begeistert in ihren eigenen Untergang.

  10. Deutscher Rüstungskonzern verhandelt mit Brasilien über Gepard-Munition für Ukraine
    Die geplante Lieferung des Gepard-Panzers aus Deutschland an die Ukraine soll mit Munition aus Brasilien ergänzt werden. Die brasilianischen Streitkräfte könnten 300.000 Schuss des Flugabwehrkanonenpanzers aus ihren Beständen verkaufen. Es liege ein entsprechendes Gesuch der Bundesregierung an Brasilien vor, berichtete das Nachrichtenportal Bloomberg Business Insider vergangene Woche.
    Laut Verteidigungsministerium (BMVg) ist die Bundesregierung jedoch nicht an der Munitionsbeschaffung in Südamerika beteiligt. Die Vereinbarungen würden zwischen der Ukraine und der Industrie getroffen. “Bei der Abgabe von Panzern des Typs Gepard geht es um ein Angebot der Rüstungsindustrie an die Ukraine”, erklärte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage der amerika21-Redaktion. Hersteller des Gepard ist der Rüstungskonzern Kraus-Maffei Wegmann (KMW).
    Zu ihrer Rolle bei dem Geschäft gab die deutsche Regierung indes widersprüchliche Angaben. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hatte gegenüber amerika21 zunächst erklärt, dass sich zu der Frage, ob Gespräche zwischen Deutschland und Brasilien über Munition für die Gepard-Panzer stattfinden, das BMVg äußere.
    Nach Angaben des Verteidigungsministeriums stellt der Rückkauf von Munition aus brasilianischen Beständen durch die Industrie und der Weiterverkauf an die Ukraine einen rein privatwirtschaftlichen Deal dar. Allein die Industrie sei für das “Paket […] inklusive der Einholung aller Genehmigungen” zuständig, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums vergangenen Freitag. Gleichzeitig bestätigte er, dass man “selbstverständlich” mit den Partnern in Absprache stehe. “Wenn die Industrie Unterstützung braucht, würden wir schauen, was machbar ist.”
    Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte vergangene Woche der Ukraine die Lieferung des Gepards aus Industriebeständen in Aussicht gestellt. Der Bundestag stimmte für die Lieferung, doch fehlt die Munition, um die Panzer kriegstauglich zu machen.
    Quelle: amerika21
  11. „Wissenschaftsprozess ist langsamer, als die Politik sich das vorstellt“
    Der Virologe Christian Drosten hat den Corona-Sachverständigenausschuss verlassen, der mit der Auswertung des Infektionsschutzgesetzes beauftragt ist. „Ausstattung und Zusammensetzung des Rats reichen nicht aus, um eine wissenschaftlich hochwertige Evaluierung zu gewährleisten“, ließ die Charité vergangene Woche per Pressemitteilung wissen. Außerdem seien Interna aus den Beratungen immer wieder durchgestochen worden. (…)
