Einsatz der Bundeswehr im Irak: Die Frist ist verstrichen

Einsatz der Bundeswehr im Irak: Die Frist ist verstrichen

Einsatz der Bundeswehr im Irak: Die Frist ist verstrichen

Peter Feininger
Ein Artikel von Peter Feininger

Die Bundesregierung will offensichtlich die Umsetzung des Bundestagsbeschlusses unterlaufen, der den Einsatz der Bundeswehr im Irak an eine Zustimmung des Iraks bindet. Die Frist, bis zu der eine Einladung der Bundeswehr durch den Irak vorliegen muss, ist seit dem 30. April abgelaufen. Große Bevölkerungskreise im Irak wollen kein ausländisches Militär mehr dulden. Von Peter Feininger.

In diesem Text soll es speziell um die rechtliche und völkerrechtliche Grundlage eines dauerhaften Einsatzes der Bundeswehr im Irak gehen. Dieser Einsatz ist sowohl im Deutschen Bundestag umstritten als auch im irakischen Parlament. Eine erneute förmliche Einladung ausländischen Militärs durch den Irak ist wohl nötig. Dies wird offensichtlich von der irakischen Regierung so gesehen, per Beschluss auch vom Deutschen Bundestag und sogar von den USA. Tonangebende Kräfte in den USA, in Deutschland und auch im Irak versuchen nun notorisch, eine Politik zu entwickeln, die an dieser Rechtslage vorbeigeht und es ist nicht abzusehen, was dabei herauskommt. Große Bevölkerungskreise im Irak und mit ihnen die Allianzen, die die Parlamentswahlen gewonnen haben, wollen jedenfalls kein ausländisches Militär mehr dulden, das sie nicht eingeladen haben. Ein entsprechender Beschlussantrag im irakischen Parlament ist in Vorbereitung.

Die Verteidigungsministerin von der Leyen will sich im Nahen Osten „strategisch“ niederlassen. Das würde zum Beispiel bedeuten, am Luftwaffenstützpunkt in Jordanien festzuhalten und ihn womöglich auszubauen. Die Intervention der Bundeswehr im Irak soll dann wohl verstetigt werden, was Formeln wie Ausbildung, Beratung, Stabilisierung andeuten. Immerhin reicht der Arm der Bundeswehr bis ins irakische Verteidigungsministerium. Auch eine Unterstützung der USA bei ihrer Besetzung des Nordostens von Syrien wäre möglich, wenn die Bundeswehr in Jordanien und im Irak stationiert bleibt.

Die Bundesregierung sucht Handlanger in der irakischen Regierung

Im Januar lud der deutsche parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber den irakischen Parlamentspräsidenten zu einem Besuch nach Berlin ein. Der irakische Parlamentspräsident „Halbousi forderte Deutschland auf, einen Beitrag zum Wiederaufbau der befreiten irakischen Städte sowie der Gebiete zu leisten, in denen es an Dienstleistungen mangelt, um so die Stabilität des Irak wiederherzustellen“ [1]. Für diese Art von Stabilisierung braucht es allerdings keine Bundeswehr, also auch kein Mandat für die Bundeswehr zur „Stabilisierung des Irak“.

Im Februar besuchte der irakische Parlamentspräsident al-Halbousi zusammen mit irakischen Abgeordneten Berlin. Sie waren zunächst zu Gast im Verteidigungsministerium am 18. Februar bei Ministerin von der Leyen und einen Tag später bei Außenminister Heiko Maas.

Schon vorab verlautbarte das Bundesministerium der Verteidigung, dass von der Leyen die Gelegenheit nutzen werde, mit dem Parlamentspräsidenten das weitere notwendige Engagement im Kampf gegen den IS zu besprechen. Im Presseterminhinweis des BMVg heißt es [2]:

„Die Bundeswehr gehört zur Koalition der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat. Auch wenn der IS im Irak keine zusammenhängenden Gebiete mehr kontrolliert, stellt er doch immer noch eine ernstzunehmende Gefahr dar.

Das Engagement der Bundeswehr im Irak findet gleichermaßen im Nord- wie auch im Zentralirak statt und fokussiert die Beratung von Führungskräften der irakischen Streitkräfte sowie die ‚Ausbildung der Ausbilder‘, Ziel ist der nachhaltige Fähigkeitsaufbau in den Schwerpunkten Logistik, Sanität, ABC-Abwehr sowie Minenräumung.
Der Deutsche Bundestag hat im Oktober 2018 das Mandat für den deutschen militärischen Beitrag Counter Daesh/Capacity Building Irak um ein Jahr verlängert.“

Kein Wort davon, dass eine Verlängerung des Mandats vom Bundestag an eine Zustimmung des irakischen Parlaments gebunden wurde, und die Frist dafür in zweieinhalb Monaten ausläuft. Die Bundesregierung hält offensichtlich die Instruierung von Führungskräften der irakischen Streitkräfte noch über einen längeren Zeitraum für nötig und denkt gar nicht daran, das Mandat zu beenden.

Heiko Maas verlautbarte über das Zusammentreffen [3]:

„Unser Engagement für die Stabilität Iraks erfährt dort viel Wertschätzung. Auch wir sind vom Wert unserer Zusammenarbeit – bilateral, aber auch im Rahmen der Anti-IS-Koalition – überzeugt.

Dass sich die Lebensbedingungen der Menschen im ganzen Land spürbar verbessern, bleibt – genauso wie eine fundierte Aufarbeitung der IS-Verbrechen – Grundlage für eine innerirakische Versöhnung. Das wird erhebliche Anstrengungen erfordern. Die Herausforderungen sind nach den verheerenden Verwüstungen, die der IS angerichtet hat, immens. Deutschland ist und bleibt dabei ein verlässlicher Partner.“

Auch dies klang nicht danach, als ob die Bundesregierung das Mandat für den Irakeinsatz so schnell aufgeben will.

