Militär als Klima-Killer: Der Wolf im Schafspelz

Militär als Klima-Killer: Der Wolf im Schafspelz

Militär als Klima-Killer: Der Wolf im Schafspelz

Bernhard Trautvetter
Ein Artikel von Bernhard Trautvetter

Die Militärlobby frisst ununterbrochen Kreide, um ein freundliches Image dafür zu nutzen, die Menschen für ihren zerstörerischen Weg zu gewinnen. Dieser Weg bringt nicht nur höchste militärische Gefahren mit sich, er birgt auch große Gefährdungen für Klima und Umwelt: Das Militär ist der größte Umweltschädiger unserer Zeit. Von Bernhard Trautvetter.

Das Auswärtige Amt preist die NATO als System der Kooperativen Sicherheit an. Damit verkauft sie ihre Eskalationspolitik unter dem Begriff der sogenannten Abschreckung als Vorgehen, das den Menschen vermeintlich ‚Sicherheit‘ bringt. Die Priorität der Weltpolitik im 21. Jahrhundert müsste allerdings die Sicherung der Lebensgrundlagen sein, da der Planet in immer kürzerem Rhythmus ökologische Warnsignale aussendet. Das Militär ist hierbei eher in der Rolle des Wolfes im Schafpelz. Es hält die Staaten von der Bewahrung der Lebensgrundlagen ab und zerstört diese mit immer größerem Tempo und immer massiver.

Ende September dieses Jahres berichtete z.B. das „Planetary Boundaries Science Lab am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)“: „Mittlerweile sind sieben der neun kritischen Belastungsgrenzen des Erdsystems überschritten – eine mehr als im Vorjahr.“ Hierbei geht es unter anderem um Verbrennungsabgase und teils feinste Partikel in der Atmosphäre, Plastik und weitere Stoffe in der Biosphäre, die Ozeanversauerung, klimabedingte Katastrophen infolge menschlicher Eingriffe wie die Entwaldung wichtiger Großregionen und die immer deutlichere Verschiebung von Klimazonen und den Verlust ausgedehnter Waldgebiete durch Rodung und Waldbrände.

Das Militär ist der größte Umweltschädiger unserer Zeit. „Die Zerstörung der Umwelt und die Ausbeutung endlicher Ressourcen unseres Planeten gefährden den Frieden. Kriege werden für den Zugang zu diesen Ressourcen und den klimaschädlichen Lebensstil der reichen Länder geführt. Kriege verbrauchen dabei selbst enorme Mengen von Treibstoffen und Energie und produzieren entsprechend viele klimaschädliche Emissionen – ganz zu schweigen von den massiven Zerstörungen und Emissionen durch die Kriegshandlungen und Ihre tödlichen Folgen“, so warnten das Friedensnetz Saar, Pax Christi Saar, Fridays for Future Saarland und die ‚Kampagne Krieg beginnt‘ vor sechs Jahren. Die Zeitschrift Wissenschaft und Frieden berichtete zum Zusammenhang von Militär und Ökologie bereits 1990:

Das Geld im Militärbereich wird (…) zumeist in klimaschädliche Bereiche investiert. (…) Die Militärs experimentieren mit unserem Klima in mehrfacher Hinsicht: Das Militär kann ungehindert Klima-Experimente durchführen. Wetterbeeinflussung, Experimente in der Ionosphäre, Ozonbomben (…) Es hat ungehinderten Zugang zu den empfindlichen Bereichen der Atmosphäre. (…) Die Umwelt dient dem Militär als Waffe z.B. bei Waldvernichtung durch Herbizideinsatz. (…) Die weltweite Bereitstellung der ‚militärischen Sicherheit‘ verbraucht riesige Mengen an monetären, intellektuellen und natürlichen Ressourcen, die dringend zum Klimaschutz und damit zum Aufbau der Internationalen ökologischen Sicherheit (IÖS) benötigt werden. Die Bereitstellung des (…) Militärapparates, der Ge- und Verbrauch dieser Ressourcen in natürlicher (Betriebsstoffe etc.) und in Produktform (Flugzeuge, Panzer etc.) schädigt das Klima.

