Alle Friedenspreise erobert!

Alle Friedenspreise erobert!

Alle Friedenspreise erobert!

Ein Artikel von Rupert Koppold

Die deutschen Friedenspreise sind kriegstüchtig geworden. Ihre Namensgeber und ihre Satzungen, die zu Völkerverständigung oder gar zum Pazifismus aufrufen, sind nur noch Ballast und werden inzwischen ignoriert. Gepriesen wird jetzt, wer lautstark nach den Waffen schreit und jeden Wunsch nach Verhandlungen denunziert. Von Rupert Koppold.

Krieg ist Frieden“ (das Wahrheitsministerium in George Orwells „1984“)

Anne Applebaum ist eine Publizistin mit US- und polnischer Staatsbürgerschaft, eine antirussische Hardlinerin, über welche die taz am 6. April 2024 schreibt:

„Seit Beginn des Ukrainekrieges ist sie in der deutschen Öffentlichkeit mit der Forderung nach Waffenlieferungen an die Ukraine sehr präsent. Unter anderem hatte sie Olaf Scholz im Februar 2023 vorgeworfen, zu lange gezögert zu haben bei der Lieferung von Leopard-Panzern (…) Ein Ende des Kriegs ist für Applebaum nur durch eine völlige Niederlage Russlands denkbar. Verhandlungen über einen Waffenstillstand lehnt sie aus diesem Grund ab.“

Anne Applebaum sorgt sich allerdings um die Menschen vor Ort. In einem Interview mit der NZZ vom 20. September 2023 sagt sie:

„Ich befürchte nicht so sehr, dass die Ukraine an ausländischer Unterstützung verliert, sondern dass die Bevölkerung ermüdet.“

Applebaum ist verheiratet mit dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski, der nach dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines sofort wusste, wer dafür verantwortlich war und euphorisch twitterte: „Thank you, USA!“ Ach ja: Anne Applebaums bellizistische Aktivitäten wurden gerade mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels gewürdigt.

Anne Applebaum hat Bücher über Russland respektive die Sowjetunion als Reich des Bösen geschrieben und die Ukrainer ausschließlich als Opfer dargestellt. „Nicht erwähnt werden von Applebaum die Massenpogrome, die zu einem erheblichen Teil Ukrainer kurz nach dem deutschen Einmarsch in der heutigen Westukraine im Jahr 1941 an ihren jüdischen Nachbarn verübten, denen sie Kollaboration mit der gerade abgezogenen Sowjetherrschaft vorwarfen (…),“ so schreibt Franziska Davies in ihrer Rezension des Applebaum-Buchs „Roter Hunger“ am 20. Januar 2020 in der Süddeutschen Zeitung. Die Osteuropaforscherin Davies, inzwischen selbst stramme Ukraine-Propagandistin, fuhr fort: „Unerwähnt bleibt bei Applebaum ebenso die Kollaboration ukrainischer Faschisten mit den Deutschen sowie die Ermordung von annähernd Hunderttausend Polen in Wolhynien in der heutigen Nordwestukraine durch die sogenannte Ukrainische Aufstandsarmee (UPA) zwischen 1943 und 1945.“

Die Bellizistin und der Pazifist

Die Applebaum-Preisungen haben übrigens schon vor der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels begonnen, sie wurde in diesem Jahr auch mit dem Carl-von-Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg ausgezeichnet. Die Jury würdige Applebaum, so die Stadt, weil sie sich „mutig und mahnend für Demokratie und Menschenrechte in globaler Perspektive einsetze“. Zum pazifistischen Namensgeber des Preises, der von den Nazis im KZ gefoltert wurde und 1938 an den Folgen starb, heißt es in den Vergaberichtlinien: „Als Sekretär der ,Deutschen Friedensgesellschaft‘ (1920), als Mitarbeiter und späterer Herausgeber der Wochenschrift ,Die Weltbühne‘ (1926-1933) ist Carl von Ossietzky entschieden für die Sache des Friedens eingetreten. Die ,Weltbühne‘ unterstützte die Entwicklung der Demokratie in der ersten deutschen Republik, die deutsch-französische Verständigung und die Versöhnung mit allen Kriegsgegnern des Ersten Weltkrieges. Sie war gegen Wiederaufrüstung, Militarismus, Revanchismus und Nationalsozialismus, gegen Faschismus und Anwendung von Gewalt, von welcher Seite auch immer.“