Al Halbousi für weiteren Militäreinsatz der USA im Irak, aber nur gegen den IS und nicht gegen Nachbarstaaten

Der irakische Parlamentspräsident al-Halbousi hat sich erst vor kurzem in einem Exklusivinterview mit der kurdischen Ausgabe von Voice of America dahingehend geäußert, dass der weitere Einsatz der US-geführten Koalition unerlässlich sei für eine dauerhafte IS-Niederlage [4]. Angesichts der wachsenden Spannungen zwischen der USA und dem Iran schränkte al Halbousi aber ein, das einzige Ziel der Präsenz von US-Truppen im Irak sei, den IS und seine radikale Ideologie zu bezwingen. Und: „Wir erlauben nicht, irakischen Boden gegen irgendeinen Nachbarn zu benutzen“.

Natürlich bezog er sich dabei indirekt auch auf die ungeheuerliche Aussage von Trump im Februar, dass es wichtig sei, die US-Militärpräsenz im Irak aufrechtzuerhalten, damit Washington den Iran im Auge behalten könne. Trump rühmte bei dieser Gelegenheit auch die riesige Militärbasis der USA im Irak mit über 5000 Soldaten, die noch weiter aufgefüllt werden soll mit Militärpersonal, das die USA aus Syrien abziehen. Der irakische Präsident Barham Salih – obwohl von der kurdischen Fraktion und daher eigentlich uneingeschränkter Unterstützer des US-Militärs – verlautbarte hierzu: „Präsident Donald Trump hat den Irak nicht um Erlaubnis gebeten, US-Truppen hier zu stationieren, um den Iran zu beobachten (to ‚watch Iran‘)“ [5].

Das offizielle Interview al Halbousis mit Voice of America endete immerhin so:

„Al-Halbousi beklagte, dass Beamte in Bagdad ein ausgewogenes Verhältnis zu den USA und zum Iran aufrechterhalten wollen, um die Interessen der Iraker bestmöglich zu erfüllen. Er sagte, gute Beziehungen zum Iran seien wegen der langen historischen Verbindungen und des Grenzaustauschs für den Irak ebenso unerlässlich. ‚Der Iran ist ein Nachbar. Sie haben zweifellos eine wichtige Rolle bei der Unterstützung des Irak gegen Terrorismus gespielt, indem sie die irakischen Sicherheitskräfte unterstützt haben. Es gibt auch religiöse Bindungen zwischen den Menschen im Irak und dem Iran. Wir möchten, dass unsere Beziehungen als Nachbarn auf gegenseitiger Achtung beruhend fortbestehen‘, sagte er.“

Dazu muss man zwei Dinge wissen: Erstens sind die Staatsämter im Irak nach ethnischer und religiöser Zugehörigkeit aufgeteilt, und al-Halbousi ist der höchste Vertreter der Sunniten. Darauf hat Karin Leukefeld in einem Artikel in der jungen Welt aufmerksam gemacht [6]:

„Nach der völkerrechtswidrigen, von Washington geführten Invasion 2003, hatte der Regierung zunächst ein US-Militärgouverneur vorgesessen. Unter seiner Amtsführung wurde eine neue Verfassung durchgesetzt, die eine Aufteilung der irakischen Parlamentssitze und der höchsten Staatsämter nach ethnischer und religiöser Zugehörigkeit vorsieht. Die Regelung orientiert sich an dem libanesischen System. Der irakische Präsident ist nun ein Kurde, der Ministerpräsident ein schiitischer Muslim und der Parlamentspräsident ein sunnitischer Muslim. Gegner dieser Regelung kritisieren, dass die religiöse und ethnische Spaltung des Irak so zementiert werde.“

Zweitens möchten die sunnitischen Kräfte in der Regierung in Bagdad der US-Präsenz im Irak eher noch etwas Zeit geben. Es dürfte aber nicht wahr sein, was al Halbousi in dem oben erwähnten Interview mit Voice of America behauptete, nämlich „dass die ‚überwältigende Mehrheit‘ in der irakischen Regierung die Präsenz der Koalitionskräfte unterstützt“ [7].

Irakischer Gesetzentwurf in Vorbereitung, der alle ausländischen Truppen aus dem Land weist

Im Gegenteil, im irakischen Parlament ist ein Gesetzentwurf in Arbeit, der US-Truppen vorschreibt, das Land zu verlassen. Das Gesetz soll alle ausländischen Truppen betreffen, als Zeitraum ist von sechs bis zwölf Monaten die Rede. Die Information stammt von al Monitor, 19. Januar 2019 [8]. Das Gesetz würde also auch die Bundeswehr betreffen und soll offensichtlich noch in diesem Jahr in Kraft treten. Es ist schon bezeichnend, wie die Bundesregierung bei ihrer Einladung von al Halbousi im Februar die Öffentlichkeit täuschte und die Medien – obwohl sie es besser wussten oder hätten wissen können – mitspielten.

Bei al Monitor heißt es in der Zusammenfassung des Artikels knallhart: „ARTICLE SUMMARY Shiite parliamentary blocs under the Fatah and Sairoon alliances are working on a draft law to expel US troops from the country and say they will use force if necessary“ [9]. Übersetzt in etwa: ARTIKELZUSAMMENFASSUNG Die schiitischen Parlamentsfraktionen im Rahmen der Fatah- und Sairun-Allianz arbeiten an einem Gesetzesentwurf, um US-Truppen aus dem Land zu weisen (oder zu werfen), und sagen, dass sie gegebenenfalls Gewalt anwenden werden.

Dazu muss man wissen, dass das Wahlbündnis Sairun (Vormarsch), geführt von Muktada al-Sadr, die Wahlen gewonnen hat. Sairun ist aus Massendemonstrationen entstanden, die für mehr Strom und eine bessere Wasserqualität und dann für Reformen und ein Ende der Korruption gekämpft haben [10]. Die zweitstärkste Kraft bei den Wahlen wurde laut FAZ [11] die Fatah, ebenfalls neu auf der politischen Bühne. Die Liste Fatah besteht aus Mitgliedern der Schiitenmilizen, die zusammen mit den iranischen Al-Quds-Brigaden gegen den islamischen Staat gekämpft und zum Beispiel Tikrit zurückerobert haben.

