Der ehemalige UN-Diplomat und beigeordnete Generalsekretär Hans-Christof von Sponeck sprach mit den NachDenkSeiten über die erschütternden Vorgänge in Gaza, persönliche Beziehungen zu Palästinensern, deutsche Waffenlieferungen und internationale Reaktionen auf den Krieg. Das Gespräch führte Karin Leukefeld.
Zur Person: Hans-Christof von Sponeck, geboren 1939, studierte in Deutschland und den USA Geschichte, Demographie und Kulturanthropologie. Nach einer Tätigkeit für die Deutsche Stiftung für Internationale Zusammenarbeit begann er 1968 eine Diplomatenkarriere bei den Vereinten Nationen. Seine Einsatzländer waren unter anderem Ghana, Pakistan, Türkei, Botswana und Indien. 1998 trat er als Koordinator für humanitäre Fragen seinen Dienst in der irakischen Hauptstadt Bagdad an. Aus Protest gegen die Sanktionspolitik des UN-Sicherheitsrates reichte von Sponeck im Februar 2000 seinen Rücktritt ein. Er hatte zuletzt den Rang eines beigeordneten UN-Generalsekretärs. In den Folgejahren versuchte er mehrfach, die Öffentlichkeit über die prekäre humanitäre Lage im Irak aufzuklären. Hierzu veröffentlichte er mehrere Bücher. Seit 2006 ist von Sponeck Lehrbeauftragter am Zentrum für Konfliktforschung der Universität Marburg. Hans-Christof von Sponeck wurde mit mehreren Friedenspreisen ausgezeichnet.
Wenn Sie nach Gaza blicken und die erschütternden Bilder sehen, die schutzlosen Menschen dort, wie geht es Ihnen als langjähriger und sehr aktiver UN-Diplomat? Welche Gedanken und Gefühle bewegen Sie?
Die Bilder aus Gaza sind Bilder des Grauens, die täglich wie am Fließband im deutschen Fernsehen der Öffentlichkeit präsentiert werden. Gaza ist integraler Teil der deutschen Nachrichten geworden. Es geht um die Zukunft der Großen Koalition, es geht um steigende Lebenshaltungskosten, irgendwo zwischen den Nachrichten wird Gaza erwähnt, ohne weitere Erläuterungen. Weiter geht es mit Fußball und zum Schluss der Wetterbericht.
Es gelingt mir nicht, mein Entsetzen in Worte zu fassen. Es gelingt mir nicht, zu verstehen, wie es möglich sein kann, dass die Regierung Israels, eines Volkes, das selbst so gelitten hat, zum größten Schlächter des Augenblicks geworden ist. Es gelingt mir nicht, zu begreifen, warum die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen es nicht als ihre moralische Verpflichtung ansehen, diesem größten Völkerrechtsbruch des bisherigen 21. Jahrhunderts mit den Mitteln, die sie haben, ein Ende zu setzen.
Haben Sie persönliche Erinnerungen an die Palästinenser in Gaza und/oder in Jerusalem, im besetzten Westjordanland?
Israel war keine zehn Jahre alt, als ich 1957 als siebzehnjähriger Schüler mit einem Reisestudienstipendium allein dorthin reiste und in Ein Gev und Ein Gedi, zwei Kibbutzim, mitgeholfen habe. Von Palästina habe ich damals nichts gewusst.
Die Jahre in den Vereinten Nationen haben mir ermöglicht, mich mit dem palästinisch-israelischen Konflikt zu befassen und die schwelende Ungerechtigkeit für Palästinenser zu verstehen. 2009 bekam ich durch UNRWA, die UN-Hilfsorganisation für die Palästinenser, die Gelegenheit, das Leben einer jungen Palästinenserin, Sanaa Shabayeck, kennenzulernen. Sie lebte in Gaza Stadt und war 15 Jahre alt. Sie musste sich um ihre vier Geschwister kümmern. Ihr Vater war im Gefängnis, wegen Drogen. Sanaa hatte in ihrem jungen Leben viel durchgemacht und gegenüber ihren Klassenkameraden entwickelte sie ein aggressives Verhalten. Ihr großes Talent war, zu malen, und die Lehrer wollten sie dabei unterstützen. Sie erlaubten ihr, die Wände des Klassenzimmers zu bemalen, und nach und nach half ihr das, eine innere Ruhe zu finden. Sie wurde eine junge Künstlerin mit einem traurigen Gesicht.