Ossietzky, der 1936 den Friedensnobelpreis erhielt, wurde schon 1931, also noch in der Weimarer Republik, verurteilt und bestraft, weil er in der ,Weltbühne‘ auf die illegale Aufrüstung der Reichswehr hingewiesen hatte. Der Carl-von Ossietzky-Preis an die Aufrüstungsfanatikerin Anne Applebaum ist nichts weniger als eine Verhöhnung des Namensträgers, in dessen Geist er eigentlich vergeben werden soll. Der neue Geist dagegen kehrt Worte und Werte perfide um und führt Namen gegen sich selbst ins Feld. Auch Heinrich Böll wird als Namensträger einer grünen Stiftung missbraucht, die nach Aufrüstung schreit. Und wie unsere Feuilletons und Kulturmagazine mitmachen, noch nicht alle, aber viel zu viele! Diese sich so feinsinnig gebenden Literaten zum Beispiel, die den Friedenspreis an Anne Applebaum vergeben haben, obwohl es auf der Webseite des Stiftungsrates heißt, dass dieser seit 1950 an eine Persönlichkeit verliehen werde, „die einen wichtigen Beitrag zum Frieden, der Menschlichkeit und der Verständigung der Völker geleistet hat“.

Zwischentitel: Kinder, Kultur und Waffen, Waffen, Waffen

Aber schon zwei Jahre vor Applebaum wurde dieser Friedenspreis an den ultranationalistischen und rechtslastigen ukrainischen Schriftsteller Serhij Zhadan vergeben, der bei Lesungen den Stift einer Handgranate präsentiert hat und seinem Bellizismus („Wir müssen unseren Kindern das Wichtigste weitergeben: unsere Kultur und unsere Waffen.“) noch ein bisschen Kultur-Rassismus hinzugefügt hat. Die Junge Welt zitiert ihn am 22.Oktober 2022: „Ist Puschkin daran schuld, dass Kriegsverbrecher in Russland geboren werden? Ja, er ist schuldig. Natürlich ist er schuldig. Sie sind alle schuldig.“

Es sei freilich kein Zufall, so Peter Nowak am 1. November 2022 auf Telepolis, „dass mit Zhadan ein politischer Erbe jenes deutschfreundlichen ukrainischen Nationalismus den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels bekommen hat, der zeitweise mit dem Naziregime kooperierte und sich mit ihm das Feindbild – Juden und Moskowiter – teilte“. Zhadan hat seinen Kriegsaufrufen jetzt Taten folgen lassen. Seit Juni dieses Jahres schießt der Mann, der für seine „humanitäre Haltung“ ausgezeichnet wurde, aktiv an der Front mit, allerdings nicht für die Armee, sondern für die Nationalgarde, das staatliche Auffangbecken für die neofaschistischen Asow-Kämpfer. Kleiner Nachtrag: Dem Stiftungsrat des Friedenspreises gehört zum Beispiel die in Deutschland lebende Schriftstellerin Jagoda Marinic an, für die am Ukrainekrieg ausschließlich Putin die Schuld trägt. Appelle für Verhandlungen, wie etwa den Aufruf von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht, denunziert Marinic als „blinden Pazifismus“.

Zwischentitel: Emcke macht Schluss mit lästiger Gegenrede

Aber es muss doch Persönlichkeiten geben, die den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten haben, weil sie wirklich zum Frieden aufrufen! Da wäre etwa die Publizistin und Spezialistin für „Hassrede“ Carolin Emcke, die diesen Preis 2016 erhielt und, so damals die Begründung, „Vorbild für gesellschaftliches Handeln“ sei „in einer Zeit, in der politische, religiöse und kulturelle Konflikte den Dialog oft nicht mehr zulassen“. Aber Emcke ist dialogmüde geworden, sie will sich nun lästiger Gegenrede entledigen. Emcke spricht sich auf dem Podium der Konferenz „re:publica“ 2024 vehement gegen das Pro-und-Contra-Format aus, sie mahnt, sie gestikuliert, sie bittet inständig, sie führt sich letztlich auf wie eine Sektenpredigerin, die Gehorsam verlangt: „Lesen Sie diesen Kram nicht!“ Solche Formate müsse man „abschaffen“.

