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  1. Gewalteskalation in Nahost stoppen!
  2. A Textbook Case of Genocide
  3. Scott Ritter: Warum ich nicht mehr auf der Seite Israels stehe und es auch nie wieder tun werde
  4. Vor der humanitären Katastrophe
  5. Robert Habeck zu Israel oder: Der Meister des Tunnelblicks
  6. Ukrainisches Portal: Selenskyj forderte Journalisten auf, nicht über die Korruption zu schreiben
  7. Fabio De Masi: Verschwörungsökonomie, oder warum es Deutschland schlecht geht
  8. US-Flüssigerdgas aus Fracking ist viel schädlicher als Kohle
  9. Gebrochenes Versprechen der Ampel
  10. Rentenmodell Österreich: Warum wir die für 2024 geplante “Aktienrente” nicht brauchen
  11. Recht auf Wohnungstausch: Voraussichtlich keine Mehrheit im Bundestag
  12. „In hohem Maße besorgniserregend“: Jeder dritte Neuntklässler scheitert an Deutsch-Mindeststandards
  13. Erschreckende Erkenntnis in Berlin: Azubis müssen im Auto wohnen
  14. Nutzen und Risiken einer umstrittenen Forschungsmethode
  15. Uganda: Deutscher Gourmet-Kaffee aus Afrika hat einen fatalen Beigeschmack

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gewalteskalation in Nahost stoppen!
    Der DFG-VK Bundesverband verurteilt aufs Schärfste die Gewalteskalation in Nahost durch den Angriff der Hamas und den Gegenangriff durch das israelische Militär. Bereits über 1.000 Tote binnen weniger Tage auf beiden Seiten sind das bisherige Resultat dieser kriegerischen Auseinandersetzung.
    Für diesen Angriff der Hamas gibt es keine Rechtfertigung oder Entschuldigung. Weder die ständigen Einschränkungen der Rechte der Palästinenser*innen durch Besatzung noch Siedlungsbau jenseits der grünen Linie oder die sehr schwierigen Lebensbedingungen in Gaza und der Westbank. Bomben und Raketen auf Städte, ein Angriff auf ein friedliches Musikfest, bei dem Feiernde getötet oder verschleppt wurden, sind ein Verbrechen.
    In der israelischen Zivilgesellschaft gibt es auch Militärdienstverweigernde, die aus Protest gegen die Unterdrückung der palästinensischen Menschen ihren Reservistenstatus aufkündigten. Massenproteste gegen die Netanjahu-Regierung gab es in den letzten Monaten nicht nur wegen deren Plänen, die Rechtsstaatlichkeit stückchenweise abzubauen. Für diese Protestbewegung in Israel bedeutet der Angriff und der nun ausgerufene Kriegszustand die deutliche Einschränkung ihrer Handlungsmöglichkeiten.
    Der DFG-VK Bundesverband verlangt die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln. Geiselnahme ist ein Kriegsverbrechen.
    Die Gewaltspirale muss sofort gestoppt werden. Die Drohung des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, alle Orte in Schutt und Asche zu legen, von denen er annimmt, dass sich dort die Hamas versteckt, ist ebenso unerträglich wie die Eskalationsdrohungen und die Angriffe der Hisbollah aus dem Libanon und weitere Angriffe aus Syrien. Keine*r der Toten wird durch Vergeltung wieder lebendig.
    Quelle: Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Landesverband Hessen

    dazu: Wachsende Kritik an Israels Vorgehen im Gazastreifen
    Israels Vorgehen im Gazastreifen stößt zunehmend auf Kritik. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnt vor »verheerenden humanitären Folgen«. Auch in anderen westlichen Ländern wächst das Unbehagen. (…)
    »Die Zivilbevölkerung in Gaza ist nicht die Hamas und kann nicht kollektiv für deren Gräueltaten verantwortlich gemacht und bestraft werden«, schrieb Asselborn. Die »lebenswichtige humanitäre Hilfe für die palästinensische Bevölkerung« müsse aufrechterhalten werden.
    Der dienstälteste Außenminister der EU wies darauf hin, dass Gewalt zuletzt auch von Israelis ausgegangen sei. Im Westjordanland hätte »die zunehmende Gewalt der Siedler und die Zwangsumsiedlung palästinensischer Gemeinden ein alarmierendes Ausmaß erreicht«. Israel sei als Besatzungsmacht völkerrechtlich verpflichtet, den Schutz der Zivilbevölkerung auch bei militärischen Operationen zu gewährleisten. (…)
    Kritik kommt auch von der Menschenrechtsorganisation Oxfam. Der Evakuierungsbefehl für den Gazastreifen sei »völlig unmenschlich« und unmöglich auszuführen, sagte Oxfam-Exekutivdirektor Amitabh Behar. »Die israelische Regierung muss ihn sofort zurücknehmen.« Die Krankenhäuser seien voll mit Frauen, Kindern und älteren Menschen, die sich nicht an einen anderen Ort begeben könnten. Auch für alle anderen gebe es »keine Nahrungsmittel, kein Wasser und kaum Unterkünfte«. Israel müsse sich an das humanitäre Völkerrecht halten, sagte Behar. »Es muss zwischen militärischen und zivilen Zielen unterscheiden.«
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Immerhin, hier und da in der EU und in der “westlichen Wertegemeinschaft” tut sich etwas, wird auf die Völkerrechtswidrigkeit von israelischen Militäroperationen und der Abriegelung des Gaza-Streifens hingewiesen. Von Deutschland und seiner Regierung werden wir solche klaren Worte leider nicht hören.

    dazu auch: Wer verändern will, muss verstehen
    Unser Korrespondent berichtet seit über 30 Jahren aus dem Nahen Osten. Für Sicherheit brauche es politische Lösungen, schließt er aus den früheren Kriegen.
    Es gibt zwei Worte, die ähnlich klingen, aber doch Unterschiedliches meinen: „Verständnis“ und „Verstehen“. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn unschuldige Menschen auf einer Raveparty oder in einem Kibbuz in Israel von Hamas-Kämpfern niedergemetzelt werden. Genauso wenig, wie ich Verständnis dafür aufbringe, wenn 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen kollektiv für diese fürchterlichen Taten bestraft werden. Wer für diese Dinge Verständnis zeigt, sollte seinen moralischen Kompass neu ausrichten.
    Ich finde alles, was wir in den vergangenen Tagen gesehen haben, entsetzlich. Und wenn ich sicherstellen will, dass Derartiges nicht geschieht, wenn ich nach Lösungen suche, dann muss ich die Situation analysieren. Ich muss versuchen etwas zu „verstehen“, für das ich kein Verständnis habe.
    Ich verstehe, dass ganz Israel im Schock ist, dass viele dort nach einer militärischen Lösung rufen, manche auch einfach nach Rache und Vergeltung. Eine Bodenoffensive soll das Problem lösen, wir werden Hamas auslöschen, heißt es. Aber kann eine solche Offensive tatsächlich eine strategische Veränderung schaffen?
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Immerhin gibt es auch solche vernünftigen, abwägenden Artikel in der taz, nicht nur Hetze wie hier.

