Der Westen wirft alle Regeln des Völkerrechts, basierend auf der UN-Charta, über Bord und steuert ins Chaos. Im Ukraine-Krieg und im Nahen Osten zeigt sich eine gefährliche Doppelmoral: Während bei einigen Ländern hart durchgegriffen wird, ignorieren westliche Akteure eigene Verstöße. Was bedeutet das für eine „wertebasierte“ Politik, wenn Recht und Moral beliebig ausgelegt werden? Der ungarische Diplomat György Varga wirft einen kritischen und stellenweise ironischen Blick auf eine Welt im Umbruch. Aus dem Ungarischen übersetzt von Éva Péli.
Die im UN-Rahmen akzeptierten Regeln der internationalen Beziehungen enthalten Normen für die Beziehungen zwischen souveränen – das heißt in keiner Weise anderen Staaten untergeordneten – Ländern, die der kollektive Westen (USA, EU, NATO, Israel) immer weniger befolgen will, da nach diesem Regelwerk die Länder des kollektiven Westens keinerlei Vorrechte unter den 193 UN-Mitgliedstaaten besitzen. Die Lösung wurde gefunden: In den gut drei Jahren des Ukraine-Krieges verlagerte sich die Herangehensweise an den Konflikt vom internationalen Recht in die Dimension der Moral. Jede fachlich unhaltbare Frage gelangt entlang eines aus politischen Interessen abgeleiteten moralischen Kommunikationsnarrativs in die Entscheidungsphase, was naturgemäß neue Konflikte schafft und alte eskaliert. Das sehen wir auch heute im Zuge des israelisch-US-amerikanischen Angriffs auf den Iran.
Israel ist de facto ein Atomwaffenstaat, in dem es weder früher noch heute internationale Inspektoren in den Atomanlagen gab. Der Iran besitzt de facto keine Atomwaffen, und seit Jahren sind internationale Inspektoren in seinem Gebiet, die bezeugen, dass der Iran möglicherweise in Monaten oder Jahren Atomwaffen herstellen könnte, wenn er wollte – aber es gibt keine eindeutigen Beweise für eine solche Absicht. Dann bombardieren wir ihn, so gehen wir auf Nummer sicher – entscheidet der friedensfreundliche US-Präsident.
Die alarmierenden und chaotischen Entwicklungen zeigen deutlich, wie der kollektive Westen seine internationalen Beziehungen vollkommen eigennützig gestaltet, dies aber zur Absicherung der öffentlichen Zustimmung moralisch verbrämt und über Jahre mit kommunikativen Klischees vorbereitet.
Eskalation im Nahen Osten: Trumps Rolle bei den Angriffen auf den Iran
Bevor ich auf die aktuelle militärische Aggression gegen den Iran eingehe, halte ich einige Fakten fest. Ihre Belege sind für Interessierte in zugänglichen Quellen längst zu finden und zeigen uns, wo wir in der von der „wertebasierten“ EU/NATO-Elite maßgeblich bestimmten Weltpolitik stehen.
- Drei Jahre nach Kriegsbeginn gibt der neue US-amerikanische Außenminister zu, dass in der Ukraine ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland stattfindet. (Vage erinnere ich mich noch an Experten, die seit 2022 das Gegenteil behaupteten.)
- Wir befinden uns in einem Bündnissystem, in dem ein Land ungestraft die strategische Gasleitung eines Verbündeten sprengen kann. Mehr noch, wir verstehen die Botschaft, und die EU-Elite lässt die verbleibenden Netze selbst abschalten (neue Sanktionspakete sind darauf ausgerichtet), strebt deren vollständige Beendigung an und sieht es wohlwollend, wenn die Ukraine den Energietransit in die Union unterbricht. Wer diesen Schritten nicht zustimmt, arbeitet gegen Europas Interessen.
- Die Antwort der EU-Elite auf einen europäischen Krieg dient nicht der wirtschaftlichen Entwicklung der 27 Mitgliedstaaten, sondern den globalen Zielen externer Akteure (in den Bereichen Energie, Migrationsmanagement, Sanktionspolitik). Es werden keine Schritte unternommen, um den Krieg zu beenden oder zu isolieren. Unser einziges Lebensziel ist die NATO- und EU-Mitgliedschaft der Ukraine.