In ihrem neuen Buch schreibt Emcke über „Gewalt und Klima“, sie hat ihm den großen Titel „Was wahr ist“ gegeben. Letzteres weiß wohl nur sie, na, vielleicht noch ein paar Gleichgesinnte. So eine wie die Klimaaktivistin Claudia Kempfert, die Emckes Forderung der Pro-und-Contra-Abschaffung begeistert unterstützt und auf dem „re:publica“-Podium seltsamerweise mit der „Dirty-Harry“-Assoziation „You make my day!“ kommentiert. Jawohl, mit so einer wie Kempfert könne man noch diskutieren, sagt Emcke, weil man sich im Wesentlichen ja einig sei. Wie hieß nochmal dieses satirische Diskussionsformat aus den Neunzigern? Richtig: „Zwei Stühle – eine Meinung.“ (Die „re:publica“-Veranstaltung kann man sich auf YouTube anschauen), die besten Emcke-Sätze finden sich zwischen Minute 32 und 36.

Apropos Klima: Der Guardian vermeldet am 13. Juni 2024: „Der Preis fürs Klima in den ersten beiden Jahren des russischen Kriegs gegen die Ukraine war höher als die jährlichen Treibhausgasemissionen, die individuell von 175 Ländern verursacht wurden, er hat den globalen Klimanotstand zusätzlich zur ansteigenden Zahl der Todesopfer und der weit verbreiteten Zerstörung verschärft, wie eine Untersuchung ergeben hat.“ Jawohl, der Ukrainekrieg schmutzt! Er ist – samt NATO-Manövern in aller Welt, Pistorius-Panzerfahrten, Merz-Eurofighter-Spaß-Flügen und Baerbocks hyperaktiver Reisetätigkeit in Sachen Bellizismus – auch noch ein Klimakiller. Es wäre interessant, welche Prioritäten die Klima-Aktivistin und Putin-Hasserin Carolin Emcke bei der Frage setzt: Verhandeln oder weiter Krieg führen?

Panzer und Bodentruppen für den Frieden

Aber zurück zu unseren Friedenspreisen: Da wäre noch der Internationale Preis des Westfälischen Friedens, mit dem im Jahr 1648 – mit einem Kompromiss! – der Dreißigjährige Krieg beendet wurde. Es ist ein Preis für die europäische Integration, und der Gewinner in diesem Jahr heißt Emmanuel Macron, jener Mann, der den Einsatz von NATO-Bodentruppen nicht ausschließt, der Militärausbilder in die Ukraine schicken und dieser auch erlauben will, mit vom Westen gelieferten Waffen Stützpunkte in Russland anzugreifen. Der Preis zeichnet „besonderes Engagement für nachhaltigen Frieden und internationale Verständigung“ aus.

Und weiter mit unseren Friedenspreisen, bei denen es manchmal so wirkt, als habe die NATO die Vorauswahl getroffen. „Befremdlich sind jene Leute, die meinen, die ukrainische Regierung müsse sich jetzt mit Russland an einen Tisch setzen und einen Friedensvertrag schließen.“ Solche Sätze sagt etwa die ZDF-Kriegsreporterin Katrin Eigendorf und bekommt dafür den Augsburger Friedenspreis 2023. Die Journalistin, die sich gern mit Stahlhelm präsentiert und in Gräben und Geschützmündungen schaut – natürlich nur in ukrainische! – lehrt auch Völkerkunde, sie weiß genau: „Die Russen sind kein modernes europäisches Volk.“ Die Ukraine, welche Faschisten und Nazi-Kollaborateure wie Stepan Bandera zu ihren Gründervätern erkoren hat, diese Ukraine dagegen schon. Diese Ukraine muss also bedingungslos unterstützt werden: „Jedes einzelne gepanzerte Fahrzeug, das geliefert wird, kann einen Unterschied ausmachen“, sagt Eigendorf. Das sich selbst als Friedensstadt bezeichnende Augsburg lässt dazu verlauten: „Der mit 12.500 Euro dotierte Preis zeichnet Persönlichkeiten aus, die sich um ein tolerantes und friedvolles Miteinander von Angehörigen vielfältiger Kulturen und Religionen verdient gemacht haben.“

