Wieso verschwieg Olaf Scholz gegenüber dem Bundestag zwei Treffen mit Cum-Ex-Drahtzieher Olearius?

Wieso verschwieg Olaf Scholz gegenüber dem Bundestag zwei Treffen mit Cum-Ex-Drahtzieher Olearius?

Wieso verschwieg Olaf Scholz gegenüber dem Bundestag zwei Treffen mit Cum-Ex-Drahtzieher Olearius?

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Diese Woche begann der Prozess vor dem Amtsgericht Bonn gegen den ehemaligen Chef der Warburg-Bank Christian Olearius, einen der Hauptdrahtzieher im Cum-Ex-Skandal, verantwortlich für Steuerraub in dreistelliger Millionenhöhe. In der Anklageschrift wird der Name Olaf Scholz 27-mal erwähnt. Vor diesem Hintergrund wollten die NachDenkSeiten auf der Bundespressekonferenz wissen, ob der Bundeskanzler diesen Prozess verfolgt und aus welchen Beweggründen er bei den bisherigen Anhörungen zum Thema im Bundestag zwei der mittlerweile drei bestätigten Treffen mit dem mutmaßlichen Finanzkriminellen den Abgeordneten verschwiegen hat. Die Antwort geriet zu einem Manifest der Arroganz der Macht. Von Florian Warweg.

Letzte Woche hatten wir auf der Bundespressekonferenz Regierungssprecher Steffen Hebestreit unter Bezugnahme auf die Strafanzeige des Finanzexperten Fabio de Masi gegen Kanzler Olaf Scholz „wegen uneidlicher Falschaussage“ gebeten, ob er in der Öffentlichkeit mal reinen Tisch machen und eindeutig erklären kann, ob Olaf Scholz vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss zur Warburg-Affäre unter Eid gelogen hat oder nicht. Hebestreit wich aus und erklärte, es obliege den jeweiligen Behörden, das zu beurteilen, er werde dies aber nicht tun.

Der amtierende Bundeskanzler hat aber nicht nur mutmaßlich unter Eid den Untersuchungsausschuss des Hamburger Senats zu der Causa belogen. Olaf Scholz hat ebenso bei zwei Anhörungen im Frühjahr und Sommer 2020 im Deutschen Bundestag den Mitgliedern des ihn zu dem Thema befragenden Finanzausschusses zwei von drei Treffen als Bürgermeister mit dem Cum-Ex-Drahtzieher Olearius verschwiegen. Wir fragten auf der aktuellen Regierungspressekonferenz nach den unbefriedigenden Antworten von letzter Woche daher Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner zu den Motiven für dieses fragwürdige Agieren gegenüber der deutschen Legislative. Art und Inhalt der „Beantwortung“ gerieten zu einer Bankrotterklärung:

Wieso kein journalistisches Interesse in der Causa Cum-Ex und der Rolle von Olaf Scholz?

Wie aus dem Video ersichtlich, gab es keinerlei weitere Nachfragen zu dem Thema von den anderen anwesenden Kollegen. Wie erklärt sich das?

Aus informellen Gesprächen weiß ich, dass viele Journalisten-Kollegen nicht zu Scholz und dessen Rolle bei Cum-Ex und insbesondere in Bezug auf die Warburg-Bank kritisch nachfragen, weil sie angesichts der ganzen aktuellen Krisen und dem derzeitigen „Umfragehoch der AfD“ es vorziehen, „den Bundeskanzler nicht noch weiter zu schwächen“. So eine kommunizierte Haltung und damit einhergehende Selbstbeschränkung lässt tief blicken und sollte nun wirklich keine ernsthafte Grundlage für journalistisches Arbeiten sein.

Wohin diese Haltung führen kann, lässt sich derzeit recht anschaulich in Frankreich beobachten. Dort spielt Emmanuel Macron seit Jahren erfolgreich auf der Klaviatur der Selbstbändigung der Presse à la: Wenn Ihr mich kritisiert, stärkt das nur Le Pen…

Wiedergabe der Fragen und Antworten im Wortprotokoll der Bundespressekonferenz:

Frage Warweg:

Herr Büchner, diese Woche begann der Prozess vor dem Amtsgericht Bonn gegen den ehemaligen Chef der Warburg-Bank, einen der Hauptdrahtzieher im Cum-Ex-Skandal mit einer Steuerhinterziehung in dreistelliger Millionenhöhe. In der Anklageschrift wird der Name Olaf Scholz 27-mal erwähnt.

Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren: Lässt der Bundeskanzler diesen Prozess verfolgen und sich über die weiteren Entwicklungen informieren?

Stellvertretender Regierungssprecher (SRS) Büchner:

Nein.

Zusatzfrage Warweg:

In der ganzen Causa Warburg-Bank und Cum-Ex gibt es einige Fragen zum Agieren des Bundeskanzlers gegenüber der Legislative. So hat Herr Scholz bei zwei Anhörungen im Bundestag ein Treffen mit dem mutmaßlichen Finanzkriminellen Olearius eingeräumt. Wir wissen mittlerweile von drei Treffen.

Aus welchen Beweggründen hat sich Herr Scholz dazu entschieden, gegenüber der bundesdeutschen Legislative zwei von drei Treffen zu verschweigen?

Büchner:

Es gibt zu der Causa überhaupt nichts Neues zu sagen.