Im Sommer des Jahres war ich zu einem Vortrag in der Schweiz eingeladen und erzählte von der jungen Künstlerin in Gaza. Die spontane Reaktion der Schüler war, dass sie helfen wollten. In den darauffolgenden Wochen haben sie Autos gewaschen und haben 1.000 Schweizer Franken damit gesammelt. Die Schüler waren stolz. Von dem Geld wurden Malutensilien und ein Tablet-PC gekauft und für Sanaa ging ein Traum in Erfüllung. Ohne die Lehrer und so menschlichen Mitarbeiter von UNRWA wäre das nicht möglich gewesen.
Ja, angesichts der katastrophalen Situation in Gaza habe ich mich erinnert und – nach sechzehn Jahren – versucht, Sanaa zu finden. Vielleicht könnte ich helfen, ihr Mut machen? Die UNRWA reagierte, wie ich befürchtet hatte. Bei der gegenwärtigen Lage, der großen Unsicherheit und dem andauernden Völkermord sei es unmöglich, Sanaa zu finden. Ich will dennoch weiter versuchen, etwas über Sanaa und auch über ihre Lehrerin Soha Shaat in Erfahrung zu bringen. Ob sie noch leben oder ob sie Opfer von Mördern geworden sind – wer weiß.
Die internationale Öffentlichkeit reagiert gegenüber dem Krieg in Gaza sehr unterschiedlich. Die westlichen Regierungen um die USA, die eng mit Israel verbündet sind, betonen das Recht auf Selbstverteidigung. Sie unterstützen Israel politisch, finanziell und militärisch. Die Länder des „globalen Südens“ gruppieren sich um Südafrika, das vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine Klage gegen Israel wegen des Verdachts auf Völkermord an den Palästinensern eingereicht hat. Die Jugend der Welt an den Universitäten und außerhalb organisieren sich in vielen Gruppen und fordern die Rechte der Palästinenser ein und „Freiheit für Palästina“. Wo stehen die Vereinten Nationen in dieser Welt angesichts des Grauens, das dort geschieht?
Die Vereinten Nationen – und alle Mitgliedsstaaten – sind an das Internationale Recht gebunden und das erlaubt in Artikel 51 der UNO-Charta jedem Land das Recht der Verteidigung. Am 7. Oktober 2023 wurde Israel angegriffen und hatte das Recht, sich zu verteidigen. Aber Israel hatte nicht das Recht, militärisch so vorzugehen, dass bestehendes Kriegsrecht auf die brutalste Weise verletzt und die Genfer Konventionen zum Schutz der Bevölkerung ausnahmslos ignoriert werden. Wenn also die US-Administration oder andere NATO-Staaten Israel unterstützen, folgt diese Entscheidung deren (politischem) Willen, Macht auszuüben, sie folgt nicht dem Recht.
Nach 23 Monaten des Blutbads, das Israel der palästinensischen Bevölkerung antut, sind der Welt drei Tatsachen klargeworden: Der israelischen Regierung ist die Zerschlagung der Hamas wichtiger als das Leben der einfachen palästinensischen Bürger; den Freunden Israels ist die Unterstützung mit Waffen wichtiger als die Einhaltung internationalen Rechts; multinationale Organisationen, insbesondere die Vereinten Nationen, haben sich als unfähig erwiesen, einen wirkungsvollen Beitrag für die Beendigung dieses asymmetrischen Konflikts zu liefern.
Und wie sieht es mit Deutschland, mit der Bundesregierung aus?
Trotz aller Versuche des gegenwärtigen Bundeskanzlers zu betonen, die Bundesregierung stehe an der Seite des internationalen Rechts, ist bei genauem Hinsehen und bei allem, was wir wissen, das Gegenteil der Fall. Deutschland hat weiter Waffen an Israel geliefert, warum? Ist die Behauptung, die Bundesregierung mache sich mitschuldig, falsch?