Der Russe mag lieber Geld als Freiheit

Ebenfalls firm in Völkerkunde und Nationalismus zeigt sich der ukrainische Schriftsteller Andrej Kurkow: „Ukrainer und Russen haben verschiedene Mentalitäten. Russen fühlen sich dem Kollektiv verpflichtet. Sie lieben ihren Zaren, und manchmal töten sie ihn, um einen neuen zu lieben. Die Ukrainer sind Individualisten und Anarchisten. Sie haben wenig Respekt vor der Regierung – auch wenn es zur Zeit (sic) anders ist. Freiheit ist ihnen wichtiger als Stabilität und Geld. Bei den Russen ist es genau umgekehrt: Stabilität und Geld sind ihnen wichtiger als Freiheit und Menschenrechte.“ In der Ukraine, so Kurkow, sei die Mehrheit des PEN für einen „totalen Boykott“ der russischen Literatur. Kurkow hat 2022 den Geschwister-Scholl-Preis erhalten, vergeben vom Börsenverein des deutschen Buchhandels und der Stadt München. Ein Zitat der von den Nazis ermordeten Sophie Scholl: „Ich kann es nicht begreifen, dass nun dauernd Menschen in Lebensgefahr gebracht werden von anderen Menschen. Ich kann es nie begreifen und ich finde es entsetzlich. Sag nicht, es ist für´s Vaterland.“

Der Standard schreibt am 11. April 2023, je länger der Krieg dauere, „desto brutaler würden ukrainische Künstlerinnen auf ihre russische und russischsprachige Kollegenschaft“ reagieren. „Jede bloße Erwähnung von Russland-Bezügen verfügt dabei über das Potenzial, einen großen Streit auszulösen.“ Die jüdisch-russische Lyrikerin Maria Stepanova wurde im vergangenen Jahr mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet, mit dem laut Statut „Persönlichkeiten gewürdigt (werden), deren geistiges und literarisches Werk sich in hervorragendem Maße um das gegenseitige Verständnis in Europa und darüber hinaus verdient gemacht hat und sich zeitgeschichtlicher Zusammenhänge bewusst ist.“ Dass die Jury die Ehrung unter anderem auch damit begründete, Stepanova verhelfe „dem nicht-imperialen Russland zu einer literarischen Stimme, die es verdient, in ganz Europa gehört zu werden“, nützte allerdings nicht. Stepanovas ukrainische Kollegin Halyna Kruk konstatierte: „Die russische Revanche schreitet voran.“

Nur ein Drittel des Nobelpreises? Skandal!

„Die Gewalt des Krieges darf die Sprache von Literatur und Kunst nicht zum Schweigen bringen“, sagte 2023 die Vorsitzende der Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis-Jury, Prof. Dr. Susanne Menzel-Riedl, Präsidentin der Universität Osnabrück. Das stellte sich als frommer Wunsch heraus. Es folgte ein Eklat, denn der Hauptpreis ging an die russische Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja, der Sonderpreis jedoch an den ukrainischen Illustrator Serhij Majdukow. Letzterer weigerte sich, gemeinsam mit einer Russin auf einer Bühne zu stehen, sodass die Jury schließlich erklärte: „Wir freuen uns, dass die russische Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja den Friedenspreis und der ukrainische Zeichner Sergiy Majdukov den Sonderpreis annehmen, müssen aber zugleich auch akzeptieren, dass beide, solange der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine nicht beendet ist, sich nicht auf ein Podium einfinden können.“ Bei der Verleihung an Ulitzkaja erklärte die Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) Osnabrück quasi zur Frontstadt: „Ich möchte betonen, dass wir in diesem Konflikt nicht neutral sind. Wir sehen uns auch nicht in einer Vermittlerrolle. Wir stehen als Stadt vielmehr fest an der Seite der Ukraine. Denn Russland trägt ganz eindeutig die Alleinschuld an diesem Krieg.“

Dann war da noch die Sache mit dem gedrittelten Friedensnobelpreis 2022. Ausgezeichnet wurde das ukrainische Zentrum für bürgerliche Freiheiten, aber auch der belarussische Menschenrechtler Ales Bialiatski und die russische Organisation Memorial. Der Standard schrieb dazu am 8. Oktober 2022: „Die Gewinner des Friedensnobelpreises 2022 waren gerade erst bekannt gegeben worden, als Mychajlo Podoljak, einer der hochrangigsten Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, sein Urteil über die Entscheidung von Oslo mit der halben Million Menschen teilte, die ihm auf Twitter folgen: ,Das Nobelpreiskomitee hat ein interessantes Verständnis von ,Frieden’, wenn zwei Repräsentanten aus Ländern ausgezeichnet werden, das ein drittes attackiert hat. Weder die russischen noch die belarussischen Organisationen waren in der Lage, Widerstand gegen den Krieg zu organisieren.‘“ Der Standard weiter: „Von höchster Regierungsebene angestachelt, suchten sich in der Folge zehntausende Ukrainer auf Facebook, Twitter, Instagram und Co. in der Verurteilung der Entscheidung von Oslo gegenseitig zu überbieten. Bis hin zur Forderung an die ukrainischen Preisträger, den Nobelpreis nicht anzunehmen …“

