Nicolás Maduro fordert Trump auf, den Frieden durch Dialog und Verständigung in der gesamten Hemisphäre zu bewahren und die Gespräche über den Sonderbeauftragten des Weißen Hauses, Richard Grenell, wieder aufzunehmen. Das Schreiben war in Teilen von US-Medien geleakt worden, bevor Caracas es nun öffentlich machte. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses erklärte indes, der Brief sei von der Trump-Regierung „verworfen“ worden. Von Andreína Chávez Alava und Marta Andujo.
In einem Brief an den US-Präsidenten Donald Trump forderte der venezolanische Präsident Nicolás Maduro Frieden und die Wiederaufnahme des Dialogs. Außerdem wies er die gegen Caracas erhobenen Vorwürfe des Drogenhandels als unbegründet zurück.
In dem am 6. September an das Weiße Haus übermittelten Schreiben bezeichnete Maduro die Behauptung, Caracas habe sich geweigert, abgeschobene Migranten aufzunehmen, sowie die Behauptung, es bestünden Verbindungen zu „Mafiagruppen und Drogenbanden“, als „Fake News“ und „absolut falsch“.
„Das sind die schlimmsten Fake News, die gegen unser Land verbreitet wurden, um eine Eskalation hin zu einem bewaffneten Konflikt zu rechtfertigen, der dem gesamten Kontinent katastrophalen Schaden zufügen würde”, heißt es in dem am Sonntag veröffentlichten Brief.
Maduro bekräftigte, dass „Venezuela ein Gebiet ohne Drogenproduktion ist und keine bedeutende Rolle im Drogenhandel spielt”. Er berief sich auf den aktuellen Weltdrogenbericht der Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen.
Eine dem Brief beigefügte Karte zeigt, dass 87 Prozent der in Kolumbien produzierten Drogen über den Pazifik in die USA und nach Europa gelangen, während acht Prozent über die kolumbianische Region Guajira und die Karibikküste transportiert werden und nur fünf Prozent durch Venezuela. Die Daten der UNO stimmen mit dem jüngsten Bericht der Drug Enforcement Agency (DEA) überein, wonach weniger als zehn Prozent des für die USA bestimmten Kokains durch Venezuela geschleust werden.
Der venezolanische Staatschef äußerte seinen Wunsch, „gemeinsam diese Fake News zu bekämpfen, die eine Beziehung, die historisch und friedlich sein sollte, mit Lärm belasten“, und appellierte an Trump, „den Frieden in der Hemisphäre zu bewahren”. Seine Regierung sei offen für die Wiederaufnahme des Dialogs mit den USA durch den Sonderbeauftragten des Weißen Hauses, Richard Grenell, der sich im Januar nach Trumps Amtseinführung mit Maduro getroffen hatte.
Grenell führte Gespräche mit Caracas über Themen wie die Rückführung venezolanischer Migranten und die Freilassung von in Venezuela inhaftierten US-Bürgern. Auf einer kürzlich in Paraguay abgehaltenen Konferenz äußerte Grenell seine Hoffnung, dass Dialog und Diplomatie zu Vereinbarungen führen und Kriege vermieden werden können.
Der Sonderbeauftragte wurde indes von US-Außenminister Marco Rubio, der eine harte Linie gegenüber Maduro verfolgt, ins Abseits gedrängt. Rubio erneuert die „Kampagne des maximalen Drucks“ aus Trumps erster Amtszeit (2017 – 2020), in der weitreichende wirtschaftliche Sanktionen und eine Blockade der venezolanischen Ölindustrie verhängt wurden.
Vor Kurzem sagte Rubio gegenüber Fox News, Präsident Maduro sei ein „Flüchtling vor der amerikanischen Justiz”, und wiederholte, dass der Einsatz des US-Militärs in der Karibik gegen mutmaßliche Kartelle mit Verbindungen nach Caracas gerichtet sei.
Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, bestätigte am Montag gegenüber den Medien, dass die Trump-Regierung Maduros Brief erhalten, aber verworfen habe. „Offen gesagt enthielt er eine Liste von Lügen, und die Haltung der Exekutive gegenüber Venezuela hat sich nicht geändert. Wir halten das Maduro-Regime für illegitim“, erklärte sie und wiederholte erneut die Vorwürfe des Drogenhandels. Leavitt fügte hinzu: „Präsident Trump hat gezeigt, dass er bereit ist, alle notwendigen Mittel einzusetzen, um den illegalen Drogenhandel von Venezuela in die USA zu unterbinden.“
Bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche warf Maduro den Hardlinern in Trumps Regierung vor, Venezuela durch Provokationen in einen Krieg treiben zu wollen. Sie wollten einen Regime Change erreichen, der durch Ölinteressen motiviert sei. Er bestätigte, dass die Kommunikation mit Washington auf minimale Kontakte über den in Kolumbien ansässigen US-Geschäftsträger John McNamara beschränkt wurde, mit dem vorrangigen Ziel, die Rückführung von Migranten zu koordinieren.
Caracas brach 2019 die diplomatischen Beziehungen zu den USA ab, nachdem das Weiße Haus die selbsternannte „Übergangsregierung“ des Oppositionspolitikers Juan Guaidó anerkannt hatte. Venezuela hat jedoch stets seine Bereitschaft zu neuen, „auf Respekt basierenden“ Beziehungen bekräftigt.
Maduros Brief an Trump kommt inmitten wachsender Besorgnis über eine mögliche militärische Intervention der USA in Venezuela, die den Frieden und die Stabilität in der gesamten Region gefährden könnte.
Seit August hat Washington etwa 4.500 Soldaten in das südliche Karibische Meer vor der Küste Venezuelas entsandt, zusammen mit einem atomgetriebenen U-Boot, acht Kriegsschiffen, Kampfflugzeugen und anderen Flugzeugen, um, wie es heißt, gegen den Drogenhandel vorzugehen.
In den letzten Wochen haben US-Streitkräfte drei angeblich mit Drogen beladene Boote auf dem Weg in die USA angegriffen und dabei insgesamt 17 Menschen getötet. Die ersten beiden Angriffe fanden am 2. und 15. September statt, über den letzten informierte Trump am 19. September auf Truth Social.
Washington hat keine Beweise dafür vorgelegt, dass die Besatzungen Drogen transportierten. Rechtsexperten sind der Ansicht, dass die Bombardierungen gegen das Seerecht und internationale Menschenrechtsnormen verstoßen und dass die Maßnahmen der USA außergerichtlichen Tötungen gleichkommen.
Der militärische Aufmarsch erfolgte, nachdem die Trump-Regierung das Kopfgeld für die Festnahme Maduros auf 50 Millionen Dollar erhöht und hochrangige Vertreter seiner Regierung beschuldigte hatte, das sogenannte „Cartel de los Soles” zu leiten. Washington setzte dieses angebliche Kartell auf die US-Terroristenliste und wirft ihm vor, mit kolumbianischen bewaffneten Gruppen und dem mexikanischen Sinaloa-Kartell zusammenzuarbeiten, um die USA mit Drogen zu „überfluten”.
Allerdings haben US-Regierungsvertreter nie gerichtlich bestätigte Beweise zur Untermauerung der Vorwürfe vorgelegt.
Auch Kolumbiens Präsident Gustavo Petro und Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum haben erklärt, dass es keine Beweise für die Existenz des sogenannten Sonnenkartells oder für die Tätigkeit einer von Venezuela geführten transnationalen Drogenhandelsorganisation in der Region gibt.
Als Reaktion auf die Bedrohung durch die USA hat Venezuela die Streitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Mehrere Militärmanöver werden durchgeführt und die aus Freiwilligen bestehenden Milizen mobilisiert.
In dem südamerikanischen Land ist die Beteiligung der Bevölkerung Bestandteil der Verteidigungsdoktrin. Eine der Säulen dieser Doktrin, die seit dem Amtsantritt von Hugo Chávez 1999 entwickelt worden ist, ist das Konzept vom „Krieg des gesamten Volkes“ und die Bildung von Volksmilizen. Die „integrale Verteidigung“ sieht ein gemeinsames Vorgehen von Streitkräften, Milizen und zivilen Gruppen im Fall einer ausländischen Intervention vor.
Nach offiziellen Angaben hat die Bolivarische Miliz aktuell 8,2 Millionen Mitglieder, darunter viele Frauen. Derzeit finden landesweit Übungen statt, bei denen reguläre Soldaten die Milizionäre militärisch ausbilden.
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