    Zuvor sei er immer stärker zu der Erkenntnis gekommen, „dass es in dieser Konstellation mit diesem Gremium, wie es zusammengesetzt ist und wie es ausgestattet ist, nicht möglich sein wird, zu einer wissenschaftlichen Evaluation zu kommen, die die Qualität hat, die für mich eigentlich die Mindestvoraussetzung dafür ist, dass ich sage, da bin ich dabei.“ Bis zum Sommer soll der Ausschuss Ergebnisse vorlegen. Drosten kritisiert, dass dies eine Herkules-Aufgabe sei. Es werde damit von diesem Gremium etwas verlangt, das sowieso die Gesamtheit der Wissenschaft leisten werde. (…)
    Mit Blick auf aktuelle Daten betont Drosten, dass es in Deutschland die richtige Entscheidung gewesen sei, möglichst die gesamte Bevölkerung zu impfen. „Die Belastbarkeit, die Tragfähigkeit, aber auch die Breite des Immunschutzes ist besser, wenn man geimpft ist und sich dann die Infektion holt, als wenn man sich nur natürlich infiziert. Da gibt es kein Vertun anhand der Daten und wer da anders argumentiert, kennt die Daten nicht.“ Infolge des Impfangebots in Deutschland hat die Politik die Corona-Schutzmaßnahmen weitgehend ausgesetzt. Das schätzt der Virologe zwiegespalten ein. Positiv sehe er, dass Geimpfte nun auch Kontakt zum Virus haben, denn sonst werde die Bevölkerung nicht auf Dauer eine „natürliche Immunität“ aufbauen. Allerdings zeigt er sich auch skeptisch, wenn Politiker gar keinen Grund mehr für Maßnahmen gegen das Coronavirus für notwendig erachteten. Das bewertet Drosten aufgrund der vulnerablen Gruppen der Gesellschaft als schwierig. Diese müssten auch weiterhin geschützt werden – durch Möglichkeiten der Medizin und des Gesundheitssystems.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Christian Reimann: Ein weiteres Mal ein eher unkritisches Interview mit dem Regierungsberater und Virologen Drosten. Absicht und Wunsch des amtierenden Bundesgesundheitsministers ist es, dass Mathematiker und Virologen an der Evaluierung maßgeblich mitwirken sollen. Also derselbe Personenkreis, der zuvor die politischen Corona-Maßnahmen gefordert hat, soll nun – nach dem Willen von Herrn Lauterbach – u.a. beurteilen, “ob es im Rückblick falsche Beschlüsse gab und eben ob die Corona-Maßnahmen gerechtfertigt waren und wenn ja, welche”. Seiner Ansicht nach hätte insbesondere Herr Drosten, der als Zero-Covid-Vertreter für etliche der Maßnahmen plädiert hatte, quasi deren Umsetzung bewerten sollen. Eine neutrale und unabhängige Beurteilung sieht anders aus. Besonders heikel: Herr Drosten hatte an einer Mitte April 2020 als Preprint und Mitte Juni 2021 in begutachteter Form veröffentlichten Studie mitgewirkt, in der Medikamente benannt worden sind, die Infektionen mit Coronaviren sehr stark bzw. nahezu vollständig verhindern können. Bei seinen zahlreichen Medienauftritten ist diese Botschaft kaum (im Interview überhaupt nicht!!!) vermittelt worden – im Gegensatz zu vielen anderen Forderungen (im Interview wird das “Impfen” der gesamten Bevölkerung gelobt). Erinnert sei in diesem Zusammenhang z.B. an diese Beiträge von Jens Berger:

