Nach dem 2. Weltkrieg 1945 wussten die USA: Von der geschwächten Sowjetunion geht keine Gefahr aus. Aber mit dem Zangengriff von Marshall-Plan und NATO integrierten die USA die west-, nord- und südeuropäischen Staaten in ihre ökonomische und militärische Expansion. Ex-Nazis und Ex-Nazikollaborateure wurden gefördert, dagegen wurden antifaschistische Parteien, Bewegungen, Personen ausgeschaltet, infiltriert, gekauft. Gleichzeitig halfen die USA den Regierungen auch beim Kampf gegen Befreiungsbewegungen in den Kolonien – auch wegen der Rohstoffe für US-Konzerne. Nach 1990 wurde die Gründungslüge und damit der militärisch-kapitalistische Zangengriff mit der „Ost-Erweiterung“ fortgeführt. Dazu gehört, dass Wohlstand und Freiheit für die Mehrheitsbevölkerungen abgebaut werden: Die EU und immer mehr US-Konzerne, Investoren und Berater organisieren die Amerikanisierung mit working poor, working sick sowie legalisierter wie illegaler Arbeitsmigration – gleichzeitig wird die Militarisierung und Feindhetze gegen Russland ausgebaut: Die Beherrschung Eurasiens von Lissabon bis Wladiwostok war von Anfang an der Plan. Wir bringen ein Kapitel aus dem Buch von Werner Rügemer: Imperium EU – ArbeitsUnrecht, Krise, neue Gegenwehr. Köln 2020. Der Krieg in der Ukraine spielt darin natürlich noch keine Rolle, wird aber in einigem erklärbar. Quellenangaben wurden weggelassen.
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„Russland“ nach dem 2. Weltkrieg: Keine Gefahr
Im Vorfeld der NATO-Gründung wussten die Verantwortlichen in den USA: Die Sowjetunion bedeutet keine militärische Gefahr. Einen Angriff auf Westeuropa könne die geschwächte Macht, selbst wenn sie wollte, nicht durchhalten: Die Wirtschaft der Sowjetunion ist großenteils zerstört und technologisch veraltet; ihr Transportsystem ist zu primitiv; ihre Ölindustrie ist leicht anzugreifen. Auch verfügt die Sowjetunion nicht über die Atombombe. „Die Männer im Kreml sind kluge Tyrannen, die ihre innere Macht nicht durch militärische Abenteuer im Ausland aufs Spiel setzen. Sie wollen den Kampf um Deutschland und Europa gewinnen, aber nicht durch militärische Aktion,“ so urteilte der Chefplaner im State Department, George Kennan, 1948 für State Department-Chef Marshall, für Präsident Truman und für die US-Botschafter in diversen Memoranden.
Warum aber gründeten die USA und ihre damals noch wenigen Bündnispartner trotzdem das ausdrücklich gegen die Sowjetunion gerichtete Militärbündnis NATO?
Die Legende vom „Kalten Krieg“
Die Legende besagt, die NATO sei ein „Produkt des Kalten Krieges“ nach dem Ende des 2. Weltkriegs. In Wirklichkeit ist die NATO ein Produkt der US-Expansion, die schon vor dem militärischen Eingriff der USA in den zweiten Weltkrieg imgange war.
Der „kalte Krieg“ ist eines der findigsten ideologischen Konstrukte, mit denen die US-Meinungsmaschine die US-Praktiken seit dem 2. Weltkrieg bis heute verschleiert. Der Begriff wurde vom wichtigsten US-Ideologen des 20. Jahrhunderts popularisiert: Walter Lippmann, Vater des „Neoliberalismus“.
„Kalter Krieg“ soll bedeuten: Nach dem 2. Weltkrieg ist der militärische Krieg zu Ende, und es beginnt die Phase der nicht-militärischen Auseinandersetzung zwischen dem „freien Westen“ und dem „kommunistischen Ostblock“. Doch während des „kalten Krieges“ führten die USA und die ersten NATO-Staaten heiße, sehr heiße Kriege wie z.B. in Griechenland, Korea, den Philippinen, in Afrika und Indochina – darauf wird zurückzukommen sein.