Nun sagt der Kanzler, Deutschland setze die Lieferung der Waffen an Israel aus, die in Gaza eingesetzt werden könnten. Aber es ist ja davon auszugehen, dass deutsche Waffen und Waffensysteme auch bei den israelischen Angriffen im Westjordanland, gegen Libanon, Syrien, Jemen und nicht zuletzt Iran zum Einsatz kommen.
Obwohl schon Ende des Jahres 2023 immer mehr Regierungen die Politik des Völkermords der Regierung Netanyahu deutlich verurteilten, teilte die Regierung Scholz dem Internationalen Gerichtshof mit, Deutschland werde Israel als Drittpartei in dem Gerichtsverfahren Südafrika gegen Israel wegen Völkermord beistehen. Der damalige Regierungssprecher Hebestreit meinte, der Vorwurf des Völkermords „entbehrt jeder Grundlage.“ Heute sprechen selbst israelische Organisationen wie B’Tselem und die Physicians for Human Rights davon, dass im Gazastreifen „koordinierte Angriffe stattfinden, mit dem Ziel, eine ganze Gruppe zu zerstören“, und dass dort ‚„ein Genozid passiert“.
Die Bundesregierung schweigt dazu, warum? Warum hat sie geschwiegen, als Ende Juli das mit Babymilch und anderen humanitären Gütern beladene Schiff ‚Handala‘ der internationalen Friedensorganisation Gaza Flottille von der israelischen Marine in internationalem Gewässer aufgebracht wurde? Die Außenminister von 28 Nationen, die meisten aus der EU, haben eine Resolution unterzeichnet, die das sofortige Ende des Krieges im Gazastreifen fordert. Warum gehört Deutschland nicht zu den Unterzeichnern? Die peinliche Erklärung von Regierungssprecher Kornelius lautete: „Kanzler Merz und Außenminister Wadephul haben die gleichen Forderungen an Israel in ihren Statements erhoben“, das genüge. Hinzu kommt die irrelevante Aussage von Außenminister Wadephul: „Niemand kann von uns verlangen, dass wir Israel im Stich lassen, das von Iran, von Huthis, Hisbollah und Hamas bedroht ist.“ Die deutsche Außenpolitik ist schwach und beschämend geworden.
Kanzler Merz hat am Rande des G7-Gipfels in Alberta am 17. Juni gesagt: „Israel macht im Iran für uns die Drecksarbeit.“ Das ist schamlos. Wie ist es möglich, dass ein Sprecher des Auswärtigen Amts in einer Stellungnahme zu dem israelischen Mord von sechs Journalisten am 12. August in Gaza sagt: „Wenn es dazu kommt, wie es jetzt passiert ist, dann liegt es an der Partei, die eine solche Tötung unternimmt, klar darzulegen, warum dies notwendig war.“? Hat unsere politische Führung ihren menschenrechtlichen Kompass vollkommen verloren?! Hat sie Ethik und Moral vergessen, die Teil des menschlichen Wesens ist und bleiben muss?
Sind die Vereinten Nationen nicht auch Teil des Problems? Immerhin haben sie 1947 das, was nach diversen Teilungen übrig geblieben war von Palästina, aufgeteilt in zwei Staaten. Diese Teilung haben die Palästinenser und die arabischen Länder schon auf der Pariser Friedenskonferenz (1920) und gegenüber dem britischen Mandat abgelehnt.
Das ist eine sehr weitgehende Frage, ich möchte auf die aktuelle Situation der UNO und ihr Handeln eingehen. Generalsekretär Guterres und die Sonderorganisationen der UNO – UNICEF, das Welternährungsprogramm, die WHO und UNRWA, das Hilfswerk der UNO für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten – sie tun alles, was sie können, um humanitäre Hilfe für die Menschen in Gaza zu leisten. Sie drängen den Sicherheitsrat, Entscheidungen für Palästina zu treffen, die seinem Charta-Mandat entsprechen. Die Mitarbeiter vor Ort arbeiten Tag für Tag mit Mut und Hingabe. Sie sind Zeugen der absichtlichen Vernichtung der Bewohner Gazas durch das israelische Militär. Mehr als 200 UNO-Mitarbeiter haben in Gaza durch israelische Angriffe ihr Leben verloren. Guterres wurde von Israels Regierung zur unerwünschten Person erklärt, persona non grata, weil er am 25. Oktober 2023 im Sicherheitsrat erklärt hatte: „Es ist wichtig zu erkennen, dass die Angriffe der Hamas nicht im luftleeren Raum stattfinden!“ Das war eine absolut korrekte und mutige Aussage des Generalsekretärs, die von vielen Regierungen unterstützt worden ist, im Sicherheitsrat aber nicht weiter diskutiert wurde. Guterres wies ja damit auf die Vorgeschichte hin – die Abriegelung des Gazastreifens seit 2007, die Besiedlung des Westjordanlandes und so vieles mehr.