Selenskyj verbietet Verhandlungen

Noch einmal Der Standard: „Dem Image der Ukraine als das eines weltoffenen Landes, dessen Gesellschaft seine multilinguale, multiethnische Zusammensetzung ebenso zelebriert wie seine liberale Demokratie, das die Selenskyj-Regierung heute den westlichen Öffentlichkeiten verkauft, erweisen sie (RKo: die Kritiker) damit einen Bärendienst.“ Apropos Selenskyj: Am 11. März 2022 schlugen westliche Politiker, darunter das Mitglied des Europäischen Parlaments Katrin Langensiepen (Bündnis90/Die Grünen), dem Nobelpreiskomitee in einem Offenen Brief den ukrainischen Präsidenten selbst als Kandidat für den Friedensnobelpreis vor. Jawohl, den korrupten Pandora-Paper-Man Selenskyj, der am 4. Oktober 2022 ein Dekret erließ, in dem er direkte Verhandlungen mit Russland unter Strafe stellte!

Den Friedensnobelpreis hat Selenskyj bisher nicht erhalten, aber im vergangenen Jahr, zusammen mit dem ukrainischen Volk, immerhin den Aachener Karlspreis, der für Verdienste um Europa und die europäische Einigung verliehen wird. Frühere Karlspreisträger sind Tony Blair, Bill Clinton und Javier Solana, die von Karlspreis-Kritikern als Verantwortliche der NATO-Angriffe im Jugoslawien-Krieg bezeichnet wurden. Ebenfalls in der Preisträgerliste: Donald Tusk (2010), Wolfgang Schäuble (2012) und Emmanuel Macron (2018). Ursula von der Leyen, die vom Korruptionsdunst umwehte und gerade wiedergewählte Präsidentin der Europäischen Union, damals bei der Preiszeremonie: „Die Ukraine verkörpert all das, wofür die Europäische Idee steht: den Mut, zu seinen Überzeugungen zu stehen, den Kampf für Werte und Freiheit, das Ringen für Frieden und Einheit.“ Schon ein Jahr vorher hatte von der Leyen in Bezug auf die Ukraine gejubelt: „Eine Nation von Helden wurde geboren. Wir verneigen uns vor einem Land europäischer Helden.“

Kaja Kallas, die EU und der Krieg

An der Seite der Obereuropäerin von der Leyen steht bald Kaja Kallas, Premierministerin von Estland, die EU-Außenbeauftragte wird, also so etwas wie die Außenministerin der Europäischen Union. Die „Eiserne aus dem Baltikum“ hat in ihrem Land, in dem ein Viertel der Bevölkerung russischsprachig ist, den Russischunterricht abgeschafft, sowjetische Kriegsdenkmäler abreißen lassen und ältere und schon Jahrzehnte in Estland lebende russische Muttersprachler, wenn sie einen estnischen Sprachtest nicht bestanden, aus dem Land getrieben. Kallas drängt die NATO-Mitglieder, nicht nur zwei, sondern drei Prozent des BIP für das Militär auszugeben, und sie fordert in Bezug auf Waffen für die Ukraine in einem Interview mit der Zeit: „Bitte gebt alles, was ihr geben könnt!“

Kallas ist in diesen fatalen Zeitenwendezeiten natürlich prädestiniert für einen Preis, der angeblich demokratische Grundwerte hochhält und Völkerverständigung und Toleranz – so wie der Preis der Walther-Rathenau-Stiftung, den Kallas in diesem Frühjahr erhalten hat. Der deutsche Außenminister Rathenau wurde 1922, ein paar Monate, nachdem er in Rapallo mit Sowjetrussland die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen ausgehandelt hatte, von russophoben Nationalisten ermordet: „In der Zeit des Nationalsozialismus“, so Wikipedia, „wurde das Andenken an Rathenau demonstrativ getilgt. Die Gedenktafel am Ort seiner Ermordung wurde entfernt.“ Die FDP-nahe Walther-Rathenau-Stiftung dagegen tilgt nicht den Namen Rathenau, aber mit der Verleihung ihres Preises an Kaja Kallas das, wofür er stand. Die EU jedenfalls wird mit Kallas noch verhandlungsunfähiger und noch kriegstüchtiger. Zur Erinnerung: Diese EU hat 2012 auch mal einen Friedenspreis gewonnen – sogar den Friedensnobelpreis. Höchste Zeit, ihn zurückgeben.

Titelbild: Shutterstock / Vladimir Sukhachev

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