  2. A Textbook Case of Genocide
    Israel has been explicit about what it’s carrying out in Gaza. Why isn’t the world listening?
    On Friday, Israel ordered the besieged population in the northern half of the Gaza Strip to evacuate to the south, warning that it would soon intensify its attack on the Strip’s upper half. The order has left more than a million people, half of whom are children, frantically attempting to flee amid continuing airstrikes, in a walled enclave where no destination is safe. As Palestinian journalist Ruwaida Kamal Amer wrote today from Gaza, “refugees from the north are already arriving in Khan Younis, where the missiles never stop and we’re running out of food, water, and power.” The UN has warned that the flight of people from the northern part of Gaza to the south will create “devastating humanitarian consequences” and will “transform what is already a tragedy into a calamitous situation.” Over the last week, Israel’s violence against Gaza has killed more than 1,800 Palestinians, injured thousands, and displaced more than 400,000 within the strip. And yet Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu promised today that what we have seen is “only the beginning.”
    Quelle: JewishCurrents

    dazu: Ein Abgrund
    Krieg in Israel und Gaza: Warum die Linke ihren moralischen Kompass neu ausrichten muss […]
    Die Versuche der israelischen Rechten, den historischen und politischen Kontext des Massakers im Süden Israels auszuklammern – Versuche, die von der deutschen Mehrheitsgesellschaft und ihrer politischen Repräsentation in diesen Tagen weitgehend unkritisch übernommen werden –, wirken bizarr reduktionistisch. Kontext ist nicht gleich Rechtfertigung. Kontext ist nicht gleich Verharmlosung. Kontext ist die Grundlage jeder ernstzunehmenden moralisch-politischen Bewertung.
    In diesem Fall lautet der Kontext: Zivilist*innen in Gaza werden infolge der Blockade seit 16 Jahren überlebensnotwendige Güter vorenthalten. Dem Großteil der Bevölkerung wird nicht erlaubt, das Gebiet zu verlassen. Die meisten von ihnen haben ihr ganzes Leben in einer winzigen, umzäunten Enklave verbracht. Medizinische Versorgung ist knapp, Zugang zu Lebensmitteln, Treibstoff und Elektrizität, all das hängt buchstäblich von Israels Gutdünken ab. Über 65 Prozent der in Gaza lebenden Menschen sind im Kinder- und Jugendalter. Die wenigsten von ihnen haben jemals eine politische Vertretung gewählt.
    Die Vereinten Nationen, UNWRA, diverse Menschenrechtsorganisationen und Rechtsexpert*innen haben seit vielen Jahren immer wieder auf die Illegalität der Blockade Gazas hingewiesen. Dass diese Menschen dort leben, liegt auch daran, dass israelische Streitkräfte infolge des Unabhängigkeitskrieges von 1948 und der israelischen Staatsgründung unzählige palästinensische Dörfer zerstörten, viele dort lebende Menschen töteten und zahlreiche weitere vertrieben. Diese Episode ist in palästinensischen Communities und unter Historiker*innen als Nakba bekannt.
    Wenige Stunden nach dem Massaker der Hamas twitterte ein Abgeordneter von Netanjahus Likud-Partei im israelischen Parlament: »Gerade jetzt, ein Ziel: Nakba! Eine Nakba, die die Nakba von 48 in den Schatten stellt.« Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant kündigte Völkerrechtsbrüche an, die Israel freimütig umsetzte: »Wir haben eine vollständige Blockade über Gaza verhängt. Kein Wasser, keine Lebensmittel, kein Gas, alles ist zu.« Am Dienstag, den 10. Oktober, gab Israels Armeesprecher Daniel Hagari bekannt, dass »Hunderte Tonnen Bomben« auf den Gazastreifen abgeworfen worden seien, und konstatierte, der Schwerpunkt liege »auf Beschädigung, nicht auf Genauigkeit«.
    Quelle: analyse & kritik

    dazu auch: Das böse Erwachen im Nahen Osten
    Die Explosion der Gewalt erschreckt in ihrer Brutalität, überrascht aber niemanden, der sich nicht erst seit vergangenen Samstag mit dem Konflikt in Israel beschäftigt.
    Auf die Frage, was wirklich dahinter steckt, dass es jetzt zu diesem Ausbruch gekommen ist, findet man derzeit noch keine nachvollziehbare Antwort. Spekuliert wird in alle Richtungen. Folgende Fragen sind nach meinem Kenntnisstand aber eindeutig beantwortbar.
    Ist der Mossad dumm? NEIN.
    Hat man nichts aus der Lehre von Jom Kippur Krieg gelernt? NEIN.
    Wird die Grenze zu Gaza kaum überwacht, so dass man problemlos Waffen reinschmuggelt? NEIN.
    Ist ein Camp in der Nähe der Grenze zu Gaza ohne Security denkbar? NEIN.
    Versucht der Westen – allen voran die Schutzmacht USA – jetzt alles, die Situation zu deeskalieren? NEIN.
    Wurden Nachrichten über 40 Babys erst verbreitet, nachdem sie verifiziert wurden? NEIN. (…)
    Manche der neuen Israel-Experten behaupten inzwischen, die Aussage, dass die Hamas durch Israel gefördert wurde, sei “antisemitisch”, eine Räubergeschichte bzw. Fake. Dann verbreiten folgende Medien seit 2002 vermutlich antisemitische Räuberfakes:
    2002 United Press International Analysis: Hamas history tied to Israel
    2009 Wall Street Journal How Israel Helped to Spawn Hamas
    2010 International Middle East Media Center Wikileaks cable: Israeli intelligence chief encouraged Hamas takeover of Gaza Strip
    2014 Washington Post How Israel helped create Hamas
    2014 Gregor Gysi im Bundestag: Verdacht, dass der israelische Geheimdienst die Hamas gegründet hätte.
    2018 The Intercept Blowback How Israel Went From Helping Create Hamas to Bombing It
    2019 The Jerusalem Post Netanyahu: Money to Hamas part of strategy to keep Palestinians divided
    2023 Haaretz.com Why did Netanyahu want to strengthen Hamas?
    Wer jetzt von bösem Erwachen spricht, hat bisher tief und fest geschlafen. In Bezug auf die israelische Regierung fällt es mir sehr schwer, das zu glauben.
    Quelle: Andrea Drescher in tkp