- Der deutsche Generalstaatsanwalt hat einen internationalen Haftbefehl gegen einen ukrainischen Beamten wegen Beteiligung an der Sprengung der strategischen Gasleitung des Landes erlassen. Trotzdem erhöht die deutsche Regierung – ohne erkennbares nationales Selbstbewusstsein – ihre militärische und finanzielle Unterstützung für die Ukraine. Das garantiert, dass weiterhin Geld in der Ukraine bereitsteht, um auch andere deutsche oder EU-Objekte zu sprengen.
Die Wahlkampagne von Donald Trump, der sich selbst als friedensfreundlicher Präsident bezeichnete, und seine spätere Wahl mit starker innenpolitischer Legitimität weckten die Hoffnung, dass die andauernden internationalen Konflikte entschärft oder beendet würden. Seine ersten Schritte und Äußerungen deuteten in diese Richtung, doch rasch zeigten sich die internen und externen Gegner dieser friedensorientierten US-Außenpolitik.
Am 2. März wurde in London die Koalition der Willigen gegründet. Ihr Ziel: die Ukraine auch ohne die USA weiter mit allem Nötigen für den Krieg zu versorgen. Diese Koalition übt zudem ständigen Kommunikationsdruck auf Washington aus: Sollte die Ukraine verlieren, wäre dies Trumps Schuld. Die EU- und NATO-Eliten waren insofern erfolgreich, als Trumps kategorische Friedenspolitik durch US-amerikanisches Zögern ersetzt wurde, das auch von den Kriegsbefürwortern seiner eigenen Partei (wie Senator Lindsey Graham) fortlaufend untergraben wird.
Auch die israelische Lobby verstärkte den Druck auf den neuen Präsidenten in Washington: Die seit Oktober 2023 laufenden Anti-Terror-Operationen, die israelischen Militärschläge in Gaza, Libanon und Syrien und die notwendige Verteidigung drohten die wirtschaftlichen und militärischen Reserven Israels zu erschöpfen.
Am 13. Juni startete Israel einen allgemeinen Luftangriff auf den Iran, der nicht angrenzend und 1.300 Kilometer entfernt liegt, liquidierte die Atomwissenschaftler, die militärische Führung und wichtige Teile der militärischen Infrastruktur des Landes. Es war spürbar, dass die iranische militärische Antwort und die daraus resultierenden weltpolitischen Konsequenzen Israel nur eine minimale Chance gaben, die potenziellen Folgen des von ihm initiierten Krieges ohne US-amerikanische Unterstützung zu bewältigen.
Die Logik des israelischen Angriffs vom 13. Juni und der US-amerikanischen Luftschläge gegen iranische Nuklearanlagen in der Nacht zum 22. Juni zeigt, dass Präsident Trump über den gesamten Vorgang informiert war. Dies gilt umso mehr, da amerikanische Flugzeuge bereits am 13. Juni an der israelischen Luftverteidigung Israels beteiligt waren.
Das Problem mit der Aggression gegen den Iran
Was ist also das Problem mit der israelisch-US-amerikanischen Militäraggression gegen den Iran?
Das erste Problem ist, dass viele westliche Experten gar nicht von Aggression sprechen. Für sie ist es eine humanitäre Aktion gegen das „Reich des Bösen“, und die ganze Welt sollte dankbar sein, dass verantwortungsvolle Politiker den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen gehindert haben. Wer sich jedoch tiefer mit den völkerrechtlichen, politischen, militärischen und waffentechnischen Hintergründen der Situation befasst, unterstützt angeblich das Böse. Die Hauptsache ist, niemanden mit den Fakten zu konfrontieren; der moralische Verweis zieht bei den Massen immer, denn kein vernünftiger Mensch würde das Böse verteidigen. (Wir kennen ja das Klischee: Wer den Krieg und die Sanktionen nicht fortsetzen will, unterstützt Putin.)