Konkret gibt es – neben Sanktionen gemäß Kapitel VII der UN-Charta – auch die Forderung nach einer „Multinationalen Schutztruppe der Vereinten Nationen“, die Gaza – gegen die Angriffe Israels – schützen und die humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau absichern müsse. Das fordern Aktivisten und sie beziehen sich dabei auf die UNGA-Resolution 477 A(V) aus dem Jahr 1956, als sich der Sicherheitsrat angesichts der Suez-Krise nicht einigen konnte. Wäre das eine reale Möglichkeit, die Palästinenser zu schützen?
Der Sicherheitsrat müßte darüber entscheiden, aber er bleibt weiterhin das Opfer der politischen Struktur der Vereinten Nationen. Die erlaubt es, durch das Veto eines ständigen Mitglieds – das sind China, Frankreich, Großbritannien, Russische Föderation und die Vereinigten Staaten von Amerika – notwendige friedensbildende Maßnahmen zu verhindern. Dies wird zum Beispiel erneut der Fall sein, wenn der gerade gemachte Vorschlag Frankreichs, Blauhelme nach Gaza zu entsenden, im Sicherheitsrat diskutiert wird. Die USA werden diesem Vorschlag nicht zustimmen. Der saudi-französischen Initiative für eine Zwei-Staaten-Lösung wird es ähnlich ergehen. Die USA wird weiterhin, oft als einziges Land, mit ihrem Veto dem Krieg und nicht dem Frieden dienen. Sie halten so gut wie immer ihre schützende Hand über Israel.
Über die Debatten und Aussagen im UN-Sicherheitsrat wird ja selten ausführlich in deutschen Medien informiert. Bitte nennen Sie doch ein Beispiel, wie die USA sich dort in Sachen Gaza verhält.
Die USA verbreiten Falschaussagen, wie wir es beispielsweise von der US-amerikanischen UN-Botschafterin Shea am 10. August 2025 im Sicherheitsrat hörten. Sie wollte dort glaubhaft machen, dass „Israel zahlreiche Maßnahmen“ getroffen habe, „um Schaden für die Zivilbevölkerung zu begrenzen und humanitäre Hilfe zu gewähren“. Alle Augenzeugenberichte sprechen dagegen. Der israelische UNO-Botschafter Danny Danon erklärte im Sicherheitsrat, dass es in Gaza keine Hungersnot gäbe, es sei Propaganda der Hamas. Aber das ist nichts anderes als eine grobe Lüge einer unverantwortlichen Regierung. Die entsetzlichen Bilder des Grauens, der Verzweiflung, des Hungers und der unbegrenzten Brutalität in Gaza bleiben die einzigen aufrichtigen Zeugen dieses unfassbaren, unleugbaren und größten Verbrechens im 21. Jahrhundert, das Israel gegen die Palästinenser verübt. Israel ist keine Demokratie, es ist eher eine Ethnokratie, die sich nur ihrer eigenen Bevölkerungsgruppe gegenüber verpflichtet fühlt.
Die UN-Vollversammlung hat mit großer Mehrheit Israels Besatzung für illegal erklärt und die israelische Regierung aufgefordert, sich aus allen besetzten Gebieten zurückzuziehen. Die Vollversammlung fordert auch einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza. Nun kann die Vollversammlung nicht entscheiden und der Sicherheitsrat ist durch das Veto blockiert. Was tun?