    1. Das Corona-Prognosedesaster – Manipulation mit Vorsatz?
    2. „Aus rein wissenschaftlicher Sicht“ – Christian Drosten im Tagesthemen-Interview.

    Bitte lesen Sie dazu auch Corona: Die Angst der Verantwortlichen vor der Aufarbeitung. Daraus das abschließende Zitat:

    „Komisch: wir haben zu wenig Daten um die Maßnahmen zu bewerten, hatten aber anfangs scheinbar genug, um sie anzuordnen..,.. Was für eine Farce!“

    dazu: Neue Modellierung veröffentlicht: “Wirkungen möglicher Impfkampagnen im Herbst 2022”
    Theoretische Modellierungen möglicher “Corona-Szenarien” gehörten in den zurückliegenden zwei Jahren zu den wesentlichen Argumentationspfeilern der verantwortlich handelnden Politiker. Nachweislich entsprachen viele Modelle rückblickend nicht der Realität. Auch für den kommenden Herbst wird schon wieder fleißig “modelliert”. (…)
    Es gilt als nachvollziehbar und erwiesen, dass sich Politiker zu Beginn der Krise Hilfe und Unterstützung im Bereich der theoretischen Wissenschaft in Form sogenannter Modellierungen für ein Szenario X suchten, parallel zur eher verwaltenden Arbeit der einschlägigen Ministerialbeamten und -angestellten.
    Solche Kooperation wird sicherlich auch für den Herbst und Winter 2022 wieder zu erwarten sein. Es gilt jedoch erneut die Frage zu stellen, welche Absichten und Erwartungen hegen die regierenden Politiker hinsichtlich der künftigen Modellierungen? Was bestimmt die Motivation der Sachverständigen für derartige Modellierungen? Für die anvisierte Zielgruppe, den Durchschnittsbürger dieses Landes, sind die veröffentlichten Ergebnisse – trotz all seiner in zwei Jahren privat gesammelten “Expertise” – schwer zu beurteilen, da nur Tendenzen kolportiert werden, in Bezug auf Argumente oder beabsichtigte Nützlichkeit.
    Am 26. April 2022 veröffentlichte die Technische Universität Berlin – unvermutet in einem Blog mit der Überschrift “Verkehrsplanung” – Folgendes über eine neue Modellierung: “Wirkungen möglicher Impfkampagnen im Herbst 2022 – Neuer MODUS-COVID Bericht.” In der Einleitung heißt es zu Beginn: “In dem von Prof. Nagel geführten Projekt “MODUS-COVID” haben wir dem BMBF wieder einen Bericht abgeliefert.” BMBF ist das Kabinettskürzel für das “Bundesministerium für Bildung und Forschung”. Die Formulierung “wieder einen Bericht” belegt, dass dieses Projekt “MODUS-COVID” offenbar schon in den zurückliegenden Jahren solche Modellierungen abgeliefert hatte. (…)
    Das Gefährliche einer Modellierung aus dem Hause der Technischen Universität Berlin, ist, dass das Team um Prof. Nagel weiter willkürlich modelliert, trotz vorliegender einschlägiger Erkenntnisse von Medizinern und Statistikern der bearbeiteten Felder. Wie die verantwortlich (?) handelnden Politiker mit dieser jüngsten Veröffentlichung, also auch einer Empfehlung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung umgehen, werden uns die kommenden Wochen und Monate zeigen.
    Quelle: Bernhard Loyen in RT DE

  12. Charité-Forscher fordert Ambulanzen für Impfgeschädigte
    An der Charite in Berlin wird eine Studie zu Nebenwirkungen nach Corona-Impfungen durchgeführt. Professor Harald Matthes leitet die Studie und fordert mehr Anlaufstellen für Betroffene.
    Die Zahl schwerer Komplikationen nach Impfungen gegen Sars-CoV-2 ist 40 Mal höher, als durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bislang erfasst wurde. Das ist eines der Ergebnisse einer langfristigen Beobachtungsstudie der Berliner Charité. Studienleiter Professor Harald Matthes fordert jetzt mehr Anlaufstellen für Betroffene.
    Seit einem Jahr läuft die Studie “Sicherheitsprofil von Covid-19-Impfstoffen” (kurz “ImpfSurv”), die Wirkungen und Nebenwirkungen der verschiedenen Vakzine im Fokus hat. Deutschlandweit werden dafür rund 40.000 geimpfte Personen in regelmäßigen Abständen befragt. Die Teilnahme an der Studie ist freiwillig und erfolgt unabhängig davon, wie die Impfstoffe bei den Probanden jeweils wirken.
    Ein Ergebnis: acht von 1.000 Geimpften kämpfen mit schweren Nebenwirkungen. “Die Zahl ist nicht überraschend”, erläutert Prof. Dr. Harald Matthes, Leiter der Studie: “Sie entspricht dem, was man aus anderen Ländern, wie Schweden, Israel oder Kanada kennt. Übrigens hatten selbst die Hersteller der Impfstoffe in ihren Studien bereits ähnliche Werte ermittelt.” Bei herkömmlichen Impfstoffen, wie etwa gegen Polio oder Masern, sei die Zahl schwerer Nebenwirkungen deutlich geringer.
    Quelle: mdr

    dazu: Komplikationen nach Corona-Impfung 40-mal höher als erfasst?
    Der Leiter einer laufenden Studie am Berliner Universitätsklinikum Charité zu Nebenwirkungen von Coronaimpfungen hat eine massive Untererfassung beklagt und mehr Anlaufstellen für Betroffene gefordert.
    Quelle: Telepolis