Diese beiden Allianzen im neugewählten irakischen Parlament – bei Qantara [12] werden die Parlamentswahlen im Irak wahrscheinlich zu Recht als Beginn einer neuen Zeitrechnung bezeichnet – wollen nun das US-Militär und alle anderen bewaffneten Kräfte der Anti-IS-Koalition aus dem Land werfen und dafür notfalls auch Gewalt anwenden. Und diese Allianzen sind zum Teil bewaffnet und könnten diese Drohung unter Umständen auch wahr machen.

So zählt ein gewichtiger Teil der Fatah Allianz zur PMF Popular Mobilization Forces. Das sind irakisch-schiitische Muslime, die gemeinsam mit der irakischen Armee von 2014-2017 gegen den IS gekämpft haben. Die paramilitärischen Einheiten der PMF sollen 122.000 Kämpfer haben [13]. Tatsächlich haben sich die paramilitärischen Einheiten im Irak an den Wahlen beteiligt mit dem Ziel, die US-Truppen hinauszuwerfen [14].

Obama hat wohl ein Militärabkommen mit dem Irak vermieden, was jetzt zu einem ernsten Problem für die USA wird

Die USA haben jetzt offensichtlich ein ernstes Problem, nachdem Präsident Obama es wohl versäumt oder vermieden hat, ein Abkommen mit Bagdad zu schließen, dass die US-Truppen im Irak verbleiben können nach Beendigung des Kampfes mit dem IS [15]. Bereits im Mai 2017 bestand der damalige irakische Premier Haider al-Abadi darauf, dass keine Kampftruppen im Irak verbleiben, wenn der islamische Staat besiegt ist. Dennoch betonten beide Seiten, dass die Gespräche über eine langfristige Rolle des US-Militärs im Irak fortgesetzt werden. Gleichzeitig äußerten Barzani Senior und Junior, sie würden einen Deal unterstützen, der es den amerikanischen Streitkräften erlaubt, nach dem Sturz von Mosul im irakischen Kurdistan zu bleiben [16].

Offensichtlich hat US-Präsident Obama darauf bestanden, dass die Truppenabkommen durch das irakische Parlament beschlossen werden und nicht als Exekutivabkommen vom damaligen Ministerpräsidenten al Malik erlassen werden. Die Heritage Foundation schätzte es damals so ein, dass diese Forderung Obamas den Deal zur Strecke brachte. Die Obama-Regierung habe gewusst, dass al-Maliki nicht über das politische Kapital verfügte, um einen Nachkriegstruppen-Deal durch das irakische Parlament zu bringen [17].

Auch die Trump-Regierung geht davon aus, dass der Irak eine Militärmission beantragen müsse. Im Februar 2018 machte die USA erneut Druck auf die europäischen NATO-Verbündeten, eine langfristige Trainings- und Beratungsmission im Irak zu übernehmen. Damals ging die USA davon aus, dass der Ministerpräsident al Abadi mitspielen werde. Im Mai 2018 standen allerdings die Wahlen an. Die Presseagentur Reuters vermerkte [18]:

„Der Irak müsse die NATO-Mission förmlich beantragen, sagten Diplomaten. Das würde wahrscheinlich davon abhängen, dass Abadi im Mai wiedergewählt wird, da die vom Iran unterstützten gegnerischen Kandidaten US-Truppen feindlich gesinnt sind.

Der Druck ist jedoch auch größer, weil die NATO noch keine ähnliche Anfrage der libyschen U.N.-geförderten Regierung in Tripolis nachholen konnte, sagten Diplomaten, weil das Land immer noch von rivalisierenden Fraktionen kontrolliert wird.“

Haider al-Abadis Amt als Premierminister endete aber aufgrund des Wahlergebnisses am 24. Oktober 2018. Wir halten fest, dass selbst die USA schon mal davon ausgingen, dass bei einer Verlängerung des Militäreinsatzes eine Zustimmung beziehungsweise Aufforderung der irakischen Regierung/Parlament vorliegen müsse. Ferner halten wir fest, dass es der US-Präsident Obama war, der auf einem Parlamentsbeschluss des Iraks bestand über den Verbleib der US-Truppen im Land. Ein reines Exekutivabkommen, das heißt irgendeine Vereinbarung mit der Regierung des Irak, wollte Obama nicht akzeptieren. Das wird jetzt zu einem ernsten Problem für die USA, aber auch andere Beteiligte an der „Anti-IS-Koalition“. Denn genau auf so etwas, auf irgendeine Zusage der irakischen Regierung, die von keinem Parlamentsbeschluss gedeckt ist, soll es jetzt hinauslaufen. Das jedenfalls scheinen die USA, aber auch die Bundesregierung und ihre „Partner“ anzustreben. Dieser Deal läuft gerade, es ist aber noch nicht heraus, was er genau bedeutet und wie er gedreht wird.

Und wir halten fest, dass die Ausbildung- und Trainingsmaßnahmen, die die Bundesregierung durch die Bundeswehr im Irak unbedingt durchführen und fortführen wollen, wohl auf massiven Druck der USA erfolgen.