In Wirklichkeit begann der „kalte“ Krieg schon kurz nach Kriegsbeginn, etwa 1941. Roosevelt und Churchill griffen – trotz mehrmaliger Aufforderung ihres Alliierten Stalin – militärisch so spät wie möglich in den Krieg ein: Die Rote Armee und die deutsche Wehrmacht sollten sich so weit wie möglich gegenseitig zerstören. Die US- und die britische Regierung lehnten auch jeden inneren Widerstand gegen Hitler prinzipiell ab. Wall Street-Anwalt Allen Dulles als Chef des Geheimdienstes Office of Stragic Services (OSS) mit Sitz in der Schweiz, wollte keinen Erfolg der Attentäter vom 20. Juli 1944 – einen vorzeitigen Waffenstillstand mit der Sowjetunion wollten die US-Militärs unbedingt verhindern. Die Rote Armee sollte im weitere Kampf gegen Hitlers Wehrmacht möglichst hohe Verluste erleiden.
Die „Verteidigungs“linie der USA nach Europa vorschieben
Der zunächst sich links und sozialistisch verstehende Harvard-Absolvent Walter Lippmann hatte im 1. Weltkrieg für das US-Kriegsministerium die Propaganda für den Kriegseintritt der USA mitorganisiert (Committee on Public Information, CPI): 1917 sollte das pazifistische Neutralitäts-Versprechen des US-Präsidenten Woodrow Wilson umgedreht, der Kriegseintritt der USA sollte nun gerechtfertigt werden.
Danach hatte Lippmann an prominenter Stelle die globale Expansion der USA – v.a. Europa und Japan betreffend – theoretisch begründet und publizistisch begleitet. 1938 hatte er als Gegner des Roosevelt’schen Reformkurses (New Deal) die späteren Gurus der „neoliberalen“ Wirtschaftslehre wie Friedrich Hayek, Alexander Rüstow und Raymond Aron zusammengeführt: Hier wurde der beschönigende Begriff des „Neoliberalismus“ für die globale, antigewerkschaftlich und antikommunistisch ausgeschärfte Kapitalismus-Doktrin geprägt.
Im März 1943 schrieb Lippmann: Nach der Eroberung Nordamerikas, Mittelamerikas, der Karibik, der Philippinen und mehrerer Inseln im Pazifik (Wake, Guam, Hawai, japanische Mandatsinseln) sind die USA gezwungen gewesen, „zwei Drittel der Erdoberfläche von unserer kontinentalen Basis in Nordamerika aus zu verteidigen.“ Jetzt aber eröffne sich mit der absehbaren Niederlage der Achsenmächte Deutschland, Japan, Italien und ihrer Bündnispartner und Kollaborateure ein viel breiterer Zugriff.
Die USA werden ihre bisher eroberten Gebiete, so der Geostratege, nun nicht mehr allein von ihrem nordamerikanischen Territorium und den verstreuten Inseln im Pazifik aus „verteidigen“ können. Vielmehr könne und müsse Amerika jetzt seine „Verteidigungs“linie entscheidend erweitern, „indem wir unsere Außenpolitik auf zuverlässige Bündnisse in der alten Welt gründen.“ In Europa und Japan könnten nun neue US-Stützpunkte errichtet werden. Damit könnten die USA von der bisherigen passiven zur aktiven „Verteidigung“ ihrer nationalen Interessen übergehen.
USA 1947: Aus „Kriegs“- wird „Verteidigungs“ministerium
Zu dieser Strategie gehörten ideologische Kunstgriffe: Die antiliberal und antidemokratisch verschärfte Kapitalismusdoktrin wurde als „Neoliberalismus“ bezeichnet.
Und die verschärfte militärische Expansion wurde als „Verteidigung“ ausgegeben: Von 1789 an, seit ihrer Gründung, hatten die USA faktengemäß ein Kriegsministerium (War Department): Durch Kriege wurde der nordamerikanische Kontinent in das Staatsgebiet integriert, dann wurden Mittelamerika, die Karibik, Kuba, dann die Philippinen, Puerto Rico, China usw. militärisch durchdrungen, zeitweise besetzt, wurden Vasallenregierungen installiert, wurden Inseln okkupiert und als dauerhafte Militärstützpunkte ausgebaut.
Aber gerade auf der bis dahin höchsten Stufe ihrer auch militärischen Expansion wurde das Kriegsministerium 1947 beschönigend und faktenwidrig in Verteidigungsministerium (Defense Department) umbenannt. Deshalb lief dann auch die aggressive NATO unter „Verteidigungs“Bündnis.
