Die Spiegel-Geschichte zur Rede von Gustav Heinemann und Thomas Dehler

Die Spiegel-Geschichte zur Rede von Gustav Heinemann und Thomas Dehler

Die Spiegel-Geschichte zur Rede von Gustav Heinemann und Thomas Dehler

Albrecht Müller
Ein Artikel von: Albrecht Müller

Vor einer Woche haben die NachDenkSeiten als altes, interessantes Dokument eine allgemein und historisch interessante Rede des späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann präsentiert. Heute ergänzen wir diese Rede um den damaligen Spiegel-Bericht zur Rede Heinemanns und zur Rede des FDP Politikers Thomas Dehler: Reden in der Nacht 04.02.1958, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 6/1958 Reden in der Nacht – DER SPIEGEL. Es folgen ein paar Auszüge. Albrecht Müller.

Auszüge aus Spiegel 6/1958:

„Der Bundesinnenminister Dr. Gerhard Schröder ist gegenwärtig dabei, zu prüfen, ob nicht auch mit juristischen Mitteln gegen die »arge Schlappe« – so die Schweizer »Tat« – angegangen werden kann, die der Kanzler Konrad Adenauer und seine CDU in der vorletzten Woche im Bundestag erlitten haben.

Zwei Minister des ersten Kabinetts Adenauer hatten vor dem Parlament und den Rundfunkmikrophonen wider des Kanzlers Politik gezeugt. Sie berichteten aus Kabinettssitzungen, wie der Bundeskanzler seine Minister brüskiert und wie er die deutsche Spaltung zementiert habe. Keiner der Koalitionsredner hatte überzeugende Gegenargumente parat. …

Entscheidend für den prüfenden Innenminister Schröder ist nun also, ob Konrad Adenauer von seinen ehemaligen Ministern Thomas Dehler und Gustav Heinemann verleumderisch beleidigt wurde, oder ob beide die nackte Wahrheit sprachen, als sie Konrad Adenauers Weg durch die Nachkriegspolitik ableuchteten. …

Die beschauliche parlamentarische Idylle, in der die Routiniers des Parlaments ihre vertrauten Meinungen herunterdroschen wie Skatspieler ihre Kartenblätter, fand ein jähes Ende, als Thomas Dehler, des Kanzlers Erzfeind und Sturmbock der FDP, hinter das Rednerpult kletterte. …

Nein, nein, so geht es nicht weiter. Seit 1950 immer dieselben Geschichten, dieselben Personen. Man kann sich ja wirklich beinahe gegenseitig nicht mehr hören. Man weiß, dann kommt der Herr Strauß und so weiter, und so weiter. Ja, meine Damen und Herren, glauben Sie, dadurch, daß wir fortgesetzt an den entscheidenden Dingen vorbeireden, machen wir in diesem Hause Politik?«

Nach diesem bemerkenswerten Selbstzeugnis parlamentarischer Verdrossenheit machte sich Dehler ungeniert daran, vor dem Hohen Hause auszubreiten, was seiner Meinung nach zu den »entscheidenden Dingen« in der Politik gehört und was alles in allem den Schluß aufzwingen sollte, Konrad Adenauer habe an den historischen Kreuzpunkten der deutschen Nachkriegsgeschichte – vorsätzlich oder fahrlässig – den falschen, von der Einheit des Vaterlandes wegführenden Pfad gewählt.“

Usw. usw. – ein wirklich spannender Bericht des Spiegel über bewusst verpasste Chancen der westdeutschen Politik, sich Anfang der Fünfzigerjahre und nicht erst 1990 „einig“ zu werden.

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