Das „Status of Forces Agreement (SOFA)“ zwischen den USA und Irak: „kein bequemes SOFA“

Die Basis der US-amerikanischen Truppenpräsenz im Irak sei im letzten Jahrzehnt der SOFA-Vertrag gewesen, schreibt Telepolis [19]. SOFA bedeutet „Status of Forces Agreement“. Da dieser Vertrag nicht weiter verlängert worden war, hänge die Präsenz von der Einwilligung der irakischen Regierung ab. Schon die Verhandlungen um den SOFA-Vertrag im Jahr 2008 waren höchst problematisch, weil die USA ihre Maximal-Forderungen durchpeitschen wollten. In einer hochinteressanten Studie des Hamburger Gigainstituts wurden die Konsequenzen eines Scheiterns des Vertrags eindeutig umrissen [20]: „Ohne gültiges SOFA müssten die US-Truppen im Irak vom 1.1.2009 an jegliche Kampfhandlungen einstellen, in ihre Garnisonen zurückkehren und unverzüglich aus Irak abziehen.“

Es ist sehr die Frage, ob die USA, aber auch Deutschland diese Rechtslage einfach übergehen können. Vielleicht mithilfe schillernder irakischer Politiker, die sich immer noch an der Spitze halten trotz des Wahlsieges von ganz anderen Kräften. Aber sowohl die Westmächte als auch irakische Politiker, die weiterhin bereit wären, mit ihnen zu kollaborieren, müssen inzwischen sehr vorsichtig sein. Massenproteste bis hin zu Aufständen können wohl jederzeit wieder aufflammen. Deshalb sollte man bei Formulierungen, wie sie al Halbousi jetzt verwendet für die Begründung von weiteren ausländischen „Unterstützungsmaßnahmen“, hellhörig werden [21]:

„Al-Halbousi sagte, dass der nächste Schritt für den Irak darin besteht, sich auf den Austausch von Geheimdiensten, die Bekämpfung von Aufstandsmaßnahmen und den Wiederaufbau von durch Krieg zerstörten Gebieten zu konzentrieren.

‚Der Irak wird sich mit oder ohne internationale Unterstützung durchsetzen und diese Herausforderungen überwinden, aber die Zeit wird viel länger sein, wenn wir nicht mit regionalen und internationalen Mächten zusammenarbeiten‘, sagte er.“

Mit der „Bekämpfung von Aufstandsmaßnahmen“ muss nicht nur der IS gemeint sein, dies gilt auch für den „Austausch von Geheimdiensten“. Man muss der Bundesregierung und der Bundeswehr jetzt genau auf die Finger sehen und die Friedensbewegung sollte jetzt endlich die Forderung unterstützen, die progressive Kräfte im Irak erkämpfen wollen: Abzug aller ausländischen Truppen, für die keine Einladung vorliegt!

Den USA droht, im Irak abgedrängt zu werden. Irak sucht die Kooperation mit Syrien und dem Iran und stützt sich auf russische Waffen

Seit mindestens eineinhalb Jahren ist im Irak eine starke Tendenz im Gange, die USA aus dem Land herauszudrängen, vor allem auf Druck der mit Teheran und Damaskus verbundenen schiitischen Milizen und Parteien sowie der schiitischen Bevölkerungsmehrheit. Es laufen Versuche der Annäherung zwischen Bagdad und Damaskus, sich von den USA zu verabschieden. Ende vergangenes Jahr führte der Irak Luftangriffe gegen den IS auf syrischem Gebiet. Bei einem Treffen mit Bashar al Assad in Damaskus vereinbarte der damalige irakische Präsident Abdul Mahdi eine weitergehende militärische Kooperation mit der syrischen Regierung: „Sein Land könne am besten mit den Gruppen fertig werden, die in Syrien agierten.“ [22]

Seit etwa 2015 scheint Russland ernst zu machen damit, die Rolle der USA im Nahen Osten einzudämmen. Das zeigt sich wohl auch in einer zunehmenden Militärkooperation des Irak mit Russland. Den größten Teil der irakischen Waffenbestände machen russische beziehungsweise sowjetische Produkte aus. Die wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen des Irak mit dem Iran sind groß. Der Irak kann nicht auf Energielieferungen aus dem Iran verzichten, auch wenn er damit gegen die US-Sanktionen gegen den Iran verstößt. Noch jahrelang braucht der Irak iranisches Gas, um Strom zu produzieren. Auch bei der Wasserversorgung ist der Irak teilweise vom Iran abhängig, ebenso bei der Versorgung mit billigen Lebensmitteln. [23] Auch politisch will der Irak nicht Teil des Sanktionsregimes der USA gegen den Iran sein.

Die Bundesregierung versucht mit Hilfe des irakischen Ministerpräsidenten, die Bundeswehr im Irak als „hochwillkommen“ darzustellen

Nachdem im Februar der irakische Parlamentspräsident Mohammed al-Halbousi ins deutsche Verteidigungsministerium in Berlin gebeten wurde und auch eine Unterredung mit dem deutschen Außenminister hatte, kam Ende April der irakische Ministerpräsident nach Berlin. Adel Abdul-Mahdi wurde am 30. April im Bundeskanzleramt mit militärischen Ehren begrüßt. Auch bei dieser Gelegenheit wurde regierungsöffentlich vermieden, die fehlende förmliche Einladung der irakischen Regierung an die Bundeswehr zur Fortsetzung ihres Einsatzes zu thematisieren. Im Vorfeld hieß es lediglich [24]: „Im Mittelpunkt der Unterredung im Rahmen eines Arbeitsessens werden bilaterale sicherheitspolitische sowie außenpolitische Themen stehen.“

Tatsächlich propagierte die Bundeskanzlerin laut Mitteilung des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung auf der anschließenden Pressekonferenz die uneingeschränkte Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes [25]: „Merkel betonte, man wolle dem Irak beim friedlichen Aufbau des Landes zur Seite stehen. So werde Deutschland seine Unterstützung bei der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte fortsetzen. Ziel des Bundeswehr-Einsatzes ist es, die irakischen Streitkräfte dazu zu befähigen, ihrer Verantwortung für die Sicherheit des Landes zukünftig umfassend gerecht werden zu können. Der Irak sei in eine komplizierte Nachbarschaft eingebunden. Deshalb schätze die Bundesregierung sehr das Bemühen des Ministerpräsidenten für ein friedliches Miteinander in der Region, sagte Merkel weiter.“