Dabei gibt es hier reichlich Probleme. Tulsi Gabbard, die Leiterin der US-Geheimdienste, berichtete am 25. März vor dem Geheimdienstausschuss des Senats, dass der Iran kein Atomwaffenprogramm besitzt und technisch noch Jahre von der Möglichkeit der Waffenentwicklung entfernt ist. Auch Rafael Grossi, der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA, konnte iranische Schritte zur Atomwaffenproduktion oder die drohende Nähe einer solchen Fähigkeit nicht bestätigen.
Es ist kein Zufall, dass Präsident Trump nervös auf die Einschätzung seiner eigenen Geheimdienste reagierte, als ihn die Presse zwei Tage vor dem Angriff auf die iranischen Atomanlagen damit konfrontierte. Der Präsident war sich offensichtlich des Widerspruchs bewusst, der zwei Tage später für alle anderen klar wurde. Dies ist nur einer von vielen Punkten, die die US-amerikanische Gesellschaft, die internationale Öffentlichkeit und die Akteure der Weltpolitik zu Recht aufwerfen können.
- Was rechtfertigte am 13. Juni Luftangriffe Israels und am 22. Juni der Vereinigten Staaten gegen ein souveränes Land, wenn es keine Beweise dafür gab, dass der Iran jemanden angreifen wollte oder dazu fähig war?
- Darf ein UN-Mitgliedstaat angegriffen werden, weil er dieselbe Waffe besitzen möchte wie das Land, das ihn garantiert angreift (und angegriffen hat)?
- In wessen Interesse bombardierten die Vereinigten Staaten die iranischen Atomanlagen? Die USA wurden nicht von einem Angriff bedroht, bei dem sie nach der UN-Charta berechtigt wären, Gewalt anzuwenden. (Präsident Trump kann auch mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, da er ohne Genehmigung des Gesetzgebers bei fehlender unmittelbarer Gefahr keine militärische Gewalt anwenden darf.)
- Wer steuert die Außenpolitik der Vereinigten Staaten, wenn der Präsident gegen die Einschätzung seines eigenen Geheimdienstes und der internationalen Fachorganisation (Atomenergiebehörde) entscheidet?
- Trifft Präsident Trump Entscheidungen oder die israelischen Lobbyisten? Diese Version ist heute eine ernsthafte Frage in der US-amerikanischen innenpolitischen Debatte über den Angriff auf den Iran.
- Wie ist die Liquidierung iranischer Atomwissenschaftler durch Israel legitimiert? Wird es ähnlich legitim sein, wenn Russland unter Berufung auf die angekündigte ukrainische Regierungspolitik ukrainische Atomwissenschaftler liquidiert?
- Dürfen nach iranischem Beispiel alle Biologen (nach Ansicht des wertebasierten Westens) liquidiert werden, die potenziell biologische Waffen herstellen könnten, oder nur diejenigen, die außerhalb der Länder des kollektiven Westens leben?
- Israel hat die hochrangigen Führer der iranischen Streitkräfte liquidiert. Wird die EU/NATO dies in Zukunft auch bei Konflikten zwischen anderen Ländern als akzeptierte Norm behandeln?
- Die Ukraine hat wiederholt die Liquidierung russischer Generäle in ihrem Wohnumfeld zugegeben. Die EU hat die Terrorakte nicht verurteilt. Die israelischen und US-Angriffe auf den Iran können die Zahl der Terrorakte offensichtlich um Größenordnungen erhöhen. Wird die EU bei Attentaten auf US-amerikanische und israelische Wissenschaftler und Generäle dieselbe Haltung einnehmen wie bei den Terrorakten in Moskau und den Angriffen auf den Iran?
Durch die Aggression gegen den Iran vertieft sich die moralische Degradierung des kollektiven Westens weiter. Die westlichen Länder, die Souveränität in einigen Fällen absolut setzen und in anderen ignorieren, stehen nach den Angriffen auf den Iran vor einem erheblichen Dilemma. Sie riskieren damit eine weitere moralische Schwächung des kollektiven Westens.
Etwa sieben der acht Milliarden Erdbewohner würden die oben gestellten Fragen logisch beantworten. Doch im von Brüssel kontrollierten Kommunikationsraum sind korrekte, prinzipielle Antworten nicht zu erwarten. Die EU- und NATO-Elite, die zum globalen Westen gehört, lässt die Länder der EU und NATO in der Ukraine im Namen erhabener Ziele kämpfen. Dabei verabsolutiert sie den Inhalt der ukrainischen Souveränität: ein subjektives Recht auf NATO-Mitgliedschaft, eine beschleunigte EU-Aufnahme und jahrelang zugesagte finanzielle und militärische Unterstützung.