Derartige Zusammenhänge veranlassten das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI laut Wissenschaft und Frieden schon in der Mitte der 1980er-Jahre dazu, circa 25 Prozent der Schädigungen der Biosphäre dem Militärsektor zuzurechnen:

Die Umweltbelastungen gelten bereits für Friedenszeiten, im Krieg natürlich noch weitaus mehr. Die traurige Verbindung von Krieg und Umweltschäden ist uns ja gerade in der Bundesrepublik allzu bekannt, wo wir fünfzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg noch immer auf durch den Krieg verseuchten Böden und Grundwasser sitzen.“

Trotz der Schädigung der Lebensgrundlagen der Menschheit sprechen die Propagandisten des Militärsektors bei den Aktivitäten der NATO, der Bundeswehr und der EU-Militarisierung von Sicherheitspolitik. Das durchsichtige Motiv dieser Sprachmanipulation besteht darin, die Menschen für das Vorgehen der NATO in der internationalen Politik zu gewinnen: für Rüstung, Waffenhandel, Manöver und Kriege.

Das Bundesverteidigungsministerium schafft es hierbei, den Bogen der NATO vom Nordatlantik bis in den Pazifik aufzuspannen: Die Website des Militär-Ministeriums macht deutlich: „Die herausragende Bedeutung der Indo-Pazifik-Region unterstreicht die Bundesregierung in der ersten Nationalen Sicherheitsstrategie Deutschlands.“ So erklärten Regierungsvertreter Japans, Südkoreas und weiterer Pazifikstaaten auf dem NATO-Gipfel in Den Haag:

Seit Russlands Überfall auf die Ukraine hat sich die Sicherheitsarchitektur in Europa grundlegend verändert. Vor diesem Hintergrund besinnt sich die NATO (North Atlantic Treaty Organization) auf ihre Kernaufgaben: auf Abschreckung und Verteidigung. Deutschland hat hier als Infrastruktur- und Logistik-Drehscheibe eine zentrale Funktion. Damit leistet die Allianz ihren Beitrag dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger in Europa in Sicherheit leben können.

Die Abwälzung der Verantwortung oder auch Schuld für die Steigerung des Militärhaushalts auf einen äußeren Gegner, hier Russland, ist eins der Mittel der Kriegspropaganda. Die NATO-Lobby betreibt hierbei Desinformation, indem sie die Abläufe filtert und auch auf den Kopf stellt.

Das wird beispielhaft am Stern deutlich, der Bundeskanzler Merz am 25. Juni 2025 zitierte: Unter der Überschrift „Merz: Russland bedroht ‚gesamte politische Ordnung‘ Europas“ lesen wir:

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat angesichts der geplanten massiven Erhöhung der Verteidigungsausgaben der Nato-Länder erneut vor der Bedrohung durch Russland gewarnt. ‚Russland bedroht nicht nur die Ukraine, Russland bedroht den gesamten Frieden, die gesamte politische Ordnung unseres Kontinents‘, sagte Merz am Mittwoch am Rande des Nato-Gipfels in Den Haag. Die Nato-Partner hätten ‚übereinstimmend‘ festgestellt, ‚dass sich die Bedrohungslage geändert hat und die Bedrohung heißt insbesondere Russland‘, fügte er hinzu.

Die Nato-Partner wollen bei ihrem Treffen beschließen, bis 2035 mindestens 3,5 Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Verteidigung und 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur auszugeben. Das entspricht zusammen dem, was US-Präsident Donald Trump von den Bündnispartnern gefordert hatte. …

Die fünf Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung für den Militärsektor sind inzwischen NATO-Beschlusslage. Ein Prozent beziffert sich aktuell auf circa 45 Milliarden Euro. Demzufolge strebt die NATO einen Anstieg von circa 34 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf ein Vielfaches der damaligen Ausgaben für Waffen, Soldaten und Krieg zehn Jahre später.

Diese sozial und ökologisch nicht zu verantwortende, sprunghaft ausgebaute Militarisierung legitimiert die NATO mit Russland.

Sie tun dies, obwohl sie wissen, dass sie mit der NATO-Ostexpansion gegen die Verträge zur Europäischen Friedensordnung einer gemeinsamen weil gegenseitigen Sicherheit verstoßen. Wir sehen: Die aktuelle sogenannte „Sicherheitspolitik“ fußt auf einer verlogenen Legitimation und trägt den Charakter des Gegenteils dessen, was der Begriff ausdrückt.

Die Propaganda dazu hat sich bis zu einem gewissen Grad als erfolgreich erwiesen, da sie ununterbrochen auf die Öffentlichkeit mit Desinformation und doppelten Standards einwirkt und zugleich so tut, als gehe es ihr nicht um strategische Vorteile auf der Weltbühne, sondern um die Souveränität eines jeden Staates.

Titelbild: Yurich / Shutterstock