Ein genauerer Blick auf den eigentlichen Wortlaut der Pressekonferenz am 30. April im Anschluss an die Unterredung der irakischen Delegation mit der Bundesregierung ist trotz aller Formeln aufschlussreich [26]. So lautet die Formel der Bundeskanzlerin für den Einsatz deutschen Militärs im Irak, dass man sich „weiter dem friedlichen Aufbau des Irak verpflichtet fühle(n)“. Diese Formel friedlicher Aufbau des Irak muß man kennen und wissen, was damit gemeint ist. Angela Merkel wurde aber noch etwas konkreter. Sie behauptete, dass der Irak ein Interesse an einer Fortsetzung des Ausbildungseinsatzes der Bundeswehr habe:

„Wir haben darüber gesprochen, dass wir nicht nur wirtschaftlich enger zusammenarbeiten, sondern auch versuchen, insgesamt ein friedliches Umfeld zu schaffen. Ich darf Ihnen versichern, dass wir uns weiter dem friedlichen Aufbau des Irak verpflichtet fühlen und wir Ihrer Regierung alles, alles Gute wünschen.

Ich habe auch mit Freude zur Kenntnis genommen, dass der Irak weiter daran interessiert ist, dass wir bei der Ausbildung der Sicherheitskräfte helfen. Deutschland wird alles tun, was in seinen Möglichkeiten steht, um hierbei ein guter Partner zu sein, der das Wohl des irakischen Volkes im Sinn hat.“

Ministerpräsident Abdul-Mahdi schien das zu bestätigen und sprach sogar von weitergehenden sicherheitspolitischen, militärischen Vorschlägen der Bundeskanzlerin, ohne diese zu konkretisieren. Er kündigte aber eine praktische Umsetzung dieser Vorschläge in der nächsten Zeit an:

„Natürlich wünschen wir uns von Deutschland ein Fortschreiten dieser Unterstützung und des Austauschs zwischen beiden Ländern in allen Bereichen, im Sicherheitsbereich, im Wirtschaftsbereich, aber auch in humanitären und im kulturellen Bereich. Es ging um eine Reihe von Themen. Wir haben uns darauf geeinigt, in jedem davon den geeigneten Weg zur Lösung von offenen Fragen zu finden. Wir werden als Länder zusammenarbeiten, um diese Forderungen und die Ziele zu erreichen. (…)

Irak kämpft seit Jahrzehnten darum, seine Unabhängigkeit zu verteidigen. Es kämpft um seine Sicherheit, aber auch um die Sicherheit der Region und die Sicherheit der gesamten Welt. Das ist mittlerweile, glaube ich, allen klar. Die Frau Bundeskanzlerin ist diesen Vorschlägen gegenüber offen. Sie hat von ihrer Seite sogar zusätzliche Vorschläge und Perspektiven hinzugefügt und zeigte einen ernsthaften Willen, all die zuvor genannten Punkte zu vertiefen. Ich glaube, dass wir in nächster Zeit tatsächlich auch die praktische Umsetzung und nicht nur theoretische Vorlage dieser Punkte erleben werden.“

In einer weiteren Bemerkung hielt Merkel noch einmal fest, dass ihr der irakische Ministerpräsident „versichert“ habe, dass der weitere Einsatz der Bundeswehr „hochwillkommen“ sei:

„BK’in Merkel: Wir haben ja drei Sorten von Beziehungen. Die einen sind die Sicherheitsbeziehungen. Da hat mir der Premierminister noch einmal versichert, dass das, was er auch unserem Bundesaußenminister gesagt hat, nämlich, dass wir den Irak bei der Ausbildung der Sicherheitskräfte weiter unterstützen wollen, hochwillkommen für den Irak ist.“

Damit zog die Kanzlerin auch noch den Außenminister mit heran, dem der irakische Premier ebenfalls versichert habe, die Bundeswehr sei hochwillkommen. Man ahnt, wie die Bundesregierung die Fortsetzung des Mandats im Irak retten will.

Solche Redensarten von Merkel und Abdul-Mahdi können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es bis jetzt weder eine förmliche Bitte für ein militärisches Engagement der Bundeswehr im Irak gibt noch einen Vertrag. Was sich abzeichnet, ist ein Komplott zwischen Vertretern beider Regierungen, ein förmliches Ersuchen um militärischen Beistand im Irak und einen Stationierungsvertrag zu umgehen und in dieser Frage – auf unterschiedliche Weise – sowohl das deutsche wie das irakische Parlament auszuschalten.

Der Berater des Präsidenten Saleh schlägt vor, in der Frage einer Entscheidung über die ausländische Militärpräsenz das Parlament auszuschalten

In der Ausgabe von Al Monitor vom 21. März lautet ein Titel: „Während die USA Pläne zum Abbau der Truppen andeuten, spalten sich die irakischen Abgeordneten darüber, was als nächstes kommt“ [27]. Im Artikel Summary heißt es ziemlich deutlich: „Es ist unwahrscheinlich, dass US-Truppen im Irak das Land aufgrund der langfristigen Pläne der USA verlassen werden, und die scharfen Meinungsverschiedenheiten zwischen irakischen Politikern hinsichtlich der Präsenz ausländischer Streitkräfte im Land halten an.“

Im Artikel des Al Monitor wird ausgeführt, dass die Kommandeure der irakischen Armee zu einem weiteren Einsatz der USA im Irak stehen würden. Auch der Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi, der gleichzeitig Oberbefehlshaber der Streitkräfte seines Landes ist, habe die USA im März gebeten, den Irak weiterhin bei der Bekämpfung des IS zu unterstützen. Die irakischen Regierungspolitiker seien sich bewusst, dass die Fähigkeiten ihrer Truppen, ihres Geheimdienstes und ihrer Luftwaffe weiterhin Verstärkung durch die USA brauchen. Laut Al Monitor habe sich der „Lärm“ um ein Gesetz, das bald in Kraft treten soll, um die US-Truppen zum Abzug zu zwingen, zwischenzeitlich gelegt. Eher ironisch heißt es, dass das Schweigen zu diesem Thema auch darauf beruhte, weil sich das Parlament in einer Pause befand und die Parlamentarier zusätzlich mit dem Besuch des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani beschäftigt waren. Allerdings sei auch auf den vorangegangenen vier Sitzungen des Parlaments die Truppenangelegenheit nicht auf der Tagesordnung gewesen.