    und: Seymour Hersh: Der Plan zur Auslöschung von Hamas
    Israels offensichtliche Missachtung des Wohlergehens der Bevölkerung des Gazastreifens inmitten der erzwungenen Migration von mehr als einer Million hungernder Menschen hat die Aufmerksamkeit der Welt auf sich gezogen und zu einer zunehmenden internationalen Verurteilung geführt, die sich größtenteils gegen Premierminister Benjamin Netanjahu richtet.
    Die nächste Etappe muss also bald kommen. In meinen Gesprächen der letzten Tage mit Vertretern Israels und anderer Länder, darunter auch mit Vertretern, mit denen ich seit dem Vietnamkrieg in Europa und im Nahen Osten zu tun hatte, habe ich Folgendes über den israelischen Plan zur Beseitigung der Hamas erfahren.
    Das Hauptproblem für die israelischen Kriegsplaner besteht darin, dass sie trotz der Mobilisierung von mehr als 300.000 Reservisten zögern, sich in Gaza-Stadt auf eine Straßenschlacht mit der Hamas einzulassen. Ein Veteran der IDF, der in einem hohen Posten diente, erzählte mir, dass die Hälfte der israelischen Armee in den letzten zehn Jahren oder mehr mit dem Schutz der zunehmenden Zahl kleiner Siedlungen im Westjordanland beschäftigt war, wo sie von der palästinensischen Bevölkerung erbittert angefeindet werden. “Die israelischen Planer haben kein Vertrauen in ihre Infanterie”, sagte der Insider, und auch nicht in deren Bereitschaft, in den Krieg zu ziehen, was ein verhängnisvoller Mangel an Kampferfahrung sein könnte.
    Da die ausgehungerte Zivilbevölkerung gezwungen ist, den Ort zu verlassen, sieht der israelische Einsatzplan vor, dass die Luftwaffe die verbleibenden Strukturen in Gaza-Stadt und anderswo im Norden zerstört. Gaza-Stadt wird es dann nicht mehr geben.
    Quelle 1: Seniora.org
    Quelle 2: Seymour Hersh

  3. Scott Ritter: Warum ich nicht mehr auf der Seite Israels stehe und es auch nie wieder tun werde
    Ein Zeitzeugen-Dokument als Pflichtlektüre für jeden, der politisch Verantwortung für den Weltfrieden übernehmen will.
    Die Tore von Gaza
    “Die Angreifer kamen im Morgengrauen und besetzten schnell die Stadt. Die Männer wurden von den Frauen getrennt und erschossen. Einer der Angreifer öffnete die Tür eines der Häuser und fand dort einen alten Mann stehen. Er erschoss ihn. Es hat ihm Spaß gemacht, ihn zu erschießen”, sagte ein Augenzeuge des Angriffs später.
    Bald war die Stadt leer – die gesamte Bevölkerung von 5.000 Menschen war entweder getötet oder vertrieben worden, die Überlebenden wurden auf Lastwagen verladen und nach Gaza gefahren. Die leeren Häuser wurden geplündert. “Wir waren sehr glücklich”, sagte einer der Teilnehmer hinterher. “Wenn du es nicht nimmst, wird es jemand anderes tun. Man hat nicht das Gefühl, dass man es zurückgeben muss. Sie würden nicht zurückkommen.”
    Es klingt wie eine Geschichte, die von den Titelseiten der heutigen Zeitungen stammt, eine von vielen Geschichten dieser Art – zu viele, um sie zu zählen –, die die Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in den israelischen Städten und Kibbuzes beschreiben, die an den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen angrenzen.
    Aber das ist sie nicht. Vielmehr handelt es sich um die Erinnerungen von Yaakov Sharett, dem Sohn von Moshe Sharett, einem der Väter Israels, einem Unterzeichner der israelischen Unabhängigkeitserklärung und Israels erstem Außenminister und zweitem Premierminister. Yaakov Sharett erzählte von der Eroberung der arabischen Stadt Bersheeba durch israelische Soldaten im Jahr 1948 während des israelischen Unabhängigkeitskrieges.
    Als junger Soldat, der 1946 in der Negev-Wüste diente, wurde Sharett zum Mukhtar – dem Chef eines von elf Soldatenteams – ernannt. Er war Teil des geheimen “11-Punkte-Plans”, mit dem jüdische Außenposten in der Negev-Wüste errichtet werden sollten, die als strategischer Stützpunkt in der Region dienen sollten, wenn der erwartete Krieg zwischen israelischen Zionisten und Arabern ausbrechen würde.
    Quelle: Scott Ritter in Seniora.org

    Anmerkung Albrecht Müller: Ich könnte Ähnliches von meiner Studienreise 1964 nach Israel mit Quartier bei unseren Freunden in Haifa berichten.