Der Zwilling: Marshall-Plan und NATO
Die 1949 gegründete NATO war Zwillingsgeschöpf des Marshall-Plans. Den militärisch-zivilen Doppelcharakter verkörperte George Marshall selbst: Während des 2. Weltkriegs koordinierte er als Chief of Staff das US-Militär auf allen Kriegsschauplätzen zwischen Nordafrika, Europa und Asien. Nach dem Krieg organisierte er als Außenminister von 1947 bis 1949 den Marshall-Plan. Und 1950 schlüpfte der Wendige in die Rolle des US-Verteidigungsministers und organisierte brutale Interventionen einschließlich Napalm-Bombardements gegen Befreiungsbewegungen rund um den Globus, in Korea genauso wie in Griechenland.
Ab 1947 erhielten alle späteren NATO-Gründungsmitglieder Hilfen aus dem Marshall-Plan: Großbritannien, Frankreich, Portugal, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Island, Italien, Norwegen. Dies ging auch nach der NATO-Gründung bis zum Ende des Marshall-Plans 1952 weiter. Zusätzlich beschloss der US-Kongress 1949 eine Milliarde US-Dollar an Hilfen für die Aufrüstung der NATO-Mitgründer-Staaten. Teilweise wurden Marshall-Plan-Hilfen militärisch umgewidmet.
Alle diese Staaten – außer Luxemburg, Italien und Norwegen – waren zudem aktive Kolonialmächte. Die meisten waren zudem Monarchien und kein Ausbund an Demokratie. Die USA selbst unterhielten in neokolonialer Art zahlreiche abhängige Territorien rund um den Globus und beherrschten Staaten in Mittelamerika und in der Karibik mit Hilfe von Diktatoren – am bekanntesten in Kuba.
Vorstufe Brüsseler Pakt: „Deutsche“ und „kommunistische Gefahr“
Vor der NATO-Gründung durften die zuverlässigsten europäischen Staaten, die als Gründungsmitglieder vorgesehen waren, ihr Vorspiel machen. Im März 1948 beschlossen die vom Marshall-Plan hochsubventionierten Regierungen Großbritanniens, Frankreichs und der drei kleinen Benelux-Monarchien den „Brüsseler Pakt“: Er verstand sich als Militärbündnis gegen eine erneute deutsche Aggression und gegen eine drohende sowjetische Aggression.
Diese US-geführten Verschwörungspraktiker simulierten Gefahren, die es nicht gab: Deutschland war vollständig abgerüstet und stand unter militärischer Kontrolle der Alliierten, also auch der Brüsseler Pakt-Mitglieder selbst – Frankreich, Großbritannien, Belgien und die Niederlande waren Besatzungsmächte in Westdeutschland; und sie konnten darüber mitentscheiden, ob Westdeutschland bzw. die Bundesrepublik Deutschland neu aufgerüstet wird oder nicht. Die Sowjetunion war zu einem Angriff auf Westeuropa weder fähig noch willens, zu einer dauerhaften Besetzung noch weniger – diese Einschätzung der US-Regierung war auch den Brüsseler Pakt-Staaten geläufig.
Im Brüsseler Pakt kamen neben Großbritannien die Staaten zusammen, deren Regierungen und Wirtschaftseliten keinen Widerstand gegen die Besetzung der Wehrmacht geleistet, sondern mit Nazi-Deutschland kollaboriert und ebenfalls im „Kommunismus“ die Hauptgefahr gesehen hatten. Sie alle fürchteten nach dem Krieg Bestrafung, Entflechtung oder gar Enteignung, die Militärs und Geheimdienste fürchteten Einflussverlust. Aber die USA hielten die schützende Hand über sie.
Am 4. April 1949 – einige Monate vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland – wurde in Washington das Militärbündnis North Atlantic Treaty Organisation, NATO gegründet. Es wurde als „Verteidigungs“-Bündnis ausgegeben und folgte damit der US-Sprachregelung. Alle anderen Mitglieder waren von den USA abhängig, nicht nur durch den Marshall-Plan, sondern auch durch zusätzliche Kredite, Militärhilfen und Investitionen. Der Sitz der NATO war bis 1952 in Washington.
