In der Nacht zum Sonntag hat US-Präsident Donald Trump mehrere iranische Nuklearanlagen bombardieren lassen. Der Angriff markiert einen gefährlichen Wendepunkt im Verhältnis zwischen den USA und dem Iran. Während Trump den Einsatz als „vollen Erfolg“ bezeichnet, warnen Experten vor gravierenden Folgen – politisch, wirtschaftlich und sicherheitspolitisch. Drei Konsequenzen zeichnen sich jetzt ab: zwei unmittelbare, eine langfristige. Von Scharjil Khalid.
1. Zwei mögliche Optionen für Teheran
Kurzfristig steht der Iran vor einer strategischen Weggabelung: Entweder er reagiert – wie 2020 nach der Tötung General Soleimanis – mit einem symbolischen, angekündigten Gegenschlag auf US-Militärbasen, um eine Eskalation zu vermeiden. Oder es kommt zur offenen Konfrontation: gezielte Angriffe auf US-Stützpunkte, mögliche Geiselnahmen und die Blockade der Straße von Hormus – einer der wichtigsten globalen Transportwege für Öl. Das hätte gravierende Folgen für die Weltwirtschaft. Besonders China als größter Ölimporteur sowie die OPEC-Staaten wären wirtschaftlich stark betroffen. Russland hingegen könnte von steigenden Energiepreisen und der Verlagerung westlicher Militärressourcen aus Europa in den Nahen Osten profitieren.
2. Atomare Aufrüstung wird wahrscheinlicher
Langfristig dürfte der Angriff das iranische Atomprogramm beschleunigen. Der Präzedenzfall Osirak im Irak 1981 zeigt, dass militärische Schläge gegen Nuklearanlagen oft den gegenteiligen Effekt haben: Saddam Hussein reagierte damals mit einem geheimen Ausbau seines Atomprogramms. Auch im Fall Iran wächst die Gefahr, dass ein künftiges Regime noch viel stärker auf atomare Abschreckung setzt. Ein Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag (NPT) ist realistisch, internationale Kontrollen würden entfallen. Zudem könnten Länder wie Saudi-Arabien oder die Türkei aus der Befürchtung heraus, ohne Atomwaffen verwundbar zu sein, eigene nukleare Programme starten. Die Folge: ein regionaler nuklearer Rüstungswettlauf.
3. Israelische Eskalation und verdeckte Operationen
Auch unabhängig von Irans Reaktion droht eine weitere Eskalation. Israel hat bereits signalisiert, dass die bisherigen Angriffe nicht ausreichen – man erwägt weitere Luftschläge oder sogar Bodentruppen. Parallel dazu laufen verdeckte Operationen: Der Mossad ist im Iran aktiv, zuletzt wurde ein Nuklearwissenschaftler in Ghom gezielt getötet. Zudem erhalten separatistische Gruppen wie Kurden oder Belutschen Unterstützung, um Unruhen im Land zu schüren. Diese Maßnahmen sind Teil einer langfristigen Destabilisierungsstrategie, die einem klarem geopolitischen Kalkül folgen.
Der Beginn einer Phase der Unsicherheit
Trump erklärte nach dem Angriff, „jetzt sei die Zeit für Frieden“. Tatsächlich jedoch markiert die Bombardierung keinen Abschluss, sondern den Beginn einer neuen Phase der Unsicherheit. Ob daraus ein regionaler oder gar weltweiter Flächenbrand entsteht, ein nuklearer Rüstungswettlauf folgt oder sich ein Patt entwickelt – das entscheidet sich in den kommenden Wochen.
Titelbild: Shutterstock / Naeblys
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