  4. Vor der humanitären Katastrophe
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ruft mit ihren Äußerungen während ihrer Israel-Reise am vergangenen Freitag scharfe Kritik in der EU hervor. Von der Leyen hatte Israels Recht auf Selbstverteidigung betont, die Pflicht zur Einhaltung des Völkerrechts bei den Operationen im Gazastreifen aber unerwähnt gelassen. Dies entspricht der öffentlichen Position Berlins, torpediert allerdings Beschlüsse der EU. Der Schritt wiegt schwer: Dass Israel den Gazastreifen von Wasser, Energie sowie Nahrung abschneidet, bricht das internationale Recht ebenso wie die Tatsache, dass seinen Bombardements zahllose Zivilpersonen zum Opfer fallen. EU-Politiker warnen, von der Leyen setze die Union im Globalen Süden wieder einmal dem Vorwurf aus, doppelte Standards anzuwenden. Dies geschieht, während der Gazakrieg auf weitere Staaten in der Region überzugreifen droht. Iran ist dabei, gegen Israel gerichtete Kräfte etwa im Libanon zu koordinieren. Israelische Geheimdienstler bedauern, einst Mord- und Sabotageoperationen auf iranischem Territorium unterstützt zu haben: Diese Taten hätten beide Länder in ihre gegenwärtige Konfrontation getrieben.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu auch: Blankoscheck für Israel, scharfe Kritik an von der Leyen – und die neue EU-Krise
    Israel und der Nahe Osten erleben dramatische Stunden. Der Hamas-Angriff und der israelische Einmarsch in Gaza fordern tausende Todesopfer, vor allem Zivilisten. Die Uno warnt vor Kriegsverbrechen und einem humanitären Desaster.
    Doch just in dem Moment, da die Krise in Gaza eskaliert und das israelische Militär die Räumung des Nordteils – also die Vertreibung von mehr als einer Million Menschen – anordnet, stellen führende EU-Politiker einen Blankoscheck für Israel aus.
    Quelle: Lost in Europe