  13. Virologe Streeck regt breite Corona-Antikörperstudie an
    Mit der Pandemie-Strategie der Politik ist Virologe Professor Hendrik Streeck unzufrieden. Für manche Entscheidungen fehlten Daten. Deutschland müsse aber auch lernen, mit Unwissen zu leben, betont er beim Gesundheitskongress des Westens.
    Nach zwei Jahren Corona-Pandemie muss Deutschland endlich lernen, proaktiv mit der Situation umzugehen und zu agieren statt nur zu reagieren. „Wir müssen über Plan B, Plan C und Plan D reden, auch wenn Plan A gute Chancen hat zu funktionieren“, forderte der Virologe Professor Hendrik Streeck beim Gesundheitskongress des Westens in Köln.
    Handlungsbedarf sieht Streeck beim Thema Corona-Tests. „Das anlasslose Testen mit Antigentests macht außerhalb von kritischen Einrichtungen keinen Sinn“, sagte er. Das Fortführen der Testungen sei teuer, ökologisch bedenklich und wenig zielführend. Sinnvoller und effektiver wäre es seiner Meinung nach, dass sich die Menschen wieder nach dem Leitsatz verhalten: Wer krank ist, soll zuhause bleiben. Ärztinnen und Ärzte sollten Patienten nur dann testen, wenn sie Symptome haben.
    Quelle: ÄrzteZeitung
  14. EU-Kommission will Gesundheitsdaten europaweit vernetzen
    Patienten könnten ihre Krankengeschichte, Testergebnisse oder Verschreibungen dann mit Krankenhäusern und Ärzten in der gesamten EU teilen, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides in Straßburg. EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas sagte: „Das ist revolutionär.“ (…)
    Das zweite Ziel des Vorschlags ist, dass Forscher, Industrie und öffentliche Institutionen das Potenzial der Daten nutzen können. So könnten etwa Medikamente und medizinische Geräte entwickelt werden oder die Regierung könne während einer Pandemie besser Entscheidungen treffen.
    Datenschutz- und Sicherheitsstandards sollten stets beachtet werden, sagte Kyriakides. Bürger sollten die Kontrolle über ihre Daten haben und selbst entscheiden, welche Informationen sie teilen. Forscher bräuchten zudem die Erlaubnis der nationalen Behörden, um mit den Daten zu arbeiten.
    Der Raum für Gesundheitsdaten soll Kyriakides zufolge bis 2025 im Einsatz sein. Zuvor müssen sich jedoch noch das Europaparlament und die EU-Staaten damit befassen. Eine Hürde dürfte auch sein, dass die Digitalisierung der Gesundheitssysteme in den EU-Staaten sehr verschieden fortgeschritten ist.
    „Für Deutschland heißt das: Wir müssen jetzt Tempo machen bei der Digitalisierung unseres Gesundheitswesens“, sagte der Präsident des Digitalverbands Bitkom Achim Berg. Grundsätzlich begrüßte er den Vorschlag der EU-Kommission.
    Der europäische Gesundheitsdatenraum könne die Versorgung der Menschen in Europa massiv verbessern. Er bilde die Grundlage „zu einer verbesserten und schnelleren Entwicklung von Therapien, Medikamenten und Untersuchungsmethoden, was Millionen Menschen unmittelbar helfen wird“.
    Quelle: aerzteblatt.de

    Anmerkung Christian Reimann: Die rosigen Worte der EU-Kommission über digitale Gesundheitsdaten hätten von einer Werbe-Agentur wohl kaum besser formuliert werden können. Der “gläserne Patient” droht mehr und mehr Realität zu werden. Insbesondere vom Bundesministerium für Gesundheit ist kein Widerspruch zu erwarten. Dazu passen u.a. zwei Beiträge:

    1. Scholz & Friends – SPD-Parteitag mit freundlicher Unterstützung von Pfizer
    2. Der Türöffner: Wie Jens Spahn den gläsernen Patienten herbeiregiert.