Auch dabei: Diktator Franco mit Sonderstatus
Die herrschenden Kreise der USA hatten Mussolinis Faschismus bewundert: Er hatte gezeigt, wie man im Westen die „kommunistische Gefahr“ besiegt. Mussolini wurde von der Wall Street mit Krediten überhäuft, US-Investoren kauften Anteile an italienischen Unternehmen, etwa an Fiat. Mit Mussolini und Hitler belieferten US-Konzerne den Faschisten Franco, der die Republik im brutalen Bürgerkrieg vernichtete.
Franco hatte am 1.4.1939 seinen Sieg erklärt – schon zwei Wochen später hatte die Roosevelt-Regierung ihren Botschafter in Madrid ernannt. Nur Mussolini, Hitler, Papst Pius XII. und die britischen Faschistenförderer König George VI. mit Premierminister Neville Chamberlain waren schneller gewesen, um die Diktatur diplomatisch anzuerkennen.
Aus kosmetischen Gründen wurde Spanien zunächst, solange Franco herrschte, kein NATO-Mitglied. Aber die USA bezogen Spanien auch ohne formelle Mitgliedschaft in ihre europäische Expansion ein. Sie betrieben hier Militärstützpunkte und förderten den wirtschaftlichen Aufbau, etwa den Tourismus. Faschismus war mit „freedom and democracy“ und NATO vereinbar.
Krieg gegen Befreiungsbewegungen in den europäischen Kolonien
Mit der NATO, mit zusätzlichen US-Militärstützpunkten in den NATO-Mitgliedsstaaten und zusätzlichen Partnerschaften wie mit Spanien schoben die USA nicht nur im Sinne Lippmanns ihre „Verteidigungs“linie nach Westeuropa vor. Sie unterstützten auch die Kriege, die die europäischen Kolonialmächte gegen die nach dem Krieg erstarkten Befreiungsbewegungen in den Kolonien führten. Und die USA verschafften sich dabei auch Zugang zu Rohstoffen in diesen Kolonien.
Großbritannien
Großbritannien war während des Krieges von den USA durch Rüstung, Schiffe und Nahrungsmittel beliefert worden und war nun bei den USA hochverschuldet. Die USA sorgten dafür, dass der von ihnen 1944 gegründete und beherrschte Internationale Währungsfonds IWF 1947 den ersten großen Kredit an Großbritannien vergab: Damit wurde die Labour-Regierung versöhnt und erpresst.
Großbritannien war auch in weiterer Hinsicht geschwächt: Die wichtigsten Kolonien wie Indien gingen verloren. Schon im Krieg hatte Großbritannien den USA mehrere Militärstützpunkte im Commonwealth überlassen (land lease program). Zur Zeit der NATO-Gründung bekämpfte die Labour-geführte Regierung die Befreiungsbewegung in Ghana, bezeichnete den Vorsitzenden der Convention People’s Party, Kwane Nkrumah, als „little local Hitler“ und steckte ihn 1950 ins Gefängnis. Erst 1957 konnte Ghana mit Nkrumah selbständig werden.
Die USA, die mit ihrem Geheimdienst OSS schon ab 1943 in Griechenland und der Türkei präsent waren, lösten 1948 dort das Militär und den Geheimdienst Großbritanniens ab und übernahmen den Krieg gegen die antifaschistische Befreiungsbewegung in Griechenland.
Kanada
Kanada als Mitglied des Commonwealth war doppelt abhängig: Seit Ende des 19. Jahrhunderts war das Land eine Wirtschaftskolonie der USA. Die kanadischen Truppen und ihr Geheimdienst hatten unter britischem Kommando gestanden, und die britischen Truppen sowie die gesamte britische Kriegswirtschaft waren den USA unterstellt gewesen.
Frankreich
Das zweitwichtigste NATO-Mitglied nach Großbritannien war Frankreich. Die US-Army hatte das Land, zusammen mit Briten und Kanadiern, 1944 von den Nazis und der Vichy-Kollaborationsregierung unter Marschall Pétain befreit. Die linke Résistance, die vom US-Geheimdienst OSS unterwandert worden war, wurde schrittweise ausgeschaltet.