  5. Robert Habeck zu Israel oder: Der Meister des Tunnelblicks
    Einer nach dem anderen scheinen sich die Minister der Ampelkoalition verpflichtet zu fühlen, noch ein eigenes Bekenntnis zu Israel abzulegen. Nun hat auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine getragene Rede abgeliefert, und sein PR-Termin hat das Video mit dem (rechtlich nicht existenten) Titel “Vizekanzler” geschmückt, damit es auch ja wichtig genug genommen wird.
    Es hat schon einen besonderen Geschmack, wenn Habeck seine pastorale Rede ausgerechnet mit Babi Jar als Beispiel des absoluten Schreckens bestückt. Habeck, der ebenso getragen immer die “Solidarität mit der Ukraine” beschwört, erzählt ausgerechnet, wie er das Denkmal in Babi Jar besucht hat. Vermutlich war sein Fahrzeug so gut abgedunkelt, dass er unterwegs die Straßennamen nicht sehen konnte; die Straße, die aus der Innenstadt von Kiew zu dieser Gedenkstätte führt, wurde nämlich vor einigen Jahren geschmackvollerweise nach Stepan Bandera benannt. Das ist ein klein bisschen so, als würde man eine Straße nach Auschwitz Heinrich-Himmler-Allee nennen; schließlich waren Bandera-Ukrainer die Gehilfen bei den Morden von Babi Jar.
    Aber Wahrnehmung und Emotion sind bei Habeck (und nicht nur bei ihm) etwas, das an- und abgeschaltet werden kann, wie es gerade seine Herren gebieten. Er ist ein vollendetes Produkt jener Indoktrination, die die Gräuel der Nazizeit auf Antisemitismus und Holocaust reduziert. Ein politisch äußerst nützlicher Schritt, denn gerade die zutiefst antikommunistischen Grünen hätten ein ernstes Problem damit, wenn das Wissen verbreiteter wäre, dass die ersten Opfer der Nazis – Kommunisten waren.
    Da beginnt dann die lange Liste all jener, die vergessen werden. Wie war das mit Griechen und Serben? Wie mit der französischen Résistance? Mit den Kämpfern der Internationalen Brigaden, die aus französischen Lagern an der spanischen Grenze in die deutschen KZs wanderten? Wie mit all den anderen Sowjetbürgern, die zufällig nicht jüdischer Abstammung, aber hinterher genauso ermordet waren?
    Da sind die deutschen Erfüllungsgehilfen sogar schlimmer als die Regierung der Vereinigten Staaten, die wenigstens so tut, als legte sie Wert darauf, dass beide Seiten die Genfer Konventionen achten. Habeck tut nicht einmal so.
    Quelle: Dagmar Henn in RT DE
  6. Ukrainisches Portal: Selenskyj forderte Journalisten auf, nicht über die Korruption zu schreiben
    Wie beeinflusst Kiew die journalistische Meinungsfreiheit während der russischen Aggression? Die Chefredakteurin eines ukrainischen Portals berichtet.
    Nach der Veröffentlichung einer journalistischen Recherche über überhöhte Preise für Produkte des Verteidigungsministeriums forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekannte Medien im Land privat auf, über das Thema Korruption bis zum Sieg nicht zu schreiben. Davon erzählt die Chefredakteurin des Portals ZN.UA, Yulia Mostova, auf der Konferenz „National Media Talk 2023“ in Kiew, wie das ukrainische Newsportal New Voice berichtet.
    Auf die Frage des Moderators und Chefredakteurs des Medienhauses NV, Vitaly Sych, nach dem Einfluss der ukrainischen Behörden auf die Meinungsfreiheit während der Konfrontation mit der russischen Aggression antwortete sie, dass dieser Fall „eine kleine Geschichte ist, in der sich die Welt wie in einem Wassertropfen widerspiegelt“. (…)
    Kollegen hätten Mostova von Selenskyjs Treffen mit Journalisten off-the-record, also „unter drei“, erzählt: Sie selbst sei nicht eingeladen gewesen. Das Staatsoberhaupt habe die Presse aufgefordert, nicht über Korruption zu schreiben, heißt es.
    „Und wissen Sie was? Was die Korruption betrifft, hätten wir diese Bedingungen akzeptiert, wenn der Präsident ausgeglichen vorgegangen wäre und gesagt hätte: ‚Ich möchte nicht, dass dieses Phänomen unseren Rücken zerfrisst und die Fähigkeiten unserer Front beeinträchtigt‘“. Mostova wünschte sich, Selenskyj hätte den Journalisten vorgeschlagen, ihre Recherchen über die Korruption mit Beweisen an eine Ansprechperson in seinem Amt weiterzuleiten, und wenn keine Reaktion erfolge, dann könnten sie diese auch publizieren. Nach dem Motto: Geben Sie uns die Chance, uns zu korrigieren. Stattdessen habe es von Selenskyj kein solches Angebot gegeben, erklärte die Journalistin. „Er sagte: Schweigen bis zum Sieg. Sonst wird es keinen Sieg geben“, so die Chefredakteurin von ZN.UA.
    Quelle: Berliner Zeitung
  7. Fabio De Masi: Verschwörungsökonomie, oder warum es Deutschland schlecht geht
    Unter dem Vorwand, die Inflation zu bekämpfen, nimmt die Bundesregierung eine schwere Wirtschaftskrise in Kauf. Dahinter stecken knallharte Interessen, meint unser Autor.
    Bundeskanzler Olaf Scholz hatte ein Wirtschaftswunder versprochen. Was für eine Blamage: Denn die Ampel-Koalition jagt die Wirtschaft in den Keller, um dann Maßnahmen gegen Wachstumsbremsen zu fordern. Dieser Wahnsinn hat Methode. Dabei sitzen die Wachstumsbremsen auf der Regierungsbank. Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner sind eine in Zahlen gegossene wirtschaftliche Trümmertruppe.
    So meint Finanzminister Christian Lindner, es brauche eine Bürokratie-Pause, als gäbe es Bürokratie nur in Deutschland. Wie soll zu viel Bürokratie erklären, warum Deutschland von der internationalen Wirtschaftsentwicklung abgehängt wird? Man darf schon glücklich sein, dass Lindner die verheerende wirtschaftliche Bilanz seiner Regierung nicht mit kosmischen Schwingungen erklärt. (…)
    Lindner kritisiert zwar die Abschaffung von Leistungstests bei den Bundesjugendspielen, aber würde ökonomisch schon am Binden der Turnschuhe in der Umkleidekabine scheitern. Spanien hat etwa mit gezielten Eingriffen in den Markt, wie einer Besteuerung von Extragewinnen, Preisbremsen sowie Subventionen des öffentlichen Nahverkehrs die Wirtschaft angekurbelt und die Inflation viel erfolgreicher bekämpft als Deutschland.
    Auch China, die USA und Japan nehmen staatliche Defizite in Kauf, um in Zukunftstechnologien zu investieren. Die Inflationsraten gehen dabei international zurück. Deutschland ist die einzige größere Volkswirtschaft, die nominale Staatsausgaben senkt (mit Ausnahme der wachsenden Rüstungsausgaben), und die einzige größere Volkswirtschaft, die schrumpft.
    Lindner behauptet mit seiner Verschwörungsökonomie gegen jede Evidenz, es brauche eine Absenkung der Staatsausgaben, um die Inflation zu bekämpfen. Dabei haben wir es mit einer Angebots- oder Gewinninflation zu tun, die nicht durch zu hohe Nachfrage ausgelöst wurde. Zudem stellte der Internationale Währungsfonds bereits 2009 in einer groß angelegten Länderstudie unter dem Titel „Public Debt, Money Supply and Inflation“ fest, dass für Industrienationen kein Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Inflation bestünde. Und es ist noch nicht einmal gesichert, dass eine Kürzung der Staatsausgaben die Staatsverschuldung senkt. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die negativen Effekte auf das Bruttoinlandsprodukt auch zu Erhöhung der Arbeitslosigkeit, höheren Sozialtransfers und Verringerung der Steuereinnahmen führen werden.
    Quelle: Fabio De Masi in Berliner Zeitung
  8. US-Flüssigerdgas aus Fracking ist viel schädlicher als Kohle
    LNG verursacht mehr Treibhausgase als alle anderen fossilen Energieträger, zudem schädigt es Gesundheit und Umwelt massiv.
    Die ARD-Dokumentation «LNG um jeden Preis» demontiert die Mär vom angeblich sauberen Flüssigerdgas LNG (Liquefied Natural Gas) aus den USA. Auf einer Recherchereise durch das Produktionsland bringt der Autor Michael Höft erschreckende Fakten ans Licht: Die Gewinnung von Flüssigerdgas führt zu radioaktiven Abfällen, vergifteten Flüssen und einer massiven Klimabelastung. Mit einer speziellen Kamera wird der enorme Austritt von Methan bei den Förderanlagen sichtbar. Wissenschaftler protestieren: Es wäre deutlich weniger klima- und gesundheitsschädlich, wenn man auf Kohle setzen würde, anstatt gefracktes Gas aus den USA zu importieren, die zu den grössten LNG-Exporteuren weltweit gehören. Trotzdem will die EU bis 2030 50 Milliarden Kubikmeter LNG pro Jahr zusätzlich aus den USA kaufen. Das entspricht einem Drittel der Erdgasmenge, die Europa 2020 noch aus Russland bezogen hat. (…)
    Michael Höft beginnt seine Recherche in Texas. Am Golf von Mexiko stehen die LNG-Terminals, die das Gas für die Verschiffung nach Europa auf minus 162 Grad herunterkühlen. Dieser Prozess benötige soviel Energie, dass ein Viertel der Gesamtenergie des Gases schon hier verloren gehe, schätzen Experten. Auf dem Schiff müsse dann noch weiter Gas eingesetzt werden, um das verbliebene LNG zu kühlen. Dazu kämen Gasverluste durch Lecks in der gesamten Lieferkette. «In Deutschland kommen nur noch 50 bis 70 Prozent des Gases an», kritisiert der international anerkannte Professor Robert Howarth von der Cornell University. Schon das allein sei alles andere als klimafreundlich oder nachhaltig.
    Quelle: Infosperber
  9. Gebrochenes Versprechen der Ampel
    Die Bundesregierung hat am Freitag klar den eigenen Koalitionsvertrag gebrochen. Deutschland enthielt sich bei der EU-Abstimmung über den Vorschlag der EU-Kommission, das umstrittene Pestizid Glyphosat für weitere zehn Jahre zu erlauben. Berlin stimmte also nicht mit Nein, sodass es keine ausreichende Mehrheit gegen die Zulassung gab – obwohl SPD, Grüne und FDP in ihrer Koalitionsvereinbarung versprochen hatten: „Wir nehmen Glyphosat bis 2023 vom Markt.“
    Das können sie aber nicht, wenn die EU den weltweit meistverwendeten Pestizidwirkstoff weiterhin erlaubt. Dann dürfte Deutschland auf seinem Gebiet den Einsatz nur noch etwas einschränken.
    Die Grünen – hier in Person von Bundes¬agrarminister Cem Özdemir – haben sich wieder einmal von der FDP unterbuttern lassen. Özdemir hatte sich gegen eine neue Zulassung ausgesprochen. Aber wenn sich die Regierung nicht einigen kann, muss sie sich ihrer Geschäftsordnung zufolge enthalten. Das hat Özdemir veranlasst – anders als 2017 CSU-Agrarminister Christian Schmidt, der damals gegen den Willen des Koalitionspartners SPD für Glyphosat stimmte.
    Özdemir versucht jetzt sein Gesicht zu wahren. Er erklärt, dass die Enthaltung wie ein Nein gewertet werde, weil es ja keine „qualifizierte Mehrheit“ – 55 Prozent der EU-Mitgliedstaaten, auf die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung entfallen – für die Zulassung gegeben habe. Doch: Solange auch keine qualifizierte Mehrheit dagegenstimmt, kann die EU-Kommission ihren Vorschlag im Alleingang in Kraft setzen. Das wird sie sicherlich tun, denn sonst hätte sie ihn ja nicht präsentiert.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Die FDP pocht doch immer auf den Koalitionsvertrag, wenn es z. B. um den Verzicht auf Steuererhöhungen geht – hier wie bei der Kindergrundsicherung ist der Koalitionsvertrag plötzlich wieder Altpapier. Nur mal zur Erinnerung: die Grünen haben wirklich *alle* Wahlversprechen von 2021 gebrochen. Statt “keine” nun doch Waffenlieferungen in Kriegsgebiete; statt Abrüstung und mehr Geld für die Entwicklungshilfe massive Aufrüstung und weniger Entwicklungshilfe; Reaktivierung von Kohlekraftwerken, umweltschädliches Fracking-Gas, LNG und LNG-Terminals in Umweltschutzgebieten; Kotau vor der Kopf-ab-Diktaturen von Saudi-Arabien und Knickser in Katar, weil diese Staaten zwar in Jemen Krieg gegen die Bevölkerung führen, aber Deutschland Öl und Gas liefern; statt Steuererhöhungen für Reiche und Gutverdiener das nächste milliardenteure Unternehmensteuergeschenk (“Wachstumschancengesetz”); statt mehr Sozialstaat noch mehr Sozialabbau (Bafög, Mindestlohn, Kindergrundsicherung); noch niedrigere Löhne und höhere Mieten; und nun eben kein Verbot von Glyphosat. Wer hat nach der ersten Rot-Grünen Bundesregierung unter Schröder und den ersten zwei Jahren Ampelregierung ernsthaft etwas Anderes erwartet?