Der Autor des Artikels im Al Monitor ist Farhad Alaaldin, der politische Berater des jetzigen irakischen Präsidenten Barham Saleh – also eines Kurden – und auch seines Vorgängers Fuad Masum von 2014 – 2018. Außerdem war Alaaldin Stabschef und Berater der kurdischen Regionalregierung. Farhad Alaaldin macht in diesem Artikel ziemlich deutlich, in welche Richtung er den Präsidenten berät. Er baut weiterhin auf die US-Militärpräsenz, würde die Ausweisung des US-Militärs als eine Gefahr für das Land betrachten und plädiert deswegen für eine Entmachtung des Parlaments in dieser Frage. Über den Abzug der Truppen und den Zeitplan könne nur die Regierung entscheiden. Farhad Alaaldin [28]:

„Sowohl der parlamentarische Block Sairoon als auch die Fatah haben an Gesetzesentwürfen gearbeitet, um die Präsenz ausländischer Truppen auf irakischem Boden zu regulieren und möglicherweise zu verhindern. Die Gesetzgeber der beiden Blöcke sind sich jedoch nicht sicher, welche Vorgehensweise in Bezug auf die Anwesenheit ausländischer Truppen richtig ist, und es scheint, dass die Blöcke in drei Gruppen mit unterschiedlichen Ansätzen unterteilt sind. Die erste Gruppe möchte alle ausländischen Truppen nach einem von der Regierung festgelegten Zeitplan entfernen. Die zweite Gruppe will den US-Truppen eine Frist von zwei Jahren einräumen, um ihre Truppen herauszuholen. Die dritte Gruppe möchte, dass die Anzahl der US-amerikanischen und anderer ausländischer Truppen reduziert wird, und im Zuge dessen eine Reduzierung von Kampfeinsätzen ausländischer Truppen. Dies würde ausländische Truppen auf logistische Unterstützung, Training und Aufklärung beschränken, die alle vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte, dem Premierminister, reguliert und verwaltet werden.

Der dritte Ansatz entspricht in etwa dem, was Dunford dem Kongress in Bezug auf die Reduzierung der US-Truppen gesagt hat. Es könnte etwas sein, was die irakische Regierung mit den führenden Politikern des Irak ausarbeiten kann. Dieser neue Ansatz entspricht der Gesetzeslage sowohl im Irak als in den Vereinigten Staaten. Einerseits erhält der Irak weiterhin die nötige Unterstützung durch die internationale Koalition und beruhigt gleichzeitig die Ängste derjenigen, die vermuten, dass ausländische Militärbasen auf lange Zeit etabliert werden oder dass irakischer Boden für Angriffe auf benachbarte Länder benutzt wird.

Trotz der Tatsache, dass die Fraktionen unterschiedliche Auffassungen zum Thema ausländische Truppen haben und so divergente Ansätze verfolgen, besteht eine unausgesprochene Übereinstimmung zwischen ihnen, dass die Regierung das einzige legitime Organ ist, das über die Anwesenheit von ausländischen Truppen entscheiden kann. Einige von ihnen glauben auch, dass das Parlament keine Gesetze durchsetzen sollte, die eine Gefahr für das Land darstellen können. Aus diesem Grund wird erwartet, dass die Entscheidung über den Abzug der Truppen oder des Zeitplans bei der Regierung liegt, die Parlamentsfraktionen jedoch vollständig über die Absicht der Regierung in dieser Angelegenheit informiert werden.“

Alaaldin behauptet, der dritte Ansatz entspreche dem, was Dunford dem US-Kongress in Bezug auf die Reduzierung der US-Truppen im Irak gesagt hat. General Joseph Francis Dunford Jr. ist der Chef des vereinigten Generalstabs und damit der ranghöchste Militär der US-Streitkräfte, der direkt dem Nationalen Sicherheitsrat, dem Verteidigungsminister und dem Präsidenten berichtet. General Dunford sagte vor dem US-Kongress Mitte März, dass die Vereinigten Staaten und der Irak neue Verhandlungen über den Status der US-Truppen im Land anstreben müssten. Die US-Streitkräfte hätten derzeit ihre Befugnis durch die 2001 Authorization for Use of Military Force (AUFM )(Ermächtigung zur Anwendung militärischer Gewalt von 2001), die die Bekämpfung des Terrorismus abdeckt, und der Forderung Bagdads nach Unterstützung der USA gegen den IS im Jahr 2014. [29]

Dunford bezieht sich also auf Rechtslagen, die schon lange nicht mehr gelten oder – wie die AUFM – ein US-Gesetz sind, das völkerrechtlich ungültig ist und eine reine Selbstermächtigung der USA darstellt. Es ist schon bezeichnend, dass der ranghöchste US-Militär das von Präsident Bush im Jahr 2008 unterzeichnete SOFA-Abkommen zwischen Irak und USA – U.S.–Iraq Status of Forces Agreement – einfach ausklammert [30]. Ebenso bezeichnend ist, dass der Berater des irakischen Präsidenten sich ohne Wenn und Aber auf diese Argumentation von Dunford stützt.

Ein neues SOFA wird im Geheimen verhandelt

Dabei war das U.S.–Iraq Status of Forces Agreement damals stark umstritten und wurde von Oppositionskräften im Irak, zum Beispiel von al Sadr, kritisiert als Verlängerung und Rechtfertigung der Besatzung des Irak. Was aber jetzt wirklich dem Fass den Boden aushaut, ist eine Information des Arab Center Washington DC. Danach werden seit 2017 zwischen Washington und Bagdad Verhandlungen um ein neues Status-of-Forces-Abkommen (SOFA) geführt. Über diese Verhandlungen wird öffentlich nicht gesprochen und es ist mehr zufällig, dass wir bei unseren Recherchen darauf gestoßen sind [31].