Den ungeliebten General Charles de Gaulle, der gegen Hitler gekämpft hatte und ein unabhängiges Frankreich vertrat, musste man bei der Siegesparade auf den Champs Elysées in Paris mitlaufen und dann eine provisorische Regierung bilden lassen; in ihr war auch die in der Résistance führende kommunistische Partei vertreten. Aber diese Regierung wurde von den USA nie anerkannt. Die Weltbank unter Präsident John McCloy vergab noch vor dem Marshall-Plan einen Kredit an Frankreich, unter der Bedingung: De Gaulle und die Kommunisten müssen raus aus der Regierung! US-Außenminister Byrnes, Vorgänger von Marshall, versprach einen 650 Millionen-Kredit und die zusätzliche Lieferung von 500.000 Tonnen Kohle.
Christlich lackierte Politiker wie George Bidault, enger Freund des CDU-Vorsitzenden und zukünftigen bundesdeutschen Kanzlers Konrad Adenauer und wie dieser mit CIA-Chef Allen Dulles im Kontakt, wurden in die Regierung manövriert. De Gaulle wurde rausgeworfen. Der Kredit wurde gewährt. Die USA rüsteten 1948 zudem drei französische Divisionen auf, damit Frankreich in seinem Besatzungsgebiet in Westdeutschland überhaupt als ernstzunehmende Besatzungsmacht auftreten konnte.
Algerien war nicht nur französische Kolonie, sondern galt als Teil Frankreichs, allerdings mit einem rassistischen Apartheitssystem. Das störte die NATO keineswegs: Algerien wurde sofort in das NATO-Vertragsgebiet einbezogen. Der brutale Kolonialkrieg der französischen Regierung ging verstärkt weiter. Bis zur Unabhängigkeit tötete das französische Militär hunderttausende Unabhängigkeitskämpfer und Zivilisten.
Gleichzeitig verlangte die französische Regierung militärische Hilfe gegen den „Kommunismus“ in der Kolonie Indochina: Die im September 1945 von der Unabhängigkeitsbewegung Vietminh unter Ho Chi Minh ausgerufene Demokratische Republik Vietnam sollte vernichtet werden – die USA halfen Frankreich mit Militärberatern, Nahrungsmitteln und Rüstungsgütern. McCloy als Präsident der Weltbank genehmigte im NATO-Gründungsjahr 1949 auch dafür einen Kredit.
Belgien, Niederlande, Luxemburg
Die drei Benelux-Staaten hatten keinen militärischen Beitrag gegen Hitler-Deutschland geleistet. Ihre Regierungen und Konzerne hatten im Krieg mit den Nazis kollaboriert. Aber Belgien und die Niederlande wurde NATO-Mitglieder und durften aus US-Gnaden als Besatzungsmächte nach Westdeutschland einrücken.
Auch dem Königreich Niederlande gestand McCloy im NATO-Gründungsjahr 1949 einen Kredit der Weltbank zu, damit die Unabhängigkeitsbewegung in der Kolonie Indonesien bekämpft werden konnte. Gegen die 1945 nach der japanischen Besetzung gegründete Republik Indonesien gingen die 145.000 niederländischen Militärs mit der Bombardierung von Städten vor, ermordeten zehntausende Widerstandskämpfer und andere Einheimische und nahmen die Regierung gefangen.
Belgien
Das Königreich Belgien hielt seine rohstoffreiche Kolonie Kongo auch nach 1945 mit US-Zustimmung weiter unter der Knute. Die USA hatten das für ihre Atombomben entscheidende Uran aus der belgischen Kolonie bezogen. Der Bergwerkskonzern Union Minière du Haut Katanga – die Rockefellers waren daran beteiligt – hatte schon 1939 seine Zentrale von Brüssel nach New York verlegt.
Nach 1945 wurde der antikoloniale Widerstand im Kongo gnadenlos bekämpft: Gewerkschaften waren verboten, Streikende wurden erschossen oder öffentlich ausgepeitscht. Später, 1961, wurde in belgisch-US-amerikanischer Komplizenschaft (König Baudouin, US-Präsident Eisenhower, CIA, einheimische Kollaborateure) der erste Premierminister des unabhängig gewordenen Kongo, Patrice Lumumba, nach kurzer Zeit bestialisch ermordet.
Portugal
Das faschistische Portugal war im Krieg neutral geblieben und deshalb wirtschaftlich für Nazi-Deutschland umso wichtiger gewesen: Als wichtigster Staat lieferte Portugal das kriegsentscheidende Edelmetall Wolfram für die Stahlhärtung, nötig etwa für Gewehrläufe und Kanonenrohre. In Portugal wurden Raubaktien und Raubgold für die Finanzierung der deutschen Kriegsführung gewaschen.