  10. Rentenmodell Österreich: Warum wir die für 2024 geplante “Aktienrente” nicht brauchen
    Auch im zweiten Teil der Konferenz “Unsere Rente – Kein Spielball für BlackRock und Co. Menschenwürdige Renten für alle – wie in Österreich!”, die am Samstag im Kiezraum Berlin stattfand, wurden Strategien einer neoliberalen Rentenpolitik und entsprechende Gegenargumente vorgetragen.
    Dabei erläuterte der Publizist Dr. Werner Rügemer von der Initiative BlackRock-Tribunal die Hauptlügen der Lobbyisten für die Rentenprivatisierung. Zudem legte der ehemalige Leiter der Abteilung Sozialpolitik der Arbeiterkammer Wien, Josef Wöss, am Beispiel Österreich dar, dass eine gesetzliche Rente finanzierbar und sicherer ist. Am Ende der Veranstaltung wurden Lösungsansätze für eine Rentenreform und Aktionsformen in Deutschland diskutiert. (…)
    “Es gibt kein Demografie-Problem” in Deutschland, stellt Rügemer von der Initiative BlackRockTribunal gleich zu Beginn seines Referats klar. Denn im Gegensatz zu den offiziellen Verlautbarungen hätten wir mit 42 Millionen Arbeitnehmern hierzulande aktuell eine Höchstzahl an Beschäftigten. Die Mär von immer mehr Rentnern im Verhältnis zu sinkenden Beschäftigtenzahlen entspreche nicht der Realität.
    Tatsächlich resultiere das Armutsrentenniveau aus der stetig steigenden Zahl der Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Das betreffe insbesondere die Frauen, von denen ein immer größer werdender Anteil unterhalb der Armutsgrenze leben müsse. Diese offensichtliche, ökonomische Gewalt gegenüber Frauen werde so gut wie nicht thematisiert. Darüber schweige sich insbesondere das ganze “Gendergerechtigkeits-Protestmilieu” aus, welches Rügemer als “kapitalfromm” bezeichnete.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Auch die NachDenkSeiten plädieren seit langer Zeit für die Stärkung der gesetzlichen Rente in Deutschland und lehnen private Renten wie eine “Aktienrente” entschieden ab. Zum Beispiel in diesem Beitrag von Albrecht Müller aus dem Jahr 2012 kann das nachgelesen werden: Die Förderung der privaten Altersvorsorge war schon immer eine von politischer Korruption bewirkte Fehlentscheidung. Jetzt alle Mittel auf gesetzliche Rente konzentrieren. Bitte lesen Sie dazu u.a. auch Operation Aktienrente: „Christian Lindner will mehr!“ und Lindners Aktienrente ist da – ein Taschenspielertrick ohne Sinn und Verstand.