Die Formeln für eine erneute oder fortwährende Militärpräsenz im Irak lauten: das Land nach der ISIL-Niederlage zu stabilisieren und die irakische Armee weiter auszubilden. Der Oberbegriff für das andauernde militärische Engagement der Westmächte im Irak lautet – und das sollte man sich auch für die bundesdeutsche Diskussion, auch in der Friedensbewegung merken – beim Wiederaufbau des Irak zu helfen.

Es war im August 2017, also bald vor zwei Jahren, als der Analyst vom Arab Center Washington DC empfahl, die sogenannte „Beratungs- und Schulungsmission“ der US-Streitkräfte im Irak unbedingt zu befristen, um jegliche Vorstellung von einer neuen Besatzung im irakischen Volk zu zerstreuen [32]:

„Die Vereinigten Staaten sollten gegenüber der irakischen Regierung und den irakischen Bürgern deutlich betonen, dass ihre Beratungs- und Schulungsmission begrenzt ist und nicht langfristig sein wird. Die irakische Regierung sollte diese Mission und ihre Dauer auch dem irakischen Volk erklären, um jegliche Vorstellung von einer neuen Besetzung zu zerstreuen. Sobald die amerikanischen und irakischen Behörden der Meinung sind, dass die irakische Nationalarmee auf eigene Faust kompetent operieren kann, sollte die US-amerikanische militärische Trainingsmission zurückgezogen werden. Was die irakische Bevölkerung jetzt unbedingt will, ist die Wiederherstellung der Normalität, was den Wiederaufbau der stark beschädigten Städte und die Rückkehr der Binnenvertriebenen in ihre Heimat bedeuten würde. Wenn die Vereinigten Staaten in diesen Angelegenheiten als hilfreich angesehen werden, könnte dies einen großen Beitrag zur Verbesserung ihres Ansehens im Land und zur Unterstützung der öffentlichen Unterstützung der Abadi-Regierung leisten, einem wichtigen Verbündeten der USA. All dies erfordert jedoch einen erheblichen Einsatz finanzieller Mittel, und es ist unklar, ob Trump und der von den Republikanern geführte Kongress bereit sind, im Irak massiv zu investieren.“

Nun – Abadi wurde mit den Parlamentswahlen bereits davongejagt. Aber den USA geht es weniger um ihr Ansehen im Irak oder bei der irakischen Bevölkerung, sondern um die Eindämmung des Iran mit aller Gewalt. Meral Cicek, die Vorsitzende des kurdischen Frauen-Informationszentrums aus der nordirakisch-kurdischen Stadt Suleymania, brachte nach den Wahlen im Irak im Interview im Juni 2018 die ganze unvorstellbare Aggression der US-geführten Koalition auf den Punkt [33]:

„Die Regierungsbildung ist noch nicht abgeschlossen, es ist keineswegs sicher, das Sadr wirklich eine Koalition bilden kann. Es ist wichtig, die Wahlen in einem breiteren Kontext zu sehen. Wir befinden uns in einer Phase, die wir als ‚Dritten Weltkrieg‘ sehen. Es ist davon auszugehen, dass innerhalb dieses Krieges der Irak in nächster Zeit erneut an Bedeutung gewinnen wird – politisch wie militärisch.

Eine Intervention gegen den Iran wird immer wahrscheinlicher – welche Form die auch immer annehmen mag. Und dieser Versuch, den wachsenden Einfluss des Iran im Mittleren Osten zurückzudrängen, wird sich vor allem auf Syrien und den Irak konzentrieren. Die meisten westlichen imperialistischen Mächte – auch Deutschland – haben bereits begonnen, sich im Irak aufzustellen. Nicht nur politisch, auch militärisch.“

Die Opposition im Bundestag und die Friedensbewegung müssen jetzt auf jeden Fall gegenüber der Bundesregierung auf einer Erklärung bestehen: Nachdem der Stichtag der 30. April war und keine Einladung des Irak für die Bundeswehr vorliegt, ist das Mandat im Oktober beendet.

Dieser Text ist der dritte Teil einer Serie: In den beiden vorangegangenen Teilen dieser Artikelfolge wurden die Waffenlieferungen durch die Bundesregierung in das Kriegsgebiet im Norden des Irak thematisiert sowie die Beteiligung Deutschlands an der verbrecherischen Militärintervention im Namen der Bekämpfung des „Terrors“. Die ganze Artikelfolge ist hier zu finden.