    dazu: Gesundheitskioske, Cannabis, GKV: Lauterbachs Fahrplan bis zur nächsten Welle
    Zuallererst müsse die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorangetrieben werden, wobei es im Wesentlichen zwei kurzfristige und ein mittelfristiges Projekt umzusetzen gebe.
    Am nächsten liegt dabei die Einführung des elektronischen Rezeptes (E-Rezepts): Lauterbach kündigte an, dass der Roll-out noch in diesem Jahr erfolgen werde. Nach weit über 10.000 verarbeiteten Verordnungen könne mittlerweile von der Funktionsfähigkeit bis dahin ausgegangen werden.
    Der zweite kurzfristige Punkt sei die Digitalisierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD). Der habe sich schließlich „in der Pandemie unter anderem deshalb schwergetan, weil die Digitalisierung nicht wirklich vorbereitet war“. Die für die Digitalisierung vorgesehenen 800 Millionen Euro aus dem ÖGD-Pakt stünden dafür nach wie vor zur Verfügung, müssten aber endlich abgerufen werden.
    Das mittelfristige und aus Lauterbachs Sicht wichtigste Digitalisierungsvorhaben ist für Lauterbach die elektronische Patientenakte (ePA), die „Kernanwendung“ im digitalen Gesundheitswesen, wie er vergangene Woche auf der Digitalisierungsmesse erklärte. Hier müsse in den kommenden Monaten unbedingt die Opt-out-Regelung vorangetrieben werden – also die automatische Verfügbarmachung der Daten in der ePA, die nur durch aktiven Widerspruch zurückgenommen werden kann.
    Ziel sei, „dass die Regel ist, dass die Daten, die zur Verfügung stehen können, auch zur Verfügung stehen und man nicht sie nicht durch ein Opt-in-Verfahren verfügbar machen muss“, erklärte Lauterbach. „Das ist die wichtigste gesetzliche Voraussetzung für den Erfolg der elektronischen Patientenakte überhaupt.“ Ohne die Opt-out-Regelung sei schlicht keine gewinnbringende Nutzung der ePA möglich.
    Quelle: aerzteblatt.de

  15. Tesla in Grünheide: Alarm in der Idylle
    Es hat nur drei Wochen gedauert, bis es nach der Eröffnung der Tesla-Gigafactory durch Elon Musk zum ersten Vorfall in der Produktion kam. Das Werk im brandenburgischen Grünheide vor den Toren Berlins gilt eigentlich als Vorzeigeprojekt für die Ansiedlung eines zukunftsweisenden Industriebetriebs. Umweltschützer und auch der lokale Wasserversorger haben dagegen schon lange vor den Gefahren gewarnt, die vom Bau einer Auto- und Batteriefabrik mitten in einem Wasserschutzgebiet ausgehen.
    15.000 Liter Chemikalien, das entspricht in etwa einer Lkw-Ladung, sind am 11. April in den Werkshallen der Lackiererei ausgelaufen. Das meiste davon wurde offenbar problemlos wieder beseitigt, allerdings liefen zwei bis drei Liter draußen vor der Lackiererei aus – auch das noch eine Menge, die durchaus das Potenzial hat, Zehntausende Liter Trinkwasser zu verunreinigen. Fotos von dem Vorfall lassen Umweltschützer befürchten, dass die Substanz ins Erdreich gelangt sein könnte.
    Bekannt geworden ist der Vorfall nur, weil ein Mitarbeiter des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) zufällig am 12. April auf dem Gelände war, die ausgelaufenen Chemikalien mitsamt Bindemittel fotografierte und die Bilder später von der ÖDP und Umweltverbänden veröffentlicht wurden. Es war der Mitarbeiter, der die WSE-Zentrale über den Vorfall informierte, nicht die Behörden oder der Konzern. Dabei ist anzunehmen, dass ein Wasserversorger interessiert daran ist, zu erfahren, wenn im direkten Einzugsgebiet eines Trinkwasserbrunnens Chemikalien ausgelaufen sind, die das Grundwasser belasten könnten.
    Quelle: der Freitag

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