  11. Recht auf Wohnungstausch: Voraussichtlich keine Mehrheit im Bundestag
    Ein Recht auf Wohnungstausch bei garantiert gleichen Mieten – das will die Linkspartei in Deutschland durchsetzen. Doch ihr Vorschlag findet keine Mehrheit. Dabei ist in Österreich der Wohnungstausch seit 1982 gesetzlich geregelt und wird von Mietern auch genutzt.
    Die Politik diskutiert gerade das Modell des Wohnungstausches. Dabei sollen vor allem ältere Menschen, deren Wohnung nach dem Tod des Ehepartners zu groß geworden ist, mit Familien tauschen, deren Wohnung zu klein ist. Der Tausch erfolgt in der gleichen Stadt oder sogar im gleichen Viertel. (…)
    43 Millionen Wohnungen gibt es in Deutschland. Sechs Prozent gelten als groß, haben also mindestens drei Wohnräume mehr als Bewohner. Das sind etwa zwei Millionen Wohnungen, die potentiell getauscht werden könnten. Die Linkspartei sieht hier zumindest eine Chance für Familien in Großstädten, die derzeit einfach keine bezahlbare Wohnung finden. Mehrere dieser Tausch-Plattformen gibt es bereits. Eine der größten heißt “tauschwohnung.com”. Geschäftsführer John Weinert erklärt das Prinzip dahinter: “Ob es die WG ist, die sich auflöst, oder die Partnerschaft, die jetzt ohne Kinder dasteht, oder die ältere Seniorin, die nach dem Tod des Mannes in einer zu großen Wohnung lebt – unser Wunsch ist es, Jung und Alt miteinander im Tausch zu verbinden, weil wir das auch erleben, dass gerade die älteren Leute in den großen Wohnungen sind und die jungen Familien in den zu kleinen Wohnungen.” (…)
    Die Idee ist nicht neu: Schon zu DDR-Zeiten war der Wohnungstausch nicht nur gesetzlich festgeschrieben, sondern auch gelebte Realität. Noch in den 1980er-Jahren wohnten vor allem junge Familien extrem beengt. Um ältere Menschen zu einem Wohnungstausch zu bewegen, gingen damals Beauftragte der Städte und Gemeinden direkt zu den Senioren nach Hause, um diese zum Tausch zu bewegen. Mehrere hundert Wohnungen wurden so im Jahr in ostdeutschen Städten getauscht.
    Quelle: mdr
  12. „In hohem Maße besorgniserregend“: Jeder dritte Neuntklässler scheitert an Deutsch-Mindeststandards
    Die Deutsch-Leistungen von Neuntklässlern haben sich einer Studie zufolge bedenklich verschlechtert. Etwa jeder Dritte scheiterte im vergangenen Jahr bei deutschlandweiten Tests an Mindeststandards für den mittleren Schulabschluss (MSA) im Bereich Lese- und Hörverständnis, mehr als jeder Fünfte verfehlte diese im Bereich Rechtschreibung. Das geht aus dem IQB-Bildungstrend hervor, der am Freitag zum Abschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin vorgelegt wurde.
    In der Studie wird einschränkend darauf hingewiesen, dass die getesteten Neuntklässler noch ein Jahr Zeit haben, um die MSA-Standards zu erreichen. Der mittlere Schulabschluss wird in der Regel am Ende der zehnten Klasse erworben. Dennoch stieg im Vergleich zur Vorgängeruntersuchung im Jahr 2015 der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit entsprechend großen Problemen im Bereich Lesen und Rechtschreibung jeweils um rund 9 Prozentpunkte, im Bereich Zuhören/Hörverständnis sogar um 16 Prozentpunkte. Einziger Lichtblick: Im Fach Englisch werden Jugendliche laut der Untersuchung besser.
    Die Ergebnisse bestätigen einen schon länger anhaltenden und viel diskutierten Trend: Mit den Leistungen in Kernfächern geht es bergab. Im vergangenen Jahr zeigten das die schlechten Testergebnisse bei Viertklässlern in Mathe- und Deutsch. Nun wird bei den Neuntklässlern deutlich, dass sie zunehmend Probleme mit Textverständnis und Schrift haben.
    Die Studienautoren vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) nennen die Entwicklung «in hohem Maße besorgniserregend». Allerdings stellt die Studie auch erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern fest. Bayern und Sachsen schneiden demnach besser ab, Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen schwächer.
    Quelle: News4Teachers

    Anmerkung Christian Reimann: Ob die fortschreitende Digitalisierung von Schulen diesen Prozess stoppen und umkehren kann, ist sehr fraglich. Aber die Bundesländer pochen auf versprochenes Geld für Schulen (mit einer Anmerkung) ohne die didaktischen/pädagogischen Konsequenzen insbesondere für die Schüler zu hinterfragen. Bitte lesen Sie dazu u.a. auch bzw. erneut