Titelbild: zef art/shutterstock.com


[«1] „German Official Invites Halbousi to Visit Berlin – Iraq News – Local News“. Baghdadpost, 23. Januar 2019. https://www.thebaghdadpost.com/EN/Story/35503/German-official-invites-Halbousi-to-visit-Berlin .
[«2] „Parlamentspräsident der Republik Irak zu Gast im Verteidigungsministerium“. Bundesministerium der Verteidigung, 18. Februar 2019. https://www.bmvg.de/de/presse/alle-pressetermine/parlamentspraesident-der-republik-irak-zu-gast-32538.
[«3] Heiko Maas. „Außenminister Maas trifft den irakischen Parlamentspräsidenten Mohammed al-Halbousi, Pressemitteilung“. Auswärtiges Amt, 19. Februar 2019. https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-al-habousi/2190832.
[«4] „Iraqi Official: US Support Vital to Lasting IS Defeat“. Voice of America VOA, 2. April 2019. https://www.voanews.com/a/iraqi-parliament-speaker-says-us-support-needed-for-lasting-defeat-of-is-/4859698.html.
[«5] „Iraqi President Says Trump Did Not Ask Permission to ‚Watch Iran‘“. Reuters, 4. Februar 2019. https://www.reuters.com/article/us-usa-iran-iraq-idUSKCN1PT0E4.
[«6] Karin Leukefeld. „Einigung in Bagdad“. junge Welt, 5. Oktober 2018.
[«7] Iraqi Official: US Support Vital to Lasting IS Defeat … a. a. O.
[«8] Sattar, Omar. „Draft Law to Pull Foreign Troops out of Iraq Inching toward Parliament“. Al-Monitor, 19. Januar 2019. https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2019/01/iraq-us-troops-pmu-shiite-militias.html.
[«9] Ebd.
[«10] Birgit Svensson. „Parlamentswahlen im Irak: Eine neue Zeitrechnung“. Qantara.de – Dialog mit der islamischen Welt, 18. Mai
2018. https://de.qantara.de/inhalt/parlamentswahlen-im-irak-eine-neue-zeitrechnung.
[«11] Ehrhardt, Christoph, und Beirut. „Nach Parlamentswahl im Irak: Wahlsieger Sadr wirbt für breites Bündnis“. Frankfurter
Allgemeine, 16. Mai 2018, Abschn. Politik. https://www.faz.net/1.5591384.
[«12] Birgit Svensson. Parlamentswahlen im Irak …, a. a. O
[«13] Ahmad Majidyar. „Iran-Backed Group Says Hashd Al-Shaabi Will Not Merge into Iraq’s Security Institutions“. Middle East Institute, 12. März 2018. https://www.mei.edu/publications/iran-backed-group-says-hashd-al-shaabi-will-not-merge-iraqs-security-institutions.
[«14] Ahmad Majidyar. „Iran’s Iraqi Militia Allies Eye next Elections to Consolidate Gains, Expel US“. Middle East Institute, 20. März 2018. https://www.mei.edu/publications/irans-iraqi-militia-allies-eye-next-elections-consolidate-gains-expel-us.
[«15] Carlo Muñoz, und Dan Boylan. „Donald Trump Faces Iraq SOFA after ISIS Defeat“. The Washington Times, 16. Mai 2017. https://www.washingtontimes.com/news/2017/may/16/donald-trump-faces-iraq-sofa-after-isis-defeat/.
[«16] Ebd.
[«17] Ebd.
[«18] Reuters, 7. Februar 2018. https://www.reuters.com/article/us-usa-trump-nato-iraq-exclusive-idUSKBN1FR1BB.
[«19] Pany, Thomas. „Trump: US-Truppen sollen im Irak bleiben“. Telepolis, 4. Februar 2019. https://www.heise.de/tp/features/Trump-US-Truppen-sollen-im-Irak-bleiben-4297470.html.
[«20] Henner Fürtig. „Das ‚Status of Forces Agreement‘ zwischen den USA und Irak: kein bequemes SOFA, GIGA Focus German Institute of Global and Area Studies, Institut für Nahost-Studien, 10/2008“. GIGA Hamburg, 2008. https://www.giga-hamburg.de/de/system/files/publications/gf_nahost_0810.pdf.
[«21] „Iraqi Official: US Support Vital to Lasting IS Defeat“. Voice of America VOA, 2. April 2019. https://www.voanews.com/a/iraqi-parliament-speaker-says-us-support-needed-for-lasting-defeat-of-is-/4859698.html.
[«22] Deutsche Welle. „Irak will größere Rolle nach US-Truppenabzug“. DW.COM, 30. Dezember 2018. https://www.dw.com/de/irak-will-gr%C3%B6%C3%9Fere-rolle-nach-us-truppenabzug/a-46902893.
[«23] Näheres hierzu bei: Pany, Thomas. „Irak und die Iran-Sanktionen: Der nächste Fehler der Nahostpolitik der USA?“ Telepolis, 16. August 2018. https://www.heise.de/tp/features/Irak-und-die-Iran-Sanktionen-Der-naechste-Fehler-der-Nahostpolitik-der-USA-4140162.html.
[«24] „Mitteilung des Sprechers der Bundesregierung: Bundeskanzlerin Merkel empfängt den Ministerpräsidenten der Republik Irak, Adel Abdul-Mahdi“. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA), 26. April 2019. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bundeskanzlerin-merkel-empfaengt-den-ministerpraesidenten-der-republik-irak-adel-abdul-mahdi-1603322.
[«25] „Merkel: Irak beim Wiederaufbau zur Seite stehen, Pressemitteilung der Bundesregierung“. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA), 30. April 2019. https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/merkel-irak-beim-wiederaufbau-zur-seite-stehen-1604238.
[«26] „Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem Ministerpräsidenten der Republik Irak, Adel Abdul-Mahdi in Berlin, Mitschrift des Wortlauts“. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA), 30. April 2019. https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/pressekonferenz-von-bundeskanzlerin-merkel-und-dem-ministerpraesidenten-der-republik-irak-adel-abdul-mahdi-1604468.
[«27] Alaaldin, Farhad. „As US Hints at Plans to Reduce Troops, Iraqi MPs Divided on What Comes Next“. Al-Monitor, 21. März 2019. https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2019/03/iraq-us-troops-isis-congress.html.
[«28] Ebd. Übersetzung P. Feininger
[«29] Detsch, Jack. „Intel: How the Pentagon Plans to Use Thinned-out US Presence in Iraq“. Al-Monitor, 14. März 2019.
https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2019/03/intel-pentagon-plans-thinned-out-us-presence-iraq.html.
[«30] „U.S.–Iraq Status of Forces Agreement“. In Wikipedia, 5. Mai 2019. https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=U.S.%E2%80%93Iraq_Status_of_Forces_Agreement.
[«31] Gregory Aftandilian. „The Realities and Challenges of a New US SOFA with Iraq“. Arab Center Washington DC (blog), 15. August 2017. http://arabcenterdc.org/policy_analyses/challenges-sofa-iraq/.
[«32] Ebd.
[«33] Meral Cicek, und Peter Schaber. „»Das politische Klima ist vergiftet«“. junge Welt, 2. Juni 2018.

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