Die USA gaben nach 1945 die asiatischen Kolonien Timor und Macau, die von Japan besetzt worden waren, an Portugal zurück. In den afrikanischen Kolonien Mosambik und Angola herrschte kolonialistische Zwangs- und Plantagenwirtschaft (Kaffee, Baumwolle). Die Kommunistische Partei als wichtigste Befreiungsorganisation war verboten und wurde verfolgt.
Und die USA und die NATO konnten nun die Atlantikinseln Portugals, die Azoren, als Militärstützpunkte nutzen.
Kleine Staaten und spätere NATO-Mitglieder
Island, eine dänische Kolonie, war 1940 von Großbritannien und den USA besetzt worden. Das Land hatte 1944 gegenüber Dänemark seine Unabhängigkeit erklärt. Deshalb bekam Island Marshall-Plan-Gelder und stimmte seiner NATO-Mitgliedschaft zu. Das kleine Land unterhielt kein eigenes Militär, diente aber als US- und NATO-Stützpunkt.
Dänemark: Hier wurde nach der Nazizeit eine antifaschistische Regierung gebildet. Zu ihr gehörte auch die Kommunistische Partei, die Widerstand gegen die Nazis geleistet hatte. Auch hier trieben die USA mithilfe der Sozialdemokratie und des Marshall-Plans die ursprünglich gewollte Blockfreiheit aus.
In der dänischen Kolonie Grönland hatten die USA schon 1941 Militärstützpunkte errichtet. Die dänische Regierung, die sich die außen- und sicherheitspolitische Herrschaft über Grönland vorbehalten hatte, stimmte zu: Grönland wurde 1951 zum NATO-Verteidigungsgebiet erklärt. Der US-Militärstützpunkt Thule in Grönland wurde als vorgeschobener Spionagestandort gegen die Sowjetunion und dann gegen Russland zu einem der größten ausländischen US-Stützpunkte ausgebaut und bestimmt die dänische Außenpolitik.
Norwegen: Hier wollte die sozialdemokratische Regierung nach der deutschen Besetzung blockfrei bleiben. Aber mithilfe des Marshall-Plans und zusätzlicher Aufrüstungshilfen manövrierten die USA auch Norwegen in die NATO.
Griechenland: Im NATO-Gründungsjahr bombardierten US-Sturzkampfflieger die Stellungen der schon siegreichen antifaschistischen Befreiungsbewegung in Griechenland mit Napalm und rüsteten das monarchietreue Militär aus, das mit den Nazis kollaboriert hatte. Nur so konnte die Befreiungsbewegung besiegt werden. Als die USA hier wie in der benachbarten Türkei für eine US-abhängige Regierung gesorgt hatten, holten sie 1952 die beiden Staaten in die NATO.
Bundesrepublik Deutschland: Größte US-Festung in Europa
Die USA wollten vor allem die westlichen Besatzungszonen Deutschlands in die NATO holen. Doch erstens war dieses Westdeutschland noch kein Staat; und zweitens sperrten sich zunächst die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens wegen der kritischen Öffentlichkeit in beiden Staaten gegen die Wiederbewaffnung der Deutschen.
Aber kurz nach der Gründung des neuen Staates Bundesrepublik Deutschland (BRD) sagte dessen christlich lackierter Kanzler Konrad Adenauer 1950 die Wiederbewaffnung zu (heimlich). Er ließ die Friedens- und Neutralitätsbewegungen bekämpfen und als „kommunistisch“ verhetzen. Die USA förderten schon ab 1950 die Rüstungsproduktion in der BRD für den Bedarf des Krieges gegen die Volksbefreiungsbewegung in Korea. Die bundesdeutschen Rüstungsindustriellen setzten sich für die NATO ein. Und schon im September 1950 schloss die NATO die BRD in das NATO-Verteidigungsgebiet ein – fünf Jahre vor dem formellen NATO-Beitritt.
Heute im 21. Jahrhundert beherbergt kein anderer Staat auf dem Planeten soviele zusätzliche US-Militärstützpunkte wie das NATO-Mitglied Bundesrepublik Deutschland.
Die USA dringen in die europäischen Kolonien ein
Die NATO war somit ein Bündnis gegen die nach- und antifaschistische Demokratisierung in Europa und gegen die nationale Selbstbestimmung in den Kolonien. Und der neokoloniale NATO-Führungsstaat USA drang in die alten Kolonien der Europäer ein.
