Wieso überprüft Paul-Ehrlich-Institut nicht selbst mRNA-Impfchargen von Pfizer auf Fremd-DNA?

Wieso überprüft Paul-Ehrlich-Institut nicht selbst mRNA-Impfchargen von Pfizer auf Fremd-DNA?

Wieso überprüft Paul-Ehrlich-Institut nicht selbst mRNA-Impfchargen von Pfizer auf Fremd-DNA?

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

In letzter Zeit häufen sich Berichte darüber, dass Fremd-DNA über dem Grenzwert in den Impfstoffchargen des mRNA-basierten Covid19-Impfstoffes von Pfizer/BioNTech gefunden worden sei. Der letzte prominente Fall war eine MDR-Sendung über ein Privatlabor in Magdeburg, welches nach eigenen Angaben DNA-Verunreinigungen weit über dem etablierten Grenzwert gefunden hatte. Der Beitrag ist mittlerweile „zur redaktionellen Prüfung“ aus der Mediathek entfernt worden. Aber auch außerhalb Deutschlands gibt es entsprechende Untersuchungen und Berichte, etwa aus den USA und Kanada. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, wieso nicht das dem Bundesgesundheitsministerium unterstellte Paul-Ehrlich-Institut selbst entsprechende Untersuchungen vornehmen lässt, um diesen Vorwurf entweder dementieren oder bestätigen zu können. Die Antwort überzeugt nicht. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Faktencheck der Aussagen des Sprechers des Gesundheitsministeriums

„Herr Warweg, wir hatten dieses Thema hier schon.“

Bereits diese erste Behauptung ist nachweislich falsch. Denn die Frage lautete ja, wieso das Paul-Ehrlich-Institut nicht selbst als Bundesbehörde, die dem Bundesgesundheitsministerium untersteht, Pfizer-Impfstoffchargen auf mögliche DNA-Verunreinigungen über dem Grenzwert untersucht, um entsprechende Vorwürfe auszuräumen oder eben auch zu bestätigen. Da die Bundesregierung die Protokolle der Regierungspressekonferenzen für alle zugänglich veröffentlicht, kann jeder selbst nachprüfen, ob dieses Thema bereits zuvor auf der BPK behandelt worden ist. Die Antwort nach Prüfung aller Protokolle seit September 2023 lautet: Nein.

„Diese Behauptung, dass fremde DNA in diesen Impfstoffen gefunden wurde, die über die Grenzwerte hinausgeht, ist falsch. (…) Es hat bislang keine Überschreitung dieser Grenzwerte gegeben.“

Auch diese Aussage ist in dieser absoluten Form falsch. In der MDR-Dokumentation vom 12. Dezember mit dem Titel „Corona-Impfstoff in der Kritik – Was ist dran?“, welche bundesweit für Aufsehen sorgte, kommt unter anderem die Professorin für Mikrobiologie, Prof. Dr. Brigitte König, zu Wort. Diese hat in einem Labor in Magdeburg bei einer Stichprobe von Pfizer-BioNTech-Impfstoffdosen laut ihrer Darstellung bei allen fünf untersuchten Chargen Verunreinigungen mit Fremd-DNA gefunden – weit über dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegten Höchstwerten. Der MDR-Beitrag wurde zwar kurze Zeit später aus bisher noch nicht öffentlich gemachten Gründen aus der Mediathek entfernt, die NachDenkSeiten berichteten, doch ist dies noch kein Beleg dafür, dass die Analyse von Prof. Dr. König „falsch“ sei.

Zudem ist die Untersuchung der deutschen Mikrobiologin nicht die einzige, die zu diesem Ergebnis gekommen ist. Es waren die US-amerikanischen Genomforscher Kevin McKernan und drei weitere Ko-Autoren (Yvonne Helbert, Liam T. Kane und Stephen McLaughlin), die bereits im Juni 2023 in einem Fachartikel (Preprint) erstmals davon berichteten, dass sie bei der Analyse von Moderna- und Pfizer-Covid19-Impfstoff-Chargen auf entsprechende Verunreinigungen über Normwert gestoßen seien. Der entsprechende Artikel mit dem Titel „Sequenzierung von bivalenten Moderna- und Pfizer-mRNA-Impfstoffen zeigt Nanogramm- bis Mikrogramm-Mengen an dsDNA des Expressionsvektors pro Dosis“ ist hier einsehbar. Auch diese Untersuchungsergebnisse wurden bisher nicht wissenschaftlich widerlegt.

Die Aussage des Sprechers des BMG, „dass fremde DNA in diesen Impfstoffen gefunden wurde, die über die Grenzwerte hinausgeht, ist falsch“ ist folglich selbst genau das, eine Falschaussage.

Die NachDenkSeiten hatten zudem im November darüber berichtet, dass aus herausgeklagten internen Dokumenten von Pfizer hervorgeht, dass es zwei Herstellungsprozesse für die mRNA-Impfstoffe gab. Einen für das Zulassungsverfahren, intern Process 1 genannt, und einen für die Massenanwendung, von Pfizer als Process 2 bezeichnet. Das erste, signifikant teurere Verfahren produzierte die mRNA in vitro, also maschinell-steril, das zweite, entwickelt für die Massenproduktion, jedoch bakteriell. Das führte, wie die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA auch offen gegenüber Pfizer monierte, zu mit Fremd-DNA verunreinigten Impfstoffchargen.