    1. Die Digitalisierung ist ein Experiment an unseren Kindern
    2. Der gemeinsame Nenner von etablierten Medien und Politik: Gedankenlosigkeit. Sichtbar bei der Digitalisierung in den Schulen.
  13. Erschreckende Erkenntnis in Berlin: Azubis müssen im Auto wohnen
    In Berlin liegt die Ausbildungsquote weit unter dem Bundesdurchschnitt. Das darf nicht so bleiben, finden Senat, Wirtschaft und Gewerkschaften. Nur über den Weg dorthin herrscht Uneinigkeit. Seit einigen Wochen ist ein Streit über die Ausbildungsplatzumlage entbrannt, die noch der rot-grün-rote-Senat auf den Weg gebracht hatte. Die Idee: Wer ausbildet, bekommt die anfallenden Kosten erstattet, und wer sich weigert, beteiligt sich an den Ausgaben der anderen Unternehmen. (…)
    Ein funktionierendes Vorbild existiert im Berliner Baugewerbe. In der Branche wurde die Ausbildungsumlage bereits 1976 in Berlin eingeführt. In diesem Jahr wurden im Berliner Baugewerbe rund 300 neue betriebliche Ausbildungsverträge abgeschlossen, erklärte Katarzyna Urbanczyk, Geschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau, am Donnerstag im Rahmen eines Pressegesprächs. Allerdings hätten Unternehmen in der Branche Probleme, ausreichend Bewerber zu finden. Derzeit seien im Baugewerbe in Berlin noch 140 Lehrstellen unbesetzt.
    Und das kommt nicht von ungefähr. Denn die Lage für die Auszubildenden ist hart. „Ein Großteil der Menschen, die in Berlin eine Ausbildung aufnehmen, kommen von außerhalb“, sagte der DGB-Bezirksjugendsekretär Jim Frindert der Berliner Zeitung. Dass die Auszubildenden in Berlin keine Wohnung finden, sei ein großes Problem. „Nach vier Wochen, die sie im Auto leben mussten, wird ihnen klar, dass es so nicht weitergehen kann.“
    Ein großer Schritt wäre der Aufbau eines Auszubildendenwerkes nach dem Vorbild des Studierendenwerkes, das in diesem Jahr in Berlin 100-jähriges Bestehen feiert, sagte Frindert. Dann könnten die finanziellen, kulturellen und sozialen Interessen von Auszubildenden angemessen vertreten werden. Den Vorschlag hat bereits die Berliner Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) ins Spiel gebracht.
    Quelle: Berliner Zeitung
  14. Nutzen und Risiken einer umstrittenen Forschungsmethode
    Lassen sich Pandemien verhindern, indem der Mensch die Evolution des Virus vorwegnimmt – im Biosicherheitslabor? Seit Corona wird verstärkt diskutiert, ob diese Forschung uns schützen kann – oder ob sie nicht eher die Gefahr einer Pandemie erhöht. (…)
    Die Corona-Pandemie hat die Debatte um die Gain-of-function-Forschung wieder neu beflügelt. Einige Kritiker fordern eine Ächtung. Zu ihnen gehört auch Günter Theißen, Genetiker an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Das Risiko sei zu groß, argumentiert er, dass ein scharfgestelltes Virus aus dem Labor entkommt.
    Theißen weist darauf hin, „wie gefährlich es eigentlich ist, wenn man Viren, die ohnehin schon pathogen für den Menschen sind, aus Forschungszwecken noch gefährlicher macht“. Ein weiterer Kritikpunkt Theißens: Es sei „unklar, ob man mit diesen Experimenten überhaupt die Dinge erwischen würde, die in der Natur irgendwann einmal auftreten“.
    Kritiker sehen auch die Gefahr, dass die Ergebnisse der Forschung missbraucht werden. So könnten sich zum Beispiel Bioterroristen die Resultate und Methoden zu Nutze machen, die von Forschern in Fachmagazinen veröffentlicht werden. (…)
    Es ist das Dilemma der Gain-of-function-Forschung: Ohne sie sind wir blind für die Gefahr einer Pandemie. Mit ihr jedoch erhöhen wir das Risiko, dass sie ausbricht. (…)
    In Deutschland gibt es jede Menge Gesetze und Vorschriften für Experimente mit Viren und Bakterien. Zusätzlich haben die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Leopoldina ein eigenes Gremium ins Leben gerufen: den Gemeinsamen Ausschuss zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung.
    Außerdem wurden sogenannte Kommissionen für Ethik in der Forschung (KEF) eingerichtet. Mittlerweile gibt es KEFs an fast jeder Universität in Deutschland. Sie dienen als Anlaufstelle für Forschende, die ein möglicherweise riskantes Projekt planen und sich nicht sicher sind, ob man es aus ethischen Gründen durchführen oder lieber lassen soll.
    In Europa wird ein Verbot der Gain-of-function-Forschung nur von einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern gefordert. In den USA schwankt die gesellschaftliche Haltung zu den scharfgestellten Viren seit jeher. Im Moment, nach der Pandemie, deuten die Zeichen wieder auf ein restriktives Vorgehen. So sind laut dem Global BioLabs Report zahlreiche Labore der höchsten Sicherheitsstufe in Planung.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Christian Reimann: Zu den Kritikern der Gain-of-function-Forschung in Deutschland gehört Prof. Wiesendanger. Bitte lesen/sehen Sie dazu z.B. auch Wir hätten die Pandemie verhindern können und Geheimdienst bestätigt! C-Virus stammt gesichert aus Wuhan Labor! Interview mit Prof. Wiesendanger mit einer Anmerkung. Interessant dazu sind u.a. auch die Hinweise Das Corona-Laborvirus: Die unbequeme Wahrheit kommt ans Licht und US-Corona-Papst Fauci und die Lizenzzahlungen der Pharmaunternehmen jeweils mit Anmerkungen, in denen weiterführende Links enthalten sind.

  15. Uganda: Deutscher Gourmet-Kaffee aus Afrika hat einen fatalen Beigeschmack
    Weltmarktproduktion ist seit der Kolonialzeit mit Menschenrechtsverletzungen verbunden. Was früher als normal erachtet wurde, wird aktuell mit den Debatten um Unternehmensverantwortung und Lieferkettengesetz leicht zum Imageschaden. Umso erstaunlicher ist es, wie die in Hamburg beheimatete Neumann Kaffee Gruppe mit der Historie ihrer Kaweri-Kaffeeplantage in Uganda umgeht. Diese konnte nur durch eine brutale Vertreibung der dortigen Siedler und Landraub vor mehr als 20 Jahren entstehen. Doch der weltweit führende Rohkaffeedienstleister meint, er könne das Problem aussitzen. (…)
    „Ich bin im September in Hamburg gewesen, die Evangelische Akademie hatte Neumann vorab um ein Gespräch gebeten, aber das Unternehmen reagierte nicht einmal“, so Peter Kayiira. Der ehemalige Schulleiter in Mubende, etwa 200 Kilometer westlich der Hauptstadt Kampala gelegen, ist ein Sprecher der Vertriebenen. „Tatsächlich waren Leute von Neumann schon zu Jahresbeginn 2001 in Mubende. Sie haben sich Kaffeepflanzen angeschaut, Bodenproben genommen und waren überrascht, wie hoch unsere Erträge ohne Chemieeinsatz waren“, erinnert sich Kayiira. „Damals waren wir uns noch nicht darüber im Klaren, was es mit diesem Unternehmen auf sich hat, aber wir haben das Logo auf den Autos gesehen und später wiedererkannt.“
    Die Neumann Gruppe wusste also nicht nur, dass es eine ideale Gegend für den Kaffeeanbau, sondern auch eine besiedelte Region war, als sie dann einen Pachtvertrag über 99 Jahre für die gut 2.500 Hektar mit der ugandischen Regierung abschloss. Der Rest erschien irrelevant. Im August 2001 kam das Militär, räumte das Land, zerstörte Häuser und Ernten, ohne dass die Anwohner wenigstens ihr Eigentum hätten retten können. Bis heute haben die betroffenen Familien – es sind gut 400 – keine Entschädigung erhalten, bis heute klagen sie vor Gericht gegen Neumann und die ugandische Regierung. „Es ist ein Skandal, dass die Vertriebenen bislang keinerlei Wiedergutmachung erhalten haben“, empört sich Gertrud Falk von der internationalen Menschenrechtsorganisation FIAN, die den Fall von Anfang an begleitet hat. „Dass sich ein Gerichtsverfahren über 20 Jahre hinzieht, haben wir noch nie erlebt.“
    Quelle: der Freitag

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