Die olivgrünen Kreuzritter

Die olivgrünen Kreuzritter

Die olivgrünen Kreuzritter

Jens Berger
Ein Artikel von: Jens Berger

Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer haben ein „Manifest für den Frieden“ publiziert, das nicht nur von zahlreichen Personen aus Politik, Kultur und Wissenschaft erstunterzeichnet wurde, sondern dessen dazugehörige Petition mit zurzeit schon über 400.000 Mitzeichnern ein gewaltiger Erfolg ist. Für den 25. Februar haben die Initiatoren eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor angekündigt. Dass dieses Manifest bei der ehemals links-pazifistischen, aber nun stramm auf olivgrünen Mainstream gebürsteten taz nicht gerade auf Gegenliebe stößt, war zu erwarten. Mit welchem Furor Redakteur Jan Feddersen im Namen der taz wild um sich schlägt, zeigt jedoch, wie weit man sich dort von den ehemaligen Idealen entfernt hat. Man will keinen Frieden und hat die Welt in „gut“ und „böse“ aufgeteilt. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Wer Friedensverhandlungen fordert, ist amoralisch. Diese Meinung vertritt zumindest taz-Redakteur Feddersen. Der Begriff „amoralisch“ sollte an dieser Stelle nicht mit dem Begriff „unmoralisch“ verwechselt werden. Der Duden definiert den Begriff vielmehr für eine Einstellung, die sich „über die herrschende Moral hinwegsetzt“. Die Moral hatte die taz freilich schon immer für sich gepachtet. Dass sie nun die von ihr und ihrem politischen Umfeld, das vor allem bei den Grünen und dem rechten Flügel der Linkspartei zu verorten ist, propagierte Unterstützung der Ukraine mit militärischen Mitteln als „herrschende Moral“ definiert, ist daher auch noch im Kern nicht wirklich überraschend. Moral und Kriegslüsternheit schließen sich ja auch keinesfalls aus. Ganz im Gegenteil. Viele Kriege wurden geführt, weil ein Staat oder ein Volk sich moralisch überlegen fühlte. Die gesamte moderne Kriegsdoktrin des Westens, die sich hinter dem Begriff „Responsibility to Protect“ verbirgt, begründet sich letztlich in einer vermeintlich moralischen Überlegenheit. Und wer moralisch im Recht ist, der hat laut taz zu kämpfen bis in den Tod. Alles andere wäre eine „Unterwerfung“. Das ist natürlich einfach gesagt, wenn man selbst am Schreibtisch sitzt und das edle Sterben im Namen der Moral Anderen überlässt.

Merken Sie was? Diese Argumentation ist keinesfalls neu. Früher nahm die Religion die Rolle der heutigen Moral ein. Kreuzritter, Jihadisten, Zeloten – all sie waren von dem Gedanken besessen, die richtige „Moral“ gepachtet zu haben. Auch sie sahen sich durch eine höhere Instanz legitimiert. Jedoch waren auch ihre Ideale meist hohl und vorgeschoben. Den Kriegsfürsten der Vergangenheit ging es ebenso wenig um die Inhalte der Bergpredigt, wie es den Präsidenten und Kanzlern der heutigen Tage um Freiheit oder Menschenrechte geht. Aber irgendwie müssen Kriege ja begründet werden und Religion und Moral sind da sehr nützlich, wähnen sich die Gefallenen, Verstümmelten und Vergewaltigten dann doch zumindest auf der richtigen Seite.

Dies im Hinterkopf liest sich der Artikel von Jan Feddersen schon gleich anders. Das moralisierende Schwarz-Weiß-Denken hat er offenbar schon sehr weit verinnerlicht. Seine Welt besteht nur aus guten Freunden und bösen Feinden. Und wenn man die Moral derart in den Mittelpunkt des eigenen Universums stellt, dann mag alleine der Gedanke an einen Friedensschluss zwischen „Gut“ und „Böse“ bereits eine „Todsünde“ oder, um in Feddersens Worten zu bleiben, ein „politobszönses Manifest der Unterwerfung“ sein – „amoralisch“ und „empörend falsch“.

Wäre Feddersen ein Jahrtausend vorher geboren, hätte er wohl als Priester das „Deus vult“ verkündet und seine Schäfchen aufgefordert, das Kreuz und das Schwert zu nehmen und für den gerechten Krieg gegen das Böse ins Heilige Land zu ziehen.

Feddersen und die taz sind nicht allein. Diese Gedanken lassen sich auch bei den Politpredigern der Grünen so eins zu eins wiederfinden – egal ob sie nun Baerbock, Hofreiter oder Göring-Eckardt heißen. Das macht diese Politiker auch so gefährlich. Mit rational denkenden Menschen kann man zumindest diskutieren. Mit Überzeugungstätern, die sich selbst von einer höheren Kraft, Ideologie oder eben einer – wenn auch pervertierten – Moral getrieben sehen, ist das nicht möglich. Historisch war es die Aufklärung, die dem religiösen Eifer, dem Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind, ein vorübergehendes Ende gesetzt hat. Soll die Welt nicht auf einen Dritten Weltkrieg zusteuern, braucht es eine neue Aufklärung. Das „Manifest für den Frieden“ ist da zumindest ein Anfang und dass die Zeloten nun Gift und Galle spucken, gehört dazu.

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Titelbild: iobard/shutterstock.com

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