In den französischen Kolonien Indochinas (Vietnam, Laos, Kambodscha) und Afrikas (ein gutes Dutzend Kolonien v.a. Frankreichs, dann auch Belgiens und Portugals) lagerten wichtige Rohstoffe. An diese wollten US-Unternehmen nun möglichst günstig herankommen. Die Behörde des Marshall-Plans in Paris unterhielt unter Evan Just die Abteilung „Strategische Rohstoffe“. Sie erkundete und inventarisierte in den Kolonien der europäischen Kolonialmächte z.B. Mangan und Graphit in Madagaskar; Blei, Kobalt und Mangan in Marokko; Kobalt, Uran und Cadmium im Kongo; Zinn in Kamerun; Chrom und Nickel in Neu-Kaledonien; Kautschuk in Indochina; Öl in Indonesien; daneben Industriediamanten, Asbest, Beryllium, Tantalit und Colombit.
Die Marshall-Plan-Behörde und das State Department organisierten ab 1948 Rohstoff-Kaufverträge etwa zugunsten der US-Konzerne United Steel, Bethlehem Steel und Newmont Mining. Investmentbanken wie Morgan Stanley und Lazard Frères bildeten gemeinsame Holdings zur Modernisierung von Bergwerken in den Kolonien. Für die Atombomben brauchten die USA nach dem Krieg ohnehin noch mehr Uran als während des Krieges.
Endlich, endlich Russland erobern? Widerstand!
Für die NATO ging es bei der Gründung nicht um die Besiegung des „Kommunismus“, das war nur eine Vorstufe. Es ging und geht um die US-geführte Eroberung und Nutzung Europas, insbesondere Russlands, also ganz Eurasiens von Lissabon bis Wladiwostok (so der US-Präsidentenberater Zbigniew Brzezinski) und zwar unabhängig davon, ob es kommunistisch oder kapitalistisch ist.
Die NATO war und ist ein Bündnis, das die UNO-Charta, Artikel 1 „Selbstbestimmung der Nationen“, von Anfang an prinzipiell und dauerhaft verletzte und weiter verletzt. NATO-Mitglieder – und auch assoziierte Mitglieder wie die Schweiz und Österreich – zogen in unterschiedlicher Weise mit in die von den USA angeführten, zahlreichen Kriege des zu Unrecht so genannten „Kalten Krieges“, angefangen im Korea-Krieg, zuletzt z.B. zwei Jahrzehnte lang in Afghanistan und ließen verarmte, zerstörte Länder zurück, mit hohen Gewinnen für die Rüstungs-, Energie-, Zuliefer- und private Militärdienstleistungs-Industrien.
Und selbst unter dem ansonsten ein bisschen kritisierten Präsidenten Donald Trump folgten die europäischen NATO-Partner der NATO-Führungsmacht bei der antirussischen Hetze und Aufrüstung zur Eroberung des eurasischen Großraums, die endlich, endlich gelingen soll, wenn es sein muss wieder mit Krieg, und diesmal auch mit Atombomben.
Mit der Ost-Erweiterung der NATO wurde die Gründungslüge fortgesetzt. Die EU-Mitgliedschaft der ex-sozialistischen Staaten folgte immer erst ein paar Jahre nach der NATO-Mitgliedschaft. Die EU ist weiter ein Anhängsel der NATO. Die relative wirtschaftliche Förderung durch den Marshall-Plan brachte nur einen relativen Wohlstand – und er war nur ein Zugeständnis auf Zeit. Die endete 1990. Die EU zusammen mit US-Konzernen, Investoren und Beratern baut seitdem den relativen Wohlstand ab, schrittweise, erst in Osteuropa, aber spätestens seit der „Finanzkrise“ 2008 immer schneller auch in den „reichen“ Staaten Westeuropas.
Es geht um viel. Das jahrzehntelang genährte NATO-Lügengebäude ist brüchiger denn je. Der Widerstand dagegen muss und kann eine neue Kraft annehmen, auf allen Kontinenten. Die rechtlich-politische Grundlage ist mit dem UN-Völkerrecht und den UNO-Menschenrechten, zu denen auch die Arbeits- und Sozialrechte gehören, längst geklärt. Und dass das Militär nicht nur die Umwelt schädigt, können auch Umweltfreunde noch lernen.
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