EU vor moralischem Dilemma: Die Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs
Brüssel unterstützt lauthals den internationalen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen das russische Staatsoberhaupt. Das geschieht, obwohl die zugrunde liegende Behauptung von den Ukrainern selbst widerlegt wurde. Statt Zehntausender verschleppter Kinder geht es nun um die Rückkehr von insgesamt 339 Kindern, die aufgrund von Bevölkerungsbewegungen während der Kämpfe unter russische Kontrolle gerieten und für deren Rückführung die Kooperation der russischen Seite erwartet wird.
Ohne auf die politisierte Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs, den eskalierenden Charakter der internationalen Haftbefehle gegen Präsident Putin und den israelischen Premierminister Netanjahu oder deren Fähigkeit, konkrete Konflikte zu entschärfen, einzugehen, erwarte ich mit großem Interesse die Stellungnahme der Europäischen Union.
Was sagen deren Chefdiplomatin Kaja Kallas und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu, dass Israels international gesuchter Premierminister in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten eine Aggression gegen einen souveränen UN-Staat begangen hat? Betrachten sie die militärische Aggression gegen Iran als erschwerenden oder mildernden Umstand?
Die Frage ist natürlich absurd: Die EU würde es kaum wagen, sich in dieser Angelegenheit prinzipiell zu äußern. Gleichzeitig hat der kollektive Westen in den letzten Jahren genau diese Situationen geschaffen, indem er den Ukraine-Krieg absolut setzte, eine darauf abgestimmte Sanktionspolitik betrieb und kommunikative Klischees bemühte, die sich auf hohe moralische Normen berufen. Jetzt stellt sich die Frage: Werden die Prinzipien aufgegeben oder die Kommunikationsnarrative neu geschrieben?
Westliche Heuchelei und internationales Chaos
Wir haben dies bereits im Zusammenhang mit Grönland und Kanada gesehen: Die USA können einem NATO-Verbündeten einfach zwei Millionen Quadratkilometer entreißen – zumindest ist dies die bekannte Absicht – oder Kanada ein aufdringliches Angebot machen, der 51. US-Bundesstaat zu werden. All das geschieht, ohne dass die Abgeordneten des EU-Parlaments, die sich angeblich auf dem Höhepunkt der Moral befinden, auch nur daran denken würden, dass eine solche Situation in normalen, wirklich demokratischen internationalen Beziehungen gar nicht erst aufkommen dürfte.
Der Westen stürzt die internationalen Beziehungen ins Chaos, indem er die UN-Normen missachtet und selektiv anwendet. Bis zum Ukraine-Krieg und dessen Verabsolutierung durch den Westen reagierte die internationale Gemeinschaft in den meisten Fällen nach der jahrzehntelang etablierten Praxis. Seit 2022 bewegen sich alle Teilsysteme der internationalen Beziehungen in Richtung Chaos. Die Missachtung von Fakten, der selektive Charakter der politischen Praxis und die Heuchelei moralischer Verweise prägen die Lage.
Es wird interessant sein zu sehen, welche Anstrengungen das Europäische Parlament unternehmen wird, um die Vereinigten Staaten und Israel zur Entschädigung der dem Iran entstandenen Schäden aufzufordern. Der globale Westen deformiert im Rahmen seiner „wertebasierten“ Politik die internationalen Beziehungen und zerstört deren Sicherheits-, Finanz- und völkerrechtliche Teilsysteme. Nur noch ein einziger Grundsatz ist geblieben: Wer die Macht hat, hat recht.
Rückschläge der Aggression gegen Iran
Die israelisch-US-amerikanische Militäraggression gegen den Iran könnte sowohl den Vereinigten Staaten als auch Israel schwer zusetzen. Der Angriff erfolgte, obwohl Verhandlungen zwischen den USA und Iran über das Atomprogramm liefen. Washington, und konkret die Trump-Administration, hat sich als unzuverlässiger Verhandlungspartner erwiesen – und das ist nicht das erste Mal: 2015 hatte Iran zugestimmt, auf die Atomwaffenproduktion zu verzichten, im Gegenzug garantierten die USA, die EU und Russland die Aufhebung der internationalen Sanktionen.