Der sogenannte UN Pact for the Future, der mit großer Mehrheit im September 2024 von der Generalversammlung verabschiedet worden war, soll zu einer umfassenden Reform aller UN-Abteilungen führen, mit besonderer Dringlichkeit soll der Sicherheitsrat reformiert werden.
Danach soll das Veto-Recht neu ausgelegt werden und es soll eine „geographische Anpassung“ vorgenommen werden. Afrika und Lateinamerika haben gegenwärtig keinen permanenten Sitz und Asien, mit über 50 Prozent der Weltbevölkerung, ist mit nur einem Sitz (China) unterrepräsentiert. Die angestrebten Reformen sollen es in Zukunft unmöglich machen, dass ein einzelner Staat, wie im Fall Gaza die USA, zum Mittäter von Völkerrechtsbruch und Menschenrechtsverbrechen wird und obendrein unbestraft bleibt.
Sie haben kürzlich zusammen mit Richard Falk – dem langjährigen UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten – ein Buch über die Vereinten Nationen veröffentlicht: Realism with Hope – Liberating the United Nations.
Was muss sich ändern, damit die UN ihrem Auftrag, wie er in der UN-Charta aufgeschrieben ist, gerecht werden kann?
Die Vereinten Nationen sind nie zu der Demokratie geworden, wie sie in der UNO-Charta dargestellt ist. Achtzig Jahre UNO haben eine UNO geschaffen, die auf den Westen ausgerichtet ist, die von westlichen Interessen dominiert wird. Kriege und Krisen konnten nur selten mit friedlichen Maßnahmen gelöst werden, zu oft hat die UNO politisch versagt. Der lange Reformkatalog des UN-Zukunftspaktes wird nur dann zu einer relevanten und effektiven Organisation führen, wenn Großmächte bereit sind, sich kompromissbereit zugunsten eines globalen Wohlergehens zu zeigen, sich für Menschenrechte und für sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt für alle Menschen einzusetzen. Anders gesagt, die Großmächte müssen ihre Dominanz und ihre nationalen Interessen zugunsten der Weltgemeinschaft zurückstellen.
Darauf deutet aktuell wenig hin. Haben Sie Hoffnung, dass die UN befreit werden kann? Dass Gaza frei und von den Palästinensern selbstbestimmt wiederaufgebaut werden kann?
Tatsächlich erscheint in der gegenwärtigen geopolitischen Großwetterlage ein solcher Umbruch eher unwahrscheinlich, alles andere zu meinen, wäre naiv. Dennoch gibt es Möglichkeiten, eine friedlichere Welt zu erschaffen, denn derzeit stehen alle 193 UNO-Mitgliedstaaten vor der gleichen Gefahrenlage: Klimawandel, Nuklearbedrohung, Pandemien, Künstliche Intelligenz und immer größer werdende Migration aufgrund von Armut, Umweltzerstörung oder Verfolgung. Diese Gefahren haben das Potential, die politisch und wirtschaftlich führenden Mächte zur Zusammenarbeit geradezu zu zwingen. Zugunsten aller können und müssen sie ihre Möglichkeiten – Rechte und Pflichten – verbinden.
Ich sehe positive Reaktionen bei den großen internationalen staatlichen Institutionen und Organisationen (die Bewegung der Blockfreien Staaten, die Gruppe der 77, die Organisation für islamische Zusammenarbeit, die EU). Weltweit arbeitende, einflussreiche und nichtstaatliche Organisationen (Amnesty International, Oxfam), die Zivilgesellschaft, besonders aber die Jugend machen deutlich, dass sie die Erneuerung der Vereinten Nationen ernst nehmen und sie einfordern.
Das würde auch für eine Zwei-Staaten-Lösung für Palästina und Israel gelten und zu einem Wiederaufbau Palästinas führen, der Jahrzehnte andauern würde. Es würde zu einem Ende des Krieges in der Ukraine führen, eine bessere Zukunft im Mittleren Osten und den Aufbau einer regulierten Weltwirtschaftsordnung ermöglichen. Die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele, die die Vereinten Nationen für 2030 anstreben, die Verpflichtung, das Internationale Recht einzuhalten und Menschlichkeit für alle. In diesem Sinne behalte ich Hoffnung in düsteren Zeiten.
Vielen Dank für das Gespräch.
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