Wer anderen eine Grube gräbt …

Wer anderen eine Grube gräbt …

Wer anderen eine Grube gräbt …

Oskar Lafontaine
Ein Artikel von Oskar Lafontaine

… landet am Katzentisch. „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“, sagt ein Sprichwort. Die europäischen Kriegshetzer in Politik und Journalismus, die Ukrainern und Russen seit fast vier Jahren eine Grube graben, fallen jetzt selbst hinein. „Und wenn alle anderen die von der (Kriegs-)Partei verbreitete Lüge glaubten – wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten –, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde zur Wahrheit“, schrieb George Orwell. Ob er ahnte, in welchem Umfang die Propagandisten der Lüge selbst Opfer ihrer eigenen Erzählung werden? Von Oskar Lafontaine.

Seit Jahren leugnen sie, dass die NATO-Osterweiterung den Ukraine-Krieg fast zwangsläufig zur Folge hatte. Die Russen wollen keine westlichen Truppen und US-Raketen an ihrer Grenze. Seit Jahren leugnen die Propagandisten, dass Obama und Biden 2014 den Putsch auf dem Maidan finanzierten und dass die Installierung einer US-Marionettenregierung in Kiew zum Bürgerkrieg in der russischsprachigen Ostukraine mit 14.000 Toten führte. Seit vier Jahren belügen sie Ukrainer und Europäer, indem sie behaupten, durch immer mehr westliche Waffenlieferungen werde die Ukraine in die Lage versetzt, Russland zu besiegen.

Schamlose Forderungen

Jetzt sitzen sie in ihrer eigenen Lügengrube fest und können nicht mehr raus, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Und weil sie Angst haben, die Bevölkerung komme eines Tages dahinter, in welchem Ausmaß sie geschädigt und betrogen wurde, wollen sie weitermachen und torpedieren die Friedensverhandlungen Donald Trumps.

Trump ist alles andere als ein Friedensfürst. Er hat nur im Gegensatz zu Merz, Macron und Starmer erkannt, dass der Krieg in der Ukraine für den Westen verloren ist und dass man eine Atommacht, wenn es um deren Sicherheit geht, nicht zwingen oder zu sehr provozieren kann. Deshalb will er raus und als Dealmaker, nachdem er sich den Zugriff auf die seltenen Erden der Ukraine gesichert hat, auch am Wiederaufbau verdienen. Er stellt schamlose Forderungen an die EU, und die Europäer können ihm nicht in den Arm fallen, weil sie, in ihren Lügen gefangen, unfähig sind, dem US-Präsidenten die längst fällige Rechnung zu präsentieren. Die USA tragen die Hauptverantwortung für diesen Krieg und müssten daher zuallererst für die Kosten des Wiederaufbaus aufkommen.

Wie auch am 16. Mai 2023 in der New York Times zu lesen war, hat die amerikanische Waffenindustrie diesen Krieg gewollt und am Ende auch bekommen. Dennoch soll Europa die Rechnung zahlen? Man musste ja nur George Kennan, Henry Kissinger, Zbigniew Brzezinski, Richard Burns und viele andere US-Politiker lesen und hören, um zu wissen, wohin die von den Neocons gesteuerte Außenpolitik, nach der vier Prozent der Weltbevölkerung die Welt beherrschen sollen, führen würde. Aber die europäischen Kriegstreiber in Politik und Journalismus hielten und halten sich Augen und Ohren zu. Die Rüstungsindustrie in den USA hat Milliardengeschäfte gemacht.

Politik der Konfrontation

Die US-Energieindustrie verkauft ihr teures Gas in Europa, Amerika will auch am Wiederaufbau der Ukraine ordentlich verdienen. Die Europäer bezahlen mit sinnloser, gigantischer Aufrüstung, mit zu teurer Energie, mit zunehmender Deindustrialisierung, übernehmen den Löwenanteil der Flüchtlingskosten und wollen jetzt noch, als seien sie von allen guten Geistern verlassen, die Ukraine in die EU aufnehmen. Dass Ursula von der Leyen oder Kaja Kallas nicht wissen, was eine Milliarde ist, haben sie oft bewiesen, aber gibt es niemanden in der Brüsseler Administration, der bis drei zählen kann und die Grundrechenarten beherrscht?

Wir können froh sein, dass es in Ungarn, in der Slowakei, in Tschechien und in Spanien Politiker gibt, die die Interessen ihrer Bevölkerung im Auge haben und auf europäischer Ebene das Schlimmste verhüten. Der wie in Afghanistan mit den Europäern nicht koordinierte Rückzug der USA wird verhindern, dass von der Leyen, Merz, Macron, Starmer und die anderen Kriegstreiber ihre größenwahnsinnige Politik der Konfrontation mit einer Atommacht, ohne die es in Europa keinen Frieden geben kann, fortsetzen.

Es bleibt die traurige Erkenntnis: Nicht das Mitleid mit den Opfern wird diesen viel zu lange dauernden Krieg beenden, sondern die geschäftlichen Interessen eines Immobilientycoons, der als US-Präsident im Gegensatz zu Obama und Biden erkannt hat, dass es ein großer Fehler war, Russland und China zu einer immer engeren strategischen Partnerschaft zu drängen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Weltwoche Deutschland Nr. 49.25.

Titelbild: Screenshot Tagesschau.de

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