Auch eine Reihe von geleakten internen E-Mails von EMA-Verantwortlichen von November 2020, wenige Wochen vor der „bedingten Zulassung“ der Pfizer-Covid19-Impfstoffe, belegen die Problematik um die mRNA-basierten Impfstoffe von Pfizer/BioNTech.

Verwiesen sei beispielhaft auf eine interne EMA-Rundmail von Evdokia Korakianiti (wissenschaftliche Sachbearbeiterin) vom 23. November 2020, in welcher ausführlicher erläutert wird, dass es „ein wichtiges Vergleichsproblem mit dem BioNTech-Impfstoff“ gäbe.

Das vor der Zulassung zu klärende Problem sei die Tatsache, dass ein signifikanter Unterschied zwischen den klinischen Chargen (~ 78 % mRNA-Integrität), auf deren Grundlage die Interimsanalyse zur Zulassung durchgeführt wurde, und den kommerziellen Chargen, mit nur 55 Prozent mRNA-Integrität, festgestellt wurde. Weiter heißt es:

„Die potenziellen Auswirkungen dieses RNA-Integritätsverlusts bei kommerziellen Chargen im Vergleich zu klinischen Chargen in Bezug auf Sicherheit und Wirksamkeit sind noch zu definieren.“

Darauf antwortet Veronika Jekerle, Leiterin des Qualitätsbüros der EMA, am 24. November und verweist auf „3 wesentliche Einwände“ sowie „Bedenken“ und kommt zu folgender Schlussfolgerung:

„Es bestehen nach wie vor eine Reihe größerer Bedenken, die sich auf das Nutzen/Risiko-Verhältnis des Vakzins (Wirksamkeit/Sicherheit) auswirken, insbesondere die Frage der Vergleichbarkeit in Bezug auf die mRNA-Integrität. Diese Bedenken werden von den meisten Mitgliedstaaten geteilt. Eine Zulassung bis Ende des Jahres könnte möglich sein, wenn diese Bedenken + GMP ausgeräumt werden. Alle verbleibenden Qualitätsprobleme müssen im Kontext der gesamten B/R berücksichtigt werden.“

Man beachte insbesondere den Verweis der Leiterin des EMA-Qualitätsbüros, dass die Bedenken von den meisten EU-Mitgliedsstaaten geteilt würden und dass sie extra betont, eine Zulassung bis Ende des Jahres sei nur „möglicherweise möglich“ – und zwar unter der Voraussetzung, dass diese „größeren Bedenken“ noch ausgeräumt werden könnten. Die Frage, die sich hier stellt und bis heute nicht öffentlich beantwortet wurde, ist folgende: Wie wurden all diese Bedenken der EMA so schnell ausgeräumt? Denn nur wenige Wochen später, am 21. Dezember 2020, erfolgte bereits die sogenannte „bedingte Zulassung“ (conditional marketing authorisation, CMA) für die kommerziellen Chargen des Covid19-Impfstoffes von Pfizer/BioNTech.

Auszug aus dem Protokoll zur Regierungspressekonferenz in der BPK am 20. Dezember 2023

Frage Warweg
Kurze Frage an das Gesundheitsministerium: Es gab in letzter Zeit ja einige Berichte über Fremd-DNA, über dem Grenzwert in Impfstoffchargen von BioNTech/Pfizer. Da würde mich nur interessieren: Können Sie kurz darlegen, wieso das Gesundheitsministerium und das ihm unterstellte Paul-Ehrlich-Institut nicht selbst entsprechende Untersuchungen vornehmen lassen, um diesen Vorwurf entweder dementieren oder bestätigen zu können?

Gülde (BMG)
Herr Warweg, wir hatten dieses Thema hier schon. Diese Behauptung, dass fremde DNA in diesen Impfstoffen gefunden wurde, die über die Grenzwerte hinausgeht, ist falsch. Es gibt Vorgaben, die die EMA dazu macht, es gibt Grenzwerte, die definiert werden, und es gibt auch Untersuchungen. Jede Charge muss geprüft werden, und keine der bislang untersuchten Chargen hat tatsächlich eine Überschreitung dieses Grenzwerts ergeben.

Zusatz Warweg
Aber meine Frage war ja — Hier vertrauen Sie ja sozusagen einem Konzern, auch mit einer entsprechenden Geschichte. Aber meine Frage war, wieso das Paul-Ehrlich-Institut nicht selbst solche Untersuchungen durchführt. Die Antwort interessiert ja, glaube ich, nicht nur mich.

Gülde (BMG)
Herr Warweg, noch einmal: Es gibt Vorgaben, die die EMA dazu macht, welche Untersuchung durch die Bundesoberbehörden vorzunehmen ist und welche Untersuchung durch die Hersteller vorzunehmen sind. All diese Untersuchungen müssen validiert und dokumentiert werden. Insofern bleibt es dabei: Auch diese Dokumentation wird entsprechend untersucht, und es hat bislang keine Überschreitung dieser Grenzwerte gegeben.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 20.12.2023

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