Im Jahr 2018 trat Präsident Trump aus eigenem Entschluss einseitig aus dem Iran-Atomabkommen aus, woraufhin auch Iran sich nicht mehr daran gebunden fühlte. US-Analytiker hielten es für gefährlich, dass der fast 90 Millionen Einwohner zählende persische Staat ohne Sanktionen erhebliche Fortschritte machen und zu einer unverzichtbaren Regionalmacht aufsteigen könnte. Vor diesem Hintergrund sehen die Iraner und die internationale Öffentlichkeit, die die Vorgeschichte kennt, den jüngsten US-Angriff als moralische Degradierung der USA und des kollektiven Westens. Dies war auch an den Gesichtsausdrücken von Vizepräsident J. D. Vance und Außenminister Marco Rubio zu erkennen, die hinter Präsident Trump standen, als er die Angriffsergebnisse verkündete.
Gesondert zu betrachten ist, wie die Angriffe der Vereinigten Staaten und Israels auf Nuklearanlagen zu bewerten sind. Gültige internationale Abkommen verbieten Angriffe auf Atomanlagen, da daraus unabsehbare nukleare Katastrophen resultieren können. Seit Februar 2022 hören wir wöchentlich, wie die Russen unter sich angeblich das Kernkraftwerk Saporischschja beschießen und damit die globale Sicherheit gefährden. Es wird sich zeigen, wie die Experten nach der offen eingestandenen Bombardierung iranischer Atomanlagen die Alarmglocken läuten. Natürlich könnte sich auch hier herausstellen (sollte Trump etwas Druck auf Geheimdienstchefin Tulsi Gabbard ausüben), dass die Iraner – ähnlich wie die Russen – ihre eigene Infrastruktur als Provokation selbst zerstört haben.
Präsident Trump hat das Bild des „friedensstiftenden Präsidenten“, welches er monatelang von sich selbst verbreitet hat, erheblich diskreditiert. Dem angestrebten Friedensnobelpreis ist er offensichtlich nicht nähergekommen, und selbst ein Teil der Fachelite, die eine Hauptrolle bei seinem Wahlerfolg spielte und auch heute noch erhebliche Möglichkeiten zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung besitzt, hat sich von ihm abgewandt. In den letzten Tagen sahen wir die kritischen Äußerungen des Fernsehmoderators Tucker Carlson, der Militärexperten Douglas Macgregor und Daniel Davis.
Israel muss ebenfalls mit negativen Auswirkungen rechnen. Die internationale Öffentlichkeit hat bisher wenig beachtet, dass Israel dem Iran die Durchführung eines Atomprogramms vorwirft, das es selbst längst hinter sich hat: Israel wird von der Welt als Atomwaffenstaat angesehen – ein Land, das den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen nicht unterzeichnet hat und de facto über Atomsprengköpfe verfügt.
Die am 13. Juni begonnenen israelischen Luftangriffe und die sich daran anschließenden US-amerikanischen Bombardierungen der iranischen Atomanlagen könnten neue Prozesse unter den 193 UN-Mitgliedstaaten auslösen: Die Frage der israelischen Atomwaffen, deren Kontrolle und Abrüstung könnte leicht auf die Tagesordnung kommen. Das wäre korrekt, wertebasiert. Oder nicht? Denn wenn es keine Atomwaffen gibt, muss man sich vor internationalen Inspektoren nicht fürchten, und die nicht existierenden Waffen müssen auch nicht abgerüstet werden. Wenn es aber welche gibt, ist das ein großes Problem, denn sie wurden hinter dem Rücken der internationalen Gemeinschaft unter unkontrollierten Bedingungen geschaffen. Dann müssen sie abgerüstet werden, denn wir sehen, dass es auch dann gefährlich sein kann, wenn es keine gibt – wie im Iran.
Der Beitrag ist auf dem ungarischen Fachportal Moszkvater erschienen und wurde gekürzt und redaktionell bearbeitet.
Titelbild: Shutterstock / Aleutie
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